1 - & A

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3 Engel für Charlie: Volle Power Charlie's Angel: Full Throttle
8 Frauen 8 Femmes
8 Mile  
15 Minuten Ruhm 15 minutes
25 Stunden 25th HOUR
28 Tage später 28 Days later
28 Weeks Later
2001: Odysse im Weltraum 2001 a Space Odyssey
Der 200 Jahre Mann The Bicenntinal Man
2012  
A Beautiful Mind  
About Schmidt  
Adaption  
A History of Violence  
A.I.-Künstliche Intelligenz Artificial Intelligence
Akte X - Jenseits der Wahrheit  X-Files: I want to believe
A L I  
Alien versus Predator 2 Alien vs. Predator - Requiem
All die schönen Pferde All the pretty Horses
Almost Famous  
American Gangster  
American Pie 2
American Psycho
Americas Sweethearts
The Amityville Horror
Angel Eyes
An jedem verdammten Sonntag Any given Sunday
Der Anschlag The Sum of all fears
Antwone Fisher
Apocalypse Now Redux
Arac Attack
Atlantis: Geheimnis einer verlorenen Stadt
Aufgelegt Hanging up
Auto Focus  
Aus Liebe zum Spiel For the Love of the Game

 

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Abgeschminkt ; Allgemeines Archiv ; Kritikarchiv ; Globes & Oscars

 

3 Engel für Charlie: Volle Power:

CHARLIES ANGELS: FULL THROTTLE

Darsteller: Cameron Diaz, Drew Barrymore, Lucy Liu, Bernie Mac, Crispin Clover, Robert Patrick, Demi Moore, John Cleese, Carrie Fisher, Luke Wilson, Matt LeBlanc und John Forsythe u.a.

Regie: McG; Drehbuch: John August, Cormac, Marianne Wibberly; Kamera: Russell Carpenter; Bildschnitt: Wayne Wahrman; Original Musik: Edward Shearmur

USA / 2003 ; circa 111 Minuten

Größer, schneller, aufwendiger, lauter und viel weniger Handlung. Nach dem Erfolg und der Machart des ersten Leinwandabenteuers, waren die Ziele und Erwartungen gut gesteckt. Und was liegt denn einem Studio ferner, als das Publikum zu enttäuschen. Der Regisseur, welcher sich gerne nur McG nennen lässt, hat das Rezept für eine erfolgreichere Fortsetzung hervorragend angerichtet, kennt die Regeln, beherrscht sein Terrain.

Es gibt nicht viel über diesen überproportionierten Comic-Strip zu sagen. Die Handlung reicht für einen handlungslosen Videoclip, die Effekt-Firmen hatten doppelt soviel zu tun, die Engel hetzen von Schauplatz zu Schauplatz, alles ist viel bunter, alles viel übertriebener und die Damen dreimal so scharf aus. Das es so einen Film überhaupt geben kann, widerspricht allen Regeln, Gesetzen und historischen Filmerkenntnissen. Vielleicht ist sogar der exzessive Gebrauch von historischen Hollywood-Locations in dieser Art beabsichtigt, das der Film sich gegen alles stemmt, was ein vernünftiger Filmemacher eigentlich zu tun hat.

Bereits nach den ersten fünf Minuten hat man die reale Welt hinter sich gelassen und ist in einem Strudel gefangen, der einem unablässig Bilder, Bilder und noch viel mehr Bilder um die Netzhaut jagt. Die Ohren sind nicht weniger gefährdet, der Soundtrack hat sich von Oldies bis Aktuelles fortsetzungsmäßig verdoppelt. Das die Engel der Townsend Detektei wirklich alles können, wird in jeder Minute zelebriert. Motorräder, Surfboards, Pferde, Flugzeuge, Panzer, Rodeo, Karate und der Ritt auf dem elektrischen Bullen, hier ist es ein Yak. Es wird getanzt und gesungen, es wird sich geprügelt und geschossen. Wer seinen Geist nicht abschalten kann, wird irrsinnig. 111 Minuten können manchmal lang sein, hier ist es ein psychedelischer Trip der mit einem Schlag zu Ende geht. Und was wirklich hängen bleibt, ist der unbändige Spaß den die drei Engel beim Dreh gehabt haben müssen.

'Full Throttle' kann sich rühmen einer der wenigen Filme zu sein, die man ohne weiteres zweimal hintereinander ansehen kann. Das Tempo ist atemberaubend, die Stimmung immer großartig. Nichts und niemand nimmt sich wirklich ernst, das macht Laune die einem das Dauergrinsen ins Gesicht meißelt. Da hat sich Demi Moore das richtige Vehikel für den Start ihrer zweiten Karriere ausgesucht, nie hat sie besser aussehen dürfen. Und die drei Grazien? Ein wahres Freudenfeuer zwischen kindlicher Unschuld und weiblicher Überwältigung.

Joseph McGinty Nichol hat ganze Arbeit geleistet, der Mann der sich gerne nur McG nennen lässt, hat es tatsächlich geschafft den höchsten Unterhaltungswert aus dem geringsten Anspruch heraus zu kitzeln. Selten soviel Spaß gehabt, selten so einen Trip erlebt. Puristen müssen draußen bleiben.

 


 

8 Frauen:

8 FEMMES

Darstellerinnen: Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Beart, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen, Danielle Darrieux, Ludivine Sagnier, Firmine Richard

Regie: Francois Ozon; Drehbuch: Marina de Van, Francois Ozon nach dem Stück von Robert Thomas; Kamera: Jeanne Lapoirie; Musik: Krishna Levy; Filmschnitt: Laurence Bawedin; Ausstattung: Arnaud de Moleron

Frankreich / 2002 ; circa 108 Minuten

Tatsächlich gibt es eine Männerrolle in '8 Frauen', die so nebenbei und unbedeutend ins Bild gesetzt wurde und von der nie das Gesicht zu sehen ist, das einem der Kerl schon wieder Leid tun kann. Denoch ist diese Männerrolle der Dreh- und Angelpunkt zweier absurder Tage mit acht Frauen, deren Leben untrennlich ineinander verknotet sind und sich diese Knoten nach einem Messer im Rücken der einzigen männlichen Rolle immer fester ziehen. Pikanter Nebeneffekt, keine der Frauen scheint mit einer der anderen in guter Beziehung zu stehen.

Ein bisschen Agatha Christie, ein bisschen mehr Boulevard Komödie, aberwitzige Musical-Einlagen und eine zelebrierte Künstlichkeit, die einem in den Augen brennt. Was Francois Ozon auf die Leinwand brachte ist weniger als Film zu verstehen, sondern schlichtweg eine ausgelassene Nummern-Revue der grössten weiblichen Namen Frankreichs. Es gab Zeiten, da konkurrierten die Deneuve und die Ardant mit ihren Filmen um die Männerherzen, jetzt bestreiten beide einfach zusammen die Leinwand. Hommage und Persiflage in einem, Karrikaturen ihrer selbst und doch so erfrischend anders. Robert Thomas Bühnenstück in dieser Konstellation war sicherlich ein Wagnis, welches nur funktionieren konnte, wenn sich die Darstellerinnen darauf einlassen würden, wie sie es tatsächlich getan haben.

Zum grössten Teil beschränkt sich das Geschehen auf die ausladende Eingangshalle eines vom Schnee eingeschlossenen Landhauses, welches schon im Titelvorspann in übertriebenen Kitsch und herber Künstlichkeit vorgestellt wurde. Die Eingangshalle als grosse Bühne der Eitelkeiten, Verdächtigungen, Ängste und Sanges- sowie Tanzeinlagen. Es macht Spass diesen Frauen zu zusehen, wie sie lachen, weinen, sich angiften und gegenseitig nichts schenken. Ungeniert toben sie ausgelassen durch die spärlichen Kulissen und sind sich selbst und dem Zuschauer genug. Minimalisiert wie die Schauplätze, fällt die Kamera eher mit statischen Einstellungen auf. Wie auf der Bühne erzielt die Lichtgestaltung die meisten Effekte in der bildlichen Auflösung.

Das Resultat des mit dem goldenen Bären für Ensemble-Leistung ausgezeichneten Streifens ist, trotz aller darstellerischen Einfälle, eher dürftig. Es bleibt nichts hängen, was den Zuschauer nachhaltig beschäftigen würde. Wie eine perfekt geschmierte Unterhaltungsmaschine spult sich der Film ab und hinterlässt doch keine überwältigende Eindrücke, was auch der Inszenierung zugeschrieben werden muss, die ungeniert von Kalauer über Drama bis zum feingeschliffenen Dialogwitz springt. Es ist offensichtlich, das noch vor dem Publikum die Darstellerinen ihren ungebremsten Spass haben sollten. Und so zanken, schlagen und lieben sie sich auch, ausgelassen und mit ansteckender Freude. Und wenn schon sonst nicht viel übrig bleibt, ist doch diese ansteckende Freude selbst selten genug im Kino zu erleben und so ein erstklassiges Aufgebot von Ensemble noch viel seltener.

 


 

8 Mile:

Darsteller: Eminem, Mekhi Phifer, Brittany Murphy, Kim Basinger, Evan Jones, Omar Benson Miller, Eugene Byrd, De’Angelo Wilson u.a.

Regie: Curtis Hanson; Drehbuch: Scott Silver; Kamera: Rodrigo Prieto; Bildschnitt: Jay Rabinowitz, Graig Kitson; Musik: Eminem

USA / 2002 ; circa 110 Minuten

Sie hießen ‚Breakin’ und ‚Wild Style’, aber auch ‚Boys’n the Hood’, oder ‚Menace to Society’. Doch keiner konnte wirklich ein Lebensgefühl vermitteln, welches Musik am gnadenlosen Rand des Abgrundes bewirkt, keiner war in der Lage das wahre Herz des Rap mit all seiner Radikalität und Brutalität erleben zu lassen. Rap ist etwas exotisches, Rap etwas das in sauberen amerikanischen Vororten außen vor bleibt, Rap ist Musik, mit der sich europäische Jugendliche lächerlich machen. Kapuzen-Shirts und Caps, weite Hosen und Kopftuch. Der Nachteil an Curtis Hansons ‚8 Mile’ liegt darin, das er trotz seiner brutalen Ehrlichkeit noch mehr 17 Jährige dazu anregen dürfte cool zu sein und hämmernde Reim-Musik zu hören, deren Texte sie nie erfassen werden.

Es ist einer jener zur Genüge entstandenen Filme, in der ein bekannter Sänger versucht zu Schauspielern und, Verkaufszahlen sei es gedankt, auch noch singen darf. Elvis hat so was getan, Whitney Houston und sogar Roy Black, oder Connie Froebess. Es ist kein neues Genre und es ist auch nicht besonders einfallsreich.’8 Mile’ ist aber auch eine jener Geschichten, in der sich jemand in einer Welt durchsetzt, in dem Fall ein Weißer in der schwarzen Rap-Szene, in welcher er nichts verloren hat. So einfach der Plot auch ist, so dünn sich die Geschichte gibt, gerade dadurch kann der Film sich auf das Wesentliche konzentrieren. Und das Wesentliche in ‚8 Mile’ ist eine Sub-Kultur von der einfach die wenigsten auch nur eine geringe Ahnung haben und die doch mehr als einen flüchtigen Blick wert ist. Er hieß Marshall Mathers, später auch Slim Shady und eben Eminem, jetzt ist er (All-Amerian) Jimmy Smith und Bunny Rabbit. Aber in erster Linie ist er der verbitterte und bewusst provozierende weiße Rapper, der sich den Respekt derer zugezogen hat, die wie er von ganz unten kommen und eine schwarze Dömane beherrschen. Und das macht Curtis Hansons Film zu einem Novum, das diese fadenscheinig dünne Geschichte, dieser schon tausendmal erzählte Plot, die wirkliche Geschichte des Jungen ist, der einst Marschall Mathers hieß und jetzt das Phänomen Elvis wiederholt. Der Weiße, der in ‚schwarzer Musik’ besteht.

Außergewöhnlich sensibel ist Eminem in seinem Debüt, wenn auch die Glaubwürdigkeit nicht von ungefähr kommt. Aber Hanson hat sehr sorgsam in seiner Schauspielführung darauf geachtet, das der Musiker nicht einen Rapper darstellt, sondern erstrangig einen glaubhaften Charakter. Eminem ist großartig, egal wie man zu dem Großkotz, dem Provokateur stehen mag, in seiner Rolle geht er auf, wie es selten jemanden in einem Debüt gelang, ohne das man trotz der Thematik ständig den bereits bekannten Musiker vor Augen hat. Ebenso perfekt funktioniert der Soundtrack, der mit zwei neuen Songs und den atmosphärischen Instrumental-Stücken von Eminem aufwarten kann. ‚Lose yourself’ und ‚8 Mile’ entwickeln dabei eine Kraft die eher an Hymnen anstelle von Titel- und Abspannliedern erinnern.

Die Geschichte des Scheiterns und der Selbstfindung bietet auch Kim Basinger eine sehr ungewöhnliche Plattform, welche sie mit Bravour auf die Leinwand bringt. Verbraucht und abgehalftert, scheint immer wieder schwach ihre eigentliche magische Leinwandpräsenz durch. Eine erstklassige Gratwanderung in der der Genius von Regisseur Hanson am gegenwärtigsten wird. Er hat Basinger mit ‚L.A. Confidential’ zu Oscar-Ehren gebracht, hier sollte weiter zahlreiche Auszeichnungen nicht verwundern.

Wie Hanson immer wieder Lokal-Kolorit (‚Confidential’, ‚Wonder Boys’) in seine Filme einfließen lässt ist erstaunlich. Mit blassen Farben und grobkörnigen Bilder bringt Kameramann Rodrigo Prieto ein Detroit auf die Leinwand, das den Unterschied von verwahrloster Innenstadt und den reichen, weil ‚weißen’, Vororten umgehend bewusst macht. Ein einer fast romantisch angedachten Sequenz stellt Prieto die Darsteller vor die Flammen eines brennenden, leerstehenden Hauses, welches die Charakter selbst anzündeten, weil darin ein kleines Mädchen vergewaltigt wurde. Die von Stadt und Staat vernachlässigte Ghetto-Bevölkerung durchbricht ihre eigene Lethargie und verdeutlicht, dass sie sich eigentlich kümmert. Wie ein Hoffnungsschimmer, ist es das einzige mal wo dem Film satte und tröstliche Farben gestattet werden.

Wenn Bunny Rabbit am Ende in eine dunkle Gasse entschwindet, bleibt dem Zuschauer als einziger Trost, das es der wahre Rabbit im Leben geschafft hat, den widerlichen Missständen entfliehen konnte, egal welche Auffassung man sich über den Skandal umwobenen Rapper einverleibt haben wird. Für Rabbit aber geht der harte Weg am Abgrund weiter, seine Möglichkeiten wurden dargelegt, eine Lösung will Hanson seinem Publikum schuldig bleiben, was dem realistischen Ton des Filmes, trotz aller Klischees, nur allzu gut tut. Genauso wie der verzicht jedweder Sozialkritik, die sowieso nur leeres Geplapper wäre. Ein großes Publikum wäre dem Film schon zu wünschen, um etwas Licht in jenes uns bisher unbekanntes Lebensgefühl zu bringen, das die Rap-Kultur entstehen und festigen ließ. Und die modisch und musikalisch nacheifernde Jugend unserer Zeit sollte wieder den Daumen in den Mund stecken und sich ein paar Gedanken darüber machen, wie ahnungslos sie tatsächlich sind.

 


 

15 Minuten Ruhm - 15 MINUTES

Darsteller: Robert DeNiro Edward Burns, Kelsey Grammer, Avery Brooks, Melina Kanakaredes, Karel Roden, Oleg Taktarov, Vera Farmiga u.v.a

Regie & Drehbuch: John Herzfeld; Kamera: Jean Yves Escoffier; Filmschnitt: Steven Cohen; Musik: Anthony Marinelli, J.Peter Robinson

USA / 2001, circa 120 Minuten

'The world is yours' deklarierte schon Tony Montana in DePalmas Scarface. Wie man mit Rücksichtslosigkeit und gesteigertem Egoismus in Amerika etwas werden kann, weiss man längst. Auch der Little Cesar von Edward G. Robinson ging in den 30ern diesen blutigen Weg. John Herzfeld versucht es in seinem zweiten Kinoauftritt mit Anflügen von Satire, aber dabei war im Oliver Stone mit Natural Born Killers um Jahre voraus und in seiner überzogenen Art dennoch ehrlicher.

Kaum eine Stunde in New York an Land, haben der Tscheche Emil und der Russe Oleg (Roden, Taktarov) eine Videokamera am Times Square geklaut und weitere 60 Minuten später hat Emil seinen ersten Doppelmord hinter sich, Oleg mit den Kamera immer hinterher. Alleine wie die beiden die amerikanische Einwanderungsbehörde durchlaufen, dürfte jedem Insider gehörige Kopfschmerzen bereiten. Aber noch befindet sich Autor und Regisseur Herzfeld auf den Pfaden eines gelungenen Action-Thrillers und somit bleibt einiges verzeihlich.

Weil die zwei Ost-Europäer ihre Opfer verbrannten, treffen bald Captain Eddie Flemming (DeNiro) von der New Yorker Polizei und Brandexperte Jordy Warsaw (Burns) von der Feuerwehr auf- und aneinander. Eddie ist ein bekanntes Gesicht in der Stadt, oftmals von Kameras begleitet, schenkt er seine hohe Aufklärungsrate der meist gesehenen Boulevard-Sendung 'Top Story' von Robert Hawkins (Grammer). Es dauert auch nicht lange, da fällt den beiden Neuankömmlingen auf, was man mit einer Kamera wirklich alles an- und bewerkstelligen kann. 'Das Blutigste, für die höchsten Einschaltquoten', sagen sich nicht nur Emil und Oleg, sondern auch Robert Hawkins. Und mit einem dramatischen Wendepunkt der Geschichte beginnt auch die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Wahnwitz der Medien, wenn Emil und Oleg ihre gefilmten Taten ans Fernsehen verkaufen und dieses Material letztendlich auch gesendet wird.

Schnell mit den Spitzfindigkeiten des amerikanischen Rechtssystemes vertraut geworden, ergeben sich die Bösen der Polizei und damit auch den Medien. Den Guten in diesem abartigen Spiel, fällt es nun gänzlich schwer ihre wohlverdiente Rache zu nehmen, für sich und das Publikum. Aber am Ende geht es immer noch um jene berüchtigten 15 Minuten Ruhm, die jedem zustehen und Jordy Warsaw, als Feuerwehrmann selbst knapp einer hinterhältigen Feuerfalle von Emil entkommen, nutzt seine Chance, wenn die ganze Welt auf ihn blickt.

Was John Herzfeld wirklich mit 15 Minutes gelang, ist ein überaus spannender und durchweg überraschender Thriller. Robert DeNiro brilliert als arroganter, selbstgerechter Polizist und man spürt förmlich seine Verbundenheit zu seinem Lieblingsdrehort, die Strassen von New York. Dem Autor ist eine ausergewöhnliche Charakter-Beschreibung gelungen, welche DeNiro nutzt, wie es fast kein anderer könnte. Immer wenn man denkt, man hat von DeNiro alles gesehen, überrascht er auf wirklich angenehmste und durchdringenste Weise. Edward Burns, sonst Frontmann erstklassiger Idenpendent Produktionen, macht in dieser Studio-Produkt eine hervorragende Figur und beweist, das er druchaus auch alleine einen film tragen kann. Aber natürlich steht allen voran Karel Roden als Tschechischer Verbrecher mit labilem Gemüt. Seine hektische Unruhe, das ständig verschwitzte Gesicht und der ewige Versuch, sich selbst in den Griff zu bekommen schafft ein Paradebeispiel für einen hochrangigen Filmbösewicht.

Was dem Film mangelt, ist eine tiefgehendere Auseinandersetzung mit seinem eigenem Thema. an einigen Stellen schlagen soetwas wie satirische Einlagen durch, doch diese wirken dann widerrum vollkommen fehl am Film. Die Spannungs- und Action-Elemente setzt Herzfeld mit grandioser Bravour um, kann das Tempo genauso am Laufen halten, wie das Interesse des Publikums fesseln. Aber Herzfeld versucht noch mehr. Er möchte das kritisieren, was seinen Film erst möglich macht. Er möchte das an denPranger stellen, was er selbst zelebriert. Sozusagen sägt er den Ast ab, auf dem ersitzt. Und am Ende erweist sich die selbst auferlegte Medienkritik alsherzloses Unterfangen, das auf der einen Seite überhaupt nicht funktioniert und auf der anderen Seite mit eher peinlich kindlichem Gemüt vollzogen wird.

Wundervolle Kameraarbeit, herausragende Darsteller, erstklassiges Ambiente, perfekt funktionierende Action, hochgradige Spannung. Und wer meint, tiefer zu blicken zu müssen, der ist selber Schuld.

 


 

25 Stunden - 25TH HOUR

Darsteller: Edward Norton, Barry Pepper, Philip-Seymour Hofman, Brian Cox, Rosario Dawson, Anna Paquin u.a.

Regie: Spike Lee; Drehbuch: David Benioff; Kamera: Rodrigo Prieto; Bildschnitt: Barry Alexander Brown; Musik: Terence Blanchard

USA / 2002 , circa 134 Minuten

Was war wirklich passiert, als die Türme fielen? Womit ließ sich der Schmerz erklären, diese Öde, die sich in den Herzen, in den Empfindungen auftat? Niemals war das ‚Warum’ so wichtig gewesen, niemals so wichtig wie die Frage nach dem ‚was passiert war’. Die Antwort blieb aus, was passiert war ging tiefer und bleibt unergründlicher als das Loch, welches die Türme hinterlassen haben. Billy Joel sang einst, und heute noch viel intensiver von ‚New York State of Mind’. Was Die Stadt ausmachte, beherrschte auch seine Menschen. Das New York State of Mind ist eine unbewusste Lebensphilosophie, die nie einer Erklärung bedurfte. Bisher. Etwas hatte in New York mit zwei Einschlägen aufgehört zu existieren, wenigstens für eine Zeit. Die Sinne verdichteten sich zu einem paralysierten Kollektiv. United we stand.

Das Leben ging weiter, anders und unerklärbar, aber es ging weiter. Das eigentliche Ziel jener Katastrophe war weit verfehlt worden. Das ‚Warum’ hat zumindest die Stadt als Ganzes gefestigt. Der Rest ist Aufarbeitung, die nie bewusst stattgefunden hat. Roman-Autor David Benioff hat ein Buch geschrieben das auch nur eine Annäherung an so etwas wie Aufarbeitung sein kann, aber ehrlicher und eindringlicher gestaltet ist, wie alle nüchternen Erklärungen zusammen. Benioff erkannte die Emotionen und er wusste mit ihnen umzugehen. Emotionen müssen nichts mit Kitsch zu tun haben und somit tat sich Spike Lee und seinem Film in weiser Voraussicht den Gefallen, das Benioff das Drehbuch selbst verfasste.

Die Geschichte ist einfach, objektive gesehen sogar banal. 24 Stunden verbringt Edward Nortons Monty noch in Freiheit, bevor er wegen Drogenhandels für 7 Jahre einsitzen muss. 24 Stunden in denen er Abschied nehmen will von Freunden, dem Vater und der Lebensgefährtin. Er weiß besser als alle anderen, für die das Leben weiter geht, das weder Liebe noch Freundschaft diese sieben Jahre überdauern wird. Und selbst das Beste was er je getan hat, dem Hund Doyle das Leben zu retten, kann diese Zeit nicht überdauern, weil Doyle schon viel zu alt ist und nicht mehr da sein wird.

Manchmal macht die Geschichte kleine Ansätze, aus der psychologischen Tour de Force eine Gangsterstory werden zu lassen und überrascht dann doch mit der Kontinuität sich dem Inneren der Figuren noch viel intensiver anzunähern. Spike Lee beherrscht diesen Akt der Emotionen mit bestechender Virtuosität. Man bemerkt sogar eine gewisse Entspannung, losgelöst von seinen sonst immer wiederkehrenden ethnischen Themen, die er behandelte. Lee wagt es sogar die einzigen Afroamerikaner im Film als die ‚Bösen’ einzusetzen. Damit ist er soweit von allen Erwartungen entfernt, wie es ihm nur möglich war und profitiert davon mit einer Intensität die ihres gleichen sucht.

Die Spuren jenes September Morgen sind allgegenwärtig, in kleinen Gesten, in Bild Hintergründen und auch in epochalen Einstellungen. Die Grube des so genannten Ground Zero ist eine Wunde die nicht verheilen mag. Eine Wunde im Herzen der Stadt und der Menschen. Aber Ground Zero ist Beiwerk, hintergründige Erinnerung. Im Vordergrund steht Monty Brogan der Abschied nimmt von seinen zwei besten Freunden (Hoffman, Pepper), von seinem verwitweten Vater (Cox) und von seiner Freundin (Dawson). Und Monty Brogan ist New York, Monty ist der Moloch von dem keiner loskommt, obwohl er auch soviel Unglück mitgebracht hat. Er ist wie die Stadt die niemals schläft, jeder hat das Beste herausgeholt und keiner fühlte sich verantwortlich. Und dann die Einschläge und wie die Türme des Monty Brogan zusammenfallen. Es ist der letzte Tag in Freiheit. Und nun erkennen alle im Umfeld des Verurteilten was ihnen fehlen wird, wo ihre eigenen Fehler liegen, wie sich ein persönlicher Ground Zero bildet, wenn Monty geht. Dabei hat die Hauptperson genügend mit sich selbst zu tun, wie eben die Stadt auch. Die Angst vor dem was kommen wird, wie es weiter gehen soll. Verunsicherung, wo keine Lösungen parat steht und bei der das ‚was wird?’ ebenso unbeantwortet bleibt. Das Loch welches gerissen wird, entwickelt sich auf jeden Fall zu einer hässlichen Narbe, für jeden den die Geschichte von Monty Brogan angeht.

Wie sich die Situation in New York nach dem 11. September im Film gestaltet, wie sich die Parallelen von Stadt zu Person auftut, das ist eine wundervoll, melancholische Hommage die Spike Lee inszeniert hat, wie er bisher keinen seiner Filme entwickelt hat. Endlich konnte sich der Regisseur einmal von jedem aufdringlichen Pathos lösen und lässt den Zuschauer von der Hand. Das Dilemma des Monty Brogan steht ganz für sich allein und stellt sich der Herausforderung für jeden der sich auf die Parallelen einlassen möchte, aber niemals wird einem Eindruck, oder Absicht aufgezwungen.

