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 Galaxy Quest  

Gangs of New York

 

Gegen jede Regel

Remember the Titans

Die Geisha

Memoirs of a geisha

Geständnisse

Confession of a dangerous mind
Get Carter  
The Gift - Die dunkle Gabe The Gift
Gladiator  

Das Glücksprinzip

Pay it Forward
Good Night. And, good luck  
Good Vibrations What Planet are you from?
Gottes Werk & Teufels Beitrag The Cider House Rules
Gran Paradiso  
 Green Mile  
Der gute Hirte  the good sheperd

 

Abgeschminkt ; Allgemeines Archiv ; Kritikarchiv ; Globes & Oscars

 

 

Galaxy Quest:

Darsteller: TIM ALLEN, SIGOURNEY WEAVER, TONY SHALOUB, ALAN RICKMAN, ; Drehbuch: DAVID HOWARD, ROBERT GORDON ; Musik: DAVID NEWMAN; Kamera: JERZY ZELINSKI; Regie: DEAN PARISOT ; 104 Minuten

Die besprochenen Handlungsteile geben keine Auflösungen des Filmes bekannt

Eigentlich war es schon lange überfällig, das sich ein Film thematisch mit Ruhm und Ehre vergangener Fernsehhelden befaßt. Aber es war auch längst überfällig, das man sich konkret Gedanken über Ursache und Wirkung jenes Phänomens macht, welches Millionen von Fans kollektiv zusammenschweißt und wöchentlich vor den Fernseher drängt. Sei es 'Akte X', 'Star Trek', oder die 'Waltons', eine künstliche Welt entsteht, die ins reale Leben adoptiert wird. Soll damit leben, wer glücklich wird, denn am härtesten trifft es sowieso die Talente, welche die Fan-Geschwader am brummen halten. Oder erinnert sich noch jemand, das Dr. McCoy aus Star Trek vor der verhängnisvollen Serie einer der renommiertesten Vertragsschauspieler bei Paramount war? Hat Adam West tatsächlich etwas anderes gespielt als 'Superman'? Und nennt man die weiß-braune Hunderasse wirklich 'Lassie'?

Nesmith (Allen), DeMarco (Weaver), Dane (Rickman), Kwan (Shalhoub) und Fleegman (Rockwell) sind solche ehrenvollen Helden einer nur über vier Staffeln geratenen Science-Fiction-Serie, die überall auf der Welt Heerscharen von Fans mobilisiert. Darauf beschränkt sich allerdings schon die Karriere der vom Fan-Rummel genervten Veteranen, die wegen ihres auf eine Rolle festgelegten Bekanntheitsgrades nie etwas anderes zu spielen bekamen. Sie schleppen sich von einem Fan-Treffen zum nächsten und ziehen ihre Neurosen hinterher. Nur weit draußen im Universum hält man den Empfang von Fernsehsendungen für realistische Zeitdokumente. Und so bekommen die Helden einer eingestellten Serie die Möglichkeit zu beweisen, das sie weit über den Dingen stehen, welche sie verkörperten.

'Galaxy Quest' ist so herrlich wie ein Überraschungsei. Drei Dinge auf einmal: Die Hommage an die schmerzlich vermißten Abenteuer von Captain Kirk, ein eigenständig, kunterbuntes Science-Fiction-Spektakel und eine Pointen beladene Komödie höchsten Ranges. Selbstverständlich ist das Genre der Science-Fiction nicht dem Allgemeingeschmack anzupassen und für Kritiker an der Welt des gemeinen Fans dürften sich in seiner negativen Einstellung einige Punkte zu dessen Bestätigung finden. Doch 'Galaxy Quest' steht über den Dingen und was Viele einfach als respektlose Verarsche abtun möchten, ist in Wahrheit eine liebevolle Hommage und ein gelungener Einblick in eine Welt Jenseits und Diesseits des Bildschirmes, welche mancher Zuschauer nicht bereit ist nachzuvollziehen. Tim Allen ist ein perfektes Alter-Ego des alternden William Shatner und mit welcher Inbrunst er sein Leben auf Captain Kirk abstimmte. Auch Alan Rickmans Charakter des Dr. Lazarus ist fast schon ein unverschämtes Abbild Leonard Nimoy, der unter dem Erfolg seines Mister Spock zu leiden hatte. Viel Insider-Witz in Dialogen und Handlung beweisen, das den Schreibern Howard und Gordon nicht an einer gnadenlosen Abrechnung gelegen war, den mit all ihren Marotten und überladenen Versatz-Stücken machen sie sich weder über das Genre lustig, noch stellen sie ihre Charakteren wirklich bloß. Das 'Star Trek' als unbestreitbarer, hintersinniger Mittelpunkt im Geschehen steht, ist selbstverständlich ein willkommener, finanzieller Schub. Die auf vier Serien ausgedehnte Saga verfügt schließlich weltweit über die höchste Anhängerschaft.

