CELESTE & JESSE, der deutsche Titel ist scheiße

CELESTE AND JESSE FOREVER – Bundesstart 14.02.2013

Wenn eine Schauspielerin in Hollywood eine anständige Rolle bekommen will, so der Kritikerpapst Roger Ebert, dann muss sie sich diese Rolle selber schreiben. Zoe Kazan hat sich das im vergangenen Jahr mit RUBY SPARKS gegönnt. Bereits im selben Jahr, in Deutschland erlebt man das wieder einmal mit Verspätung, hat sich Rashida Jones ebenso dazu entschieden, aus der zweiten Reihe einmal einen Schritt nach vorne zu gehen. Und sie schrieb dabei die cleverste Geschichte einer romantischen Komödie seit Jahren. Allerdings zeigt Jones auch, wie wenig dazu fehlt, einen tadellos perfekten Film zu machen.

Die Beziehung zwischen Celeste und Jesse stellt alles auf den Kopf, was man an Beziehungskomödien im Kino bisher erleben durfte. Sie möchten sich nämlich nach sechs Jahren Ehe einfach nur trennen, neue Wege beschreiten, die mit dem Partner nicht möglich sind. Aber wie es sich für eine ordentliche Beziehungskomödie gehört, wird dem Paar einiges an Stolpersteinen in den Weg gelegt, um die Ehe erfolgreich zu beenden.

Technisch ist bei CELESTE & JESSE alles vortrefflich und besteht anstandslos jede Prüfung. Bilder, Musikauswahl, das Tempo des Filmes, man muss sich nicht weiter damit befassen, weil es nichts zu kritisieren gibt. Was allerdings augenscheinlich und gehörmäßig sofort auffällt und gleichzeitig vollkommen überrascht, ist die Chemie der Darsteller. Das bezieht sich nicht nur auf Hauptdarstellerin Jones und Samberg, die gar nicht ehrlicher sein könnten, sondern schließt alle Nebendarsteller und ihre Figuren mit ein. Was die Autorin Jones und Co-Autor Will McCormack geschafft haben, ist ein glaubwürdiges Universum von Lebensweisen und Freundschaften. Ihr Umfeld verkommt nicht zu nervenden Stichwortgebern oder schrulligen Komikeinlagen, sondern alles ergibt ein authentisches Abbild echter sozialer Bindungen.

Aber bis sich Celeste und Jesse erfolgreich trennen können, haben sie einen harten Weg vor sich, denn man trennt sich nach sechs Jahren nicht einfach als beste Freunde, und ihr Freundeskreis macht es den beiden auch unmissverständlich klar. Regisseur Lee Toland Krieger bedient das Publikum anfangs mit einem geschickten Trick. Wir erleben Celeste und Jesse gemeinsam singend und beim ausgelassenen Herumalbern, man erlebt ein perfektes Paar, das sich kennt, sich zu schätzen weiß, und welches der Zuschauer sofort in sein Herz schließt. Erst später erfährt man, dass ihre Scheidung längst beschlossene Sache ist.

Tatsächlich trennen sich ihre Wege zuerst erfolgreich, aber dann schlagen Regie und Geschichte einen klitzekleinen Haken. Begleitet der Zuschauer in der ersten Hälfte noch Celeste und Jesse gleichgewichtig, wandert der Fokus im zweiten Teil mehr und mehr auf Celeste. Und hier wird aus dem anfänglich tadellos perfekten Film, der die männlichen Aspekte genauso konzentriert und wertungsfrei beobachtet wie die weiblichen, ein durch und durch unterhaltsamer Film, der die Chance verpasst hat, etwas ganz Besonderes zu sein. Was bei CELESTE & JESSE dennoch bleibt, ist eine willkommene und dazu geglückte Abwechslung im weiten Meer der romantischen Komödien. Und diese Darsteller, mit diesen Figuren, sind eigentlich ein Muss.

Darsteller: Rashida Jones, Andy Samberg, Chris Messina, Ari Graynor, Eric Christian Olsen, Will McCormack, Rebecca Dayan u.a.
Regie: Lee Toland Krieger
Drehbuch: Rashida Jones, Will McCormack
Kamera: David Lanzenberg
Bildschnitt: Yana Gorskaya
Musik: Sunny Levine, Zach Cowie
Produktionsdesign: Ian Phillips
USA / 2012
zirka 90 Minuten

Bildquelle: Sony Pictures Classics / DCM Film Distribution
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