Rosario Dawson leidet als einzige in dem Ensemble an einer etwas benachteiligten Charakterisierung. Aber das fällt zwischen den fesselnden Darbietungen Peppers, Hoffmans und Cox’ gar nicht weiter auf. Und Edward Norton ist sowieso eine Klasse für sich, wie er abgeklärt den Kleinkriminellen mimt, aus dem die Angst direkt ins Unterbewusstsein des Zuschauers zu springen scheint. ‚25 Stunden’ ist ein angenehm einnehmendes Kammerspiel im ganz großen Stil, welches nicht nur die Qualitäten des Regisseurs und eines großartigen Buches offenbart, und mit atemberaubenden Darstellern gesegnet ist. ‚25 Stunden’ ist auch ein oftmals grandioses Spiegelbild unserer Ohnmacht, ein Spiegelbild über unsere Einsamkeit und die Zeiten in denen uns alle Erklärungen abhanden gekommen sind. Selbst Spike Lee, oder Edward Norton, auch David Benioff können keine Lösung anbieten, lassen die Narben nicht verheilen, aber ihnen gelingt eine mitreißende Annäherung an das was viele glauben verloren zu haben, obwohl es den Anschein hat, den Menschen gefestigt zu haben. Es gibt nach wie vor keine Erklärung, ‚was’ geschehen ist nachdem die Türme gefallen waren, aber man bekommt ein Gefühl dafür, dass es Herz und Verstand aufs Mark erschüttert hat. Und es gibt den ersten Film darüber, der es versteht diese Empfindungen zu vermitteln.

„I don't have any reasons, cause I've left them all behind, I'm in a New York state of mind”, Billy Joel

 


 

28 Days Later:

Darsteller: Cillian Murphy, Noah Huntley, Naomie Harris, Brendan Gleeson, Megan Burns und Christopher Eccleston u.a.

Regie: Danny Boyle; Drehbuch: Alex Garland; Kamera: Anthony Dod Mantle, Bildschnitt: Chris Gill; Original-Musik: John Murphy

England / 2002 ; circa 112 Minuten

Danny Boyle gibt sich alle Mühe, einem neuen Thema viel Neues ab zu gewinnen. Im Allgemeinen gilt der herkömmliche Zombie-Film auch als, kleines Wortspiel, ausgestorben. Aber in Zeiten wie diesen, scheint die Auseinandersetzung mit dem Schrecken des Untoten und der Welt im Übrigen wieder seine Gültigkeit bekommen zu haben, das jedenfalls ist eine eindeutige Handschrift in Alex Garlands Drehbuch. Wie die atomar verseuchten Monster der 50er, hat sich der Zombie ja zu einer modernen Variante der inneren Unsicherheit, der Bedrohung, dem Unabwendbaren gemausert. Der Untote als Synonym für das schleichende Misstrauen gegen Politik, die Angst vor Krieg, einer undefinierten Unzufriedenheit, vieles was sich einfach unter dem Wort Sozialkritik unterbringen lässt.

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Als der Fahrradkurier Jim (Murphy) nach 28 Tagen aus dem Koma erwacht, liegt die Welt wie er sie kennt in endzeitlichen Trümmern. Ein Virus hat Menschen entweder ausgerottet, oder zu Fleisch hungrigen Bestien verwandelt. Nun gehört es zum Standart des weitläufigen Genres, das Jim andere Überlebende findet, sich in eine von ihnen verliebt und letztendlich an einem ort der die größtmögliche Sicherheit versprechen sollte, den größten Horror erlebt. Tatsächlich erzählt Garland in seinem Buch nicht Neues, aber wie Danny Boyle es als Regisseur umsetzt, hätte ein moderner Klassiker des Horrorkinos werden können. Der Verzicht auf 35mm zu drehen, und anstelle einfaches DV Material zu verwenden, macht ‚28 Days Later’ zu dem bisher einzigen Film, der vielen sonst Hochgelobten dogmatischen Langweiler, dem die unscharfe Auflösung und die geringe Brillanz der Bilder wirklich sehr gut steht und das Material so zu nutzen weiß, das es auch im Kino Spaß macht anzuschauen.

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Es hätte tatsächlich ein Klassiker werden können. An den drei entscheidenden Punkten des Filmes zitiert Boyle ganz klar zuerst ‚Night…’, dann ‚Dawn…’ und schließlich ‚Day of the living Dead’ von Romero. Boyle hat erstens sein Handwerk gelernt und mit diesen Zitaten auch zu erkennen gegeben, das er verstanden hat. Aber warum Romeros Abschlussfilm der Trilogie letztendlich scheiterte, lässt auch bei ‚28 Days Later’ die Gemüter ziemlich unberührt aus dem Kino kommen. Die Charaktere sind nicht einfach nur schlicht gestrickt, sondern dazu noch sehr Stereotype. In all der herrlich düsteren Atmosphäre, diese atemberaubenden Stimmungen, welche die Bilder auf die Leinwand übertragen, schert man sich nicht einen Deut um die Figuren. Eine Todsünde, wenn man dieses Genre jenseits des Splatter-Genres zu nutzen gedenkt.

 

War es nicht gerade Regisseur Boyle, der den abgedrehten Losern aus ‚Trainspotting’ soviel Wärme und Sympathie entlocken konnte?

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Und wem steht schon eine gesperrte Londoner Innenstadt zur Verfügung? Gerade die verwaschenen Kontraste der DV-Bilder verwandeln die leergefegten Straßenzüge in reines Unbehagen. Das Surreale wandelt sich im Auge des Betrachters zu einem realen Szenario, vorstellbar und erschreckend. Und, ein Novum in unseren Kinotagen, keine billige Computergraphik war notwendig gewesen, das verwaiste London derart zu präsentieren. Das Echte in den Bildern ist fast schon spürbar.

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Bei den Angriffen der ‚Infizierten’, setzt Kameramann Mantle auf handelsübliche Shutter-Effekte, was den Vorteil hat, das in der rasanten Schnittfolge genug Blut vergossen werden kann, um Anhänger des Genres eine Freude zu bereiten, viele Blut-Sequenzen sich aber zwischen Bild und Schnitt soweit selbst entkräften, das Otto-Normalkinogänger sich nicht im Brechreiz abwenden muss. Wo sonst ruhige Bilder angesagt sind, geht das Tempo bei Attacken der Untoten von 0 auf 100. Denn jetzt ist Schluss mit den langsam, schlurfenden Dumpfbacken, denen man in aller Gemütsruhe den Kopf vom Körper trennen kann. Kraft und Schnelligkeit sind den ‚Infizierten’ nun inne, was für ordentliche Adrenalin-Schüppe genutzt wird, wenn nicht…, ja wenn nicht sowenig für die Figuren getan worden wäre. Noch dazu gönnt uns Boyle, nach unendlichen hin und her, anstelle des ursprünglich geplanten Schlusses eine Auflösung der Geschichte, die sehr wenig mit sich selbst anzufangen weiß.

Nach dem katastrophalen Hochglanz-Reisekatalog ‚The Beach’ hat Boyle wieder Terrain betreten, indem er sich offensichtlich um einiges wohler fühlt. Neben den leider unbefriedigenden Auswüchsen ins Beschwichtigende, oder Uninteressierte, ist ‚28 Days Later’ keineswegs pures Horror-Splatter-Vergnügen, sondern eine oftmals hintersinnige, auf alle Fälle immer stimmungsvolle Hommage an Zivilisationsängste und Sozialverluste. Wenn auch kein durchweg geglückter Versuch, hat Danny Boyle dennoch einen kritischen Nerv getroffen, den schon lange kein Film mehr so unterschwellig, gleichzeitig offen angegriffen hat.

 


 

28 Weeks Later

Darsteller: Robert Carlyle, Rose Byrne, Jeremy Renner, Catherine McCormack, Harold Perrineau, Mackintosh Muggleton, Imogen Tubbs u.a.

Regie: Juan Carlos Fresnadillo; Drehbuch: Rowan Joffe, Juan Carlos Fresnadillo, Enrique Lopez Lavigne, Jesus Olmo; Kamera: Enrique Chediak; Musik: John Murphy; Bildschnitt: Chris Gill

England / 2007; circa 99 Minuten

Wer glaubt dem Genre des Zombie-Filme
s könne man nichts Neues abgewinnen, der sollte schleunigst ins Kino verschwinden. Jawohl ins Kino, denn die Hand-vor-den-Augen-Halter, die lieber auf DVD Veröffentlichungen warten, werden niemals diesen intensiven Schrecken erfahren, welchen Regisseur Juan Carlos Fresnadillo einen in die Glieder fahren lässt. Gerade in diesem Sub-Genre hat es keine realistischere und ergreifendere Auseinandersetzung mit diesem Thema gegeben seit Romeros ‚Zombie – Dawn Of The Dead’.

Als cinematographischer Purist, fällt es sehr schwer, den Stil der absolut verwackelten Handkamera zu akzeptieren. Aber damit wäre schon das einzig Negative gesagt, was es über ‚28 Weeks Later’ zu berichten gibt. Zumindest bewahren die verwackelten, hektisch geschnittenen Bilder das sensible Auge vor unnötigen Auswüchsen und Zelebrierung graphischer Gewalt. Und mit Gewalt wird entgegen dem milderen Vorgänger nicht gespart. 

Wie die großen und kleinen, schäbigen und kunstvollen Horrorfilme der 50er und 60er Jahre, haben sich die vier Drehbuchschreiber von ‚28 Weeks Later’ thematisch dem politischen Zeitgeist verschrieben. Und es ist erstaunlich, wie effektiv die Bezug nehmenden Parallelen greifen, ohne das auch nur irgendwelche Klischees angekratzt werden müssen, oder das mit unglaubwürdigen Dialogen aufgefahren wird. Der Virus, der Menschen zu untote Fleischfresser mutieren lässt, scheint ausgerottet. Nachdem England unter Quarantäne gestellt wurde, sind die rasenden Bestien alle verhungert. Als Schutz- und Ordnungsmacht sind amerikanische Truppen eingesetzt. England wird als Virus frei erklärt. Es beginnt die Rückführung der Evakuierten in ihre Heimat, allerdings vorerst nur in die Sicherheitszone von District 1, einem abgeriegelten Stadtteil von London. Zurück kehren auch Andy und Tammy, die Kinder von Don Harris, der aus Feigheit seine Frau und die Mutter der Kinder dem Schicksal durch angreifende Zombies überließ. Andy und Tammy erfahren eine angepasstere Version der Geschichte, in Dons Glauben, seine Frau sei Opfer des Virus geworden.

Schon mit den ersten Bildern, baut Regisseur Fresnadillo eine erdrückende Stimmung auf, die glaubwürdiger nicht sein könnte. Und den ganzen Film über unterstützt John Murphys spärliche, aber wirkungsvolle Musik die Hilflosigkeit und das Gefühl der Verlorenheit. Selten hat man einen stimmigeren Film gesehen, der seinem Grundton derart stimmungsvoll gerecht wird. Ein Vergleich mit Cuarons ‚Children Of Men’ ist nicht nur gerechtfertigt, sondern auch zwingend notwendig. Beides sind Filme, die eine Zivilisation beschreiben, die durch eigenes Verschulden aus ihrer Dekadenz gerissen wird und sich dadurch selbst in die Steinzeit zurück katapultierte. Dons Frau Alice wird, entgegen jeder Hoffnung, lebend gefunden. Die vorgegebenen Lügen des Vaters, er habe Alice sterben sehen und ihr nicht helfen können, bringt das kurze Glück des Überlebens und der Wiedervereinigung zum abrupten Abbruch. Dies wiederum löst eine Kettenreaktion aus, die den ausgerottet geglaubten Virus innerhalb von District 1 bringt, wo jeder Infizierte umgehend zu einem wütenden Ungeheuer mutiert.

Das amerikanische Militär ist machtlos. Jede Schutzmassnahme bewirkt nur schlimmere Gegenreaktionen, die wiederum mit sich steigernden, aggressiveren Mitteln beantwortet werden müssen. Durch die teilweise irrwitzige Schnittfolge und den massiven Einsatz der Handkamera, erreicht der Regisseur, das die Gräuel der Zombies an ihren Opfern weniger drastisch wirken, dennoch wirkungsvoll bleiben. Aber keine Angst für die Freunde des Schock- und Blutkinos, trotz allem bleibt sehr wenig der Phantasie überlassen. Fresnadillo weiß nur allzu geschickt mit diesen Werkzeugen des Horrors umzugehen.

Das Einschreiten der sogenannten Schutztruppen hingegen, wird wesentlich klarer und deutlicher gezeigt. Die Detailfreudigkeit beim Einsatz der Gegenmaßnahmen ist wesentlich blutiger und damit auch viel brutaler. Hier kehrt sich das typische Genre-Verhalten um, die Guten werden, trotz aller Logik in ihrem Tun, in Frage gestellt. Aber weit gefehlt, wer denkt die landläufige Meinung des Cowboy G.I. wird hier ausgespielt. Das Drehbuch begibt sich erst gar nicht auf das flache Niveau von Klischee und Naivität, Zivilisationskritik kann effektiver geäußert werden. 

‚28 Weeks Later’ dürfte den Aufnahmen nach zu urteilen das größte Projekt sein, welches in Sachen Straßensperren umgesetzt wurde. Der Film vollbringt eine logistische Meisterleistung, in dem er es schafft die Innenstadt von London vollkommen Menschen und Auto frei zu halten. Und das nicht nur in einfachen Straßenzügen, sondern auch die Tower-Bridge, das Gebiet um Big Ben, oder auch die neue Wembley Arena, die nur im Innenbereich gedoubled werden musste, weil sich die Arena noch in der Ausstattung befand. Wunderbar, wenn ganz offensichtlich keine am Computer entstandenen Bilder für diese Art von Szenen herhalten müssen. Anders schon bei der visuell atemberaubenden Brandbomben Attacke auf District 1. Enrique Chediaks sonst losgelöste, rasende Kamera weiß sehr oft die richtigen Akzente in den Bildern zu setzen. Ob die epischen Weiten des verlassenen England, oder die klaustrophobische Auswüchse in den Gebäuden. Und der Weg durch die Dunkelheit in den unbeleuchteten U-Bahnhöfen, ist eine Sequenz die ihresgleichen sucht.

Gruseln neben Anspruch, Blutorgien gefolgt von Tiefgang, Reflexionen über unsere Welt mit sehr viel Unterhaltungswert, oder auch feinste Schauspielkunst begleitet von Schockeffekten. Dies ist das wunderbare an diesem Horrorfilm, der so viel mehr zu bieten hat und es schafft ein weitaus breiteres Publikum anzusprechen, als man vermuten möchte. Das macht wirklich Spaß, wenn man wieder einmal so richtig an Hals und Seele gepackt wird.

mainstream

 


 

2001: Odysee im Weltraum:

2001: A SPACE ODYSSEY

Darsteller: Keir Dullea, Gary Lockwood, William Sylvester, Daniel Richter, Leonard Rossiter und als Hals Stimme Douglas Rain

Regie: Stanley Kubrick; Drehbuch: Stanley Kubrick, Arthur C. Clarke nach seiner Kurzgeschichte The Sentinel; Kamera: Geoffrey Unsworth, John Alcott; Filmschnitt: Ray Lovejoy

England / 1965-'68 , Angaben über die Laufzeit variieren ständig zwischen 139 und 145 Minuten

Wenn man sich all den Essays, all die Abwandlungen und Doktorarbeiten, Interviews und Tagebücher widmet, stellt man schnell fest, das Regisseur Stanley Kubrick selbst nie genau deffinieren konnte, was er eigentlich mit diesem Science Fiction Film aller Science Fiction Filme aussagen wollte. Mal ist es die Gottfindung, mal der Weg ins Selbst, dann sollte es wieder einfach nur ein Film über Ausserirdische sein. Vielmehr als Kubrick selbst, sehen seine leidenschaftlichen Anhänger in der Odyssee im Weltraum. Sicher ist nur, das sich im Jahre 1968 die Welt im allgemeinen Aufbruch befand. Der gehobene Mittelstand, die, die ihre Perspektiven längst ausgelebt, oder diese bereits verloren hatten, lachten und verliesen die Premierenvorstellung 1968 vorzeitig. Die wenigsten sahen überhaupt das Sternenkind am Ende. Aber in Kubricks aufkeimende Depression platzte der Freudengesang derer, die nicht wie ihre Eltern sein wollten. Eine Generation, die sich neue Perspektiven versprach und eine ebenso neue Welt erhofften und teilweise sogar erkämpften. 2001 wies keine neuen Wege auf und schon gar keine Perspektiven. Aber 2001 war ein exzessiver Rausch an Farben, Formen und Bildern. Weniger als 40 Minuten Dialog in knapp 140 Minuten Laufzeit. In der Zeit als die Filmindustrie den Schnitt für sich entdeckte, mit schnellen Sequenzen versuchten zu irritieren, oder technische Tricks zu vertuschen, blieb Kubrick mit seiner Kamera drauf. Lange und noch länger. Für die einen zur Qual, für die anderen als legaler Trip jenseits der Sinne. John Lennon wollte dem Film einen Tempel errichten, wo 2001 ununterbrochen gezeigt werden sollte. Und selbst die nüchternsten aller Schätzer des Werkes bedeuten, das so ein Film nie wieder gemacht wurde. Das menschlichste, das Wärmste geht von einer Computerstimme aus. Und die Gelehrten, Experten und Filmfreaks überschlagen sich mit Aussagen, Deutungen und Interpretationen.

Was belibt also den Kindern des neuen Jahrtausends, was 1968 wie eine Droge über die Suchenden hereinbrach? Man feiert das Meisterwerk heute noch als solches, weil es damals so bezeichnet wurde. Aber es bleibt fraglich, ob es seine Gültigkeit hat. Wäre Kubrick heute noch am Leben, würde er sich allenfalls ärgern, hätte er doch etwas mehr Augenmerk auf die Kostüme legen müssen. Mit Sicherheit läge die zeitliche Eleganz der im Film gezeigten Freizeitkleidung dem Regisseur schwer auf dem Magen, besticht auch im Titeljahr der Film mit seinen zeitlosen visuellen Effekten und technischen Bauten. Dabei benutzte Kubrick ausschliesslich alte, längste bewährte Techniken, um Raumschiffe zum fliegen, oder Astronauten zum schweben zubringen. Aber letztendlich hatte Kubrick auch 18 Monate für die Effekte aufgewendet, während schon in viereinhalb Monaten die Schauspieler ihre Arbeit beendet hatten. Und dann nutzte Kubrick was bis Dato nur noch Coppola mit Wagners Walküren Ritt gelungen war, es war der suggestive Reiz klassischer Musik.

Und das alles könnte der genannte Meister heute sehen und Hören, wie er es sicherlich in den Sechzigern genutzt hätte, wäre ihm die Technik zur Verfügung gestanden. In schier unglaublicher Brillanz übertrifft das teilweise restaurierte, teilweise nachbearbeitete Bild die Standarts, welche selbst heute an die Industrie gestellt werden. Der Ton, damals aus gequälten 6 Kanal Magnetton Lautsprechern, fliesst heute in nicht endenwohlendem Genuss über die THX ausgerichteten Stuhlreihen. Da weinen selbst Ohren vor Freude. Die Wiederaufführung tut nichts dazu, den Film vielleicht einmal verständlicher zu machen. Dafür wird diese wirklich sagenhaft restaurierte Fassung den Ruf des Meisterwerkes weiter ausbauen und festigen.

 


 

Der 200 Jahre Mann:

BICENNTENIAL MAN

Darsteller: ROBIN WILLIAMS, EMBETH DAVIDTZ, SAM NEILL, WENDY CREWSON, OLIVER PLATT, HALLIE KATE EISENBERG, KIERSTEN WARREN u.a.; Drehbuch NICHOLAS KAZAN nach 'Bicenntenial Man' von Isaac Asimov und 'Positronic Man' von Asimov und Robert Silverberg; Regie: CHRIS COLUMBUS; 131 Minuten

Als Issac Asimov vor langer, langer Zeit die drei Regeln der Robotic aufstellte, revolutionierte er das Genre der Science Fiction auf ein bis dahin unbekanntes Terrain. Der Roboter ansich wurde auf einmal zu einem Thema jenseits des gefühllosen Bösewichts. In vielen Variationen wurde die Anerkennung eines künstlichen Lebens als gleichwertiges Mitglied in der Gemeinschaft in Film und Fernsehen verarbeitet und regelrecht ausgelutscht. 200 Jahre dauert der Odyssee des Haushaltsroboters Andrew (Williams), der durch einen nicht beschriebenen Deffekt zuerst Gefühle entwickelt, sich schließlich verliebt (Davidtz) und dann darum kämpft, als Mensch Anerkennung zu finden. Die Zucker Brüder hätten eine aberwitzige Komödie daraus gemacht, mit Robin Williams sicherlich kein Problem. Die Coen-Brüder wäre eine bitterböse Farce gelungen, Williams hätte auch dies überzeugend bringen können. Coppola wäre zu einem zeitgeschichtlichen Epos verführt worden. Norman Jewison würde die Geschichte als aktuell, gesellschaftliches Drama präsentieren, während Oliver Stone zeigen könnte, das sich auch in Zukunft nichts daran ändern wird. Aber als Regisseur hat sich Chris Columbus gefunden und sein Name ist Programm, und sein Programm bedeutet Verschwendung. Wie ein treuer Freund darauf hinweist, ist das überragende Make-up des Roboters eine wirklich gelungene Verbeugung vor dessen Artgenossen aus der Zeit als die Geschichte in den 50ern auf den Markt kam. Aber genauso gut ist die Erzählstruktur eine ebensolche Ehrerbietung an den Familienfilm längst vergangener Tage. Was das schon oft behandelte Thema an neuen Aspekten offenbaren könnte, verpufft in Absehbarkeiten und selbstgefälligen Rührseligkeiten.

Selbst hinter seiner gelungenen Maske, schafft es Williams seinem Andrew Wärme und Ausdruck zu verleihen. In einer Szene sogar, keimt die Hoffnung auf das Besondere, als der eigentlich gefühllose Roboter ausgerechnet das ekligsten aller Haustiere in die Natur zurück bringt. Doch weit gefehlt, wer sich darin gestärkt sieht, weitere Hoffnungen auf zu bauen. Embeth Davidtz kann in ihrer Doppelrolle ein wirkliches Gefühl entwickeln und überzeugt in ihrem Spiel und Zusammenspiel mit Williams. Auch das trägt nicht im geringsten zum Gelingen des Filmes bei. Das Drehbuch von Nicholas Kazan weis einfach nichts mit der Grundthematik anzufangen, schlichtweg wurden die Möglichkeiten verschlafen und Columbus Familien orientierte Ambitionen scheitern an der Tränendrüse. Für Erwachsene zu einsilbig und für Kinder grundsätzlich zu langweilig, besonders in der letzten Hälfte. Davon abgesehen, das der 'Bicenntenial Man' Themen tiefer behandelt, welche ein jüngeres Publikum ausschließen sollte. Die technisch beeindruckenden Impressionen eines zukünftigen San Francisco, oder auch Washingtons tragen nicht zu einem versöhnlichen Punkt bei. Überfrachtete Stadtbilder und fliegende Autos sind längst Bestandteil einer jeden Zukunftsvision und lockt bestimmt keinen mehr ins Kino.

Seine offensichtliche Angst, sich mit einem feinsinnigeren 'Blade Runner' und dessen Umsetzung des gleichen Themas zu messen, bringt Columbus erst richtig in Schwierigkeiten. Keine unterschwelligen Anspielungen, keine beißenden Kommentare. Selbst in seinem vergriffenen Stil, verpaßt der Film einen Bezug zu den zeitlichen Abläufen und der gesellschaftlichen Entwicklung, die als Grundtenor Voraussetzung für eine gelungene Adaption sein müßte. Viele kleine Highlights, wie Maske, Schauspieler, rührende Romantik und gelegentlicher Humor hängen als lose Gedankenstücke unbefriedigend aneinander. Dazwischen fehlt eben das, was einen empfehlenswerten Film ausmacht.

 


 

2012

Roland Emmerich dafür zu ohrfeigen, dass 2012 so geworden ist, wie wir ihn jetzt erleben dürfen, kommt dem Vorwurf an einen Priester gleich, dass dieser gläubig ist. Natürlich fordert es der Schwabe für jeden seiner Filme heraus, dass dieser als banal, inhaltlos und reißerisch kritisiert wird. Aber von einem muss man den Filmautor freisprechen, und das ist der vielfach erhobene Vorwurf der Naivität.

Selbstverständlich wirkt dies im ersten Augenblick paradox. Doch mag all das Gemecker an Roland Emmerich verdient erscheinen und die harschen Kritiker sich auch im Recht wähnen, so sollte man sich doch stets vor Augen führen, wie der Obertürkheimer überhaupt erst aus München rausgekommen ist.

Am 21.12.2012 wird also die Welt untergehen. Zur Freude aller Esoteriker bezieht sich das Drehbuch nur sehr bedingt auf den zu diesem Datum endenden Maya-Kalender, der damit ja nicht den Weltuntergang, sondern eine neue Weltordnung prophezeit. Dafür erweitern die Autoren Kloser und Emmerich die Quellen der Voraussagen um ein Vielfaches und lassen den durchgeknallten Verschwörungstheoretiker in Form von Woody Harrelson unter anderem noch die Bibel und den Koran zitieren, sie alle haben es gewusst.

Auch der Zuschauer hat es gewusst, deswegen starrt er nun verzückt auf die Leinwand. ‚Wir waren gewarnt‘. Nun bricht also die Welt auseinander. Sonneneruptionen haben den Erdkern soweit verändert, dass dieser so etwas wie Mikrowellen abstrahlt. Die amerikanische Regierung erfährt davon 2009 und die Bevölkerung erst 2012, wenn es passiert. Für die vielen Action-Sequenzen braucht sich der Regisseur nicht viel einfallen zu lassen, das Schema bleibt unverändert. Ein heftiger Erdstoß, dann ein großer Spalt, der den Asphalt aufreißt, und schließlich tut sich die Erdkruste auf. Bei jedem heftigen Erdstoß weiß der Zuschauer also schon, sich umgehend in eine aufrechte Position auf dem Kinosessel zu begeben.

Um die gute Laune beim Zerstören der Welt zu erhöhen, mischen sich tatsächlich Dialoge wie der zwischen einem Pärchen, „lass ihn keinen Graben zwischen uns treiben“, just in dem Moment, bevor eine Erdspalte das bewusste Pärchen trennt. Oder der die Katastrophe einleitende Riss führt genau zwischen die zwei zueinander deutenden Finger von Gott und Adam, im Fresko der Sixtinischen Kapelle. Im Übrigen ist die italienische Sequenz im Vergleich zu den anderen, überragenden Katastrophenszenen, die am wenigsten überzeugende. Aber bis dahin ist man ja längst Opfer des visuellen Overkills geworden. Die Bildschnitt-Rate ist um einiges geringer als bei vergleichbaren Großproduktionen. Der Zuschauer soll ganz offensichtlich besser verarbeiten können, was er bisher noch nie zu sehen bekam.

Mit Cusack, Ejiofor, Clover, Platt, Harrelson und Peet hat Emmerich wieder Schauspieler um sich geschart, die wie in all seinen vorangegangenen Produktionen auch diesen Film vor der Peinlichkeit bewahren. Dabei kam noch keinem Emmerich-Charakter für den Film relevante, tiefere Bedeutung zu. Den Vorwürfen von charakterlichen Klischees und schwachen Dialogen steht der Regisseur und Autor mit einem Lächeln gegenüber. Seine immer wieder erklärten Ziele sind gewiss keine psychologischen Studien, sondern aufregende, visuelle Szenarien so zu verpacken, dass durch sie die Effekte eher noch fokussiert werden. Da wird dann auch die im Drehbuch vorgesehene Zerstörung Mekkas schnell gekippt. Die reine Freude an optischen Reizen darf auf keinen Fall als missverstandenes Statement getrübt werden.

Unverändert seit dem Debüt ARCHE NOAH PRINZIP bilden Männer den handlungstechnischen Mittelpunkt der Filme des Roland Emmerich. Es sind die unscheinbaren Verlierertypen, die mit einem mächtigen Tritt in den Hintern zu plakativen Heroen aufsteigen. Frauen wird ebenso unverändert die Rolle zuteil, mit weit aufgerissenen Augen der Angst die Hilfe des Helden zu erfahren. Dabei setzt Emmerich seine Schauspieler stets als vielfach vergrößerte Imitation ihres eigenen Images ein. Somit ist John Cusack nicht nur der liebenswerte Loser, sondern der liebenswerteste Loser überhaupt. Und es könnte auch nie einen ehrenwerteren amerikanischen Präsidenten geben als Danny Clover.

Banal ist die Handlung, inhaltslos die Dialoge sowie Interaktionen und reißerisch jeder Einsatz von computergenerierten Effekten. Aber zu keinem Zeitpunkt will Roland Emmerich seinem Publikum etwas anderes verkaufen. Auf dem Ticket steht das Ende der Welt, und das wird auch für jeden Cent des Tickets gegeben. Dies ist ein Roland-Emmerich-Film, und da bekommt man auch, was man erwartet. Nach dem Akt der puren Zerstörung in INDEPENDENCE DAY und der klimatischen Katastrophe von DAY AFTER TOMORROW scherzten Freund wie Feind, dass als nächstes wohl nur das Ende der Welt anstehen könnte. Diese Leute sollten Lotto spielen.

Der Reichtum an Details, wie erst die amerikanische Westküste im Meer versenkt und dann der Yellowstone Park zur Explosion gebracht wird, ist sagenhaft. Wie die Protagonisten durch dieses Armageddon gehetzt werden, ist an vielen Stellen einfach brüllend komisch. Schade, das sagen zu müssen, aber tatsächlich jagt eine Lächerlichkeit die nächste. Doch dafür überwältigen die Bilder. Ja, an manchen Stellen schaffen sie es sogar, dem Betrachter ein flaues Gefühl im Magen zu verpassen. Und wird die optische Reizüberflutung des Desasters von scheinbar absichtlich schlecht inszenierten Dialogszenen unterbrochen, wünscht man sich nichts sehnlicher, als den nächsten starken Rums, der zuerst die Asphaltdecke aufreißt. 

Roland Emmerich hat es verstanden, sich von Film zu Film zu steigern. Er wollte immer lauter, immer gewaltiger werden und hat sein Ziel erreicht. Was kommt jetzt, fragen sich Freund und Feind. Vielleicht sollte Emmerich endlich einmal inszenieren lernen. Die Erde so wunderbar zu zerstören, dass es einem einen freudigen Schauer über den Rücken jagt, das kann er. Aber inszenieren kann er nicht. Und weil der Regisseur immer lauter und immer gewaltiger werden wollte, fällt seine markante Schwäche für das Inszenieren von Spannungsszenen bei 2012 umso stärker ins Gewicht. 

Böse Zungen haben dereinst verkündet, dass Besitzer der DVD von INDEPENDENCE DAY nach dem Angriff der Außerirdischen wieder abschalten würden. Das wäre durchaus im Bereich des Möglichen, weil nachvollziehbar. Was danach kommt, verliert merklich an unterhaltender Qualität. Leidig, dass sich Emmerich auch diese Eigenschaft zu eigen machte. GODZILLA verliert vollkommen jeden Biss, wenn es zum Showdown in den Madison Square Garden geht. Und bei 2012? Da versucht sich das Tempo selbst zu überholen. Zum Leid eines bereits überwältigten Publikums, werden in der letzten Stunde soviel Unmöglichkeiten komprimiert, dass sich die anfängliche Spannung zum Wunsch nach dem Abspann verkehrt. Hier glaubt der Schwabe Roland, dem Daraufgesetzten noch einmal etwas daraufzusetzen zu müssen. Und das misslingt. Wieder einmal.

Aber man sollte sich von den Unzulänglichkeiten eines Roland Emmerichs nicht wirklich abschrecken lassen. Auf DVD könnte man dann ja die letzte Stunde wegschalten. Gerechtfertigt mag der Vorwurf der Banalität sein, und inhaltslos trifft wohl zu, genau wie das Reißerische. Aber Emmerich ist keineswegs naiv. Er gibt seinem Publikum, was es erwartet zu sehen. Und wenn er sich noch so oft wiederholen wird, man bezahlt teures Geld, um es so zu bekommen. So wie er es bei 2012 erneut geschafft hat.

Ein großer Film für die große Leinwand ist es. Lächerlich, unlogisch und weit ab jeder Vernunft. Doch woher nehmen Kritiker ihren Anspruch, dass es dieses eine Mal anders sein sollte. Roland Emmerich wird, wie immer bei jedem gerechtfertigten Vorwurf, milde in sich hinein lächeln. Er ist ja nicht naiv. Er gibt einfach, was viele Zuschauer tief in ihrem Herzen wirklich wollen, aber nicht zugeben werden. Es ist dieser losgelöste, magische Moment des Staunens. Für die Nouvelle Vague sind andere zuständig. Und wer es nicht lassen kann, zu schimpfen, dem sei einfach nur gesagt: Wir waren doch gewarnt.


2012
Darsteller: John Cusack, Chiwetel Ejiofor, Oliver Platt, Thandie Newton, Amanda Peet, Danny Clover, Woody Harrelson u.v.a
Regie: Roland Emmerich – Drehbuch: Harald Kloser, Roland Emmerich – Kamera: Dean Semler – Bildschnitt: David Brenner, Peter Elliot – Musik: Harald Kloser – Produktionsdesign: Barry Chusid – Visuelle Effekte: Volker Engel, Marc Weigert
USA / 2009 circa 158 Minuten

 


 

About Schmidt:

Darsteller: Jack Nicholson, Hope Davis, Dermot Mulroney, Kathy Bates, Len Cariou, Howard Hesseman & June Squibb

Regie: Alexander Payne; Drehbuch: Alexander Payne, Jim Taylor; Kamera: James Glennon; Musik: Rolfe Kent; Bildschnitt: Kevin Tent

USA / 2002 ; circa 124 Minuten

Warren Schmidt geht in den Ruhestand und von diesem Tag an dämmert ihm, dass er bisher vielleicht ein zufriedenes, aber bestimmt kein glückliches Leben geführt hat. Dann stirbt überraschend seine Frau und Warren Schmidt erfährt, dass sie eine Affäre ausgerechnet mit seinem besten Freund hatte. Da wird ihm klar, dass er nicht einmal ein zufriedenes Leben hatte, sondern sich schon immer in einem Dämmerzustand ohne überhaupt eines Lebens befand.

 

Autor-Regisseur Alexander Payne hatte mal für MTV-Productions diese kleine, aber feine Farce ‚Election’ gedreht. Reese Witherspoon als aufdringlich, aufstrebende Politikerin, die das Leben ihres Lehrers zerstört. Erstaunlich war die fein nuancierte Ironie, der fast schon aberwitzig hintersinnige Humor. Für eine Tennie-Komödie mehr als erwachsen. Kennt man also Paynes Gespür für lockere, aber tiefgängige Unterhaltung, ist bei ‚About Schmidt’ durchaus Verwunderung angebracht.

 

Es gibt eine erstaunliche Szene, in der Warren Schmidts Tochter Jeannie (Davis) aus der Unschärfe heraus in den Fokus und in die Arme ihres Vaters läuft. Ein grandioser Kameratrick, der einen Warrens Desillusionierung einprägt. Diese Szene brennt sich deshalb so ein, weil  weder Payne noch Kameramann James Glennon noch einmal darauf zurückgreifen, mit der Kamera zu erzählen. Alles was für die Bewältigungsreise eines in der Krise befindlichen Mannes erforderlich schien, war die klare Präsenz eines Jack Nicholson. So dachte jedenfalls Alexander Payne. Der Regisseur lässt in unglaublich langen Sequenzen Nicholson freien Lauf. Selten mit einer solchen Gelegenheit konfrontiert, nutzt der auffällige Darsteller die Möglichkeit zu einer der subtilsten und eindringlichsten Vorstellungen die dieser Mann überhaupt auf die Leinwand brachte. In der Tat ist es eine wahre Freude Nicholson bei diesem Exkurs zu beobachten und selten schleichen sich dabei so etwas wie Längen ein.

 

Aber man sollte diesen Film einmal als filmisches Produkt, ohne seinen eigentlichen Hauptdarsteller betrachten. Es scheint zweifelhaft, das jemand anderes auf diese zurück genommene Weise und doch so überwältigend dem Charakter des Warren Schmidt gerecht geworden wäre. Was bleibt also anderes übrig, als eine zähe und wirklich lange Charakterstudie? Payne erzählt ohne wirkliche Höhepunkte, ohne besondere Raffinesse, oder Einfallsreichtum. Die einzigen Akzente kann Kevin Tents Schnitt setzen, der zu Nicholsons Darstellung das perfekte Timing schafft.

 

‚About Schmidt’ ist wie ein Glas gefüllt mit Bonbons. Der Inhalt hat etwas wirklich leckeres, aber die Hülle hält einfach nur zusammen, ist ohne Struktur und schmeckt natürlich überhaupt nicht. Da ist ein kräftiger Apfel schon etwas anderes, wie ihn Alexander Payne mit dem bereits erwähnten ‚Election’ schon einmal geerntet hat, da beinhaltet die Schale sogar die meisten Vitamine. Das gibt Hoffnung auf weitere erfolgreiche Ernten. Hingegen werden leere Gläser meistens der Entsorgung zugeführt, mit viel Glück vielleicht sogar recycled, dann wird meistens etwas anderes daraus. So ein Nicholson-Bonbon aber, der schmeckt doch immer wieder.

 

Da man mit Vergleichen aber immer angreifbar bleibt, sollte lieber Warren Schmidt selbst zitiert werden, mit einem sehr gehaltvollen Satz, besonders im betracht auf diesen Film: „Wenn ich weg bin, welche Bedeutung hatte mein Dasein schon für diese Welt. Was für eine Rolle spielt es, ob ich am Leben war, oder nicht.“

 


 

Adaption:

Darsteller: Nicholas Cage, Meryl Streep, Chris Cooper, Donald Kaufman, Tilda Swinton, Cara Seymour, Brian Cox, Curtis Hanson u.a.

Regie: Spike Jonze; Drehbuch: Charlie & Donald Kaufman nach dem Roman von Susan Orlean; Kamera: Lance Acord; Musik: Carter Burwell; Filmschnitt: Eric Zumbrunnen

USA / 2002 ; circa 114 Minuten

‘Adaption’ beginnt mit Videobildern vom Set von ‘Being  John Malkovich’. Regisseur Spike Jonze ist zu sehen, noch einmal John Malkovich selbst und der Autor von ‚Malkovich’ ebenso wie von ’Adaption’. Schon hier beginnt der clevere Reigen von Schein und Sein. In dem scheinbar authentischen Material wird der Drehbuchschreiber von Nicholas Cage dargestellt, der vom Set gescheucht wird, weil ihn weder jemand wirklich kennt, noch das er ziemlich wichtig scheint. Cages Name ist Charlie Kaufman, jener Kaufman, der auch in Wirklichkeit das Drehbuch zu ‚Adaption’ verfaßte. Auch Susan Orlean wird in Erscheinung treten, in der Person von Meryl Streep. Orlean hat einmal den Roman ‚Der Orchideen Dieb’ geschrieben, und Charlie Kaufman wollte daraus einen Film machen, was er schließlich auch tat. Man sieht also den Film-Charlie Kaufman, wie er versucht ein Drehbuch aus dem Roman der Film-Susan Orlean zu fertigen.

 

Mag sein, das schon jetzt der Eine, oder Andere mit der Struktur seine Probleme bekommt. Für den Rest greift Kaufman noch tiefer in die Trickkiste, in dem er sich einen Bruder ins Drehbuch schreibt, den es gar nicht gibt und einen Drehbuchschreiber-Guru aus der Traumfabrik dazu stellt, dessen eiserne Regeln munter über den Haufen geworfen werden. Kaufman und Regisseur Jonze haben nach dem chaotisch perfekten ‚Malkovich’ das Spiel mit der Wirklichkeit um einige Ebenen erweitert. In erster Linie ignorieren sie jede anerkannte Form von filmischer Struktur, was durchaus Spaß macht und eine Überraschung nach der anderen bereithält. Aber was Buch und Regie auch zumuten geht an die Substanz des Auffassungsvermögens. Gerade weil jede Form der bekannten Erzählart außer Kraft gesetzt wurde, wechselt im Laufe der Handlung auch immer wieder abrupt die erkennbare Geschichte. Nicht zu vergessen die Realitätsebenen, welche unterschwellig immer wieder in Frage gestellt werden.

 

Auch wenn ‚Adaption’ durch und durch als clevere Abrechnung mit der Erzählstruktur des Kinos gilt, fehlt dem Film das gewisse Etwas in Form von Raffinesse. Der Versuch dazu ist durchaus genauso überraschend vorhanden, wie Brian Cox als Robert McKee von seinen Seminar-Teilnehmern fordert, dass „das Publikum im dritten Akte überrascht werden muß“. Was Kaufmann daraus macht und wie Jonze es inszeniert ist aber alles andere als befriedigend, eher ernüchternd. Während sich die Stars Streep und Cage schon überzeugend, aber wenig aufregend präsentieren, stechen Cox in seinem Kurzauftritt und dominierend Chris Cooper aus dem Ensemble, wie die Orchideen in den Sumpfflächen Floridas. Als großes Plus für die Filmemachern soll nicht vergessen werden, das sie die Insider-Witze über die Filmindustrie auch für den weniger involvierten Zuschauer verständlich halten, ohne den Film-Freak zu langweilen.

 

Wer wirklich einmal die Unterhaltung der ganz anderen Art im Kino sucht, dem muss trotz seiner Schwächen ‚Adaption’ einfach empfohlen werden. Eine Steigerung des Kaufman/Jonze Gespannes erlebt er allerdings erst, wenn er zum ersten mal ‚Being John Malkovich’ nach ‚Adaption’ sieht. Und Kaufmans Drehbuch zu Clooneys Regiedebüt ‚Confession of a dangerous Mind’ ist schon jetzt der heißeste Anwärter auf die nächste Preisverleihungsrunde 2003/2004. Vorsicht für alle Sinne ist also geboten, wenn Charlie Kaufman erst mal mit den Coen-Brüdern zusammenkommen sollte.

 


 

A Beautiful Mind:

Darsteller: Russell Crowe, Jennifer Connelly, Ed Harris, Paul Bettany, Adam Goldberg, Judd Hirsch, Josh Lucas,Anthony Rapp u.a.

Regie: Ron Howard; Drehbuch: Akiva Goldsman nach der Biographie von Sylvia Nasar; Kamera: Roger Deakins; Musik: James Horner; Filmschnitt: Mike Hill, Dan Hanley

USA / 2001; circa 134 Minuten

Aus Ermangelung notwendiger Kreativität, untertitelte man ‚A Beautiful Mind‘ schlichtweg ein Branchenblatt zitierend ‚Genie und Wahnsinn‘. Wenn das nur so einfach wäre. Denn das Genie in der Person John Nash wird von Regisseur Ron Howard ebensowenig an die Oberfläche geholt, wie der wirkliche John Nash gar nicht wahnsinnig im Sinne des Wortes war. Was hingegen eindrucksvoll gelungen ist, sind die Verbindungen eines von Geltungssucht getriebenen Mannes zu seinen allgegenwärtig forschenden Gedankengänge.

Nach 47 Jahren neurotischer, zwanghafter Suche, der Beste zu sein, wird der Mathematiker mit dem Nobel-Preis ausgezeichnet. Dazwischen liegt eine harte Strecke von paranoider Schizophrenie, Geheimdienstarbeit, eine hingebungsvolle Frau und natürlich ein Sohn. Fast eine perfekte Familie, jedenfalls versucht dies Anfangs das hinreißende Drehbuch von Akiva Goldsman zu suggerieren. Eine Frau die zu ihrem Manne steht, wo die Liebe selbst die stärksten Anfälle und schlimmsten Behandlungen der Schizophrenie überdauert. Ein Mann, der ohne die von ihm verehrte Frau nicht überlebensfähig wäre. Dies ist alles sehr schön umgesetzt, Ron Howard lässt seinen Protagonisten auch den allergrößten Freiraum um ihre Charakteren entwickeln und ein glaubhaftes Eigenleben entwickeln zu lassen. Mit treffender Ironie und hintergründigem Witz kann Howard sein Publikum augenblicklich fesseln. Das liegt nicht nur an Howards souveräner Regie, sondern zum größten Teil an der atemberaubenden Chemie zwischen Jennifer Connelly und Russell Crowe. Beide sind genauso glaubhaft das frisch verliebte Pärchen, wie die lang verheirateten Partner. Natürlich liegt das Hauptaugenmerk auf Crowe, der seine vielen Preise für diese Rolle gar nicht mal so zu unrecht bekam, wenngleich man bei seiner Darstellung des introvertierten, aber zwanghaft ehrlichen Mannes sofort an Hoffmann ‚Rainman‘ und Pitts ‘Twelve Monkeys‘ denken muss. Dennoch überzeugt er und vermittelt niemals das Gefühl, das hier nur bloßes Schauspielhandwerk zugange ist.

Aber so insgeheim gibt es doch einen anderen, oftmals wirkungsvolleren Star in ‚Beautiful Mind‘. Das ist Howards Vision in Umsetzung mit der phänomenalen Kameraarbeit von Roger Deakins, wie John Nashs Gedanken arbeiten, wie er seine Zusammenhänge findet und Lösungen ausarbeitet. Das erste mal gelingt es einem Film, einem Charakter in seinen ‚wunderschönen Geist‘ zu folgen. Mit Lichtreflexen und Überblendungen wirken die spielerischen Visionen fast schon eine Spur zu einfach und doch überraschen sie den Zuschauer in ihrer Komplexität. Man muss schließlich eine ungefähre Vorstellung von dem bekommen, was den wahren John Nash ausmachte, und das er mit seinen mathematischen Entdeckungen die Wirtschaft in den Fünfzigern nicht nur auf den Kopf stellte, sondern fast schon revolutionierte.

Aber meistens gibt es immer zwei Seiten. Und die besitzt auch ‚A Beautiful Mind‘. Anstatt die flotte, ironische Erzählweise beizubehalten, sackt der Film in der Mitte für über eine halbe Stunde in pures, dunkles Drama ab. Auch das hat Howard packend und einfühlsam inszeniert, hebt sich aber auffallend, ebenso wie aufdringlich vom Anfang und Ende des Filmes ab. Zum anderen, kann ‚Mind‘ phantastisch die Gefühlswelt des Hauptcharakters vermitteln, aber nicht im geringsten, was ihn eigentlich wirklich zu dem „Genie“ machte. Während man Nashs Gedankengänge auf der Leinwand sichtbar dargestellt bekommt, bleibt die Essenz seiner Erkenntnisse schlichtweg unerklärt. Und dann ist da der absolut getroffenen Ton des Filmes, sparsam in seiner Ausleuchtung, konzentriert auf seine Darsteller. Immer eine unsichere, fast schon düstere Atmosphäre. Doch dann kann Howard seine Wurzeln aus den Tiefen des Hollywood-Mainstream nicht mehr entkommen, überbrückt etliche Jahre unbehandelt und setzt seine wundervollen Charaktere einem zweifachen Happy-End aus, die stimmungsvoll inszeniert sind, aber dem Vorangegangenen überhaupt nicht gerecht werden. Natürlich wurden für Film-Biografien schon immer dramaturgische Veränderungen vorgenommen, das ergibt sich aus dem Medium zwangsläufig. Der Hauptfigur aber flammende Worte über Liebe und Zusammenhalt in der abschließenden Dankesrede in den Mund zu legen, obwohl die wahre Alicia Nash ihre Sachen packte, als es mit den Anfällen des Mannes zuviel wurde, das könnte man schon etwas mehr, als dramaturgische Veränderungen nennen. Und die homosexuellen Ausflüge des wahrhaften John Nash hätten dem Charaktere des Filmes vielleicht auch nicht schlecht zu Gesicht gestanden.

‚A Beautiful Mind’ ist ein gelungener Film, mit viel Gefühl und Dramatik. Ein sehenswerter Thriller über die menschliche Psyche. Doch der Film muss sich auch gefallen lassen, das allzu viel hinterfragt werden kann und auch hinterfragt werden sollte. Und er muss sich gefallen lassen, das er viel zu viel Zugeständnisse an das klassische Hollywood-Klischee macht. Schade, denn eigentlich hätte es ein Team dieses Kalibers gar nicht notwendig gehabt abstruse Zugeständnisse zu machen, schon gar nicht mit einem Thema wie John Nash, dessen wahren Genie uns weiterhin verborgen bleibt.

 


 

A.I. - Künstliche Intelligenz:

A.I.

Darsteller: Haley Joel Osment, Jude Law, Frances O'Connor, Brendan Gleeson, Sam Robards,William Hurt, Jake Thomas, Ken Leung, Michael Mantell u.a.

Regie: Steven Spielberg; Drehbuch: Steven Spielberg, basierend auf Brian Aldiss Kurzgeschichte; Kamera: Janusz Kaminski, Musik: John Williams; Filmschnitt: Michael Kahn; Produktions Design: Rick Carter; Visuelle Effekte: ILM

USA / 2001 , circa 145 Minuten

Sollte 'A.I.' einen wirklich unausweichlichen Eindruck in der Filmgeschichte hinterlassen, wird dieser Eindruck darin bestehen, das Haley Joel Osment sich mit diesem Werk den Platz als einer der besten Leinwanddarsteller unserer Zeit gesichert hat. Selbst in seinem Alter. Einer der anführensten Gründe, warum dieser Film unter Stanley Kubrick nie zustande kam, war Kubrick gefestigter Unglaube, ein menschlicher Kinderdarsteller könnte einen Roboter angemessen im Sinne des eigenwilligen Regisseurs agieren. Kubrick war der kalkulierende Techniker, aber Spielberg blieb immer der Mann für Experimente, mit dem Hang zum richtigen Gespür. Kubrick hätte es nicht mit der digitalen und schon gar nicht mit menschlicher Schauspiel-Technik besser machen können. Zumindest was die Wahl von Haley Joel Osment angeht.

Was den Film selbst betrifft, ist dieser genauso wenig eine Mischung beider einflussreichsten Regisseure, wie ein typischer Kubrick, oder Spielberg Film. Mit seinem ersten selbst verfassten Drehbuch seit 'Unheimliche Begegnung...' vor 23 Jahren, stösst Hollywoods Wunderkind alle selbst auferlegten Konventionen so unglaublich leicht von sich, das er zwangsläufig auch den konventionellen Kinogänger schlichtweg überfordert. Aber nicht nur, das 'A.I.' ein Film geworden ist, den Spielberg noch vor zehn Jahren gar nicht gemacht hätte. Spielberg wäre trotz seiner erfolgreichen Werke nicht in der Lage gewesen 'A.I.' in dieser Form und Intensität zu machen. Dies hat bestimmt nichts damit zu tun, das der Regisseur vielleicht soetwas wie erwachsen geworden ist. Das erste mal in seiner Laufbahn hat er sich einfach fallen lassen. Nicht einfach in eine Geschichte, wie es Spielberg sonst so hervorragend umsetzt, sondern in eine Vision.

Diese Vision besteht aus bestechenden Bildern und dem eigentlich simplen Thema Liebe, was sich in eigentlich drei unterschiedliche Teile auflöst. Anfangs zeigt die Geschichte die entstehende Liebe des Roboters David (Osment) zu seiner sogenannten Ziehmutter (O'Connor). Nur selten wagt die Kamera einen Blick aus dem Inneren des Heimes und bündelt mit milchigen Fenstern und ausgeklügelter Lichttechnik alle Gefühle und emotionalen Momente auf die Figuren. Bis das Unbehagen gegenüber der künstlichen Intelligenz David plötzlich die Harmonie überrennt und David im Wald ausgesetzt wird. Wie der verstörende Wechsel von der Intimität der heimischen Vorstadt zur verwilderten Zivilisation in der sich der verlorene Roboter wiederfindet, wechselt der zweite Akt zu einem überproportionierten visuellen Spektakel harscher Zivilisationskritik, allerdings ohne sich mehr aufzubürden als Spielberg tragen könnte. Die Abenteuer dieses modernen Pinocchio, und Pinocchio dient auch als elementare Grundlage hier, drehen sich einzig um Davids verzweifelte Suche nach der Verwirklichung eines Traumes, den dieser eigentlich gar nicht haben dürfte, Mensch zu werden, um Liebe erwidert zu bekommen. Am radikalsten allerdings, ändert der dritte Teil dieser Odyssee, seinen Stil und Erzählweise, wenn 2000 Jahre nach einer weiteren Eiszeit Ausserirdische Stück für Stück die eingefrorenen Überreste der menschlichen Zivilisation freilegen und sich die Geschichte letztendlich dennoch mit einem Zirkelschluss dem Beginn des Filmes aufschliesst. Und diese Auflösung gibt sich so einfach und doch so schlüssig, das erst die letzten zehn Minuten die vorangegangenen 135 Minuten zu einem perfekten, wenn auch traurigen Ganzen formen. Die Liebe in ihrer simpelsten Form sichert das Andenken an eine Zivilisation ansich.