Wer Science-Fiction mag, wer gerne lacht, wer Gefallen an bitterer Realsatire gefunden hat, der wird 104 Minuten reinstes Kinovergnügen erleben und nicht einen Pfennig seines Eintrittes reuen.

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Gangs of New York:

 

Darsteller: Daniel Day-Lewis, Leonardo DiCaprio, Cameron Diaz, Jim Broadbent, John C. Reilly, Henry Thomas, Liam Neeson, Brendan Gleeson u.v.a

 

Regie: Martin Scorsese; Drehbuch: Jay Cocks, Steven Zaillian, Kenneth Lonergan nach der Geschichte von Jay Cocks, inspiriert von Herbert Asburys Anekdoten; Kamera: Michael Ballhaus; Musik: Howard Shore; Bildschnitt: Thelma Schonmaker; Produktions- Designer: Dante Ferretti

 

USA / 2002 ; circa 168 Minuten

 

Dreißig Jahre in der Entstehung, zwei Jahre Produktionszeit. Es ist vollbracht, was als eines der eigenwilligsten Projekte der jüngeren Kino-Ära gelten dürfte. Die ‚Gangs of New York’ schlagen sich nun über alle internationalen Leinwände und prügeln sich durch nicht minder wenige Filmfestivals und Preisverleihungen. Außer das schon übliche, alljährliche Disney Zeichentrick ‚Meisterwerk’, wollte die Filmwelt einschließlich aller Beteiligten und Zuschauenden endlich wieder eines dieser Werke feiern, welchem das Wort ‚Meister’ vorweg gestellt werden muss. Selbst Michael Ciminos ‚Heavens Gate’ wird als solches gefeiert, da kann Martin Scorsese nicht hinterher stehen. Scorsese war schon immer gefeiert, wenn auch von einem kleineren Teil der Presse und des Publikums, der Rest hüllte sich in Schweigen. Scorsese ist leider einer dieser tragischen Figuren in der Kinowelt, die bei jedem Film wenig Kontroverse heraufbeschwören, sondern lediglich eine feste Anhängerschaft begeistert. Gut, bei ‚Taxi Driver’ hat es einiges Aufsehen gegeben, aber da war Scorsese eben mit seiner graphischen Gewalt und der Liebe eines Erwachsenen zu einer Minderjährigen einen kleinen Schritt zu weit gegangen.

 

Und Kontroversen würden vor allem auch dem Film selbst und seiner gesamten Umgebung gut tun. Auch ein Mann vom Schlage eines Martin Scorseses ist nicht unantastbar; und er sollte es vor allem nicht bei ‚Gangs of New York’ sein. Obwohl der kleine, wuselige Regisseur dreißig Jahre seines Lebens damit verbrachte, sein Traumprojekt bei diversen Produktionsfirmen und verschiedenen Studios finanziert zu bekommen, hat das fertige Resultat lange nicht die Qualitäten eines lang gereiften Weines, der mit den Jahren besser wird. Mit der Besessenheit eines Selznick und dem Eifer eines Cameron inszeniert, waren die ‚Gangs’ keineswegs als geschichtlicher Triumphzug der flimmernden Bilder gedacht, sondern als egomanische Zielsetzung eines von der eigentlichen Geschichte gefesselten Mannes. In der Tat widmet sich der Film mehr faktischen Einzelepisoden, als er verkraftet und wird vielen davon, trotz der beachtlichen Laufzeit nicht gerecht. Warum? Was ist passiert in Scorseses Vision eines geschichtlichen Ereignisses, welches selbst Amerikanern ziemlich unbekannt sein dürfte? Er hat die Verhältnismäßigkeit übersehen. Die Verhältnismäßigkeit von historischen Fakten zur filmischen Struktur ist aus den Fugen geraden. Zuviel gibt es was erzählt werden müsste und zuviel ist es, was dem Publikum aufgebürdet wird.

 

Es ist in erster Linie Scorseses Talent der kompakten und schnörkellosen Erzählung, welche ausgerechnet bei ‚Gangs’ wenig Früchte trägt. Halt- und gnadenlos treibt er die Geschichte voran und lässt viele Dinge ohne weitere Erklärung passieren. Anstatt die Geschichte nach und nach aufzubauen, stößt er hier den Zuschauer in ein unübersehbares Gerüst von Politik, Leidenschaften und historischen Fakten. Was vielleicht bei ‚Goodfellas’, wie bei ‚Casino’ funktioniert hat, verdreht bei ‚Gangs’ die Sympathiewerte, indem er Bill „The Butcher“ (Day-Lewis) weit aus mehr und tiefgründigere Facetten zugesteht, als dem jungen Helden Amsterdam (DiCaprio). So etwas hat bei Scorsese immer seinen besonderen Reiz gehabt, aber es macht den als Höhepunkt dargestellten Rachefeldzug zu einem Punktesieg für die falsche Seite. Sofern es überhaupt je eine richtige Seite bei Scorsese gegeben hat. Doch die Geschichte ist eben darauf ausgelegt, Amsterdam als verbitterten Helden die Grausamkeit im Aufbruch New Yorks in den Vordergrund zu stellen. DiCaprio tut sich sichtlich schwer, den Rächer mit der stoischen Maske zu mimen. Gerade am Höhepunkt der Ereignisse fehlen dem Jung-Star die wirklichen charismatischen Eigenschaften, als Führer der rebellierenden Iren zu überzeugen. Schauspielerisch ist es eine triumphale Rückkehr Daniel Day-Lewis’ an die Spitze der Charakter-Darsteller im Showgeschäft. Trotz seiner grenzenlosen Brutalität, lässt Day-Lewis immer die eigentlich gebrochene Figur durchblitzen, welche ‚The Butcher’ zu dem getrieben hat, was er nun verkörpert. Er möchte ein wahres Amerika repräsentieren, das es bis dahin eigentlich noch gar nicht gegeben hat.

 

So widersprüchlich sich die Figur von Daniel Day-Lewis im positiven Sinne gibt, so widersprüchlich ist die Erzählung im Negativen. Denn es gibt nichts Gutes, welches uns der Regisseur mit auf den Weg gibt. Die Werbung proklamiert ‚Amerika wurde in den Strassen geboren’, was auch seine Berechtigung haben mag, aber in diesem Sinne ist dem sonst so New York ergebenen Scorsese ein sehr anti-amerikanisches Bild entstanden. Die offensichtliche Abneigung der New Yorker gegen Präsident Lincoln, der unverhohlene Rassismus, die Gewalt als einzige Lösung, Bestechung und Kriminalität. Wie Amerika bei Scorsese in den Strassen geboren wird, legt nahe, dass sich das Kind nicht sehr positiv entwickelt hat. Zwiespältig und verstört entlässt das brillante Bildfeuerwerk mit seiner überbordeten Geschichte den Zuschauer aus dem Kino. Zurück bleiben Fragen, was uns der Film sagen wollte und wo den nun der ‚Meister’ vor dem –werk versteckt sein soll. Nur allzu oft hat man die Genialität eines Martin Scorseses unterschätzt und missachtet. Doch ‚Gangs of New York’ wäre wirklich ein falscher Ansatz, Verpasstes wieder gut zu machen. Da mögen nach all den öffentlichen Querelen die Kontrahenten Harvey Weinstein als Produzent und der Regisseur plötzlich alles als Nichtig abwiegeln und an Schadensbegrenzung arbeiten, der jetzt als Meisterwerk deklarierte Streifen ist viel weniger als er vorgibt zu sein.

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Gegen jede Regel:

REMEMBER THE TITANS

Darsteller: Denzel Washington, Will Patton, Donald Faison, Wood Harris, Ryan Hurst, Ethan Suplee u.a.

Regie: Boaz Yakin; Drehbuch: Gregory Allen Howard; Kamera: Phillipe Rousselot; Musik: Trevor Rabin; Filmschnitt: Michael Tronick

USA/2000; circa 113 Minuten

Das aufregenste was bei diesem Film im Gedächtnis bleibt, ist Denzel Washington. Das ist nicht sehr viel, aber er ist die Figur, die den Titanen verdient macht, was alle huldvollen Kritiken von sich lassen. Eigenartig daran ist nur, das die Titanen prächtig unterhalten. Sozusagen gegen jede Regel. Wie immer, wird ausfürlich betont, das sich diese Geschichte wirklich ereignet hat. Und es gibt sicherlich genügend Menschen, die dieses, oder ähnliche Ereignisse bestätigen werden.

Die Titans waren die erste Rassen vermischte College Football-Mannschaft, Ergebnis der zwangsvollstreckten Aufhebung der Rassentrennung. Nicht nur die Weißen sträubten sich hartnäckig, die Schwarzen hatten nicht minder rassistische Einwende. Anfang der Siebziger tat sich sehr viel und Jerry Bruckheimers Film hätte, wenn er schon unter dem Disney-Label einen Film macht, einiges für den Geschichtsunterricht beitragen können. Was unter der einfallslosen Regie von Boaz Yakin herauskommt, sind lediglich erhobene Zeigefinger auf jedem Meter Film.

Aber wieder muss man wie ein Cheerleader dazwischen fahren und lustvoll kreischen, das Gegen jede Regel ein angenehm unterhaltender Film geworden ist. Durchaus. Aber er ist ewige Yards von seinen Möglichkeiten entfernt. Sozialkritik ist schon gar nicht in Sicht, soetwas, das in den Fünfzigern vortrefflicher Umgesetzt wurde, obwohl damals die Voraussetzungen ungemein schwieriger, manchmal sogar unmöglich waren. Jetzt spielt da ein Film, der mit vielen witzigen, originellen Einfällen unterhält, einen fabelhaften Denzel an die Spitze setzt, der als Trainer immer absurdere 'Strafen' für seine Schützlinge erfindet, eine rundum überzeugende Riege an Nebendarsteller aufweist und dennoch nie richtig überzeugt.

Boaz Yakin mag in Hollywood gut aufgehoben sein, aber bedarf noch einiger Unterrichtsstunden. Nicht einen einzigen Gedanken darf der Zuschauer selbst ausschmücken, nicht das geringste Gefühl selbst entwickeln. Es wird gegen jede Regeln der Kunst vorgekaut, übernommen, das Klischee strapaziert. Der Zuschauer darf nichst anderes, als seine Popcorn verdrücken und das Hirn abschalten. Das ist beste Kinounterhaltung, dem Thema aber nicht im geringsten zuträglich. Es fehlt der Unterton, es fehlt die Schärfe und vor allem fehlt die einsichtige Ehrlichkeit. Ganz abgesehen davon, das es sich um einen Film handelt, bei dem Football im Vordegrund steht, die Spielszenen aber so experimentell beleuchtet und mit übertriebenen Frenetismus umgesetzt wurden, das der Stadionsprecher der einzige Orientierungspunkt bleibt um nur annähernd zu erfahren, was da überhaupt auf der Leinwand geschieht.

Anfang der Siebziger tat sich in Amerika einiges und die Geschichte der Titans gehört mit Sicherheit dazu, aber wenn es sich so zugetragen hätte, wie es Gregory Allen Howards Drehbuch beschreibt, dann würde sich heute die gesamte Weltbevölkerung friedlich in den Armen liegen. Remember the Titans ist ein spassiger, unterhaltsamer Film. Aber nicht ein Yard mehr.

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Die Geisha – Memories of a Geisha

Darsteller: Ziyi Zhang, Ken Watanabe, Gong Li, Michelle Yeoh, Youki Kudoh und Suzaka Ohgo u.a.
Regie: Rob Marhsall; Kamera: Dion Bebee; Bildschnitt: Pietro Scalia; Musik: John Williams
USA / 2005 ; ca. 144 Minuten


‚Die Geisha’ ist der eindrucksvolle Versuch, einem westlich orientierten Publikum eine fremde, fast unverständliche Welt näher zu bringen. Mit fast schon epischem Ausmaß, begleitet Regisseur Marshall die Figuren aus Arthur Goldens Bestseller zwischen Liebe und Missgunst, Hoffnung und Verzweiflung, Tradition und Selbstbestimmung.

Das die Wahl der drei Hauptdarste

llerinnen auf chinesische Protagonistinnen fiel, ist vielleicht im asiatischen Kinoraum von Belang und auch wenig nachvollziehbar. Doch Hand aufs Herz, Marshall hat diese Hollywood Produktion für hauptsächlich den amerikanischen und europäischen Markt gemacht und hätte die Presse diese Entscheidung nicht so künstlich hoch gekocht, wäre dem Zielpublikum eine Chinesin in einer japanischen Rolle sicherlich nicht weiter aufgefallen.

