FAST AND FURIOUS 6 im richtigen Gang

FAST AND FURIOUS 6 – Bundesstart eigentlich 23.05.2013

Obwohl als offizieller Filmstart noch immer der 23. Mai deklariert ist, überrennen die heißgelaufenen Motoren bereits ab Montag dem 20. Mai die Kinos. Vielleicht um die finanziellen Vorteile eines Feiertags zu nutzen, die der Pfingstmontag mit sich bringen würde. Nur eine Woche später startet HANGOVER 3, ein Film der so ziemlich das selbe Zielpublikum erreichen möchte, nur eine Woche später gefolgt von einem weiteren Dwayne Johnson Film, SNITCH. Da werden drei Extratage dem fünften Aufguss des Testosteron-Spektakels sehr gut tun. Zudem FAF 6 gegen die nachfolgenden Filmstarts die Motorhaube tatsächlich vorne haben könnte, und ein größeres Publikum durchaus verdient hätte.

Von Folge zu Folge hat THE FAST AND THE FURIOUS an Größe gewonnen. Nicht nur im Aufwand, sondern tatsächlich auch im Unterhaltungswert. Soviel Größe, dass Nummer 6 sogar mit der gigantischsten Flugzeuglandebahn der Welt aufwarten kann, mit mindestens 50 Kilometer Länge. Das ist einer jener Knackpunkte, weswegen diese Filmreihe im allgemeinen immer noch etwas herablassend belächelt wird. Doch so sehr man auch dieser Folge logische Verfehlungen um die Ohren schlagen möchte, schmälert das nicht im Geringsten die atemberaubenden Schauwerte und den damit verbundenen Spaßfaktor.

Die kriminellen Helden Toretto und O’Conner ( Diesel, Walker) genießen ihre Ruhe vor den Gesetzeshütern, wie es Spezialagent Hobbs (Johnson) ihnen im Vorläufer schuldig geworden ist.  Doch Letzterer muss auf die Crew von Dieben und Autofetischisten zurückgreifen, als eine terroristische Organisation militärische Ziele überfällt. Zur Überraschung aller, wäre diese Mission sehr persönliche Natur. Denn der Organisation, unter Führung des mörderischen Owen Shaw, folgt eine alte Freundin der ehemaligen Street-Racer. Was im Laufe dessen passiert, ist eine unablässige Abfolge von Versatzstücken. Keine Frage, was das Drehbuch von Chris Morgan den Darstellern als Dialoge in den Mund legt, ist alles andere als tiefgreifend, erst recht nicht intelligent, aber auch nicht originell.

Doch ohne Frage, bleiben Dialoge und ruhige Momente auch in diesem Teil lediglich Exposition für die nächste, gesteigerte Actionsequenz. Und an Action mangelt es auch FAF 6 nicht, und die ist, wie zu erwarten, atemberaubend in ihrer Größe, und vollkommen einnehmend in der Inszenierung. Dieser Film funktioniert nicht als Charakterstück, schließlich ist dies ein Vehikel für Diesel, Johnson, Walker oder eben Evans. Aber die Präsenz jedes einzelnen versprüht genug Coolness und Männlichkeit, dass jeder noch so bemüht, lässige Spruch nach Tennessee Williams klingt. Die wahren Kernstücke sind eine Verfolgungsjagd über eine spanische Autobahn, die nicht nur einen Panzer beinhaltet, sondern am Ende auch, laut Pressemitteilung, 250 geschrotete Automobile. Und der Showdown in und um ein militärisches Frachtflugzeug, wirft noch einmal alles in den Topf, was man unter Action versteht. Nahkämpfe, sich überschlagende Autos, Explosionen, pure Männlichkeit und wirkliche Powerfrauen. Alles immer weit von allen physikalischen Wirklichkeiten entfernt, aber auf extrem hohem Unterhaltungswert.