Warum 'A.I.' zu Spielbergs wohl intelligentesten, aber auch reifsten Filmen zählt, ist sehr einfach. Noch nie hat sich der Regisseur so wenig um Reputation seiner selbst und um das Publikum gekümmert. Wenn auch das Drehbuch durch tausende von Notizen und selbstgefertigten Storyboards eigentlich vorgegeben war, die Stanley Kubrick in seiner über zwanzig Jahre langen Vorbereitungszeit gefertigt hatte, so vertiefte sich Autor und Regisseur Spielberg in seine eigene Vision. Und so ist 'A.I.' auch der am schwersten zu verstehenste Film, den Spielberg je gemacht hat. An vielen Stellen wirkt er überzogen, an anderen unverständlich und eine für diesen Macher ungewöhnliche Kälte durchzieht die Geschichte. Kälte, die sich in Figuren wiederspiegelt, genauso wie in Davids ergebnisloser Reise. Ein wunder Punkt, an dem sich die Publikumswirksamkeit aufhebt. Für viele dürfte sich das Gesamtwerk als sehr unbefriedigend erweisen. Und für andere könnte er Anreiz ausgiebiger Diskussionen werden.

Mit seinen langjährigen Begleitern Kameramann Kaminski, Cutter Kahn und Komponist Williams leistet der Regisseur wirklich Aussergewöhnliches, eine Reise in ungewohnte Regionen der Fantasie, die sich erheblich von den technischen Leistungen voran gegangener Filme unterscheiden, aber niemals in ihrer Wirkung abfallen. Doch größere Hochachtung muss man Rick Carters Produktion Design und ILMs visuellen Effekten zollen. Selten wurde so effektiv mit ComputerAnimationen gearbeitet und dabei derart unaufdringlich dem Zuschauer präsentiert. Selten präsentierte sich ein Blick in die Zukunft in Ausstattung und Charakteren so vertraut.

In hundert Jahren Geschichte des Kinos gab es keine überzeugendere Darstellung einer künstlichen Lebensform, als sie Haley Joel Osment auf die Leinwand bringt. Selbst in der ausgefeiltesten Nutzung aller technischen Zaubereien, lässt nur Osment den Film glaubhaft werden und funktionieren. Spielberg hatte das richtige Gespür für diesen Darsteller, dem er zum Gelingen des Filmes alles zu verdanken hat. Über Sinn und Wirken der Geschichte hingegen wird noch viel und lange spekuliert, diskutiert und bestimmt auch gestritten werden. Spielberg hat keineswegs einen Kubrick Film gedreht, aber mit dessen Unterstützung sicherlich die selben spekulativen Muster geschaffen. 'A.I.' kann kein Erfolg werden, weil er einfach anders ist, wie man erwarten würde und doch alles erfüllt was man erhofft. Spielberg ist einen schmalen Grad gegangen, den man nicht unbedingt sofort nachvollziehen wird. Aber er ist einen ungewöhnlich schmalen Grad gegangen, welchem man einfach folgen sollte.Wenn man dem Film auch eine kühle Distanz zum Publikum nachsagen kann, kalt lassen wird er einen nicht.

 


 

Akte X – Jenseits der Wahrheit – The X-Files: I want to believe

Darsteller: David Duchovny, Gillian Anderson, Amanda Peet, Billy Connolly, Alvin ‚Xzibit‘ Joiner, Callum Keith Rennier u.a.

Regie: Chris Carter; Drehbuch: Frank Spotnitz, Chris Carter; Bill Roe; Bildschnitt: Richard A. Harris; Musik: Mark Snow; Produktionsdesign: Mark Freeborn

USA / 2008; circa 104 Minuten

Im Jahre 1998 wurde mit der Kinoadaption von ‘Akte X’ dem geneigten Zuschauer schnell bewusst, das Serien-Erfinder Chris Carter gegen seine eigene Geschichte verloren hatte. Verschwörungstheorien hin und UFO-Beobachtungen her, mit jedem Aufgreifen des durchgängigen Plots, wurden für jede beantwortete Frage, zwei Neue gestellt. Die Kinoversion, während der fünften TV-Staffel gedreht und als Verbindung zwischen dieser und der sechsten Staffel fungierend, bestach einfach nur durch ein fulminantes Budget. Tricktechnisch aufwendig musste nicht mehr einfach nur angedeutet werden, von den dankbar billigen Wäldern als Drehorte, konnte man wirklich mal in die Großstadt. Die Vision der gigantischen Weltverschwörung bekam mit einer ansprechenden Cinemascope-Optik das längst überfällige Gesicht von wahrer Größe.

Da weder die Serie sterben durfte, noch der Fernsehzuschauer ins Kino gezwungen werden konnte, blieb der Film entgegen den Erwartungen, ohne wirkliche Auflösung vieler, vieler aufgeworfener Fragen. Vier Jahre später musste Chris Carter das Handtuch werfen. Die attraktiven Hauptdarsteller hatten einfach keine Lust mehr und die weniger anspruchsvollen Ersatzakteure mussten einsehen, das die X-Akten nicht die große UFO-Verschwörung waren, sondern David Duchovny und Gillian Anderson hießen. Trotz respektabler Einspielergebnisse des ‚Kampfes gegen die Zukunft‘, wie man den Kinofilm im englischen nannte, konnten sich die Darsteller nicht so richtig für einen zweiten Leinwandauftritt erwärmen. Zudem gab es rechtliche Auseinandersetzungen zwischen der Fox und Schöpfer Chris Carter.

Jede Abneigung wurde abgelegt, alle Streitigkeiten beigelegt. Und zugunsten aller Beteiligten und dem Zuschauer selbst, ist mittlerweile genug Zeit zwischen Serienende und dem zweiten Streich vergangen. Die unglücklichste Entscheidung dürfte gewesen sein, dass Chris Carter darauf bestand, selbst im Regiestuhl zu sitzen. In einigen Sequenzen versucht er die Zügel so stramm zu halten, dass sich diese in verwirrendes Geplapper ergießen, ohne die notwendige Zeit für Erklärungen und Handlungsaufbau zugesprochen zu bekommen. Das Drehbuch, Carter schrieb mit Serien-Veteran Frank Spotnitz, verlangt Dank der unbeholfenen  Regie höchste Aufmerksamkeit für Geschehen und Dialoge. Teilweise ist das Verständnis für manche Passagen sogar von einem einzigen Wort abhängig.

Doch was die Regie dem Zuschauer vorenthält, wird mit der Geschichte allemal wett gemacht. Natürlich bekommt der Fan und Verschwörungstheoretiker erst einmal einen gewaltigen Schreck, wenn bewusst wird, worauf die Geschichte um eine verschwundene FBI-Agentin und einem hellseherisch begabten Ex-Priester hinausläuft. Und es schlägt auf so manchen Magen des nach dem Übersinnlichen lechzenden Zuschauers, wenn die Macher den einzig wahren Schritt nach vorne wagen. Carter und Spotnitz haben die Zeichen der Zeit erkannt und auch genutzt. Die weltumspannende und bis in die Sphären anderer Welten reichende Geschichte vom großen Betrug an der Menschheit, weicht der noch ungeschriebenen Akte seiner Protagonisten und den schlimmsten aller Dämonen, den inne hausenden Qualen unverarbeiteter Psychosen.

Während dem Publikum die Möglichkeit der Interpretation in der eigentlichen Geschichte gegeben wird, offenbaren sich mehr und mehr die persönlichen Spannungen zwischen den Hauptakteuren. Man kann sagen, es sind die ungelösten Rätsel und die Mysterien von Beziehung, Vertrauen und Enttäuschung. Aus der Rahmenhandlung des Unerklärlichen, schälen sich Hoffnungen und Entscheidungen, aber auch Unzulänglichkeiten und Tragik in einer vollkommen anderen Dimension. Wenn nicht Außerirdische, erwartet der Zuschauer zumindest einer dieser X-Akten, die sowieso zu den besseren der Serie zählen: Die in sich abgeschlossene Hatz nach Blutsaugern, Werwölfen, Gestaltenwandler, oder ähnliche Monstren. ‚I want to believe‘ geht genau genommen noch einen Schritt weiter und damit kommt nicht gleich jeder Zuschauer zurecht.

Mit dem missratenen und zutiefst dummen Titel ‚Jenseits der Wahrheit‘ schießt der deutsche Verleih wieder jedes UFO vom Himmel. Jahrelang konnte man in Special-Agent Fox Mulders Büro das Poster mit einer fliegenden Untertasse und dem Schriftzug ‚ich möchte glauben‘ bewundern. Der Spruch impliziert eine gewisse Unsicherheit und könnte dabei nicht passender sein für die Beziehung der beiden FBI-Ikonen Mulder und Scully. Selbstredend klären sie den Fall an sich, hinterlassen dabei aber gleichzeitig ihre Persönlichkeit in einem wagen Zustand von Hoffnung und Resignation. Sie möchten glauben. Jeder für sich hat seine Dämonen zu bekämpfen. Und sie möchten glauben, das Zweisamkeit dann doch Wunden heilt, anstatt diese weiter aufzureißen.

Der Film enttäuscht nur, weil er ganz andere Möglichkeiten ausschöpft, als der Zuschauer erwartet. Technisch dem Mittelmaß zuzuordnen, besticht der Film aber mit zwei extrem starken Darstellern und einer Essenz die mutiger nicht sein könnte. Was gibt es über Terrorismus, politischer Verschwörung, parapsychologischer Phänomene, oder reißender Monster noch zu sagen, was nicht schon erzählt wäre. Die Reise ins Ich kann einen ebenso schaurigen Effekt erzielen und ein phänomenaler Titelabspann verrät, dass auch in diesem Bereich noch nicht alles erzählt ist. Aus dem „ich möchte glauben“ der Charaktere, formt sich im Abspann die Sehnsucht des geneigten Zuschauers nach Hoffnung für diese Figuren. Sie waren lange weg, aber hat sie uns doch viel näher gebracht.

mainstream

 


 

AVP 2 – Alien vs Predator – Requiem

Darsteller: Steven Pasquale, Reiko Aylesworth, John Ortiz, Johnny Lewis, Ariel Gade, Kristen Hager, Sam Trammell, Robert Joy, Tom Woodruff Jr. Als Alien und Ian White als Predator

Regie: Brothers Strause; Drehbuch: Shane Salerno, Aliens von Dan O’Bannon und Ron Shusett, Predator von Jim Thomas und John Thomas; Kamera: Daniel C. Pearl; Bildschnitt: Dan Zimmerman; Musik: Brian Tyler

USA / 2007; circa 94 Minuten

Einen Predator an Bord eines Raumschiffes zu haben, der von einer Alien-Kreatur infiziert ist, kann nicht als gutes Omen gewertet werden. Einmal aus dem Bauch des Wirtskörpers gesprengt, schon gibt es nichts als Ärger. Der Frischling, eine grandiose Mischung zwischen beiden Spezies, bringt mit seiner Wüterei das Raumschiff auch noch zum Absturz. In einer Galaxie weit, weit entfernt, empfängt ein Predator auf seinem Planeten unheilvolle Kunde in Form eines Notrufes. Das sich diese Aliens durch den Absturz eventuell verbreiten, kann nicht hingenommen werden und das man auf fernen Planeten auch noch abgestürzte Überreste der Jäger-Spezies finden würde, darf gleich gar nicht sein. Da ist richtig putzen angesagt und nicht einfach mal mit dem nassen Lappen drüber.

Was die Brüder Colin und Greg versuchen, ist sehr schnell klar, nämlich mit ihrer Bruderschaft in die Sphären der Wachowskis und Coens gehoben zu werden. Die Wachowski-Brüder sind längst auf dem Abstellgleis angekommen, also wäre Vorsicht geboten. Wobei Vorsicht schon bei der Wahl des Autoren angebracht gewesen wäre. Leider zu spät, der Zug ist schon abgefahren, beziehungsweise das Raumschiff gestartet. Nämlich Richtung Erde. Wer etwas Besonderes bieten möchte, der sollte auch etwas Besonderes aus seinem Ärmel zaubern können. Bei einem genaueren Studium der Alien Reihe und der Predator Filme, ist dieses gewisse Etwas eben gar nicht so leicht greifbar. Da genügt es nicht zwei gut aussehende Kerle in Kostüme zu stecken.

Ein Blick zwei Jahre zurück, als Aliens und Predators zum gemütsschlichten Popcorn-Standard degradiert wurden: Die auf das Jagen beschränkte Predatoren-Zivilisation hielt sich auf einem sowieso uninteressanten Planeten die sehr aggressiven und unkontrollierbaren ‚Aliens‘. Hier konnten die Jäger als besonderes Schmankerl mit dem extra Kick schleimige Trophäen sammeln. Das war doch schon mal gar keine so schlechte Idee und erklärte neben dem simplen Unterhaltungswert auch ein bisschen Geschichte.

Zwei Jahre wieder vorwärts und die Predator-Rasse wird mit einem absonderlichen Hybriden konfrontiert. Das war wohl angedacht, die Besonderheit zu werden. In ‚Alien Resurrection‘ kam es lediglich zum umstrittenen Hybriden nur durch exzessive Genmanipulation. Oder etwa bei ‚Alien‘ selbst. Da hatte die Kreatur aus John Hurts Körper auch nicht das geringste menschliche. Woher nimmt sich ein Drehbuchschreiber die Freiheit, ein bekanntes Universum einfach mal zu seinen Gunsten umzustellen, ohne sich erklären zu müssen? Aber die Engstirnigkeit mal beiseite: Was fängt das Drehbuch und die Regie an, mit einer Kreuzung von ohnehin kaum verwundbaren, äußerst beweglichen und hoch aggressiven Alien, das mit dem Jagdinstinkt des Predators ausgestattet ist. Gar nichts, jedenfalls nichts, was man nicht schon besser gesehen hätte. Damit bleibt sich der Film in aller Konsequenz selbst treu. Jeder einzelne Szenenaufbau ist so altbacken inszeniert, das seine Auflösung vorhersehbarer nicht sein könnte. Die Dialoge trumpfen sogar mit Knüllern wie, ‚nichts wie raus hier‘. Oder es gipfelt mit dem wunderbaren Standard, ‚hier ist kein Monster‘, ein Happen und weg war er. Grandios auch der Einfall mit dem ungeliebten Sohn des Ortes, der argwöhnisch vom Sheriff ins Gebet genommen wird. Kein Rätselbuch von Nöten, dass sich diese Beiden wunderbar zusammen tun, um gemeinsam den nicht zu gewinnenden Kampf aufzunehmen.

Es wäre sträflich den Reiz und die Berechtigung des puren Popcorn-Kinos abzulehnen, oder ihn gar zu verteufeln. Aber gerade auf Grund dieser Kreaturen des Science-Fiction Kinos hat es mehr als genug Ableger des schlechten B-Movies gegeben, das der Markt mehr als gesättigt schien. Wäre den Machern nicht Titel und Figuren der Originale zur Verfügung gestanden, hätte der Kino-Markt diesen Film gnadenlos gejagt und zerfleischt. Was die Brüder inszenierten ist ein atemberaubend flaches Stück Film, das selbstsicher ohne Höhen und Tiefen auskommt. So kann man es natürlich auch machen, wenn man einzig auf den Marktwert der Ikonen baut. Nur alle Mühen scheuen, das Publikum hat schon ganz andere Sachen gefressen. Sie haben einfach vergessen, dass das eigentlich gar nicht so dumme Publikum durchaus zu würdigen weiß, wenn man einen gewissen Anspruch an sich selber stellt. Als die Variationen des Themas mit Alien ausgeschöpft waren, tat Jean-Pierre Jeunet mit dem Autoren Joss Whedon genau dies, sie ließen das Trash-Kino mit allen Konsequenzen im neuen Glanz auf die Leinwand los. Das stieß auf wenig Gegenliebe bei den Hardcore-Fans, aber mit dem Touch von Jeunets europäischem Kino konnte die ‚Wiederauferstehung‘ einen völlig eigenständigen Stil finden.

Colin und Greg Strause können nachweislich sinnentleerten Mainstream inszenieren, aber sie können nicht das Geringste damit anfangen. Sie verstehen nicht mit ihren Dialogen zu kokettieren, sie variieren nicht einmal ihre Standardsituationen und beweisen jede Abkömmlichkeit von Gespür für Spannung. Andersherum darf dann aber die Irak-Veteranin Kelly nicht einmal die wirkliche Kopie der ihr zugedachten Ellen Ripley sein, Heldin aller vier Alien-Filme. Wer gewillt ist, darf ruhig ein Auge zudrücken und sagen, dass die Brüder eigentlich aus der Ecke der Visuellen-Effekte kommen und ihr Hauptaugenmerk folglich woanders ausgebrütet wird. Es ist durchaus möglich und sehr einfach, das Versagen in Shane Salernos Drehbuch zu suchen, welches selbst in seiner ursprünglichsten Form nicht zu retten wäre. Offensichtlich muss ihn der eigene Ehrgeiz davon abgehalten haben, seine Hausaufgaben zu machen. Und wer die Hausaufgaben nicht macht, bekommt eben schon einmal eine Sechs. Der eigene Ehrgeiz muss aber auch irgendwie den inszenierenden Brüdern im Weg gestanden sein, sonst hätte man doch von Effekt-Spezialisten auch ein wundervolles Effekt-Spektakel erwarten können. Da ist ihnen ein anderer, perfekter Trick entgegen gekommen und lässt die Hälfte des Filmes, ausgerechnet die Hälfte, in der es etwas zu sehen gäbe, im Regen spielt. Alles perfekt verwaschen, zu dunkel, zu unübersichtlich. Nun wird der Purist aufschreien und sagen, ‚aber hallo, damals, vor fast dreißig Jahren lag der der besondere Kick an ‚Alien‘, das man die Kreatur kaum sah‘. Zugegeben, das Argument hat etwas für sich. Aber wieso inszenieren sie dann nicht einfach spannend? Wo ist der Grusel? Die Schockelemente? Wahrscheinlich vom Regen in den Gully gespült.

Man hätte vielleicht auch mal Cutter Dan Zimmerman an die Kette legen müssen, oder zur Jagd freigeben. Das in diesem Film ein Hybrid gegen den Predator kämpft, weiß lediglich der geneigte Zuschauer, der vorangegangenen Filme. Neueinsteiger kratzen sich nur verwundert am Kopf. Wobei es, wie oben ausgeführt, sowieso keine Rolle spielt, weil bekanntlich den Machern zu dieser Situation nichts Weiteres eingefallen ist. Im Versuch durch möglichst konfusen Schnitt, das Tempo und die Spannung nach oben zu treiben, verliert sich jede Orientierung. Wer gegen wen kämpft, wer den Kopf verliert, oder nur Extremitäten, das ist bei den Auseinandersetzungen zwischen den beiden Außerirdischen Kulturen nicht nachvollziehbar, weil einfach nicht ersichtlich. Nur Regen, alles Nachteinstellungen und dann ein wirre Schnittfolge. Da wird man doch schon mal selbst etwas wirr. Macht aber nichts, denn man versäumt nicht wirklich etwas. Was man sehen möchte, wird einem verweigert, überflüssiges hingegen heraus gehoben. Und das bei einem Kampf der zwei gefährlichsten Spezies in den Weiten des Raumes. Oberkörper frei und aufeinander geprallt. Hand aufs Herz, da könnte es doch so richtig krachen, das will man doch nun wirklich erleben. 

Dass beide Außerirdischen nur verlieren können, obwohl man eigentlich jeden gewinnen sehen möchte, macht alles etwas traurig. Man erinnert sich ja schon mit Grauen an das leidige Aufeinandertreffen der Schlitzer Freddie und Jason. Aus den Ikonen werden einfach deformierte Pop-Gestalten. Was die Marines in ‚Aliens‘ nicht schafften, erledigen die Hinterwäldler aus Colorado locker mal mit überholten Pump-Guns. Ist eigentlich irgendjemanden aufgefallen, das die strammen Anti-Helden den ganzen Film über keinerlei Ahnung haben, mit was sie es als Gegner zu tun haben. Und wem auch das noch absolut egal ist, für den hält das Ende zwei besondere Leckerbissen bereit. Achtung Verrat: Der Schleim für einen dritten AVP ist angerührt! Als ob man es geahnt hätte. Das größere Zuckerstückchen ist allerdings das Überleben unseres heldenhaften Häufchen Elends, welches unbehelligt vom Militär bleibt, obwohl… Tja, obwohl man nicht zuviel verraten möchte, es ist der krönende Abschluss von 90 Minuten ‚wie kann ich Geld verdienen ohne etwas dafür zu tun‘.

mainstream

 


 

ALI:

Darsteller: Will Smith, Jamie Foxx, Jon Voight, Mario Van Peebles, Ron Silver, Jada Pinkett-Smith, Jeffrey Wright, Mykelti Williamson, Nona Gaye, Michael Michele, Joe Morton, Paul Rodriguez u.a.

Regie: Michael Mann; Drehbuch: Stephen J. Rivele, Christopher Wilkinson, Eric Roth, Michael Mann; Kamera: Emmanuel Lubezki; Musik: Lisa Gerrard & Pieter Bourke; Filmschnitt: William Goldenberg

USA / 2001 ; circa 158 Minuten

Am Anfang war ein kleiner Junge der Cassius Clay hiess. Aus dem Rest der Geschichte macht Michael Mann eine Biografie, die in ihrer reduzierten Art weniger durch raffinierte Details glänzt, sondern durch eine ungewöhnlich dokumentarische Struktur. Weit intensiver als schon im 'Insider' führt Mann seine Kamera noch näher an die Darsteller, als wollte er tatsächlich Bilder des Innenlebens einfangen. Und dann sind die aus seinen Filmen schon bekannten mit extremer Tiefenschärfe versehenen Cinemascope Bilder weit weg und möchten alles einfangen was um den größten Boxer unseres Jahrhunderts herum geschieht.

Wer einen Film der großen Momente erwartet, wird schwer enttäuscht. Denn die wirklich großartigen Szenen zieht Michael Mann aus dem Leben des Muhammad Ali, in dem er die allseits bekannten Lebenspunkte fast ausspart und diese durch die weniger bekannte private Atmosphäre des Boxers erklärt. Selbst der alles entscheidente Titelkampf in Zaire beginnt in ungewöhnlichen Bildern, die Muhammad Ali in den Strassen von Kinshasa zeigen, wo er endlich sein stets aufgewühltes Inneres über die eigene Herkunft in Einklang mit sich selbst bringen kann. Natürlich lässt es sich auch ein Michael Mann nicht nehmen, den 'Rumble in the Jungle' mit seiner überragenden Kraft bildlicher Auflösung zu zeigen. Im atemberaubensten Moment des Filmes betritt Ali die Arena in Kinshasa mit zehntausenden jubelnder Fans, die hier einmal nicht mit dem Computer erschaffen wurden, sondern die Reihen mit wirklichen Statisten gefüllt sind.

Ganz offensichtlich kann auch dieser Film nichts Neues über den verschachtelten und komplexen Charakter des Muhammad Alis erzählen und Mann unternimmt auch gar nicht den Versuch. Vielmehr erklärt er mit Bildern und den durchweg genialen Darstellern, was diese Ikone des Boxens ausgemacht hatte. Es ist ein Film, in dem eigene Rückschlüsse erlaubt sind, wo einem das Nachdenken keineswegs abgenommen wird. Das aus dem einstigen Fresh Prince ein wirklicher Charakterdarsteller geworden ist, muss Will Smith nach 'Ali' nicht mehr beweisen. Smith geht beängstigend eindringlich in seiner Rolle auf. Wie er als Ali den Wehrdienst verweigert, wie ihm nach der daraus entstandenen Aberkennung des Meistertitels das Boxen fehlt und die öffentliche Bestätigung fehlt, dazu braucht es keiner Worte, auf die das Drehbuch auch klugerweise verzichtet hat.

Michael Mann wollte den Menschen Ali doukumentieren und nicht neu erzählen. Er wollte das altbekannte nur verdeutlichen. Alis Beziehung zu Malcolm X, oder zu Sportreporter Howard Cosell, das alles wird offenbar, wenn die Kamera einfach nur Bilder einfängt, wenn die Aktuere in ihren Rollen aufgehen. Es ist bis dato Michael Manns schlichtester Film und dadurch auch der dynamischste. Ohne jede Art von Erklärungsversuchen, gibt er vielmehr preis von dem was die Faszination Alis ausmachte. Ein Film auf den man sich einlassen muss, der nie uninteressant wird und doch so ganz anders ist, wie man es gewohnt ist. "Kein Vietcong hat mich jemals Nigger genannt", Ali hat in seiner bewegten Karriere schon selbst genug erklärt. Und jetzt wird man ihn auch besser verstehen.

 

 

All die schönen Pferde:

ALL THE PRETTY HORSES

offizielle Seite

Darsteller: Matt Damon, Henry Thomas, Lucas Black, Ruben Blades, Penelope Cruz, Miriam Colon u.a.

Regie: Billy Bob Thornton; Drehbuch: Ted Tally nach dem Roman von Cormac McCarthy; Kamera: Barry Mankowitz; Filmschnitt: Sally Menke; Musik: Marty Stuart

USA / 2000 , circa 117 Minuten

Gerüchte gehen, Cormac McCarthys Geschichte würde zu den großen modernen Western Romanen zählen. Und Tallys Drehbuch, sowie Thorntons Regie machen den Eindruck, als wollten sie mit allen Mitteln wenigstens die epische Breite eines Werkes erkennen lassen, welches sie in ihrer Gesamtheit gar nicht auf die Leinwand bringen können. Unausgereift, abgehackt und ohne erkennbare Leidenschaft, lässt Throntons dritte Regiearbeit die Komplexität eines Aussenseiters vermissen, die ihm soviel Anerkennung mit seinem Erstling Sling Blade entgegen gebracht wurde. (Sein zweite Regiearbeit wurde noch immer nicht veröffentlicht)

Die zwei Helden John Grady Cole (Damon) und Lacey Rawlings (Thomas) brechen aus ihren elterlichen Fittichen aus und verlassen die texanischen Farmen, um auf eigenen Füssen stehend in Mexico mit Pferden zu arbeiten. Nur in einer einzigen fesselnden Montage, in der Cole und Rawlings innerhalb kürzester Zeit die Pferde des mexikanischen Großgrundbesitzers Rocha (Blades) zureiten, wird die Ideologie des Romanes in Einklang mit der verklärten Einsamkeit und Sehnsucht der Helden stimmungsvoll umgesetzt. Ansonsten Reihen sich unausgegorene Episoden scheinbar wahllos aneinender.

Auf ihrer anfänglichen Reise begegnen Cole und Rwalings dem jungen Jimmy Blevins (Black), der ein derart wunderschönes Pferd besitzt, das die beiden überzeugt sind, Blevins muß es gestohlen haben. Erst viel später, nachdem Black abrupt von der Szenerie verschwindet, begegnet er den beiden Hauptprotagonsiten in einem Gefängniss wieder, in welches beide aus ebenso unerfindlichen Gründen landen.

Die meisten Episoden sind inszeniert, als habe man einfach die Hälfte der Geschichte vergessen. Coles Beziehung zu Rochas Tochter Alejandra (Cruz) beginnt so überstürzt, ohne die Chemie der beiden wirklich zu erfassen. Diese eher leienschaftslose Beziehung wird unterbochen, wieder aufgenommen und schliesslich, ohne weiter darauf ein zu gehen, endgültig beendet, als Cole sich dazu entschliesst, wieder nach Texas zu gehen, nachdem ihm die überschlagenden Ereignisse in Mexico über den Kopf wachsen. Zu diesen wundersamen Ereignissen zählt auch Rochas Angebot, Cole aus dem Gefängniss frei zu kaufen, wenn er fortan die Finger von seiner Tochter lässt. Warum er ihn dann überhaupt dieses Angebot unterbreitet ist eines der ganz vielen Rätsel, die sich durch den sprunghaften Erzählstil auftun.

Barry Mankowitz hat teilweise aufsehenerregende, dann aber wieder sehr herkömmliche Bilder eingefangen. Er kann durchaus die Harmonie der harschen Männerwelt im Einklang mit der selbstgewählten Freiheit stimmungsvoll umsetzen. Aber im Gesamten macht die Photographie den Eindruck eines edlen Westerns der sechziger Jahre. Was leider auch bedeutet, das er wirklich nichts Neues zu zeigen hat, oder soetwas wie neuen Esprit in ein vergangenes, aber unsterbliches Genre hauchen kann.

Matt Damon kann nur leidlich als waschechter Cowboy durchgehen. Wobei Thorntons Regie durch Damons Rolle als Sympathieträger Henry Thomas undankbar zur wenig beachteten Nebenfigur herabstilisiert. Im Sinne der großen Epen, bleibt die Verbindung von Damon und Penelope Cruz auf unausgereizter Sparflamme. Ihrer Beziehung fehlt ganz einfach Damons Fähigkeit, sich glaubhaft als echter Kerl mit weichem Kern aus zu geben. Lediglich Blades, Black und Miriam Colon stechen glaubwürdig aus dem Ensemble hervor.

Auf allen Ebenen bleiben die schönen Pferde nur nützliche Lasttiere, von denen keines einen Preis gewinnen würde. Eher ein halbherziger Versuch von allem soviel wie möglich hinein zu stopfen, anstatt den Tücken einer Romanverfilmung mit der Freiheit der filmischen Umsetzung zu trotzen.

 


 

American Gangster

Darsteller: Denzel Washington, Russell Crowe, Chiwetel Ejifor, Cuba Gooding Jr., Josh Brolin, Ted Levine, Armand Assante, Clarence Williams III, Ruby Dee, Joe Morton u.v.a.

Regie: Ridley Scott; Drehbuch: Steven Zaillian nach dem Artikel von Mark Jacobson; Kamera: Harris Savides; Bildschnitt: Pietro Scalia; Musik: Marc Streitenfeld

USA / 2007; circa 157 Minuten


Das ist der Film, den Martin Scorsese seit Jahren verzweifelt versucht zu drehen. Das ist aber auch der Film, den ein Sidney Lumet locker aus dem Ärmel schüttelt. Das Ridley Scotts Zeitdokument soviel Aufmerksamkeit erregt, ist zweifellos dem fantastischen Denzel Washington zu verdanken. Er ist mit Leib und Seele Frank Lucas, jener berüchtigte Drogenbaron, der Anfang der Siebziger New York mit dem allerbesten, aber auch mit dem billigsten Heroin versorgt. Ein bisschen zurückhaltender als der wirklich Frank Lucas, ist Washington der Ruhige und Besonnene. Eine trügerische Ruhe und Besonnenheit, die so mancher Wiedersacher falsch interpretiert und denen dafür sehr schnell sehr unschöne Sachen passieren. Kritiker, die Regisseur Scott und Autor Zaillian vorwerfen, den Menschen Lucas beschönigt auf die Leinwand zu bringen, können den Film nicht gesehen haben. Schon in der allerersten Szene, zeigt sich der Charakter von Washington in einer Situation, die für alles steht, was da noch kommen wird. Und diese Szene zeigt auch, dass wirklich alles passieren kann. 

Nach dem Tod seines Bosses, übernimmt Lucas das Revier und beginnt bei eventuellen Nebenbuhlern sofort klar zu stellen, dass er allein die Nummer Eins ist. Trotz aller kriminellen Energien, die er dabei freisetzt, sieht sich Lucas als Geschäftsmann und nicht als einer der vielen anderen Drogendealer, die nur am Geld interessiert sind, um mit diesem Geld in der Öffentlichkeit zu prahlen. Frank Lucas kleidet sich wie ein Geschäftsmann und, obwohl ohne Schulabschluss, handelt und redet auch so. Egal wie nahe an der Realität, dieser Frank Lucas auf der Leinwand ist pure Energie, eine Denzel Washington wie man ihn kennt und gleichzeitig ein Charakter den man nie kennen lernen möchte.

Ein wirklich facettenreicher, oder tiefgründiger Schauspieler war Russell Crowe noch nie, aber er besitzt jenes gewisse Extra, das ihn zum perfekten Polizisten macht, der sich nur über seinen Beruf definieren kann und ansonsten im Leben scheitert. Weil er die bei einer Razzia gefundenen Millionen Dollar nicht selbst einheimst, wie es alle anderen Kollegen getan hätten, wird im das Leben noch schwerer gemacht. Die Ehrlichkeit von Crowes Richie Roberts, überzeugt die Vorgesetzten, ihn zum Leiter einer Sonderkommission gegen Drogenmissbrauch zu machen. Hier lebt Roberts wieder auf, findet wieder Halt, wird aber zunehmend exzessiv in seinem Anspruch, endlich den ganz großen Fischen im Drogengeschäft ans Leder zu gehen. Und ständig sind ihm dabei andere Einheiten im Weg, die gegen etwas Schmiergeld sehr wenig Einwände erheben. Und die Arbeit von Roberts neuer Abteilung, lässt wegen seiner Erfolge, die diversen Nebeneinkünfte seiner bestechlichen Kollegen rapide schrumpfen.

Bis das Treffen der Giganten wirklich stattfindet, vergehen zwei sehr intensive Stunden, aber es vergeht auch einige Zeit die wesentlich besser genutzt sein könnte. Vom großen Epos entfernt sich die Inszenierung, weil das Drehbuch keine sich entwickelnde, formende Geschichte erzählt. Der Status Quo in den Figuren ist bereits am Anfang gesetzt. Was Steven Zaillian vorgibt und sich Ridley Scott ausladend annimmt, sind eher Episoden, wovon einige sogar austauschbar wirken. Die jeweiligen Geschichten von Lucas und Roberts laufen parallel und es gelingt Scott glücklicherweise jene Episoden im richtigen Tempo zu halten und in den passenden Momenten auf die jeweils andere Hauptfigur umzusschneiden. 

Das Zeitkolorit der frühen siebziger Jahre ist beeindruckend gelungen. Mit Finchers ‚Zodiac‘ ist dies der zweite Film in 12 Monaten, der überwältigend seine Zeit wiederspiegelt, ohne dies in den Vordergrund zu stellen. Die Natürlichkeit, mit der das Flair, die Mode und Ausstattung dieser Ära in den Fluss des Filmes einwirkt, ohne aufzutragen, ist erstaunlich. Mit Harris Savides bleichen, aber auch schnörkellosen Bildern, erreicht Ridley Scotts Film des Grad des kalten, realistischen Thrillers der siebziger Jahre, der sehr leicht Erinnerungen an ‚Serpico‘, oder ‚All The Presidents Men – Die Unbestechlichen‘. In seiner unaufdringlichen und ausbalancierten Umsetzung gewinnt ‚American Gangster‘ den Charakter des zeitlosen. 

In der letzten halben Stunde ist Richie Roberts der große Fang gelungen. Er und Frank Lucas sitzen sich am Verhörtisch gegenüber. Auch hier hält Lucas, sprich Washington, wieder Überraschungen bereit, denn Lucas‘ Gangster-Ethos ist kein schwülstiger Ehrenkodex, sondern beschränkt sich auf sein selbst hart erarbeitetes Imperium. Mit dieser letzten halben Stunde offenbart der Film auch seine größte Schwäche, die ihm den Zugang zum unangreifbaren Epos endgültig verwehrt. Während Russell Crowe auf seiner eigenen Handlungsebene überzeugt, kann er im schließlich Zusammentreffen der Hauptfiguren neben Washington nur verlieren. Crowe ist der dem Charisma von Washington nicht gewachsen. Die Regie legt wohlweislich auch die Gewichtung auf Washingtons Person. Für einen verbalen und darstellerischen Showdown dieses Kalibers, hätte das Drehbuch raffiniertere Winkelzüge in Dialog und Aussage bereithalten müssen, damit der nicht schwache, aber schwächere Crowe dem überragenden Washington Paroli bieten kann.

Trotz aller Kritik, ist ‚American Gangster‘ ein überaus sehenswerter Film, der auf seine spannende Art richtig Spaß macht. Die Schwächen sind soweit vertretbar, das sie das gesamtbildliche Ergebnis nicht wirklich in seiner Wirkung herab setzen. Er ist nicht das erwartete Epos, er ist auch nicht der gern zitierte moderne Klassiker. Aber ‚American Gangster‘ ist ein Erlebnis aus packendem Realismus, feinfühliger Regie und filmtechnischer Perfektion. Und er hat mindestens einen Darsteller, den man gesehen haben muss.

mainstream

 


 

Almost Famous:

Darsteller: Patrick Fugit, Billy Crudup, Kate Hudson, Frances McDormand, Jason Lee, Patrick Fugit, Zooey Deschanel, Michael Angarano, Noah Taylor u.a.

Regie und Drehbuch: Cameron Crowe; Musik: John Bonham, John Paul Jones, Jimmy Page, Robert Plant, Nancy Wilson; Kamera: John Toll; Filmschnitt: Joe Hutshing, Saar Klein

USA / 2000 , circa 120 Minuten

Der einzige Grund, warum Cameron Crowes präziese Dokumentation eines Lebensgefühles der siebziger Jahre kommerziell den Bach hinunter ging, war das Zielpublikum, welches zu der Altergruppe gehört, das weniger den Weg ins Kino findet. Zielpublikum heißt bei Filmstudios zwischen 16 und 49 Jahren und um intensiv für die Siebziger bereit zu sein, liegt der Alterdurchschnitt bei über Vierzig. Der Rest ist Statistik und von dieser Statisik verpassen viele, viele Menschen einen verdammt guten Film.

Fast wäre man der Versuchung erlegen, Crowes Film als Dokumentation zu betrachten. Eine Wiederbelebung für alle die sich immer stritten wie der Titel des vierten Led Zeppelin Albums lautete, oder versuchten sich vom Rock 'n Roll ab zu grenzen. Eine Rochband auf dem Weg nach oben und mittendrin ein 16 Jähriger, der sich einbildet Musikjournalist werden zu wollen. Patrick Fugit spielt diesen jungen William Miller mit umwerfender Naivität und bestechendem Charme. Und William Miller ist Cameron Crowe, der mit dem selbst verfassten Drehbuch nicht einfach nur seine Jugenderinnerungen als fast zu junger Musik-Journalist aufarbeitet. William Miller ist der Junge, der wir immer sein wollten, wie wir noch die Nadeln putzten und peinlichst mit unseren Schallplatten umgingen und William ist auch der, der uns zeigt, das es vielleicht doch besser war, draussen zu bleiben und ungetrübt zu schwärmen. Groupies, Dope und ein frenetisches Publikum. Eifersucht, Spannungen und Erfolg. Und mit nur einem einzigen Nummer Eins Hit, könnten sie es auf Cover des Rolling Stone Magazines bringen. Aber wie der trügerische Erfolg, entpuppt sich auch der Traum vom Rolling Stone als Selbstbetrug zum Überleben. Die Gefahren liegen nicht im Publikum, als vielmehr in der überdrehten Selbstüberzeugung der Stars, oder solcher, die Stars werden wollen. Aber Crowe hat niemals einen bösen Blick für seine Charakteren, keine verbissene Dramatik. William Miller lernt als Begleiter im Tourbus über sein Leben, über Journalismus und über die Liebe. Die Band lernt erst einmal sich selbst kennen.

Auf schmalen Grat wandelt diese vergnügliche Zeitreise. Langweilig hätte es werden können, abgedroschen und vielleicht sogar voller Klischees, aber die Regie lässt nichst zu wünschen übrig. Wie auf einer leichten Welle gleitet die Handlung selbstsicher voran, geht jeder peinlichen Strömung aus dem Weg und verbreitet neben guter Laune noch pure Nostalgie, aber ist dabei stets ehrlich. Almost Famous ist ein kleines Wunderwerk, um das abgehalfterte Wort mit 'Meister...' zu umgehen, wundervoll anzusehen, niemals langweilig und mit einem Schauspieler Ensemble, welches allen andern Filmen in diesem und letzten Jahr den Schneid abkauft. Da mögen zwei Nebendarstellerin für den Oscar nominiert sein, verdient hätte es das gesamte Team. Sicherlich auch ein Verdienst der einfühlsamen und geradlinigen Regie, das kein Schauspieler sich besonders in den Vordergrund drängen darf und dennoch allesamt so fantastisch ineinander greifend nicht besser sein könnten.

Wir machen eine Flasche Bier auf und drehen uns eine Tüte, ab gehts ins Kino. Mit guter Musik, einer gesunden Einstellung und einer Zeit die sich einfach nicht wiederholen lässt, ausser in einem gelungenem Film vielleicht.

 


 

American Pie 2:

Darsteller: Jason Biggs, Shannon Elizabeth, Alyson Hannigan, Chris Klein, Natasha Lyonne, Thomas Ian Nicholas, Tara Reid Seann William Scott, Eugene Levy u.a.

Regie: J.B. Rogers; Drehbuch: Adam Herz (auch Teil1); Kamera: Mark Irwin; Filmschnitt: Larry Madaras, Stuart Pappe; Musik: David Lawrence; Music Supervisors: Gary Jones, Dave Jordan

USA / 2001; circa 105 Minuten

Jim's Dad ist wieder da, und auch Stiflers Mom Jennifer Collidge, etwas später, dafür ohne Namensnennung. Die Testosteron-gesteuerten und Zärtlichkeits-Suchenden. Man hat sich wieder und alles ist wie früher. Wirklich alles. Platter, aber auch schreinend komischer Witz. Alyson Hannigan hat immer ihre Flöte bei Hand, Seann William Scott immer einen übertriebenen Spruch. Jason Biggs macht sich nach wie vor perfekt in der Rolle des fanatischen Steh-auf-Männchens, ob er esin seiner Karriere noch weit bringen wird, bleibt zu bezweifeln. Alles ist beim Alten. Und selbst die Darsteller sehen alle aus, als ob tatsächlich nur ein Jahr nach dem Überraschungshit vergangen wäre. Eines muß man 'American Pie 2' lassen: Die Regel, das beim zweiten mal alles größer, schneller, härter sein muß ignoriert die Inszenierung vollkommen. Drehbuch und Regie schalten einen Gang zurück und heraus kommt eine unglaublich langweilige Komödie.

Wer erinnert sich nicht als Mittdreissiger an die legendären 'Porkys'. Auch die Nachfolgegeneration sollte seine Version davon haben. 'American Pie' erfüllte dieses Anliegen mit seinen derben Humor, aufgekratzten Radikalität und doch liebenswerten Charakteren. Da war man auf einiges gefasst und bekam schockierenderweise doch viel mehr geboten. Erwachsene schüttelten verstört den Kopf, die Jugend im zarten Alter der Protagonisten klopften sich die Schenkel blau. Auf bestimmte Weise war der Film ein Phänomen, der wirklich nur eine bestimmte Zielgruppe ansprach und dieser auch im vollen Umfang gerecht wurde. Vollgestopft mit allen möglichen und unmöglichen Charakteren schuf er Identifikationsfiguren. In seiner derben Konsequenz war er ehrlicher und ansprechender als die niederen Romanzen mit Freddie Prinze Jr., oder die uninspirierten Dirty Dancings. 'American Pie' lieferte alles und ging viele Schritte darüber hinaus. Die jetzige Kinogänger-Generation hatte ihr 'Porkys'. Ein Jahr ist vergangen, die Freunde haben von der High School aufs College gewechselt, aber für Veränderungen hatte man keine Zeit. Jim (Biggs) wird immer noch bei der 'Handarbeit' erwischt und Kevin (Nicholas) bleibt nach wie vor der Gefühlsgeschwängerte. Michelle Hannigan) spielt weiter auf und mit der Flöte und Jims Dad (Levy) nervt weiter mit offenen Gesprächen. Das lässt sich ewig so weiterführen, die Latte ist nicht nur lang, sondern auch die gleiche. Wo Teil eins noch mit einigen Überraschungen aufwarten konnte, gerade was das Final anging, gibt sich der zweite Aufguss ganz brav und genauso überraschend vorhersehbar.

Adam Herz' Drehbuch ist alles andere als annehmbar und durchweg des Filmes fragt man sich, ob tatsächlich der selbe Mann Teil eins geschrieben haben soll. Szenen, wie die anfängliche Partie, gleichen oftmals derer im Vorgänger bis auf die Bildeinstellung genau. Dagegen fallen die angehäuften Emotionen, die sich eingeschlichen haben , in ihrer plumpen Art eher unter die Kategorie Lächerlichkeit. Was sich als gelungener Witz, oder an komischen Situationen auftut wird durch Rogers Regie nur in ermüdend lange Passagen gewandelt. Rogers, bei Teil eins noch Regie-Assistent, scheint mit soviel Respekt an die Arbeit gegangen zu sein, das er es nicht wagte auch nur einmal nette, vielleicht etwas andere Beleuchtung einzusetzen, oder eine den Standart durchbrechende Bildkomposition zu schaffen. Das ganze Werk macht den nicht zu verdrängenden Eindruck, als hätte sich das Ensemble noch einmal getroffen, um ein gelöstes, wunderbaren Wochenende zu verbringen. Wer sich dennoch ab und an ein Lachen nicht verkneifen kann, und dies wird sicherlich so geschehen, der stellt sich hinterher ebenso die Frage, was eigentlcih wirklich so lustig daran gewesen sein soll.

Jede Generation sollte ihre Version von 'Porkys' bekommen. Alle Mittdreissiger werden sich mehr, oder weniger gerne daran erinnern. Aber wir erinnern uns auch, wenn auch nur schwach, das es zu 'Porkys' einen zweiten und sogar dritten Teil gegeben hat. Gesehen hat die keiner und das aus gutem Grund. Schade das es 'American Pie', wo es doch eine frenetische Welle gleichgearteter Filme auslöste, genauso ergeht und dabei auch noch hinter den vermeintlichen Nachahmern her hinkt.

 

American Psycho:

Darsteller: CHRISTIAN BALE, CHLOE SEVIGNY, JARED LETO, WILLEM DAFOE, REESE WITHERSPOON u.a.;

Regie: MARY HARRON; Drehbuch: MARY HARRON, GUINEVERE TURNER , nach dem Buch von Bret Easton Ellis; Musik: JOHN CALE; Kamera: ANDRZEJ SEKULA; Filmschnitt: ANDREW MARCUS;

Originalfassung: 104 Minuten; aktuelle Kinofassung: 97 Minuten

Mit Sicherheit ist Ellis' Roman von Anfang der Neunziger, jener Druck der den kontroversesten Diskussionen ausgesetzt war, dabei aber am wenigsten gelesen wurde. Zwei ganz entscheidende Punkte kommen dabei einer längst überfälligen Verfilmung zu Gute: Weichei Leonardo DiCaprio hatte aus Angst vor dem heiklen Stoff doch noch einen Rückzieher gemacht und zwei Frauen bearbeiteten die Vorlage für die Leinwand, gerade jene Geschöpfe, die immer wieder für die Diskriminierungsphrasen herhalten mußten. Gekürzt, verlagert, umgeschrieben und bearbeitet wurde so geschickt, das der Roman noch vollständig erhalten blieb, ohne die im Buch notwendigen Hardcore- und Gewaltszenen an den Punkt des Erträglichen zu versetzen. Romanverfilmungen gibt es gerade in Amerika wie Fliegen am Kuhhintern. Kontrovers bleibt dabei lediglich die Umsetzung der reinen Geschichte. In 'American Psycho' ist es der ausschmückende Hintergrund, welcher sich in die vorderen Reihe des Bewußtseins drängt. Film, wie Buch, sind keine diffizilen Charakterstudien, sondern zeitgeschichtliche Interpretationen. Treffende, bitterböse Interpretationen.

Hier ist Patrick Bateman (Bale) die Inkarnation einer sterbenden Epoche und damit verbunden, die Charakterisierung einer scheinbar ausgestorbenen Spezies. Es ist der Yuppie, der Erfolgsmensch, die Ausgelachten und Verhöhnten, weil man selbst nie so hoch kommen würde. Überhebliche und Seelenlose. Seelenlos bis zu einem bestimmten Punkt. Der Punkt nennt sich Selbstwert. Bei Bateman, wie vielleicht bei abertausender anderer Yuppies, beginnt dies schon beim morgendlichen Aufstehen. Reinlichkeitsfanatismus und Rasierwasser mit am Besten keinem Alkohol, denn Alkohol trocknet die Haut aus. Gymnastik und Sport bei laufenden Videos mit Hardcorepornos, oder Splatterfilmen, um vielleicht etwas Wallung in die persönliche Gefühlskälte zu bringen. Und natürlich das Geld. Soweit ist alles in Ordnung, niemand braucht sich Gedanken machen, keiner wird schlecht dastehen. Aber dann kommt ein Kollege mit neuer Visitenkarte, Goldprägung und Wasserzeichen. Im begehrtesten Restaurant ist keine Tischreservierung mehr möglich, während sich Bekannte dort den ganzen Abend tummeln. Ein Anderer thront mit seinem schäbigen Apartment in einer wesentlich nobleren Wohngegend. Nicht der Stolz ist verletzt, sondern die Hierarchie. Die Gefühle sind nicht abgestorben, sondern nie vorhanden gewesen. Aber das Ying und Yang, das unüberwindbare Gleichgewicht des Sein und Schein muß gehalten werden. Und wie muß Bateman wohl reagieren, wenn der scheinbare Verlust von Neid und ähnlichem Gefühl nichts kompensieren kann. Genauso extrem im verdrehten Gegensatz. Bateman lebt seine Pornofilme und Schlächterstreifen einfach aus. Aber nicht weil ihm danach ist, sondern er es nicht anders gelernt hat, die Generation der Yuppies ist nämlich auch als Videogeneration aufgewachsen.

Turner und Regisseurin Harron haben es geschafft, drei Filme in ein phantastischen Panoptikum unserer Kultur zu verschmelzen. Zum einen ist es die messerscharfe Charakterstudie (obgleich solche, wie Anfangs erwähnt. sich selber ad absurdum führt), es mischt sich eine geniale Verbeugung vor dem Horror-Genre hinein und kristallisiert sich im Ganzen dann doch als zeitgeschichtliches Porträt. Doch die graphische Gewalt in seiner Darstellung ist als bitterböse Farce gestaltet, die Charakterstudie entblößt keine bemitleidenswerte Figur, sondern die reelle Abbildung einer Karikatur. Und selbst der offen gezeigte Sex dient nur der Offenbarung des selbst auferlegten Körperkultes und wirkt dadurch weder erotisch, noch abstoßend. Das sich eben Frauen dieser Männer dominierten Welt angenommen haben scheint mehr als gerechtfertigt. Der Film erreicht dadurch eine Eindringlichkeit, mit der es bislang nur 'Fight Club' aufnehmen konnte, welcher wiederum in seinen Grundelementen an Ellis' Roman angelegt war. Gerade die Frauen schaffen die nötige Distanz, die glaubwürdigen Atmosphäre und den Mut zur brillanten Farce. Und brillant muß man auch die atmosphärischen Kamerabilder bezeichnen, die in unterstützender Funktion die Geschichte kontrastiert kommentieren.

Und mit Hauptdarsteller Christian Bale schien nichts schief gehen zu können. Schon in Spielbergs verkanntem 'Empire of the Sun', seinem Debüt, verunsicherte er das (wenige) Publikum mit einer entgegen der Sympathie laufenden Linie. Gefühlskälte, Ignoranz, oder schwelgerische Brutalität sind in Bales Darstellung des Patrick Bateman nervenzerrend, aber packend realistisch. Selbst Schauspielgewalten wie Reese Witherspoon, oder Willem Dafoe, die alle glänzende Leistungen präsentieren, werden von Bales Präsenz zu füllendem Beiwerk degradiert. Aber selbst dies scheint ab beabsichtigtes Detail. Schließlich bleibt in der bravourösen Inszenierung ständig in Erinnerung, das Patrick Bateman niemals eine Person war, sondern personifizierte Zeitgeschichte.

 

 

 

Americas Sweethearts:

Darsteller: Julia Roberts, John Cusack, Catherine Zeta-Jones, Billy Crystal, Hank Azaria, Stanley Tucchi, Christopher Walken, Alan Arkin u.a.

Regie: Joe Roth; Drehbuch: Billy Crystal, Peter Tolan; Kamera: Phedon Papamichael; Filmschnitt: Stephen A. Rotter; Musk: James Newton Howard; Ausstattung: Garreth Stover

USA / 2001 ; circa 102 Minuten

Wer einen Film über Hollywood dreht,setzt sich grundsätzlich der Gefahr aus, das der zusehende Insider mehr auf inhaltliche Fehler als auf den substantiellen Unterhaltungsfaktor wartet. Wer es auch noch mit einer Satire versucht, scheitert meist gnadenlos, erst an der Zurückhaltung beim Zuschauer und wichtiger, bei den gierig lauernden Kritikern. Und letztendlich hilft nur die Flucht nach vorn, zur aalglatten Komödie, zum bunten oberflächlichen Spass. Da kann einer einem nichts, da geht einem vieles durch und niemand nimmt es so genau. Das wäre schön, wäre verzeihbar und wahrscheinlich prächtig unterhaltend. Schon einmal hat Billy Crystal die Unterhaltungsbranche unter die Lupe genommen, präzise, gemein und genauso dramatisch wie lustig. 'Mister Saturday Night' war gelungen, weil Crystal die Bühne der Komödianten genau kannte. 'Americas Sweethearts' funktioniert deswegen nur halbgar, weil Crystal mit Co-Autor Tolan sich trotz aller Bemühungen nicht verkneifen konnten satirische Seitenhiebe einzustreuen. Die leichtfüßige und beschwingte Komödie öffnet sich leichtfertig einer kritischen Betrachtung des Filmgeschäftes und unterliegt dann der gerechtfertigten Kritik. Folglich bleibt einem nichts anderes übrig, als den Spaß etwas oberflächlicher zu betrachten, um das ungetrübte Vergnügen zu erhalten. Was 'Americas Sweethearts' an verqueren Charakteren und internen Geschäftsabläufen zu bieten hat, ist für den unbelasteten Zuschauer höchste Unterhaltung, für den Insider allerdings sehr befremdend.

