DRIVE-IN: Mörderspinnen

In unregelmäßigen Abständen werden hier Filme für das Wochenende vorgestellt, die vielleicht die ein oder andere Erinnerung wecken, oder als Inspiration für einen gemütlichen Abend dienen können. Wie der Titel der Reihe schon andeutet, werden hier selten kulturhistorische Filme besprochen, sondern Werke, die ihre Berechtigung dort fanden, wo das Autokino seiner Bestimmung nachging.

Drive-In-OriginalKINGDOM OF THE SPIDERS – Bundesstart 29.06.1978

1977 war ja so die Zeit, als die Schauspieler aus STAR TREK etwas weniger zu tun hatten. Shatner, vor STAR TREK vollbeschäftigt, litt in dieser Zeit besonders darunter, was er Kingdom-of-the-spiders-1, Copyright Dimension Pictures / Shout! Factorygerne mit Alkohol zu vertuschen versuchte. Bei MÖDERSPINNEN war ihm sein Problem leider auch unverhohlen zu Gesicht gestanden, trotz seiner ausgezeichneten Spiellaune. Solange man von Laune sprechen kann, denn 5000 lebendige Taranteln am Set ist ja jetzt auch nicht gerade der Spaß schlechthin.

Der vermehrte Einsatz von Pestiziden lässt die Spinnen-Population in Verde Valley rasant ansteigen. Die vom heimischen Tierarzt Rack Hansen zur Hilfe geholte Diane Ashley findet heraus, dass sich die sonst zum Kannibalismus neigenden Taranteln zusammenrotten, um die sonst zur Nahrung anstehenden Insekten durch Vieh und Menschen zu ersetzen. Bevor Rack Hansen die Behörden überreden kann, das anstehende Stadtfest lieber abzusagen und etwas gegen die Spinnen zu unternehmen, ist es natürlich zu spät. Das Krabbelzeug überrennt die Stadt.

Hört sich nach einer seichten Geschichte an? Ist sie natürlich auch. Klingt ein wenig nach dem Plot von DER WEISSE HAI? Selbstverständlich. Macht aber alles gar nichts. MÖDERSPINNEN ist höchste Unterhaltung auf niedrigstem Niveau. In der Reihe von Filmen, in der die Natur Amok läuft, ist dieser Knaller im guten Mittelfeld anzusiedeln. Für alle positiven Kritikpunkte finden sich genauso viele Negativ-Beispiele. Zum Beispiel, was eine sonst sechshundert Meilen anderenorts ansässige Tarantelart nach Verde Valley wandern lässt, oder warum sich die Menschenopfer nicht einfach ins Auto setzen…

Die Darsteller sind allesamt gut gewählt, gut aufgelegt und gut im Umgang mit Spinnen. William Shatner ist, was er am besten kann, nämlich der Shatner selbst und Tiffany Bolling ist einfach wunderbar anzuschauen.  Zudem lässt sich der vorher und auch hinterher niemals mehr auffällig gewordene Regisseur John Cardos einiges einfallen, um die handlungsarme Geschichte interessant zu halten. So baut er immer wieder gerne Spannungsmomente auf, die dann schadenfroh grinsend verpuffen. Am markantesten dabei in der Duschszene von Bolling, wo sich eine Tarantel in ihre Kommode verkriecht. Natürlich nähert sich Bolling der Kommode, natürlich öffnet sie diese ungeahnt, und natürlich sieht sie die Spinne. Doch entzückt  von diesem sehr hübschen Exemplar nimmt Bolling das possierliche Tierchen auf die Hand, streichelt es und trägt es nach draußen. Bollings Umgang mit den Stars des Filmes ist überraschend frei und ungehemmt. Auch Shatner hat einige Szenen mit den Haarigen an den Fingern, aber auch wenn es natürlich erscheinen soll, spürt man Shatners Unbehagen durch und durch.

Kingdom-of-the-spiders-2, Copyright Dimension Pictures / Shout! FactoryAuf einem Konvent erzählte Shatner einmal die Geschichte von der Kameraeinstellung, in welcher er mit einer Tarantel im Gesicht direkt vor die Linse fallen sollte. Taranteln aber haben Scheu vor Menschen und dieses „Gesichtsexemplar“ flüchtete immer, bevor Shatner im Schuss richtig vor der Kamera lag. Schließlich musste man das Tier mit Klebstoff im Gesicht befestigen.

Die American Human Association kümmert sich zwar schon seit 1940 darum, das keine Tiere bei Dreharbeiten zu Schaden kommen, doch 1977 hat man sie noch nicht zu allen Dreharbeiten zugelassen. So fielen etliche der 5000 lebenden Taranteln gut sichtbar Autoreifen, Schuhsohlen und kochendem Wasser zum Opfer. Oder sie fraßen sich gegenseitig auf. Die Produktionsfirma gab an Spinnenfänger leichtfertig die Losung aus, dass es zehn Dollar Prämie für jede gefangene Tarantel geben würde.  Dadurch ging letztlich ein Zehntel des Gesamtbudgets für die kleinen Hauptdarsteller drauf, was man dem Film in anderen Bereichen auch anmerkt. So generiert sich die Filmmusik bei MÖRDERSPINNEN zum Beispiel aus rechtefreiem Material, wie Jerry Goldsmith legendäre TWILIGHT-ZONE-Musik aus der Episode BACK THERE, für die Schlusseinstellung.

Kingdom-of-the-spiders-4, Copyright Dimension Pictures / Shout! FactoryDer Spaß ist trotz allem gegeben. Sinnentleert, mit einer an den Haaren herbeigezogenen Botschaft, aber mit einem extrem hohen Ekelfaktor. Nur die allerletzte Einstellung. Oh weh, diese allerletzte Einstellung. Diese Einstellung verwandelt das zuvor aufgebaute krabbelige Gruseln, in ratlose Verblüffung. Die Überlebenden blicken auf ihre eingesponnene Stadt. Ein derart schlecht gemaltes Bild hat in keinem noch so billig produzierten Film  etwas zu suchen. So ein Ende hat dieser Film wirklich nicht verdient.

Kingdom-of-the-spiders-3, Copyright Dimension Pictures / Shout! Factory

Darsteller: William Shatner, Tiffany Bolling, Woody Strode, Lieux Dressler, Marcy Lafferty, Natasha Ryan, Altovise Davis, David McLean u.a.
Regie: John ‘Bud’ Cardos
Drehbuch; Alan Caillou, Richard Robinson
Kamera: John Arthur Morrill
Bildschnitt: Igo Kantor, Steve Zaillian
Spinnen: Jim Brockett, Gary Keasler
USA / 1977
circa 97 Minuten

Bildrechte:  Dimension Pictures / Shout! Factory

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen, Rund ums Kino abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar