CEDAR RAPIDS heißt halbherzig willkommen

Brown Valley, Wisconsin. Sein Name ist Tim Lippe, er ist 34 Jahre alt und denkt daran, sich bald mit seiner High-School-Lehrerin zu verloben. Im scheinbar liebenswerten Kleinstadt-Nest Brown Valley arbeitet Lippe bei der Brown Star Versicherung, und er macht die Sache perfekt, besitzt Lippe doch ausschließlich Kleidungsstücke, die in Brauntönen gehalten sind.
Es ist die Geschichte eines Fisches auf dem Trockenen. Und wenn sich das altbekannt oder altbacken anhört, ist das auch so. Vieles ist beabsichtigt, bei anderem bekommt man so seine Zweifel. Was allerdings das 08/15-Standard-Drehbuch von Neueinsteiger Phil Johnston aufwertet, sind in erster Linie die alten Hasen aus dem Schauspielbetrieb, die mit rücksichtsloser Gelassenheit ihrem Spaß freien Lauf lassen.

Aber nicht die Juwelen des Films wie Anne Heche, John  C. Reilly oder die umwerfende Sigourney Weaver sind Dreh- und Angelpunkt der Ausgangsprämisse, es ist Ed Helms. Trotz aller Kurzweil in den perfekt im Rahmen gehaltenen 87 Minuten fragt man sich dennoch, ob Ed Helms sich mit diesem Film einen Gefallen getan hat. Oder ob die Produzenten Helms einen Gefallen getan haben.

Allzu offensichtlich will der Film keine Eigenständigkeit kreieren, sondern benutzt Ed Helms als Vehikel, um auf den HANGOVER-Zug aufzuspringen. Das eigentlich gut gemeinte Zitat „what happend in Cedar Rapids, stays in Cedar Rapids“ verkommt lediglich zum deutlichen Fingerzeig auf die Schienen, auf denen sich dieses Gefährt bewegt. Während Bartha, Galifianakis und Cooper schon in der Vor-Hangover-Zeit auf größeren Stationen haltmachten, dampfte Helms irgendwie noch ein wenig auf den Nebenstrecken seinem Zeitplan hinterher. Der fehlende Mut von Buch und Regie machen es CEDAR RAPIDS nicht möglich, für Ed Helms großen Bahnhof zu machen.

Tim Lippe ist in seinem Leben nie aus Brown Valley heraus gekommen. Und ihm ging es damit ganz gut soweit. Durch verzwickte Umstände muss er allerdings seine Versicherungsgesellschaft bei einem Kongress in Cedar Rapids vertreten. Es sind nur hundert Meilen, für Tim Lippe allerdings die Reise in eine Metropole einer anderen Welt. Während Lippe seinen Auftrag selbstverständlich ernst nimmt, muss er feststellen, dass dieser alljährliche Kongress für seine Berufskollegen eine willkommene Abwechslung ist, mal fern der Familie ordentlich die Sau rauszulassen.

Es ist ein sympathischer Film, das muss man ihm zugestehen. Richtige Schenkelklopfer fehlen, obwohl man an einigen Stellen merkt, dass er diese Schenkelklopfer gerne hätte, doch der Humor ist nicht zu dünn und auch nicht zu platt. Es ist eine Komödie, die niemanden wehtut, während sie kurzweilig unterhält. Doch es fehlt ihr eindeutig dieses Alleinstellungsmerkmal, das geglückte Komödien in die erste Klasse setzt und aus der Meute von Pauschal-Touristen heraushebt.

Und Ed Helms? Sicher nicht der Zugführer, eher ein sympathischer Bahnhofsvorsteher. Einer, der eine Nutte vor dem Hotel einfach nicht von einem normalen Gast zu unterscheiden vermag. Einer der besten Running Gags einer Komödie in den letzten Jahren, aber nicht genug, um Fahrpreis-Erhöhungen zu rechtfertigen. Zugführer sind eher ein großartiger John C. Reilly, der wie ein gewaltiger Güterzug jede Szene an sich reißt, und die umwerfende Anne Heche, die wie ein in Fahrt gekommener Schnellzug den Zuschauer staunen lässt. Heche wirkt hier ganze zehn Jahre jünger als sie noch vor fünf Jahren ausgesehen hat. Einfach erfrischend und einnehmend.

Wer aufspringt, den erwartet allerdings nur eine Rundreise durch heimische Gefilde. Wirklich nichts Besonderes, eine bekannte Landschaft, die aber doch gefallen mag, weil sie wenigstens in sich stimmig und ehrlich ist. Für den Orient-Express muss man allerdings einen anderen Bahnhof aufsuchen.

Darsteller: Ed Helms, John C. Reilly, Anne Heche, Isiah Whitlock, Stephen Root, Alia Shawkat, Kurtwood Smith und Sigourney Weaver
Regie: Miguel Arteta – Drehbuch: Phil Johnston – Kamera: Chuy Chavez – Bildschnitt: Eric Kissack – Musik: Christophe Beck – Produktionsdesign: Doug Meerdink
USA / 2011 – zirka 87 Minuten

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