Das Traumpaar Hollywoods hat sich getrennt. Gwen Harrison (Zeta Jones) und Eddie Thomas (Cusack) gehen seit einem Jahr getrennte Wege, sie weiterhin auf Ego-Kurs, er in einer psychatrischen Anstalt. Neun Filme hat das Paar zusammen gemacht, sechs davon spielten über 100 Millionen Dollar ein. Zwei Filme hat Gwen nach der Trennung alleine gedreht, aber ohne ihren Göttergatten will sie keiner mehr sehen, ein Alptraum für die selbstherrlichste Frau aus dem Geschäft. Nur ein Hal Weidmann (Walken) Film ist noch in der Schnittphase, das letzte Projekt 'Time over Time', welches Eddie und Gwen zusamen unter dem exzentrischen Regisseur Weidmann machten. Weidmann allerdings weigert sich vehement, die Arbeitkopie heraus zu geben und macht den Film in der Abgeschiedenheit der Berge im Alleingang fertig, mit dem Versprechen pünktlich zur Pressevorführung den Film zu präsentieren.

Lee Philips (Crystal) hat als PR- Manager gerade seinen Job bei den Kingmann Studios verloren, die 'Time over Time' produzierten. Dave Kingmann (Tucchi) steht mit seinem Studio kurz vor dem Ruin und braucht einen finanziellen Erfolg. Kurzerhand ist Philips wieder eingestellt, der bisher alle Eddie Thomas/Gwen Harrison Filme beworben hatte. Sollte die Öffentlichkeit auch nur eine kleine Chance wittern, daß das Traumpaar doch wieder zusammen kommen könnte, wäre der Erolg beim Publikum garantiert. Doch Gwen möchte Eddie aus Abneigung überhaupt nicht mehr über den Weg laufen, während Eddie einer Begegnung nervlich nicht standhalten würde. Mit Hilfe von Kiki (Roberts), Gwens Schwester und persönliche Assistentin, will Philips den Coup in einem abgelegenen Hotel-Ressort in Nevadas Wüste vor anwesender Presse in Angriff nehmen. Zu allem Überfluss scheint es auch noch so, das Hal Weidmann, mit dem fertigen Film überhaupt nicht erscheinen wird.

Ob die Beziehung des Traumpaares, Crystals überdrehter Managertyp, oder Roberts verschüchterte Assistentin, mit seinen ausgefeilt Komik typischen Charakteren kann Joe Roth seinen Egomanen-Schau von Anfang an flott am laufen halten. Verstöhrend wirkt nur Crystal und Tolans anfänglich zerfahrenes Drehbuch, das weder klare Linie, noch voran gestellte Figur präsentieren kann. Bis zu der 45 Minuten Marke besteht der Film aus einer eher losen Aneinanderreihung von wirksamen und gelungenen Gags, bis sich endlich ein geradliniger Handlungsstrang entwickelt hat. Ob unterschwelliger Humor, oder überdrehter Slapstick, Roth weiß zumindest zu inszenieren. Allerdings macht es ihm das aussergewöhnliche Ensemble ziemlich leicht. Zeta-Jones, Cusack, Crystal (auch Produzent), Tucchi, Azaria und ein ungewöhnlich zurückhaltender Walken sind als Team für so einen Film fast schon zuviel des Guten. In einem Kurzauftritt setzt Alan Arkin als Gesundheits-Guru dem Ganzen noch eins drauf. Und dann ist da natürlich Roberts, die sich scheinbar von Film zu Film immer vielschichtigere Nuancen des von allen geliebten Mädchens aneignet. Das Sie schliesslich zum Dreh- und Angelpunkt der Geschichte werden wird, scheint unvermeidlich.

Regisseur Joe Roth muß als ehemaliger Studiochef für Disney und den Revolution-Studios viel Spass gehabt haben, die eigentliche Realität des Filmgeschäftes teilweise kräftig auf den Kopf zu stellen. Leider verschwendet Kamera und Schnitt nicht viel Zeit darauf, ausser gut choreographierter Aktionen, dem Zuschauer mehr für das optische Vergnügen zu bieten. Der gesamte Film verlässt sich voll auf die Wirkung seiner Darsteller und wird dadurch seinen Ansprüchen mehr als gerecht. Und in der Inszenierung orientiert sich Roth viel mehr an den Komödien früherer Tage, als sich dem Zwang neuer Ideen und Stile zu unterwerfen. Alles in allem bleibt 'Americas Sweethearts' ein vergnügliches, niemals langweiliges Stück. Wenn dem Film auch mehr, nur andeutungsweise vorhandener, satirischer Biss fehlt. Und vielleicht doch ein Hauch einer etwas individuelleren Inszenierung.

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The Amityville Horror 2005

RECHERCHE

Als seriöser Journalist und mit ebensolchen seriösen Beziehungen, werden einem manchmal Wege geöffnet, die ihresgleichen suchen. Bei einem Privataufenthalt an der Ostküste der Vereinigten Staaten kam ich bei einer Premiere mit einigen Staatsvertretern in kontroverse, aber inspirierende Diskussionen, natürlich zum Thema Film. Der durchaus gelungene Abend resultierte in einer Einladung nach Amityville im Staate New York.

Wenn man gerade erst dreizehn Jahre alt ist, beeindrucken einen Filme wie ‚Amityville Horror’ ungemein. Speziell jener hat schon in jungen Jahren meine besondere Aufmerksamkeit gewonnen und natürlich zählte ich zu denen, die eine Neuverfilmung, gerade durch Michael Bay, für absolut überflüssig halten. Nicht gerade als Journalist, eher als ungeheuerneugieriger Mensch nahm ich die Einladung nach Amityville an, noch nichts ahnend wie und was dieser Besuch beinhalten sollte.

In den folgenden Schilderungen lasse ich jedweden Namen außen vor. Erstens tun diese nicht zur Sache und zweitens waren gerade in diesem besonderen Fall namentlich genannte Personen ständigen An- und Übergriffen ausgesetzt.

Ich sollte mich auf keinen Fall alleine der Ocean Avenue in Amityville nähern, da Bewohner, wie Staatsgewalt äußerst heftig auf Menschen von Außerhalb reagieren. Durch eine vorab getätigte Recherche, wurde mir diese Anweisung sehr schnell verständlich. So meldete ich mich im Polizeirevier und die Diensthabenden Officers waren sehr freundlich, wenn auch noch etwas reserviert. Man zeigte mir einige Dokumente, welche ich bereits aus dem Internet kannte, dennoch für sehr interessant erachtete. Die Reserviertheit legte sich bereits, als die Menschen, welche sich um mich bemühten, feststellten, das ich nicht einmal einen Photoapparat bei mir hatte.

In einem Nahe dem Revier gelegenen Coffeeshop wurden mir Menschen vorgestellt, die vor, während und noch lange nach den Ereignissen mit der Familie Lutz im Jahre 1977 mit dem Anwesen 112 Ocean Avenue zu tun hatten. Und es wurden mir Dinge offenbart, welche ich vorher für unmöglich gehalten hätte. Meine lediglich auf Internet beschränkte Recherche hatte mir ein Bild davon gegeben, wie es den Einwohnern einer so schönen Stadt wie Amityville ergehen muss, wenn man den nicht erwiesenen Schilderungen einer einzigen Familie auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Was ich allerdings zu hören bekam, ließ mich eher an alberne Kindergeschichten glauben und der Nachmittag gipfelte mit einer Polizeistreife, die mich vom Coffeeshop in die Ocean Avenue brachte.

Die folgenden Schilderungen sind detaillierte Wiedergaben und fein säuberlich aufgeschlüsselte Erkenntnisse von jenen Gesprächen im Coffeeshop, dem Aufenthalt am umstrittenen Haus und beunruhigenden Beobachtungen. Wie zum Beispiel die Tatsache, das seit der Familie Lutz nicht etwa zwei unbehelligt gebliebene Nachmieter das Anwesen bewohnten, sondern dies aus später noch näher erläuterten, guten Gründen von der Stadtverwaltung von Amityville vorgetäuscht wurde.

Wie Anfangs bereits erwähnt, werden aus wohl überlegten Gründen keine Namen genannt, außerdem sprechen die detaillierten Schilderungen für sich. Zudem gibt es keine Namen zu nennen, weil an dieser Stelle einfach einmal verdeutlicht werden soll, wie man in Zeiten des Internet Dinge und Ereignisse manipulieren kann, wie man täuschen kann, und wie man sich auch täuschen lässt. Unbewiesene Behauptungen, auch Lügen, bekommen ihre Gültigkeit, weil es nur ganz weniger Menschen bedarf die solchen Schilderungen, übertriebenen Erzählungen, oder vorsätzlichen Rufschädigungen Glauben schenken müssen.

In Zeiten, wo es nur Zeitungen, Bücher und die Nachrichten gab, war dies schon sehr einfach. Aufgestellte, unwahre Behauptungen konnten nur sehr schleppend, und häufig nur selten wahrgenommen, richtig gestellt werden. Paradoxerweise ist so etwas im aufgeklärten Zeitalter des Internets, der ultra schnellen Verbindungen rund um den Globus, um ein vielfaches schlimmer geworden.

Gerne würde ich meine Geschichte zu Ende bringen, erzählen wie ich selbst paranormale Aktivitäten am so genannten Amityville Horror Haus erleben musste. Und wäre es nicht spannend zu erleben, wie sich diese Geschichte entwickelt? Hunderte können mich für einen Spinner halten, denn ich benötige nur den, oder die Eine, welche meine Geschichte durch die multimediale Vernetzung der Welt weiter trägt. Neue Wahrheiten würden entstehen, obwohl ich nie in Amityville gewesen bin, geschweige denn im Staate New York.

Ich würde mir niemals anmaßen, den Gegnern, oder den Gläubigen im Falle des Amityville Hauses Lüge, oder Wahrheit zuzusprechen. Wichtig ist doch nur ein ganz genaues, sehr sorgfältig überlegtes Abwägen und letztendlich eine wirklich eigene Meinungsbildung.

mainstream

FILMISCHES PHÄNOMEN

Tobe Hooper machte einmal einen Film über ein paar Jugendliche, die in einer vereinsamten Texas Gegend die tödliche Bekanntschaft mit einer degenerierten Familie machen mussten. Der Film verschreckte nicht wegen dem was er zeigte, sondern was er den Zuschauer an Brutalität andeutete. Wenn Michael Bay daraus ein Remake zaubert, in dem fadenscheinigen Ansinnen, einem noch unbedarften Publikum den Stoff ebenfalls nahe bringen zu wollen, dann bleibt das Prädikat 'nach einer wahren Begebenheit' auf der Strecke der miesen Oberflächlichkeit. Hopper Film war einer der Vorreiter jener uninspirierten 'zehn kleine Jugendlichen' Filme mit welchen die Kinos in den Achtzigern und Anfang der Neunziger überschwemmt wurden. Der Trend wurde im neuen Jahrtausend wieder zum Leben erweckt, das Remake des Vorreiters reihte sich ein in das uninteressante Schaffen inspirationsloser Geldschneider.

Am 15. Februar 1976 floh die Familie Lutz in panischer Angst aus ihrem Haus in Amityville im Staate New York. 28 Tage lang waren sie dort dem Terror übernatürlicher Kräfte ausgesetzt gewesen. Was der armen Familie Lutz zugestoßen war, bietet sich gerade zu als Kinostoff an. Ein Kinostoff, der schon 18 Monate nach dem Erscheinen des Buches für die Leinwand umgesetzt wurde. Wer etwas im Internet stöbert, der stößt auch auf die behördlichen Zertifikate, das die Familie Lutz ihre paranormalen Erlebnisse mit einem Lügendetektortest zu Protokoll gegeben haben. Der 28 tägige Horror war tatsächlich passiert, der Terror des Übernatürlichen gegenüber einer unbedarften Familie wirklich geschehen. Demnach. Margot Kidder und James Brolin verkörperten Kathy und George Lutz in dem Horrorfilm der nach diesen wahren Ereignissen gedreht wurde. 'The Amityville Horror' war ein Streifen, der den Zeitgeist traf. Ein Film der erschreckte, faszinierte und aufwühlte. Niemand wollte es wirklich glauben und jeder konnte es sich vorstellen. Im Werdewandel der Zeit, als vor allem die Politik in Amerika von einem Erdnussfarmer zu einem Schauspieler wechselte, da wagte man sich nichts vorzustellen, hielt dennoch viel für möglich.

Unmittelbar nachdem die Familie Lutz den Schrecken hinter sich gebracht hatte, erschien das Buch, das sich wie selbstverständlich zum Beststeller hoch schoss. Die Ereignisse wurden zum Phänomen und griffen ebenso unmittelbar auf die ganze Welt über. Als der Film in kaum zu fassender Geschwindigkeit die Kinos erreichte, war das im holländischen Kolonialstil errichtete Haus, nach dem Empire State Building, das bekannteste Gebäude der Welt. Wer zweifelte, dass Poltergeister, imaginäre Freunde und bösartiges Protoplasma die Lutzes terrorisiert hatte, wollte dies vielleicht diskutieren, aber Anfangs nicht wirklich in Frage stellen. Der Eckpfeiler von der wunderschönen Schlagzeile 'nach einer wahren Begebenheit', waren allerdings die Ereignisse weit vor dem Einzug der Familie Lutz in die Adresse 112 Ocean Avenue.

DIE WAHRE 'WAHRE BEGEBENHEIT'

Ein Jahr vorher, 1974, erschoss der drogenabhängige Ronald DeFeo seine vier Geschwister und beide Elternteile. Der Gerichtsmediziner schätzte die Todeszeit zwischen 3 und 4 Uhr morgens. Im Film, wie im Buch, wurde daraus die signifikante, aber nicht erwiesene Todeszeit 3:15 Uhr. Ronald DeFeo verließ nach acht abgegebenen, tödlichen Schüssen das Haus und vertrieb sich den gesamten Tag die Zeit mit seinen Freunden. Erst am Abend kehrte er in das Haus zurück, um kurz darauf völlig verstört in einer nahe gelegenen Kneipe zu erscheinen und Hilfe zu holen. Es dauerte noch einmal 9 Stunden, dann hatte die Polizei in Amityville Ronald DeFeo das Geständnis entlockt. Zuerst behauptete der Drogenabhängige, die Mafia hätte seine Familie hingerichtet. Nicht viel später gab er zu Protokoll, Abgesandte von der Mafia zwangen ihn, Ronald DeFeo, seine eigene Familie zu erschießen. Letztendlich gestand er die alleinige Täterschaft, mit der Begründung von Zerwürfnissen mit seinem Vater. Gottes Stimme hätte ihm befohlen, die Tat zu begehen. Ronald DeFeo wurde ein Jahr nach den Morden zu sechsmal lebenslänglich verurteilt. Noch während des Prozesses hatte die Verteidigung vergeblich versucht auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren, wegen der von Ronald DeFeo angegebenen Stimme, die ihm befohlen hätte seine Familie zu erschießen. Das waren die Fakten. Unumstößliche Fakten, die polizeilich und gerichtlich festgehalten sind. Dies ist nach wahren Begebenheiten.

DAS RÄTSEL OHNE LÖSUNG

Zwei Monate nach der Verurteilung zog das Paar Lutz mit ihren drei Kindern in das Haus und erlebten die schrecklichsten Tage ihres Lebens. Wie sie glaubhaft zu vermitteln verstanden. Unsichtbare Marschkapellen zogen durchs Haus. Fliegenschwärme machten sich mitten im Winter im Haus breit. Die imaginäre Freundin der Tochter war ein Schwein, das sich in verschiedenen Größen auch dem Rest der Familie zeigte. Rotglühende Augen beobachteten die Lutzes von außen. Die Mutter wurde von unsichtbaren Händen verprügelt, oder aus dem Bett gehoben. Am Ende floss grüner Schleim aus den Wänden. Noch heute weigert sich George und Kathy Lutz über die Geschehnisse der letzten Nacht zu reden. Ob sie in der Nacht Panik artig das Haus verließen, oder erst den Morgen abwarteten, da gehen die Angaben immer wieder auseinander. Nach der Flucht aus dem Haus, konsultierte George Lutz den Anwalt von Ronald DeFeo, William Weber. Lutz wollte angeblich wissen, ob die Ereignisse mit den vorher gegangenen Morden zu tun haben könnten. Während die Morde an sich und das Geständnis von Ronald DeFeo nicht anzuzweifeln waren, gab es dennoch in dieser Geschichte Merkwürdiges, was letztendlich den Lutz Behauptungen zu Gute kam.

Alle DeFeo Familienmitglieder waren in den Rücken erschossen worden, das hieß das keiner der Ermordeten die vorangegangenen Schüsse des Großkaliber Gewehres gehört hatte. Und auch in den zwei unmittelbaren Nachbarhäusern waren in dem Nachts absolut ruhigen Städtchen keine Schüsse wahrgenommen worden, obwohl die Ermittlungsbehörden klar festgestellt haben, das man die Tatwaffe hören musste. Ein vor Gericht geladener Nachbar gab sogar an in dem Zeitraum wo die Tat stattgefunden hatte, wach gewesen zu sein. Ein anderer Zeuge gab zu Protokoll, das die Häuser so nahe zusammen stehen, das man beim Niesen ein 'Gesundheit' vom Nachbarn hörte.

NACH DER NACHT

Die nachfolgenden Geschehnisse füllen Bände und unzählige Internetseiten. Die Familie Lutz floh in panischer Angst aus ihrem Haus und kehrten nie wieder dorthin zurück. Zur selben Zeit arbeitete Ronald DeFeos Anwalt, William Weber, an einem Wiederaufnahmenverfahren für seinen sechsmal lebenslänglich verurteilten Klienten. Lutz und Weber trafen sich nach der letzten Nacht im Haus, weil sich George und Kathy Erklärungen erhofften, wenn Ronald DeFeo ebensolche Phänomene erlebt haben sollte. Gleichzeitig bat George Lutz den mit gutem Ruf behafteten Parapsychologen und Dämonologen Dr. Stephen Kaplan, das Haus zu untersuchen. Dr. Kaplan sagte unter der Bedingung zu, dass er das Medieninteresse auch dazu nutzen würde, sollte sich die Geschichte als Schwindel heraus stellen. Zuerst stimmte Lutz dabei zu, am Tag von Kaplans

Arbeitsbeginn waren allerdings schon das Dämonologen Pärchen Lorraine und Ed Warren und ein Fernsehteam im Haus. Kaplan wurde von George Lutz des Anwesens verwiesen. Die Warrens lieferten einen Bericht und angebliche Beweisfotos, welche umgehend Leute mit dem auch nur geringsten Zweifel auf den Plan rufen musste. Wenn man bisher der fünfköpfigen Familie geglaubt hatte, so waren die Warrens der Auslöser dafür, dass alles in Frage gestellt werden konnte. Alle Nachmieter der Lutz Familie wurden selten, wenn überhaupt befragt, aber jeder verneinte vehement irgendwelche Absonderheiten im Zusammenhang mit dem Haus. Die direkten Nachmieter gingen allerdings noch einen Schritt weiter und verklagten die Familie Lutz und die Filmgesellschaft wegen der kaum zu ertragenen Belästigung von Schaulustigen, welche man in Amityville bereits als 'Amityville Horribles' bezeichnete.

DAS AUGE DES BETRACHTERS

Wer heute recherchiert, kommt mit dem Internet nicht sehr weit, was unter anderem auch den Prozess der Nachmieter gegen Lutz angeht. Angegeben wird aber, man einigte sich außergerichtlich mit der Bedingung George Lutz musste zugeben, die Horrorgeschichten mit Anwalt Weber erfunden zu haben. William Weber wollte beim Wiederaufnahmeverfahren die dämonischen Stimmen in den Vordergrund bringen, welche DeFeo befohlen hatten, die Morde zu begehen. Weber trug sich ebenfalls mit dem Gedanken ein Buch über die Morde zu schreiben, was in diesem Fall auf einer wahren Begebenheit beruhen würde. Lutz hingegen tat sich schnellstmöglich mit dem Autor Jay Anson zusammen. 'The Amityville Horror' von Jay Anson wurde zum Bestseller, bevor William Weber überhaupt sein Buch fertig stellen konnte. Dies rief gleich wieder die Horror-Haus- Gläubiger auf den Plan, welche noch heute behaupten, Weber wollte nur aus Rache wegen des Buches die Lutzens als Schwindler darstellen.

Eigentlich ist alles, was nach dem 14. Februar 1976 passierte und auch heute noch passiert, ein einziges Durcheinander von gegenseitigen Beschuldigungen und Lügen Bezichtigungen. Während Anwalt William Weber langsam in den Hintergrund trat, entwickelte sich der Amityville Horror zu beispiellosen Verleumdungskampagnen zwischen Dr. Stephen Kaplan, der im Laufe der nachfolgenden Jahre die Geschehnisse als Unsinn entlarvt wissen wollte, und den Warrens, die tatsächlich im Inneren des Hauses waren und behaupten die 'Präsenz des Bösen' erlebt und aufgezeichnet zu haben. Die jeweiligen Anhänger und Freunde der gegensätzlichen Parteien beschimpfen sich heute in Internetforen aufs Schärfste. Dabei ist das Beobachten und Verfolgen von deren Argumentationen und gelieferten 'Beweise' reines Amüsement, anstatt der Sache in irgendeiner Form dienlich zu sein.

WELCHE WAHRHEIT ?

Wer ist für die Lügendetektortests verantwortlich gewesen? Es heißt (immer unter Vorbehalt) die Filmfirma AIP, die sich 1978 damit absichern wollte, ob sie wirklich eine 'wahre Geschichte' verfilmen. Oder sollte dies nur ein zusätzlicher PR-Gag sein?

Hartnäckig wird behauptet das Haus sei auf ehemaligen Indianer-Grund errichtet, wo wahnsinnige, oder von bösen Geistern besessene Ureinwohner dahinvegetieren mussten. Die offiziellen Ämter für Heimatkunde bestreiten allerdings, dass es einen derartigen Platz in Amityville überhaupt gegeben hat.

Es ist nicht mehr nachvollziehbar, ob und wann irgendeiner der Parteien zugegeben hat, oder zugeben musste, er hätte gelogen. All diese Anschuldigungen und Behauptungen beruhen auf Hörensagen.

George Lutz' Firma war in finanziellen Schwierigkeiten, wird behauptet. Lutz selber bestreitet jede Art von Finanznot während dieser Zeit, wo er mit Buch- und Filmrechtverkäufen dies hätte auffangen können.

Der mysteriöse 'rote Raum' den alle, welche das Haus betreten haben, gesehen haben, kann laut den Grundrisszeichnungen gar nicht existieren.

George und Kathy Lutz haben nach 'der Nacht' das Haus nie wieder betreten und liessen über William Weber ihre zurückgelassenen Sachen versteigern. Die Nachbarn gaben an, die Familie hätte selbst einige Tage später einen Garagen-Verkauf veranstaltet.

Das gewichtigste Argument gegen das, was im Haus während der 28 Tage geschehen sein soll, kommt allerdings von Parapsychologen und Geisterforschern selbst. Das vielleicht zwei unterschiedliche, paranormale Phänomene an einem Ort auftreten kann, soll im Ausnahmefall vorkommen. Ein Forscher des Übernatürlichen würde die Vorkommnisse in Amityville in 8 bis 10 verschiedene paranormale Kategorien unterteilen. So etwas wäre, zöge man alles als wirkliche Bestandteile unserer Welt in Betracht, gar nicht möglich. Und da sind sich zumindest die Gelehrten einig.

UND JETZT DER FILM

Es ist also einiges im Unklaren. Man sollte eben alles mit gesundem Menschenverstand betrachten. Dazu gehört auch, wenn man an das glaubt, was nicht in unser geordnetes Weltbild passt. Das der Film von 1978 auf einer wahren Begebenheit beruht, bleibt fraglich. Aus heutiger Sicht hatte es zumindest zur damaligen Zeit seine soziologische Berechtigung, betrachtet man die Auseinandersetzungen über die Ereignisse als Massen übergreifendes Phänomen. Da griffen die Aussagen der Familie Lutz, das Buch, der Film, sowie das öffentliche Interesse ineinander. Im Mittelpunkt stand nicht etwa der Wahrheitsgehalt dieser speziellen Geschichte, vielmehr die Möglichkeit dass dies Wirklichkeit sein könnte.

Das was die Wirklichkeit um die Ereignisse in Amityville bereit hält, ist ausführlich erzählt. Ein Film kann sich niemals strikt an Fakten halten, sollten diese gegeben sein, das liegt einfach in der Natur von Komposition und Dramaturgie. Ein Film muss, will er dem Prinzip der Unterhaltung folgen, seine eigene Wahrheit finden. Grüner Schleim der von den Wänden läuft, wirft eher Fragen auf, als das er aus filmischer Sicht wirklich gruselt. Das im Film gezeigt Blut

hingegen lässt keine Fragen offen. Film hat immer seine eigene Wahrheit und somit muss sich auch ein Remake gegenüber dem Vorgänger an eine eigene Wahrheit annähern, sonst wäre sein Sinn einfach Unsinn.

Und wer nach der Neuverfilmung den Drang verspürt, dem Horror-Haus selbst auf den Leib zu rücken, sei gewarnt. Adresse und Erscheinung des Hauses haben sich verändert, und die 'Amityville Horribles' sind nach wie vor sehr ungebetene Gäste in dem kleinen Städtchen. Verständlicherweise.

THE AMITYVILLE HORROR 2005

Ryan Reynolds, Melissa George, Jesse James, Jimmy Bennett, Chloe Grace Moretz, Philip Baker Hall u.a.

Drehbuch: Scott Kosar, nach dem Buch von Jay Anson und dem Drehbuch von Sandor Stern

Regie:Andrew Douglas; Kamera: Peter Lyons Collister; Filmschnitt: Christian Wagner, Roger Barton; Musik: Steve Jablonsky

USA; MGM; ca. 89 Min.

Ein Film wie ‚Amityville Horror‘ ist sehr schwer zu besprechen. Zum einen folgt er einem Original, das seinen durchschlagenden Erfolg mehr dem Mythos um die Geschehnisse verdankt, als einer wirklich überzeugenden filmischen Arbeit. Zum anderen ist für einen Kinogänger gehobeneren Alters die aktuelle, sinnfreie Situation im Kino schwer verständlich.