Anders als erwartet, ist ‚die Geisha’ eben nicht die asiatische Antwort auf ‚Jenseits von Afrika’. Sind die Bauten und Spielorte bemerkenswert authentisch, sind diese von Bebees Kamerabildern nicht als farbenfrohes Spektakel inszeniert. Es ist ein langer, steiniger Weg der als Kind (Ohgo) verkauften Chiyo, die in einem Geisha-Haus zu der selbstsicheren Sayuri (Zhang) heranwächst. Und so spiegeln Bilder und Farbgebung auch den Leidensweg wieder. Erst am Ende, als Sayuri ihrem inneren Ziel am nächsten gekommen ist, lebt der Film in kräftigen Farben auf und verlässt dabei auch die von Menschen durchfluteten engen Gassen Kyotos.


Obwohl sich der Film sehr stark an einem westlichen Publikum orientiert, verweigert er weitergehende Erklärungen und nötige Erläuterungen einer oftmals bizarr anmutenden Gedanken- und Gefühlswelt, die sich aus kaum verständlichen Traditionen gebildet hat. Rob Marshall hat auf alle Fälle ein beeindruckendes Drama inszeniert, und der Blick hinter undurchdringliche, exotische Kulissen bleibt durchweg interessant, aber am Ende hat der Film mit seinem angeheizten Interesse mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet.

Der von Steven Spielberg zugunsten von ‚Krieg der Welten’ an Rob Marshall abgegebene Streifen, wird in der klassischer Erzählform von drei Akten gezeigt. Chiyos heranwachsen im Geisha-Haus, Sayuris schwerer Aufstieg zur Geisha und schließlich die Umsetzung der inneren Motivation der Geisha zu einem erfüllten leben. Trotz seiner vielen aufgeworfenen Rätsel, hat der Film doch einen ergreifenden Charme. Wenn auch John Williams aufdringlicher Soundtrack mehr nervtötend als unterstützend wirkt, ergötzt man sich letztlich doch an den graziösen Schönheiten von Zhang, Yeoh und Li. Ein fremd wirkendes Drama, welches sich kühn gegen den üblichen Hollywood-Blockbuster stellt. Das ist zum einen sehr erfrischend, aber nicht immer sehr befriedigend.

Bandit.

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Geständnisse:

CONFESSION OF A DANGEROUS MIND

Darsteller: Sam Rockwell, Drew Barrymore, George Clooney, Julia Roberts, Rutger Hauer, Maggie Gyllenhaal, Kristen Wilson, Jennifer Hall u.a.

Regie: George Clooney; Drehbuch: Charlie Kaufman nach dem Buch von Chuck Barris; Kamera: Newton Thomas Sigel; Filmschnitt: Stephen Mirrione; Musik: Alex Wurman;

USA / 2003 ; circa 113 Minuten

Handlung: Chuck Barris (Rockwell), zuerst erfolgloser Fernsehmacher, wird Anfang der Sechziger vom CIA als Killer angeheuert. Mit seinem wachsenden Erfolg im Fernsehen, verschlimmern sich sein, wie schon anzunehmen war, paranoiden Vorstellungen.

Das Buch: Der wirkliche Erfinder von 'Herzblatt' und ähnlich wirkungsvollen TV-Shows, Chuck Barris, schrieb seine Biografie in der absoluten Überzeugung, sein Leben hätte sich wirklich so zugetragen.

Drehbuch: Der 'Being John Malkovich' und 'Adaption' Schreiber Charlie Kaufman beweist hier am stärksten seine unbändige Kraft, Charakteren zu beschreiben und zu vertiefen. Auch wenn Chuck Barris nie Einblick in sein Innerstes gewährte, gelingt Kaufman ein atemberaubend verschachteltes und zugleich einfühlsames Porträt.

Darsteller: Den Zwiespalt zwischen der versuchten Ernsthaftigkeit von Barris' Biografie und der ironischen Entlarvung von Kaufmans Buch bringt Sam Rockwell mit einer stoischen Gelassenheit und Ehrlichkeit auf die Leinwand, das sein Hauptrollen Debüt schlichtweg als perfekte Personifizierung bewertet werden muss. Barrymore wird merklich unterfordert und kommt wieder einmal nicht über ihr Girlie Image hinaus, zudem ihr der einzige vom Drehbuch vernachlässigte Charakter zugesprochen wurde. Julia Roberts ist einfach nur zauberhaft und muss auch nichts anderes sein. Rutger Hauer kann in sehr kurzen Auftritten, sehr lange Wirkung erzielen, er hat es immer noch drauf.

