WIR SIND DIE MILLERS

WE’RE THE MILLERS – Bundesstart 29.08.2013

we-re-the-millers-1, Copyright Warner Bros.David ist Drogendealer, bedingt erfolgreich, es reicht zum leben und für einen Lebenswandel ohne Verantwortung. Rose ist Stripperin, sehr erfolgreich, verweigert aber mit Kundschaft zu schlafen, was ihr letztendlich den Job kostet. Kenny wohnt bei seiner Mutter, die schnell mal Zigaretten holen ist, seit zwei Jahren. Und Casey ist ein obdachloser Punk, die nicht müde wird zu behaupten, das sie eine Wohnung hat. Casey kann Kenny nicht leiden, und Rose findet David abstoßend. David ist sich selbst genug, und will am besten mit niemanden etwas zu tun haben. Die vier Typen haben auch nichts gemeinsam, außer Geldsorgen. Denn David wird ausgeraubt, und kann seinem Drogenboss das schuldige Bargeld nicht zurückzahlen. Es gibt immer wieder einige vielversprechende Prämissen in amerikanischen Komödien, und die der Familie Miller gehört zweifellos dazu. Es darf gealbert und über die Stränge geschlagen werden. Viel Verruchtes mischt sich in nicht übertriebenen Slapstick. Es ist eine Inszenierung wie aus einem festbetonierten Regelwerk. WE ARE THE MILLERS verspricht so viel, und erfüllt davon so wenig.

we-re-the-millers-2, Copyright Warner Bros.Das Jennifer Aniston nach HORRIBLE BOSSES erneut gegen ihr sauberes Image anspielt, ist eine besonders gelungene Überraschung, eine die gefällt. Das sich im Laufe alles an den MILLERS verflüchtigt, ist allerdings eine besonders traurige Tatsache. Dabei bleibt Anfangs alles wunderbar turbulent und herrlich schräg. David kann seine Schulden abarbeiten, wenn er für den Boss eine Lieferung Drogen aus Mexiko heraus schmuggelt. Ausgerechnet der etwas dümmlich wirkende Kenny kommt auf die Idee, dass ein Wohnmobil die beste Tarnung wäre. Campingfahrzeuge mit typisch amerikanischen Familien werden an beiden Seiten der Zollkontrollen meistens ignoriert. Und eine typisch amerikanische Familie zu gründen, fällt David nicht sehr schwer. Rose ist ihren Stripper-Job los, Casey möchte von der Straße runter, und Kenny leidet grundsätzlich an Einsamkeit. Nach nicht einmal 20 Minuten im Film, ist das Wohnmobil mit Drogen vollgestopft, und nach 30 Minuten zurück auf scheinbar sicheren amerikanischen Boden. Doch erst hier beginnen für die MILLERS die wahren Schwierigkeiten, und für den Zuschauer der Zusammenbruch einer herrlich verrückten Idee.

Zum einen die Lacher. Den vier Autoren ist es nicht gelungen wirklich auf den Putz zu hauen. Nur alle paar Minuten ein Witz, ist einfach nicht ausreichend. Und leidliche Versuche von Humor, sind nicht förderlich. Zudem hat Regisseur Rawson Marshall Thurber erfolgversprechende Szenen planlos inszeniert. Stellvertretend die Sequenz, wenn sich Rose und Casey abwechselnd Kennys Kunst im Küssen demonstrieren lassen, und das vor den Augen von Menschen, die annehmen, Bruder, Schwester und Mutter würden hier auf dem Sofa unter der amüsierten Aufsicht des vermeintlichen Vaters knutschen. Bei einem anderen Film, unter anderer Regie, hätte diese Szene einen ähnlichen Status erreichen können, wie der Brechdurchfall bei BRAUTALARM, oder der nackte Koreaner aus dem Kofferraum bei HANGOVER. Doch der Regisseur bringt keine Chemie in die Szene, die Darsteller agieren nur, harmonieren aber nicht. Es wurde uninspiriert auf den schnellen Lacher hin inszeniert, anstatt eine absurde Selbstverständlichkeit einzubringen, die anstößige Komödien eigentlich so beliebt machen.

Diese Art von Komödie, die scheinbar einzige Art, die noch aus Amerika zu kommen scheint, lebt nicht von der Situation an sich. Die Mechanismen verlangen diese Situationen in einem vollkommen ehrlichen Umfeld. Wenn eine Komödie funktionieren soll, besonders diese, aber auch im allgemeinen, muss der Zuschauer emotional gebunden sein. Er muss es nachfühlen können, selbst wenn er gewisse Dinge abstoßend finden sollte. Und er muss überrascht werden, vom Witz, von den Darstellern, von der Handlung. Das ist neben den vermissten Lachern die andere Seite der verpassten Chancen. Die MILLERS folgen einem absehbaren Ablauf, der zwar überrascht, aber auf sehr unangenehme Weise. Natürlich steht die Beziehung von David und Rose am Ende des Films längst fest, bevor dieser überhaupt richtig angefangen hat. Wer dies nicht abschätzen könnte, der war noch nie im Kino. Aber die MILLERS sind ein derartig den Konventionen von klassischer Erzählstruktur unterworfenes Produkt, dass der Film mit jeder Minute tiefer und tiefer in eine stets langweiliger werdende Klischeeabfolge rutscht. Die Figuren werden zahmer, die Dialoge verlieren an Biss, die Handlung wird schon peinlich vorhersehbar.

Man darf ruhig zugestehen, dass die meisten Massenprodukte aus Amerika Probleme mit dem letzten Akt haben. Wie zum Beispiel 21 & OVER, der durchweg überzeugte, bis er sich in den letzten zehn Minuten selbst demontierte. Bei den MILLERS allerdings, da sieht es anders aus. Der Film fällt von Anfang an in einer steten Linie langsam ab, von einer abgedrehten Drogenfarce mit opportunistischen Figuren, zu einem altbackenen  Lustspiel mit Abziehbildern stereotyper Charaktere. Besonders ärgerlich, dass dann im Verlauf ausgerechnet Jennifer Aniston von einer herrlich unanständigen Stripperin, zu einem liebenswerten Blondchen geschrieben und inszeniert wurde. Ein Image, das man mit ihr eigentlich nicht mehr in Verbindung bringen wollte.

we-re-the-millers-3, Copyright Warner Bros.

Darsteller: Jason Sudeikis, Jennifer Aniston, Emma Roberts, Will Poulter, Ed Helms, Nick Offerman, Kathryn Hahn, Molly C. Quinn u.a.
Regie: Rawson Marshall Thurber
Drehbuch: Bob Fisher, Steve Faber, Sean Anders, John Morris
Kamera: Barry Peterson
Bildschnitt: Michael L. Sale
Musik: Ludwig Göransson
Produktionsdesign: Clayton Hartley
USA / 2013
zirka 110 Minuten

Bildquelle: Warner Bros.
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