Es herrscht Stillstand in Hollywood. Ideen beschränken sich auf das Kopieren, Innovation scheint nicht zu interessieren. Der finanzielle Erfolg und die positiven Zuschauerstimmen für ‚Amityville Horror‘ bestätigen wieder einmal einen Trend, der eigentlich keiner sein dürfte. Geht es um den allseits beliebten Grusel, das Erschrecken des jugendlichen Publikums, treibt die Not den Filmemacher nach Japan. Es bleibt nicht beim kopieren ganzer Filme aus Fernost, sondern verwertet kurzerhand auch deren fragwürdige Stilmittel für ebenso fragwürdige Remakes aus dem amerikanischen Kino. Kurios wird es mit Regisseur Hideo Nakata, dessen Film ‚Ringu‘ äußerst erfolgreich in Amerika neu verfilmt wurde und der jetzt als Regisseur für das Remakes des amerikanischen Horrorfilmes ‚The Entity‘ von Sidney Furie verpflichtet wurde. Diese eher auf Schock und geschichtsfreie Handlungen ausgelegten Filme sind dann auch die Dauerbrenner in den Videotheken. Hin und wieder blitzt auch ein klein wenig Originalität durch das Schaffen fürs Kino und heraus kommen, auch für das anspruchsvollere und ältere Publikum, überraschend innovative Filme. ‚Sixth Sense‘ und ‚The Others‘ waren dafür sehr gute Beispiele. Auffallend ist dabei aber, das auch bei diesen zwei Beispielen der Reiz beim ersten mal liegt und wenig Potential für ein drittes, oder viertes Ansehen haben. Michael Bay macht in erster Linie Filme, als Produzent und Regisseur, die ein jugendliches Publikum ansprechen sollen und dieses auch tun. Es geht eben in erster Linie ums Geld. Die Neuauflage von ‚Texas Chainsaw Massacre‘ war vordergründig das Anliegen, dem Publikum einen Stoff nahe zu bringen, für das es Jahre zu jung ist, um diesen im Kino gesehen zu haben. Tatsächlich ist es aber die Ratlosigkeit, mit der Produzenten in Amerika seit in paar Jahren kämpfen. Es fehlt an wirklich kreativen Köpfen, und findet man sie doch, dann sind sie einfach keine Garanten für hohe Einspielergebnisse. Ein Remake bringt drei Vorteile: Man hat bereits eine Geschichte, negative wie positive Reaktionen sind der einträglichste Werbeeffekt und spricht automatisch auch die Liebhaber des Originales an, wenn auch diese zum größten Teil sehr unzufrieden zurück bleiben.

So verwundert es nicht, das sich die Einstiegssequenz von ‚Amityville‘ kaum von der des ‚Texas Chainsaw Massacre‘ unterscheidet. Clip artige Stakkato-Schnitte und überproportionierte Tonkollagen. Und die geben nur einen kleinen Vorgeschmack auf das, was in ‚Amityville Horror‘ kommen soll. Dazu ist auffallend, das im Laufe des Filmes die meisten Schockeffekte das Publikum aus dem Sessel springen lassen, anstatt die Familie Lutz als Hauptprotagonisten in Angst und Schrecken zu versetzen. Es geht bei weitem nicht mehr darum, den Zuschauer für die Lutzens zu interessieren, sondern den Terror direkt am Publikum auszuüben. Wird das Böse gerade einmal in einer Sequenz am hellichten Tage aktiv, kann man sich sofort bei Einbruch der Dunkelheit die Hände vor das Gesicht halten, oder den Blick starr auf das oberste Eck der Leinwand richten. Unerschütterlich huschen Schatten durch den Hintergrund, manifestieren sich Geister und kreischt dazu ein hysterischer Soundtrack bei vollem Ausschlag. Wohl dosiert gibt es nicht. Ein Effekt wird an den anderen gereiht und damit jeder Ansatz tiefer gehender Ängste schon im Ansatz erstickt. Selbst eine Szene mit dem Babysitter, die einen wirklich in Angst versetzt und nicht nur unter Spannung hält, wird letztendlich mit krachenden Zwischenschnitten aus der Vergangenheit zunichte gemacht. Subtilere Zwischentöne werden gar nicht erst erlaubt.

Man muss einfach akzeptieren, dass dies die neue Generation von Horrorfilmen ist, die dem Trend der Oberflächlichkeit folgt. Natürlich sind Vergleiche mit der Erstverfilmung immer eine heikle Sache und nicht immer gerechtfertigt, aber man muss sagen, das Stuart Rosenbergs Film von 1979 wenigstens einen kontinuierlichen Spannungsaufbau besaß, der die Charakteren, ihre Handlungen und Beweggründe, sowie den Alptraum der ‚letzten Nacht‘ greifbar machte. Und dazu sehr geschickt den Anspruch machte. Und dazu sehr geschickt den Anspruch ‚einer wahren Geschichte‘ zu nutzen wußte. Michael Bays Verfilmung hingegen ist eine Frechheit im Umgang mit dieser im Auge des Betrachters belassenen Aussage von ‚wirklichen Begebenheiten‘. Trotz aller Beteuerungen von Fans in aller Welt, dieser Film würde dem Bestseller Buch weitaus mehr gerecht, ist dem überhaupt nicht so. Selbst wenn es sich um einen Horrorfilm handelt, fehlt ihm jeder Aspekt von Plausibilität und nimmt keine Rücksicht auf die Ereignisse, wie sie wirklich geschehen sein sollen. Und das ist eigentlich das Schlimmste an einem Film dem ohnehin jede Art von Originalität abgeht.

bandit

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Angel Eyes:

Darsteller: Jennifer Lopez, Jim Caviezel, Sonia Braga, Terrence Howard, Jeremy Sisto, Victor Argo, Monet Mazur, Shirley Knight, Daniel Magder u.a.

Regie: Luis Mandoki; Drehbuch: Gerald DiPego; Kamera: Piotr Sobocinski; Filmachnitt: Jerry Greenberg; Musik: Marco Beltrami

USA / 2001 ; circa 104 Minuten

Vielleicht wollte Luis Mandoki nach seinem bittersüßen und unsäglich schwülstigen 'Message in a Bottle' einfach etwas tun, das dem Publikum besser behagen würde. Und erneut mit Drehbuchautor Gerald DiPego schickte sich Mandoki an, die Herzenswelt der Zuschauer zu erobern. Aber selbst mit der Härte von Jennifer Lopez als Polizistin und dem schaurig traurigen Jim Caviezel als geheimnisumwobenen Mann des Herzens kann Mandoki nicht mehr anfangen, als herkömmlichen Einheitsbrei.

Als Chicagoer Streifenpolizistin Sharon Pogue macht Jennifer Lopez eine eigentlich akzebtable Figur, man spürt ihre Bemühungen, der harten und bisweilen vom Leben enttäuschten Frau greifbare Natürlichkeit einzuhauchen. Doch der Fluch der Schönheit holt die Lopez hier ein. Wenn sie die harten Jungs verfolgt, festnimmt, oder sich mit diesen prügelt, sieht sie einfach zu gut aus, man vermisst diesen gewissen Grad des Abgeklärten und die Härte in ihrem Gesicht, das jeden weibliche Cop, gerade in Chicago eigen wird. Wesentlich besser kommt Jim Caviezel als mysteriöser Catch weg. Sollte es einen Preis für den traurigsten Blick geben, wäre Caviezel Gewinner für die nächsten fünf Jahre. Wer der geheimnisvolle Fremde ist, der plötzlich in Sharons Job verliebtes Leben tritt, wird dem Zuschauer umgehend klar, auch wenn der Regisseur zwanghaft versucht ein großartiges Mysterium daraus zu machen. Nur langsam nähern sich die zwei einsamen Herzen einander an. Aber anstatt mit geschickten Drehbucheinfällen, konfrontiert Mandoki sein Publikum mit purem Weglassen von Informationen dem Charakter des Catch als etwas überirdisches.

Kein Zweifel, das die Inszenierung darauf abzielt, als spannend zu halten, was auch bis zu einem gewissen Grad funktioniert. Aber dann kann Sharon nach und nach das Geheimnis um Catch lösen und alles was Drehbuch und Regie aufgebaut haben zerfällt dabei mehr und mehr zu einem enttäuschenden Gewirr von allzu bekannten Klischees. Der Versuch die Romanze mit dem harten Cop-Film zu kreuzen und dabei noch Übersinnliches mit ein zu bauen, schlägt gründlich fehl, weil anstatt die Genres ineinander zu verweben alles sehr episodenhaft und dabei unverträglich zusammen geschustert wurde. Eine Nebenhandlung um Sharons Familie kommt dabei mit sehr viel Zeit mehr als versöhnlich weg, was dem Thema überhaupt nicht entsprechen dürfte. Lopez und Caviezel können ihre Leinwandzeit zusammen mit einigen sehr schönen Szenen ausfüllen und offenbaren dabei ebenso leichtfertig, das dies überhaupt nicht das richtige Buch und schon gar nicht der richtige Regisseur ist, um beider Darsteller Potential erfolgreich zu nutzen und ihr Talent einfach verschenkt wurde. 'Angel Eyes' ist gerade was für einen Videoabend an sehr, sehr kalten Wintertagen, wenn auch Weihnachtssterne basteln mehr Spaß bereitet.

 

An jedem verdammten Sonntag:

ANY GIVEN SUNDAY

Darsteller: AL PACINO, JAMIE FOXX, CAMERON DIAZ, DENNIS QUAID, LL COOL J, ANN-MARGRET, JAMES WOODS, MATTHEW MODINE, ELIZABETH BERKLEY u.a.

Musik-Supervisor: BUDD CARR; Drehbuch: JOHN LOGAN, OLIVER STONE; Story: JOHN LOGAN, DANIEL PYNE; Kamera: SALVATORE TOTINO; Filmschnitt: TOM NORDBERG, KEITH SALMON, STUART WAKS, STUART LEVY; Regie: OLIVER STONE;

USA , circa 150 Minuten

Das Spiel als donnernde Parabel für das Leben. Das zelebrieren der Gemeinschaft im Mantel eines wöchentlichen Rituals. Oliver Stone meldet sich, nach einem eher konventionellen ‚U-Turn', im Windschatten seiner ‚Natural Born Killers' zurück. Aber es scheint, als ob der Weltverbesser und Klugscheißer mit dem Trauma der 60er Jahre, jene penetrante Konsequenz hinter sich lassen konnte, mit der er immer wieder versuchte in den Wunden des nationalen Bewußtseins herum zu bohren. Stone hat hier scheinbar seinen ersten Liebesfilm inszeniert und mit diesem, auch jenes nationale Bewusstsein wieder festigen zu wollen.

Ein abgehalfterter Trainer (Pacino); ein aufstrebender, aber rebellischer Jungathlet (Foxx); der altersschwache Champion von einst (Quaid); eine hitzig kalkulierende und diskutierende Besitzerin (Diaz); der korrupt, eingeschworene Sportarzt (Woods); die besessene Sportler-Frau (Holly). Sie tummeln sich alle in einem 150 minütigen Feuerwerk, das letztendlich durch eine einsilbige Handlung gehalten wird, welche nicht geradliniger erzählt werden könnte. Doch Regisseur Stone hat einen Auftrag und dieser Auftrag ist spürbar, augenmerklich und fesselnd in Szene gesetzt. Ruhige Kameraeinstellungen sind äußerst selten. Ein ununterbrochener Klang- und Musikteppich legt sich begleitend und konträr über die Bilder. Handlung, wie Aussage sind einfach und doch greifend. Freundschaft, Teamgeist, Siegeswille und die Treue zu sich selbst. Bei allen anderen hätte es Kitsch sein können, bei allen anderen wäre das Thema unberührend abgesoffen. Ob Vietnam, Salvator, oder die Medien. Stone bleibt thematisch immer ein Besessener, einer der sich auskennt, einer der Unterricht erteilt und erteilen kann, weil er weiß wovon er spricht. Mit der selben Intensität rauscht Stone durch die Höhen und Tiefen eines sich selbst auffressenden Geschäftes, eines Geschäftes das sich in seiner eigenen Spirale bis zur Ohnmächtigkeit steigert. Der Sport ist längst tot, auch wenn er gepredigt wird. Die Geschäfte sind Hauptsache, auch wenn sie nebensächlich erscheinen.

Stone will nicht belehren, er kann nicht belehren, weil er Football zu sehr liebt. Aber er kennt auch das Geschäft drum herum und so kann er seine Liebe ausdrücken und dabei elegant, zynisch und brutal dessen Schattenseiten aufdecken. Zynismus ist des Filmes tragendes Element und wird gehalten von seinem eiskalten, wie ehrlichen Ton. Und darin liegt das Packende, das Griffige an dieser authentischsten aller Fabeln. Es wird sich selbst nichts vorgemacht und erst recht nicht dem Zuschauer. Eben jene Liebe zu den modernen Gladiatorenspielen wird konkreter und ehrlicher im Einbezug jener Dinge, die keiner bereitwillig zugeben würde.

Und niemand sollte glauben, das Stone nicht ein weitsichtiger Mensch seiner Anliegen wäre. Keiner bracht sich Gedanken um Regeln, Kniffe und Besonderheiten des geheiligten aller amerikanischen Spiele zu machen. In Trainer-Reaktionen, Zuschauerreaktionen, rasanten Zwischenschnitten wird jeder Spielzug und dessen Ausgang dem Publikum vermittelt. Das Mitfiebern auf einer zweiten Ebene. Und selbst Zweitligisten wie LL Cool J, oder Jamie Foxx sprühen vor energiegeladenem Realismus. Profiblondchen Cameron Diaz zeigt hier eine ihrer außergewöhnlichsten Wandlungen, der man die berechnende Managerin, trotz ihres quirligen Girlie Images, ohne den geringsten Zweifel abkauft. Das die Profis Pacino, Quaid und Woods nicht einfach nur gut sind, bleibt selbstredend, sie bestätigen ihren Profi-Status.

Wie eigentlich selten bei einem Stone-Filme, zeigt sich 'Any Given Sunday' bei seiner Thematik vielschichtiger und die Offensichtlichkeit verschwindet zwischen den Zeilen, sprich Schnitten und Dialogen. Als erster ernst zu nehmender Film seit 'The Longest Yard', der sich mit American Football auseinandersetzt, vollbringt er eine wirkliche Beziehung zwischen dem Spiel und dem Zuschauer aufzubauen. Nur ein wesentlich ruhigerer und poetischerer 'Field Of Dreams' konnte bisher jene liebevolle Beziehung zu einer Sportart auch für Nicht-Fans auf seine Art plausibel machen. Aber Stone's Orientierung bleibt unauffällig und somit unvorbelastet. Zurück zum nationalen Bewußtsein, zurück zum Ursprünglichen, reflektiert der Bestandteil des Sportes vom Alltagsleben die ideellen Werte des Lebens schlechthin. Man muß kein Freund des Ausnahmeregisseures sein, um dessen geniale Verknüpfung von einfacher Struktur und komplexer Thematik als äußerst geglückt zu bezeichnen.

 

 

 

Der Anschlag:

THE SUM OF ALL FEARS

Darsteller: Ben Affleck, Morgan Freeman, Liev Schreiber, Bridget Moynahan, Colm Feore, James Cromwell, Ciaran Hinds, Philip Baker Hall, Ron Rifkin, Bruce McGill u.a.

Regie: Phil Alden Robinson; Drehbuch: Paul Attanasio, Daniel Pyne; Kamera: John Lindley; Musik: Jerry Goldsmith; Filmschnitt: Neil Travis

USA / 2002 ; circa 118 Minuten

"Die Summe aller Ängste" wird Wirklichkeit in dieser jüngsten Tom Clancy Verfilmung. In nicht nachvollziehbaren Sprüngen, siedelt sich der Film weit in der Vergangenheit an und macht doch einen großen Schritt nach vorne, sowie die Handlung zwischen naiver Weltpolitik und packenden Realismus hin und her pendelt. Zehn Jahre nachdem Robinson mit seiner letzten Regiearbeit die 'Sneakers' einer eher amüsanten Variante von Spionagearbeit aussetzte, wagt er sich auf unsicheren Grund mit dem was dieser Tage die Welt tatsächlich in Atem hält. Der Film war als unterhaltsames Thriller-Abenteur geplant und umgesetzt, bis der 11. September diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung machte. Nun muss sich dieser 'Anschlag' mit der bitteren Realität messen lassen und dabei schneidet er in vielen Sequenzen grandios ab. Doch oftmals wird das Angst einflössende Szenarion mit billigen Handlungsabläufen aufgefüllt, die vielleicht ihre reale Rechtfertigung besitzen, aber für einen Thriller dieses Ausmaßes doch kindlich wirken.

Nachdem unter Skepsis des Publikums auf einmal Harrison Ford 1992 die Rolle von Jack Ryan aus Alec Baldwins Darstellung übernahm, hat sich die Figur im gesetzteren Alter mit dem Hang zur ängstlichen Zurückhaltung bei Kritikern, wie beim Publikum etabliert. Die Kinowelt hatte einen verletzlichen Helden, ohne die üblichen jugendlichen, draufgängerischen Anleihen. Die Entscheidung Ford mit dem Strahlemann Ben Affleck zu ersetzen erscheint dabei kurios und als Widerspruch zu der bisher vierteiligen Jack Ryan Serie. Dieser Ryan ist auf einmal unverheiratet und steht am Anfang einer Beziehung zu dem Charakter, den Der Zuschauer längst als Ryans Frau Cathy mit Anne Archer besetzt, kennen gelernt hat.

Den Auftakt bildet ein brillanter Titelvorspann, der zeigt, wie die Israelis 29 Jahre vor der eigentlichen Geschichte eine Atombombe 'verlieren', mit der sie einen Angriff von Ägypten und Syrien vergelten wollten. Aus den islamischen Terroristen im Buch, wurde eine internationale Verschwörung von Neonazis, die mit dem Kauf der oben genannten Bombe endlich die beiden Supermächte Amerika und Russland gegeneinander ausspielen möchten. Jack Ryan (Affleck) ist noch ein für das Weisse Haus unbekannter Analytiker des CIA, der nur durch Zufall mit dem Chef des Geheimdienstes zusammentrifft und von da an unbewußt aber mit all seiner Energie die Geschicke beider Weltmächte in den Händen hält. Die Geschichte ist geradlinig und den Ansprüchen genügend spannend erzählt. Doch filmischer und erzählerischer Höhepunkt ist zweifellos der bewußte 'Anschlag' selbst. Mit hervorragendem Schnitt und einem atemberaubenden Timing explodiert die Bombe schliesslich in einem Stadion während eines Football-Spieles. Phil Alden Robinson verzichtet dabei auf vordergründige Effekte und zeigt die Auswirkung der Explosion lediglich an handlungsbestimmenden Orten. Der brutal, schockierende Realismus des Szenerios der sich daraus ergibt erinnert an die ebenso brutale wirkende Sequenz des zweiten Jack Ryan Filmes 'Patriot Games', wo das Eleminieren eines Terroristen Campes nur über Monitor mit Bildern eines Überwachungssatelliten zu sehen war. Ein derartiger Handlungsablauf ist nachfolgend schwer zu überbieten und Regisseur Robinson tut sich trotz raffinierter Inszenierung schwer, die Aufmerksamkeit des Zuschauers darüber hinaus weiter zu führen.

Obwohl Ben Affleck zweifellos seine bisher erwachsenste, weil unaufdringlichste Rolle spielt, schafft er es kaum die vorgegebene Charakterisierung von Baldwin und Ford auszufüllen. Sein dennoch jugendlicher Charm kann lediglich ein jüngeres Publikum erreichen. Verschwunden ist das gereifte und ehrlichere Auftreten eines realistischer Charakters. Bridget Moynahan als noch unverheiratete Frau an Ryans Seite ist aufgesetzt und im Grunde überflüssig, der Schauspielerin hat man mit diesem Drehbuch keinen Gefallen getan. Morgan Freeman und James Cromwell können sich dank ihrer langjährigen Professionalität mit nuancenreichen Darstellungen profilieren. Für die Veteranen McGill, Baker Hall und Rifkin gibt es leider viel zu weing zu tun, während Ciaran Hinds als undruchschaubarer russischer Präsident sehr viel Glaubwürdigkeit aufbauen kann.

Zur wohlwollenden Überraschung gerät Jerry Goldsmith' atmosphärischer Soundtrack, der sogar die Stimmung von James Horner's Musik der vorangegangen zwei Teile aufgreift. In weiten Teilen beherrscht Phil Alden Robinson mit einer professionell konzentrierten Regie seinen Film und macht ihn zu einem packenden, wenn auch in vielen Teilen nur routinierten Thriller, aber das ist eher dem unausgeglichenen Drehbuch von Attanasio und Pyne zuzuschreiben, welches sich in der Mischung von realem Szenario und handelsüblichen Thriller Elementen verliert. Und dann muß man zwangsläufig die Frage stellen, ob 'Der Anschlag' beim Zuschauer die emotionale Wirkung erzielt hätte, wäre nicht jener schicksalshafte Tag in New York gewesen.

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Antwone Fisher:

Darsteller: Derek Luke, Joy Bryant, Denzel Washington, Salli Richardson, Novella Nelson, Earl Billings, Kevin Connolly, Viola Davis u.a.

Regie: Denzel Washington; Drehbuch: Antwone Fisher; Kamera: Philippe Rousselot; Bildschnitt: Conrad Buff; Original-Musik: Mychael Danna

USA / 2002 ; circa 120 Minuten

Antwone Fisher ist im Knast geboren, als seine Mutter einsaß. Sein Vater wurde von einer Geliebten vor Antwones Geburt erschossen. Aufgewachsen bei Pflegeeltern, erlebte er prägende Ungerechtigkeit. Schließlich kam Antwone vom Waisenhaus direkt zur Navy. Er ließt gerne, schreibt Gedichte, verliebt sich in ein Mädchen und sein Zorn entlädt sich rasant mit ein paar Schlägen in das Gesicht seines Provokateurs, was immer in Disziplinarverfahren endet.

Antwone Fisher gibt es wirklich und er hat 42 Drehbuch-Entwürfe geschrieben, bis Denzel Washington endlich in diesem leidenschaftlichen Drama sein Regie-Debüt entdeckte. Der Vorzeige-Schwarze und bereits Ikone des Minderheiten-Kinos, macht aber aus seinen Regie-Anfängen kein Rassendrama, sondern läßt diese Problematik soweit wie möglich außer Acht. Antwone Fishers Geschichte, ist keine Geschichte von Diskriminierung, oder Rasse, sondern über einen haltlosen jungen Mann, der nicht einfach nur seinen Weg, sondern auch seine Bestimmung im Leben finden möchte. So tritt ein Psychiater in Antwones Leben, der herausfinden soll, ob dessen unkontrollierte Wutausbrüche nicht abgebaut werden könnten. Der Psychiater ist Jerome Davenport und kämpft selbst mit den Widrigkeiten im Leben, hier speziell in der Ehe. Am Ende, wenn Antwone seine Familie gefunden hat, werden beide Männer Freunde sein, die sich gegenseitig beflügelt und geholfen haben.

Eigentlich hat Denzel Washington nichts Besonderes geschaffen mit seinem Regie-Debüt. Es ist eine wenn auch bewegende, doch geradlinige Erzählung. Anders wie so manche Regie-Anfänger, die sich in experimentellen Eskapaden versuchen, bleibt Washington mit beiden Beinen auf dem Boden und inszeniert, auf seine Darsteller konzentriert, eher konventionell. Dafür muss man ihm aber zugute halten, das er nie das Tempo und den Fluss verliert, stets seine Darsteller ins rechte Licht rückt, einschließlich sich selbst, und immer das qualitativ Beste aus seiner Produktion heraus holt.

Antwone Fisher ist als Geschichte, wie als Film leider schon allzu oft erzählt worden, in der einen, oder anderen Form. Am stärksten entsteht der Eindruck, Antwone Fisher hätte sich ganz offensichtlich bei 'Good Will Hunting' bedient. Und da kommt man zu dem Zirkelschluss, Washington hätte vielleicht doch etwas mehr innovativ und experimentell arbeiten sollen, um sich eigenständiger zu präsentieren und stärker von thematisch gleichwertigen Filmen abzusetzen. Darsteller, Regie und technische Arbeiten sind zweifelsfrei erste Klasse. Und doch, es fehlt einfach das Besondere, der Kick, denn Antwone Fishers Geschichte ist eine viel zu dramatische, als das sie sich unbedingt mit Anderen vergleichen müsste.

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Apocalypse Now Redux:

Darsteller: Martin Sheen, Marlon Brando, Robert Duvall, Albert Hall, Sam Bottoms, Frederic Forrest, Laurence Fishburne, Dennis Hopper, Aurore Clement, Christian Marquand u.v.v.a.

Regie: Francis Ford Coppola; Drehbuch: John Milius, Francis Ford Coppola; Kamera: Vittorio Storaro; Filmschnitt: Richard Marks , Redux-Fassung: Walter Murch; Musik: Carmine Coppola, Francis Coppola; Produktions Design: Dean Tavoularis

USA / 1979 & 2001 ; circa 202 Minuten

„Machen wir uns nichts vor, das ist eine 30 Millionen Dollar Katastrophe. Ich kann mir gleich eine Kugel in den Kopf jagen.“ Eleanor Coppola hatte diesen Satz unter vielen tausend Sätzen aufgezeichnet, unbemerkt von ihrem Mann Francis, um die Dreharbeiten von ‚Apocalypse Now’ zu dokumentieren. Niemand wusste besser als Eleanor selbst, wie ehrlich und wie ernst Francis’ Aussage zu werten sei. Der ‚Paten’-Onkel hatte nicht einfach nur sein Herzblut für den Kriegsfilm gegeben, sondern tatsächlich seine Seele. Einen Kriegsfilm wollte er machen, einfach nur mit viel Explosionen und noch viel mehr Action. `69 kam die Idee auf, Freund George Lucas wollte produzieren, John Milius hatte das Drehbuch basierend auf Joseph Conrad’s Hearts of Darkness geschrieben. Mit einer 16mm Kamera wollte das minimalistische Filmteam in Vietnam einfallen und mit gewaltigem Actionstoff heraus kommen. Erst acht Jahre später ging Francis Coppola in die Phillipinen, wegen der Similarität zu Vietnams Landschaft. Die United Artists gab ihm 13 Millionen Dollar mit auf den Weg. Auf der legendären Pressekonferenz in Cannes, als Francis seinen Film als ‚in Arbeit befindliches Werk’ vorstellte, betonte er „wir hatten zuviel Gerätschaften, wir hatten zuviel Geld“.