Kamera: Newton Thomas Sigel weiß die einzelnen Jahrzehnte geschickt mit grellen Farben, verwaschenen Bildern und grober Auflösung zu interpretieren. Aber Sigel kopiert nicht nur die die einzelnen Elemente der für die in denen der Film spielenden Jahrzehnte typischen Kamerabilder, sondern schafft sich mit dieser Grundlage einen sehr eigenwilligen Stil.

Der Debutant: Clooneys Regie kann die Vorgaben des stimmungsvoll verqueren Drehbuches wunderbar auf die Leinwand übertragen. Selbst ein überzeugter Sarkast, nutzt Clooney das Potential von Zeitkolorit, paranoiden Charakter und verschachtelten Handlungsebenen zu einem schrägen Ausflug in die Vergangenheit und deckt bei Rockwell auf, was der wirkliche Barris nie bereit gewesen wäre zuzugeben. Stimmig und feinfühlig, genauso wie verschroben und fordernd. Manche Passagen sind, davon verschiedene Szenenübergänge sind pure Kinokunst.

Der Selbstinszenierer: Gibson, Costner, wie Eastwood sind perfekte Selbstinszenierer, wenn sie gleichzeitig Regie und Hauptrolle übernehmen. Sie sind einfach überzeugend und kommen sehr gut an. Clooney wollte es sich und dem Zuschauer nicht so einfach machen. Er drehte das Verhalten seiner Kollegen einfach um und präsentiert sich als Agenten-Variante mit dem unbeweglichsten Gesicht der Filmgeschichte. Aber Clooney nuanciert in seinem stoischen Spiel und zaubert aus seinem Charakter eine einzige Zuschauer-Freude.

Fazit: Wer schräge Komödien, eigenwillige Biografien und komische Tragödien mag, kommt auf keinen Fall an 'Geständnisse' vorbei. Oder wer Clooney mag, oder dem 'Adaption' und/oder 'John Malkovich' gefallen hat. Und wer neugierig auf ein neues Regie-Debüt ist, oder wer gerne die gute, alte Zeit aufleben lassen möchte. Eigentlich ist es schwer überhaupt an 'Geständnisse' vorbei zu kommen.

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Get Carter:

Darsteller: Sylvester Stallone, Miranda Richardson, Rachael Leigh Cook, Alan Cumming, Mickey Rourke, Michael Caine, Gretchen Mol u.a.

Regie: Stephen Kay; Drehbuch: David McKenna nach dem Roman Jacks Return Home von Ted Lewis; Kamera: Mauro Fiore; Musik: Tyler Bates mit dem Thema von Roy Budd; Filmschnitt: Jerry Greenberg

USA / 2000 ; circa 104 Minuten

Alle paar Monate muß ein Film her halten, um als hoffnungsvolles Comeback von Sylvester Stallone zu dienen. In Deutschland versucht man jetzt mit 'Get Carter' die Massen zu überzeugen, sehr lange, nachdem dieser Film in Amerika schon gar keine Erinnerung mehr ist. Aber dieser unglückliche Absturz ist weniger seinem stoischem Helden zu verdanken, als vielmehr David McKennas Anliegen ausgerechnet einen der provozierensten Filme der siebziger Jahre als Vorbild zu wählen. Da schickte 1971 Mike Hodges einen eiskalten und gnadenlosen Michael Caine zurück in die Provinz, um den Tod seines Bruders zu rächen. Caine war brillant gemein und die Handlung eine provokative Umkehr der traditionellen Rachegeschichten. Der Western hatte diese Geschichten hervorgebracht, vom eiskalten Engel aus dem Nirgendwo, der in die Stadt einfällt um auf zu räumen. Der Roman, Grundlage für Hodges Film, drehte dieses Klischee grandios um. Der Großstadtgangster räumt in der friedlich, idyllischen Provinz einmal auf. Hodges Film zu kopieren war, gerade wegen seiner kalten Stimmung und dem genialen Michael Caine, kaum möglich. Das Killer-Thema wurde eine Standart-Situation für Hongkong Filme, während die Europäer wußten, wovon man die Finger lassen sollte.