Der Panzer rollte über zehn Minuten auf der Autobahn, der Showdown ist fast 14 Minuten lang. Da bleibt selbst dem verwöhntesten Action-Liebhaber wenig Zeit zum Luft holen. Ein in Glasgow gefilmtes Rennen mit zwei frisierten Motoren durch die Londoner Innenstadt, nimmt sich da eigentlich recht harmlos aus. Ist aber in seiner Schnitt-Sequenz nicht minder überzeugend. Denn die drei Cutter haben durchaus einen sehr schnellen Rhythmus, zeigen dem Zuschauer allerdings sehr genau, dass die Stunt-Gruppen auch in Wirklichkeit umgesetzt haben, was zu sehen ist. Keine billigen Effekte, und kein unnötiger Einsatz des Computers. Wie zum Beispiel der Panzer, der durch CGI realisiert werden sollte, zum Vergnügen des erwartungsvollen Publikums allerdings tatsächlich den Asphalt unsicher machen durfte, um sehr viel Metall der Neuverwertung zuzuführen. Wie viele  Menschen bei dieser Aktion im richtigen Leben ihr eigenes verloren hätten, sei einmal dahingestellt.

Die Produzenten haben die Qualitäten der Darsteller und das Verlangen nach grundsolider, ehrlicher Stunt-Arbeit richtig eingeschätzt, und bereits mit den vierten Teil den Weg zu etwas Größerem geebnet. FAST 5 schließlich, ließ mit einer Szene nach dem Abspann keinen Zweifel, dass mit der Reihe noch einiges geplant war. Und Teil 6 beschwört nach dem Abspann eine Fortsetzung herauf, die das Kino in frenetischen Gejohle ausbrechen ließ, und gleichzeitig offenbarte, dass die Serie an Größe und Bedeutung gewinnen wird. Das werden weiterhin Dwayne Johnsons enge T-Shirts sein, die er seit geschätzten 50 Filmen trägt, und Vin Diesels maßgeschneiderte Muscle Shirts, die konstanter sind, als überproportionierte Pferdestärken.

Man kann die 50 Kilometer lange Landebahn durchaus vergessen, denn während des Films wird dies durch die geniale Inszenierung der Sequenzen sowieso niemanden bewusst. Nur das Mixed-Martial-Arts-Größe Gina Carano ausgerechnet gegen die eher unbedarfte Michelle Rodriguez in den Zweikampf geschickt wurde, zeigt eine ganz große Nachlässigkeit von Seiten der Initiatoren. Caranos Potential wurde wirklich verschenkt. Aber das soll nicht gegen das Potential von FAST & FURIOUS 6 sprechen, der zwischen seinen charakterschwachen Worthülsen, wirklich aufsehenerregendes Actionkino bietet. Und zwar Action, wie man sie aus der Post-Computer-Zeit kannte, die sich aber der Zeit angepasst weiterentwickelt hat. Unterhaltung, wie Unterhaltung sein sollte, wenn man sich die alten Werte und das eigene Ansinnen zu Herzen nimmt. Werte und Anliegen, denen die sich Reihe schon vom ersten Teil an verschrieben hat. Und Teil 6 nimmt sich da nicht aus. Im Gegenteil, er vermittelt den Eindruck, dass die Reihe besser und besser werden wird. Viel Vergnügen.

Darsteller: Vin Diesel, Dwayne Johnson, Paul Walker, Luke Evans, Michelle Rodriguez, Gina Carano, Sung Kang, Tyrese Gibson, Ludacris, Jordana Brewster u.v.a.
Regie: Justin Lin
Drehbuch: Chris Morgan, nach den Charakteren von Gary Scott Thompson
Kamera: Stephen F. Windon
Bildschnitt: Greg D’Auria, Kelly Matsumoto, Christian Wagner
Stunt-Koordination: Greg Powell, Spiro Razatos
Musik: Lucas Vidal
Produktionsdesign: Jan Roelfs
USA / 2013
zirka 130 Minuten

Bildquelle: Universal Pictures International
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