Das sogenannte ‚Work in Progress’, in Cannes uraufgeführt und mit einer goldenen Palme ausgezeichnet, unterschied sich nie von den Filmfassungen die ‚Apocalypse Now’ zu einem Meisterwerk bei Kritikern und Publikum werden ließen. Und es machte sich auch niemand großartig Gedanken darüber. Einige Regisseure und Produzenten in Hollywood besitzen noch heute ein Videoband mit einer 330 Minuten Fassung. Manche behaupten, das Francis Ford Coppola soviel Abstand zu seinem Film brauchte, andere meinen er musste erst Geld auftreiben. Das es 22 Jahre dauerte, um das ‚Work in Progress’ zum Abschluss zu bringen hat wahrscheinlich einen ganz anderen Grund. Francis wollte zeigen, das er es noch drauf hat, das er sein Geld wert war und das Produzenten ihm ruhig sein ehrgeiziges, monumentales Projekt ‚Megalopolis’ finanzieren können.

Zum Teufel mit den Menschen, die so etwas einen ‚Directors Cut’ nennen. Coppola arrangierte seinen Film genau so, wie er 1979 in die Kinos kommen sollte, aber zeitlich nicht schaffte. Mit bloßem Einfügen von 53 Minuten zusätzlichen Materials war es für den Winzer aus Napa-Valley nicht getan. Schon in den furios verstörenden Anfang baut der Regisseur so etwas wie einen Zirkelschluss ein, nimmt vorweg, was vorher eine geradlinige Erzählung war. Mit einem mal, kommt auch Humor in die Geschichte. In vielen kleinen Szenen vertiefen sich zudem die Charakteren der Bootsbesatzung, die Captain Willard den Fluss aufwärts Richtung Kambodscha bringen. Doch die meiste Zeit nehmen zwei Szenen ein, die stimmungsvolle Melancholie verbreiten. Die erste, in der Willard gegen ein paar Liter Sprit Vergnügungsstunden mit den Playmates für seine Männer aushandelt. 1978 zerstörte ein Taifun das gesamten Kulissen. Es war Martin Sheens Idee, Anstelle von Trübsal, den Taifun zu nutzen. Denn Vietnam war auch bekannt für sein zerstörerisches Wetter, warum also nicht auch jetzt drehen. Coppola filmte die Playmate Szene, die dann gerade wegen des Wetters etwas tragikomisches erreicht. Die zweite, große Szene nimmt mit 25 Minuten den größten Raum ein und spielt auf einer französischen Gummi-Plantage. Hier wird endlich auch in einer absurden Szenerie erklärt, was mit Larry Fishburnes Charakter geschieht. Hier verliert sich Coppola allerdings in den letzten fünf Minuten in allzu viel konventioneller Ästhetik und nimmt den Schwung aus der alptraumhaften Odyssee Strom aufwärts. Sogar Marlon Brando darf mit einer aus politische, taktischen Gründen gekürzten Szenen zum Redux beitragen.

Ergab sich der absurd, Trance ähnliche Zustand des Filmes 1979 aus den vielen nicht erklärten Figuren und Handlungen, dringt Coppola paradoxerweise mit den nun ebenso vielen erklärenden Szenen viel Tiefer in sein eigenes ‚Herz der Finsternis’ vor und lässt den Zuschauer wie im Drogenrausch unbarmherzig, aber gefühlvoll hinterher treiben. Coppola verlässt sich nicht einfach auf seine Bilder, ihm war durchaus bewusst, das eine viel größere Kraft vom suggestiven Design der Tonebene ausging. Mit Dolby Digital SR kann der Regisseur noch viel nuancierter das Publikum verführen und verstören und mit allen Möglichkeiten der Technik nutzt er dies auch. Noch heute ist der mit Wagner’s Musik unterlegte Hubschrauber-Angriff die logistisch aufwendigste Action-Sequenz der Filmgeschichte und dazu noch einer der umstrittensten. Coppola vollführte hier am Zuschauer, was den meist minderjährigen Jungs in Vietnam tatsächlich passierte, sie wurden verführt, getäuscht und am Ende missbraucht. Und jetzt schallt der Wallkürenritt in digitalem Sound und jeder Lautsprecher ein anderes Geräusch eines Maschinengewehrs, oder Explosionen, oder eben sterbenden Menschen. Sogar die neue deutsche Synchronisation zeigt erstaunliches, ungewohntes Einfühlungsvermögen. Das deutsche Buch hält sich strikt an der bisherigen Übersetzung, mit allen bekannten Sprechern. Aber es wird weit differenzierter und ehrlicher, sprachliche Klischees vermeidend, gesprochen.

Die Beziehung zwischen Film und Publikum verwischt trotz der nun 202 Minuten Laufzeit weit mehr. Was bei anderen Filmen unmöglich scheint, zelebriert die Redux-Fassung schon genüsslich. Der Sog des Filmes beginnt vom ersten Bild an zu greifen und der Film macht den Eindruck viel schneller dahin zu fließen, als im kürzeren ‚Work in Progress’. ‚A Filmakers Apocalypse’ untertitelte Eleanor Coppola die Dokumentation über ihren Mann und 24 Jahre nach dem ersten Drehtag mag der Regisseur am Ziel seiner Reise angekommen zu sein. Coppola ist in seinem eigenen Lager des verrückt gewordenen Colonel Kurtz angekommen. Mit der endgültigen Fassung hat er diesen Colonel dem Garaus gemacht, wie Martin Sheen im Film. Endlich kann Coppola zurück, und Abstand gewinnen von diesem wilden, aber erfolgreichen Auftrag. Ein sehr erfolgreich abgeschlossener Auftrag.

 

 

 

Arac Attack:

EIGHT LEGGED FREAKS

Darsteller: David Arquette, Kari Wuhrer, Scott Terra, Scarlett Johansson, Doug E. Doug, Rick Overton, Leon Rippy u.a.

Regie: Ellory Elkayem; Drehbuch: Jesse Alexander, Ellroy Elkayem; Kamera: John Bartley; Filmschnitt: David J. Siegel; Musik: John Ottman

USA / 2002 ; circa 99 Minuten

Es gruselt und schockt, krippelt und krappelt in Ellory Elkayem's Hommage an die 50er. In Dean Devlin und Roland Emmerich hat Elkayem gefunden was einen richtigen Produzenten ausmacht. Höher, schneller, weiter muß alles sein und was dereinst mit Spannung erzeugt wurde, sollte heute schon mit Effekten aufgefüllt sein. Und Effekte gibt es reichlich in dieser 'versponnenen' Geschichte um mutierte Spinnen, die eine Kleinstadt in Arizona platt machen. Ganz wie es das Herz begehrte, zumindest damals, ist alles vorhanden. Da hat man David Arquette als Aussenseiter, der sich als Held erweist. Dann ist da Kari Wuhrer als harter Cop und Dame des Herzens. Es gibt den Schwarzen als lustigen Beistand, das Klugscheisser Kind, welches alles schon viel früher ahnt als alle anderen und natürlich der korrupte Bürgermeister, der die Katastrope durch Ignoranz erst auslöst. Ach, und die rebellischen Jugendlichen darf man nicht vergessen, die am Ende doch über sich hinauswachsen. Selbstverständlich kommt noch das Böse in Form der Spinnen daher, die zu hunderten das vollbringen müssen, was 'Tarantula' mit einem einzigen Exemplar vollbrachte.

Der Versuch einer Mischung zwischen Hommage und Persiflage an die Schocker der Vergangenheit mag nie wirklich funktionieren, doch gelingt Regisseur Elkayem ein zitatenreiches Feuerwerk an Nonstop Action und wolligem Horror. So werden die 'Bodysnatcher', oder 'Sixth Sens' zitiert und ein Opfer der Spinnen fällt gegen ein Poster, welches zur Organspende aufruft. Als eigenständiger Film gewinnt dieser mit atemberaubenden Effekten aufgewerteter Grusel. Es stimmt die allseits bekannte Dramaturgie, die Genre übliche Bildauflösung und der Tempo gebende Schnitt. Das Zielpublikum pupertierender Jugendlicher wird durchweg begeistert sein und selbst unter den eingefleischten Genre-Fans älteren Seins werden die Spinnen viele Freunde finden. Denn wenn sich die überdimensionierte Tarantel erst einmal ins Bild drückt, dann krallen sich die Finger schon etwas tiefer in die Armlehne. Das nennt man eben B-Picture, aber der absoluten A-Klasse.

 

 

Atlantis: Geheimnis einer verlorenen Stadt:

ATLANTIS: THE LOST EMPIRE

Sprecher: Milo Thatch = Michael J. Fox / Stephan Kampwirth; Prinzessin Kida = Cree Summer / Maria Schrader; Commander Rourke = James Garner / Reiner Schöne; König = Leonard Nimoy / Hans Teuscher; Vinny Santorini = Don Novello / Udo Wachtveitl; Helga Sinclair = Claudia Christian / Franziska Pigulla u.a.

Regie: Gary Trousdale, Kirk Wise; Drehbuch: Tab Murphy nach der Story von Trousdale & Wise, Joss Whedon, Bryce & Jackie Zabel, Murphy; Filmschnitt: Ellen Keneshea; Musik: James Newton Howard; Art Director: David Goetz

USA / 2001 ; circa 95 Minuten

Wenn man versucht etwas genauer darüber nach zu denken, dann mutet es in der Tat äußerst seltsam an, das die Mickey Mäuse eine derart lange Zeit gebraucht haben, sich des Themas Atlantis an zu nehmen. Dabei liegt es doch auf der Hand. Sagenumwoben, geheimnisvoll, mit der Kraft der Phantasie ein unerschöpflicher Pot an Möglichkeiten. Atlantis, Legende oder Wirklichkeit. Ach, man möchte so gerne daran glauben, schon allein um fest zu stellen, was denn wirklich das Besondere an Atlantis gewesen wäre. Was die Truppe aus Entenhausen damit angestellt hat, ist weniger mystisch, auch wenn sie es versuchen, und noch weniger inspiriert, auch wenn sie es so erscheinen lassen möchten.

Milo Thatch ist jener legendäre Brillenträger, der in seinem Leben nichts erreicht hat, aber voller Träume und Spinnereien steckt. Der Vorzeige-Loser, der sich am Ende beweisen kann. Gesprochen wird dieser Milo, der in den Gewölben eines amerikanischen Museums seiner Phantasie nachhängen darf, ansonsten aber für den Heizkessel zuständig ist, von Michael J. Fox, oder im deutschen Stephan Kampwirth. Dies macht Milo zu einer Figur die wesentlich mehr Stimme, als Charakter ist. Versucht sich die Zeichentrick-Abteilung von Disney im etwas neuen Gewand, tut sich in der Vertonung sehr wenig. Was sich sehr schön anhört, unbestreitbar, kämpft wie immer gegen die Bilder, oft wiederspricht sich beides, aber oft auch wiederholt das Visuelle schlichtweg die Audiospur.

Der trottelige Theoretiker mit erstaunlichem Körperbau kommt doch noch zu seinem Glück und darf eine Expedition begleiten, welche Atlantis, das verschollene Reich ausfindig machen möchte. Milo beherrscht nämlich Sprache und Schrift der Atlanter, braucht dazu immer sein Übersetzungsbuch und wäre damit ohne weiteres ersetzbar, aber schließlich geht es nicht um Logik. Das lustige Unternehmen ist ein bunter Haufen aller ethnischen Minderheiten. Der Sprengstoff-Italiener Vinny und die putzige Mechanikerin Audrey aus Mexiko kommen dabei am besten weg. Der Film lässt aber, wie immer bei Disneys Zeichentrick-Abenteuern, keinen Zweifel daran, wer der Held sein muss. Es ist der zarte, unberührte Weiße, der reinen Herzens die Dinge in die Hand nehmen kann.

Trotz der unerschöpflichen Möglichkeiten dank Zeichentrick, ist das U-Boot, mit dem es auf die Reise geht ein trauriger Abklatsch des Disney Filmes und wirklichem Klassiker ‚20.000 Meilen unter dem Meer’. Überhaupt gibt natürlich Jules Verne eine starke Prise hinzu und abgeschmeckt wird nur mit ‚Indiana Jones’. Ein Großteil der Expedition wird durch einen Leviathan getötet, bevor die letzte handvoll unerschrockener Wagemutiger über eine Luftblasse in einer Unterwasserhöhle das wundervolle Atlantis erreichen. Das Königreich liegt in den letzten Zügen, gesteht Prinzessin Kida den Neuankömmlingen und wirft dabei sofort ein Auge auf den jungfräulichen Milo. Was für ein Glück. Aus unerfindlichen Gründen, es geht ja noch immer nicht um Logik, haben die Atlanter das lesen ihrer eigenen Sprache verlernt. Macht nichts, Milo kann es doch. In der Zwischenzeit entpuppen sich die Expeditionsmitglieder um Commander Rourke als räuberisches Diebesgesindel, das nur den für Atlantis lebenswichtigen Kristall stehlen möchte, welchen Milo zur selben Zeit versucht zu reaktivieren, damit es mit der Sagenwelt weiter gehen kann.

Gestorben wird sehr viel in diesem neuesten Streich. Ungewöhnlich dunkel ist die Atmosphäre bisweilen. Disney hat sich zweifellos Gedanken darüber gemacht, was Kinder denn so sehen möchten, allerdings mit falschen Resultaten. Manche der Charakteren, aber wirklich nur manche, sind sogar etwas undurchsichtig, geheimnisvoll. In Deutschland stört sich Buena Vista um gar nichts und lässt ‚Atlantis’ mit einer Altersfreigabe von 6 Jahren auf den Markt los. Da werden Eltern aber einiges zu erklären haben, so im Nachhinein, wenn ihre kleinen Schätze etwas verstört auf die dargestellte Gewalt und dunkle Atmosphäre reagieren. In Amerika ist es der erste Disney Zeichentrick, der keine generelle Freigabe bekam. Fragwürdig ist nur inwieweit einer zwölfjährigen Person an dieser Art der Unterhaltung gelegen ist. Was eigenartigerweise mit den Computer-Spektakeln von ‚Toy Story’ bis hin zu ‚Monster Inc.’ ohne weiteres gelingt, lässt sich einfach nicht auf die klassischen Zeichentrickstoffe übertragen. Das ausgewogene Zusammenspiel kindlicher Anreize und erwachsenen Anspruches, welches harmonisch alle Altersgruppen zusammenbringt. Und dies, obwohl es lediglich eine Sache des Drehbuches ist.

Überhaupt ist der klassische Stil der Animation zu einem unbestimmten Mix verkommen, das sich von den weichen Linien des ‚Glöckner von Notre Dame’ bis zu den kantigen Schärfen des ‚Emperors New Groove’ im Nirgendwo befindet. Am auffälligsten ist dabei die überraschende Einfallslosigkeit der künstlerischen Abteilung um David Goetz. Weder die Unterwassersequenzen, noch das unterirdische Inselreich Atlantis bergen visuelle Höhepunkte. Selbst die mystische Reaktivierung des Lebenskristalls hat eher kindlichen Charakter als überwältigende Disney Phantasie. Da macht selbst das im Maus-Haus selten verwendete Cinemascope mit seinen großartigen Möglichkeiten wenig wett. Dafür gleicht James Newton Howards Musik wieder einiges aus, der das Orchester anschwellen lässt, als müsste man den Zuschauer wiederbeleben. Eigentlich wäre der Soundtrack um einiges übertrieben, tatsächlich entschädigt er aber für einiges, was den Augen vorenthalten wird. Und das ist in erster Linie etwas Neues, etwas Inspiratives, es fehlt offensichtlich die Leidenschaft zu einem eigentlich ebenso leidenschaftlichen Thema. Denn Atlantis ist nicht einfach nur der dankbare Action-Abenteuer-Stoff, Atlantis ist all das, was die Macher vergessen haben im Film unter zu bringen. Und das, obwohl die Maus mit jedem neuen Jahr ein sogenanntes Meisterwerk auf den Markt wirft und soviel Zeit für das Thema Atlantis gegeben war.

 


 

Auto Focus

Darsteller: Greg Kinnear, Rita Wilson, Willem DaFoe, Maria Bello, Ron Leibman, Kurt Fuller, Ed Begley Jr. u.a.

Regie: Paul Schrader; Drehbuch: Michael Gerbosi nach dem Buch von Robert Graysmith; Kamera: Fred Murphy; Bildschnitt: Kristina Boden; Original-Musik: Angelo Badalamenti

USA / 2002 ; circa 150 Minuten

In Paul Schraders 'Ein Mann für gewissen Stunden' stellt Lauren Hutton nach einer romantischen Nacht Richard Gere die Frage, woher er komme. Seine Antwort war, "genau hier aus diesem Bett". Mit einem einzigen Satz hat Schrader seiner Figur so viel unbändige Tiefe verliehen, welche den 'American Gigolo' aus der Kinowelt nicht mehr weg denken lässt.

Vielleicht hätte Schrader das Drehbuch zu 'Auto Focus' selbst schreiben sollen. Einiger Erklärungsnotstand hätte sich vermeiden lassen. In gewisser Weise sind die Figuren überzeugend, sei es der in fast jeder Szene zu sehende Kinnear, oder DaFoe, Wilson, Bello, und Leibman. Aber sie überzeugen nur bis zu einem gewissen Grad. Wo es mehr in die Tiefe gehen sollte, bleibt der Zuschauer außen vor. Was trieb den erfolgreichen Ex-DJ und Fernsehstar Bob Crane vom Familienmensch und Kirchengänger zum gnaden- und rücksichtslosen Pornographen? Der Film zeigt viel, vergeht sich sich in ungehaltenen Zeitkolorit, bleibt aber ohne Antwort auf das eigentliche Wesen, die inneren Dämonen, welche Bob Crane und seinen Kumpel John Carpenter (DaFoe) in die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Aufriss und endlosen Sex katapultierte.

Fred Murphys Kamera wechselt nach und nach von den grell bunten 'Rockwell' Bildern zur verwaschenen Handkamera. Ein Stilmittel, das höchstens aufzeigt, was aus dem Film hätte werden können und den Zuschauer in seinen Empfindungen beeinflusst, aber keineswegs die Figuren tiefer zu beleuchten vermag. 'Auto Focus' ist ein exzellent nachgestelltes Zeitstück, es funktioniert, macht neugierig und brilliert in allen technischen Ebenen. Leider wird der Film aber den eigenen Ansprüchen nicht gerecht und zeigt lediglich einen Bob Crane wie man ihn vielleicht aus der Presse bereits kennt und lässt andere Figuren, wie seine beiden Ehefrauen, vollkommen im Hintergrund. Paul Schrader kann wesentlich besser, er kann härter und zynischer. Vor allem kann Schrader auch viel ehrlicher. Und so ist es sehr schade, dass er sich nicht selbst noch einmal an die Schreibmaschine gesetzt hat. Es wäre vielleicht auch dem Menschen Bob Crane gerechter geworden, als der jetzige Film mit der Oberflächlichkeit der Boulevard-Presse.

 


 

Aufgelegt:

HANGING UP

Darsteller: MEG RYAN, DIANE KEATON, LISA KODROW, WALTER MATTHAU, ADAM ARKIN, CLORIS LEACHMAN u.a.; Musik: DAVID HIRSCHFELDER; Drehbuch: DELIA & NORA EPHRON; Regie: DIANE KEATON; 93 Minuten

Handlungsteile werden umrissen! Auch die Auflösung!

Die leichten Themen, die angenehmen Ding, denen sich die Ephron Schwestern immer verschreiben. Mit ihren braven und doch treffenden Komödien, sei es 'Schlaflos in Seattle', 'Michael', 'Mixed Nuts', oder 'You've got mail', hatten sie den Humor nie an der Schwelle zu kalauernden Geschmacklosigkeiten, dafür ihre geschliffenen Dialoge immer am Puls der Zeit, mit einem verliebten Seitenblick auf eigene Genre. Und wenn sich Meg Ryan in einem dritten Ephron-Outing die Ehre gibt, dann guckt man gleich zweimal und nicht nur wegen ihres ungeheuren Liebreizes (diese Wort würde in einem ihrer Drehbuch zu einem frenetischen Dialog über alte Werte enden). Was die aufdringliche Werbekampagne verspricht, eine aufgefrischte Version des 'First Wives Club', löst sich in einem diffusen Wirr-Warr scheinbar unzusammenhängender Szenen.

Noch in die erste halbe Stunde hinein glaubt man sich mittendrin in einer überdrehten Yuppie-Komödie, allerdings ohne großen Witz, in der chaotische Telefonate zwischen den drei Schwestern (Ryan, Keaton, Kudrow) endlos die Szenerie überfrachten. Schließlich kristallisiert sich ein Handlung, um den altersschwachen, senilen und oft vergeßlichen Vater (Matthau) heraus, der in ein Pflegeheim gebracht werden muß, und dort wahrscheinlich auch nur noch wenige Tage zu leben hat. Was den Charme anderer Ephron-Bücher ausmachte, manifestiert sich in einem einzelnen Handlungsstrang, in der durch die gesamten 95 Minuten Ryan versucht sich an den Namen einer Schauspielerin aus den 50er Jahren zu erinnern. Ansonsten bleibt die Situationskomik seltsam humorlos und es fehlen merklich die wohldurchdachten, präzisen Dialoge, die sonst soviel Hintersinn versprachen und dennoch die Kinos zum begeisterten Lachen brachten.

Keaton Regie bleibt durchweg sprunghaft und schafft es selten, eigentlich nie, den Szenen untereinander Halt zu geben. Der Humor läßt denselben vermissen und die dramatischen Sequenzen bieten nicht genügend emotionalen Zündstoff. Erschwert wird von der Drehbuchseite die fehlenden Gedanken zum familiären Hintergrund, der oft angesprochen, auch gezeigt wird, was aber die Schwestern letztendlich vereint bleibt ziemlich unklar, weil nie bewußt gemacht wird, was sie überhaupt auseinander brachte. Dabei wird Ryans Talent vollkommen unterfordert, die trotz der mißverständlichen Werbung die zentrale Rolle inne hat und mit einem Charakter konfrontiert wird, den sie im Schlaf beherrscht. Einzig Walter Matthau in seinem Part des schwierigen, aber kauzigen Greises überzeugt mit virtuoser Spielfreude. 'Hanging up' ist eher nette Unterhaltung, leider aber niemals eine überzeugende Komödie und kein zu Herzen gehendes Drama.

 


 

Aus Liebe zum Spiel:

FOR LOVE OF THE GAME

Darsteller: KEVIN COSTNER, KELLY PRESTON, JOHN C. REILLY, JENA MALONE, BRIAN COX; Drehbuch: DANA STEVENS; Kamera: JOHN BAILEY; Musik: BASIL POLDOURIS; Regie: SAM RAIMI;

Der Handlungsablauf wird nur grob angerissen:

Die Formel mit der Trilogie scheint nicht auf zu gehen, viel zu angestrengt schielt Kevin Costner auf die Erfolge von 'Bull Durham' und 'Field of Dreams', um der Liebe zum Spiel und dem Stellenwert dieser uramerikanischen Institution etwas neues ab gewinnen zu können. Und Horror-Künstler Sam Raimi versucht verzweifelt mit atemberaubenden Aufnahmen und permanenter Ausflüchten keinerlei Vergleiche aufkommen zu lassen. Aber Costner ist eben mit Baseball bekannt geworden (Field of Dreams) und hat sich Kritik-Lorbeeren mit Baseball errungen (Bull Durham). Raimi und besonders sein Hauptdarsteller sind der Gnade des Publikums ausgeliefert, wenn nach den wirklich gnadenlos, erbärmlichen Flops von 'Perfect World' bis 'Message in a Bottle', All-Americas Kevin Costner wieder einen erfolgreichen Film haben sollte.

Dabei zählt Costners stoisch in sich gekehrter Charakter zu seinen interessantesten Darstellungen seit langem, weil Regisseur Raimi schon immer das Gespür für seine Schauspieler hatte. In jeder Einstellung kann er das Maximum des minimalistischen Ausdrucks heraus holen. Ob einsam, versoffen in seinem Hotelzimmer, oder von Selbstzweifeln geplagt, aber auch mit Kampfgeist geprägt auf der Werfer-Base im Spielfeld vollbringt Costner die riskante aber geglückte Gradwanderung des Kindköpfigen Anti-Helden aus 'Tin Cup' (diesmal ist es Golf), zum glaubwürdig in die Krise geratenen Sportlers. Kelly Preston von Aussehen und Charisma ein sehr guter Gegenpart als Jane Aubry, die eigentlich angehende Frau Billy Chapels (Costner). Doch vor einem alles entscheidenden Spiel teilt sie ihm mit, das er sie gar nicht brauchen würde und sie deshalb entschlossen hat, ihn zu verlassen, um ihr eigenes Leben voran zu treiben.

Preston gelingt es dabei, die Sympathien des Publikums gleichwertig zu verteilen, da sie in jeder Szene ihren inneren Kampf unaufdringlich, aber wirksam darstellen kann. Das Stück entwickelt sich nicht zu einem Schuld und Sühne Spektakel für Taschentuch-Zuschauer. Der Film legt sorgfältig und manchmal erstaunlich behutsam die Eckpfeiler jener zum scheitern verurteilten Beziehung auf, um dann wieder klar zu stellen, das es sich um zwei im Grunde gewöhnliche Menschen handelt, die nicht versagen, aber ihre Schwierigkeiten in Beziehungen haben.

Aber da ist noch Baseball und Billy Chapel hat eben in der Länge jenes Spieles Zeit, sich über seine Liebe bewußt zu werden. Und so sehr es Raimi überraschenderweise gelingt eine zu Herzen gehende Liebesgeschichte zu erzählen, vergißt er schlichtweg, das Baseball eine Sportart ist die sich auf das nordamerikanischen Territorium beschränkt. Selbstvergessen spielt das Drehbuch mit Regeln und Spannungselementen, die in den restlichen 90 Prozent der Welt nicht verstanden werden können. Was 'Field of Dreams' und 'Bull Durham', genauso wie eben 'Tin Cup', so erfrischend für das Publikum überall auf der Welt machte, war das grazile Umgehen vom Verständnis der Regeln und die reine Konzentration auf die 'Liebe zum Spiel' ansich. So ist 'For Love of the Game' absolut Amerikanisch und absolutes Hollywood-Kino, nur das Ersteres das Zweite im amerikanischen Ausland durch seine Inszenierung aufhebt. Das ist um so trauriger, weil die Sequenzen im Stadion während des Spieles mit so viel Energie und perfekter Spannung in Szene gesetzt sind, das es wie eine grandiose Verschwendung wirkt. Hier macht Raimi seinem Namen als visionärer Regisseur alle Ehre. Die kreisende und fahrende Kamera, die fliegenden Ball-Perspektiven und das überfüllte Stadion, dann wieder außerhalb die feinfühlige Intimität zwischen den Protagonisten. Es hätte ein so schöner Liebesfilm mit Sporteinlagen sein können, oder ein Sportfilm mit funktionierenden Liebesgeschichte, wie man es eben sehen möchte. Hätte sein können. Costners und Prestons Darstellungen sind fast makellos, den Rest muß man eben versuchen zu verstehen, oder zu ignorieren, wenn man sich auf dieses Spiel einlässt.

 

 

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