Sylvester Stallone macht seine Sache eigentlich nicht schlecht, kann oftmals als bärbeißig, stoischer Geldeintreiber sogar überzeugen, an manchen Stellen aber auch maßlos übertreiben. Regisseur Kay lässt es in der Seattle Region ständig regnen und versucht so wett zu machen, was er mit seiner Inszenierung sonst nicht schafft, oder das Drehbuch ihm nicht liefert. Dann wieder versucht der Film sich in schicken und so modernen Schnitten, Überblendungen, Jump-Cuts und Bildkompositionen. Das alles macht nur oberflächlich Stimmung, kann den Reiz nicht halten und lässt Stallone dann eben oftmals im Regen stehen. Mel Gibson hatte es erst bravourös vorgemacht, und 'Payback' war auch nur ein Remake. Selbst Michael Caine in einer gut gemeinten Nebenrolle kann wenig Flair einbringen, und macht eher den Eindruck alte Schulden abarbeiten zu müssen.

Ein wirkliches Highlight hingegen bietet eine harte Auseinandersetzung mit Gegenspieler Mikey Rourke. Der Film-Rocky gegen den Ex-Profiboxer präsentiert sich als gelungene Action-Sequenz. Ansonsten bleibt 'Carter' eher nüchtern, weil krampfhaft modern. Der Film hinkt einer distanzierten Kälte immer einen Schritt hinterher. Aber das sind eben die Vorwürfe, mit denen sich ein Remake immer herum schlagen muß, gerade wenn es mit allen Mitteln versucht, auf den Vorgänger zu verweisen. 'Get Carter' ist allemal unterhaltsames Kino, aber ohne Höhen und Tiefen. Und wenn ein Regisseur wie Stephen Kay all die modernen Einflüsse der Nachbearbeitung braucht, dann sollte er dies wenigstens konsequent angehen. Dieser formale Mischmasch wird nur von Stallone für einen netten Kinoabend zusammengehalten.

The Gift - Die dunkle Gabe:

THE GIFT

Darsteller: Cate Blanchett, Giovanni Ribisi, Katie Holmes, Greg Kinnear, Keanu Reeves, Hilary Swank, Gary Cole u.a.

Regie: Sam Raimi; Drehbuch: Billy Bob Thornton, Tom Epperson; Kamera: Jamie Anderson; Filmschnitt: Arthur Coburn; Musik: Christopher Young

USA / 2000 ; circa 110 Minuten

Es lässt sich nicht leugnen, das Schock-Baron Raimi immer mehr zum Schauspieler-Regisseur mutiert. Nach dem gekonnten Schmachtfetzen 'Aus Liebe zum Spiel - For Love of the Game', wieder auf heimischen Grusel-Terrain, aber mit überraschender psychologischer Tiefe. Das Drehbuch von Billy Bob Thornton und Tom Epperson verpasst dem Umfeld der übernatürlichen Wahrnehmungen einen unglaublichen Schwerpunkt an charakterlichen Figuren, das 'The Gift' vielmehr als psychologisches Drama, als übersinnlicher Thriller bezeichnet werden muß. Bereits mit 'A Simple Plan', mit Thornton in einer Hauptrolle, hat Raimi bewiesen, das er seine Stoffe in der Hand hat, genügend Energie dafür besitzt und die Essenz bis zum bitteren Ende im Auge behält.

Annie Wilson (Blanchett), seit einem Jahr Witwe und Mutter dreier Söhne, hält die Familie mit Kartenlegen über Wasser. Im tiefsten Süden des Landes, wo die Grenzen zwischen dem American way of Life und Aberglauben noch sehr dünn gesetzt sind, schlägt sich die schüchterne und verunsicherte Annie nicht schlecht. Aber im Gegensatz zu vielen Touristen-Attraktionen, kann Annie wirklich halten, was sie verspricht in den Karten zu lesen. Einer ihrer Stammkundinnen ist Valerie Barksdale (Swank), die von ihrem Mann Donnie (Reeves) geschlagen und gedemütigt wird. Annie macht bald unliebsame Bekanntschaft mit Donnie, der die Kartenlegerin bezichtigt seine Frau gegen ihn auf zu stacheln. Zur selben Zeit verschwindet Jessica (Holmes), die Verlobte des beliebten Lehrers Wayne (Kinnear). Jessica, kein Kind von Traurigkeit liess keine Gelegenheit aus, sich alle möglichen Männer der Stadt auf eine schnelle Nummer zu angeln, wovon allerdings Wayne noch keine Ahnung hat. Während die Drohungen von Seiten Donnies gegenüber Annie immer bizarrere Auswüchse annehmen, tappt die örtliche Polizie im Fall von Jessicas Verschwinden weiterhin im Dunkeln. Eine scheinbar letzte Hoffnung liegt bei Annie und ihren Karten. Verlegen und peinlich berührt bittet die Polizei Annie die Karten zu legen, um vielleicht doch noch eine Spur aufzutun. Was Annie in den Karten lesen kann, führt ausgerechnet auf das Anwesen von Donnie Barksdale...

Atmosphärisch und erzählerisch verwandelt Raimi mit Kameramann Jamie Anderson die Südstaaten-Umgebung mit finsteren und bedrohlichen Schatten in ein unheimliches Panorama. Wenn auch die Geschichte ansich auf altbewährte Strukturen zurückgreift, nutzt der Erzähler dies für sehr ungewöhnliche Spannungsmomente und Genreelemente. Die übersinnlichen Wahrnehmungen werden sehr zurückhaltend eingesetzt und mit einem Maximum an vorgegebener Normalität verwendet. Alle Schauspieler bekommen wirkliche Charakteren verpasst und haben ehrliche, greifbare Züge. Das hebt 'The Gift' weit über den gewohnten Thriller, oder den normalen Grusel-Streifen hinaus. Wirkliche Funktionalität erreicht der Film aber erst mit Cate Blanchett, die selten so zerbrechlich und gleichzeitig so anmutig aussehen durfte. Sie macht 'The Gift' zu einer psychologischen Tour-de-force einer ängstlich, verstöhrten Frau, die eigentlich nichts weiter möchte, als ihre Kinder erfolgreich auf zu ziehen und doch verdichtet sie soviel Komplexitität in ihrem Charakter das man ihrer inneren Stärke durchaus habhaft werden kann. Die Elemente des Thrillers und des Unheimlichen lässt Regisseur Raimi eher wie natürliche Widrigkeiten in ihr Leben eindringen. Dadurch gerät die ganze Geschichte viel natürlicher, und auch ehrlicher.

Den Unsinn der 'dunklen Gabe' aus dem deutschen Titel sollte man schnell vergessen. 'The Gift' ist ein wohltuend umgesetzter durchweg spannender Thriller, mit vielmehr charakterlichen Tiefgängen als sonstige Dramen. Und er enthält genügend unheimliche Elemente, so glänzend eingewoben, das er auch Genrefreunde des gut gemachten Horrors zufriedenstellen wird. Sam Raimi hat mit seinen gegesätzlichen 'Simple Plan' und 'For Love of the Game' bewiesen, das er abhängig von einem guten Drehbuch, die Ära der albernen 'Evil Dead' endgültig hinter sich lassen kann und sich als einer der geschicktesten Regisseure für atmosphärisch dichte Erzählungen etabliert hat.

Gladiator:

Darsteller: RUSSELL CROW, JOAQUIN PHOENIX, CONNIE NIELSEN, OLIVER REED, RICHARD HARRIS u.v.a.;

Drehbuch: DAVID FRANZONI, JOHN LOGAN, WILLIAM NICHOLSON ; Musik: HANS ZIMMER, LISA GERRARD; Regie: RIDLEY SCOTT;

USA / 2001; circa 155 Minuten

Als Ende der Siebziger Jahre mit ‚Caligula‘ das historische Römer-Monument für die Leinwand wieder entdeckt werden sollte, retteten gerade mal wahllos eingestreute Hardcore-Pornosequencen für die Videoveröffentlichung vor einem finanziellen Desaster. Die Industrie hatte sich selbst nach fünfzehn Jahren noch nicht vom Schock der ‚Cleopatra‘ Katastrophe erholt. Damals war das Publikum müde. Müde von monumentalen Schinken mit ihrer ebenso monumentalen Länge. Das Publikum war müde, immer wieder andere Versionen vom Untergang Roms über sich ergehen zu lassen. ‚Cleopatra‘ war ein filmtechnischer Triumph, gewaltig und phänomenal in Szene gesetzt und keiner wollte ihn sehen. 20th Century Fox stand vor dem Ruin, war doch ‚Cleopatra‘ so kolossal umgesetzt worden, das er selbst in unseren Tagen nicht mehr zu finanzieren wäre. Es war die Zeit, in der Martin Scorsese und Francis Coppola das Filmlicht der Welt erblickten, das Publikum gierte nach den Monumenten eines ‚Paten‘, oder einem greifbaren Realismus des ‚Taxi Drivers‘. Da war kein Platz mehr für ‚Caligula‘, selbst wenn er in seiner blassen Ästhetik der Siebziger zu überzeugen versuchte.

Aber jeder Trend fordert seine Renaissance und Mel Gibson machte einen gewaltigen Anfang. Doch ‚Braveheart‘ war gleich so aufwendig und teuer, das er automatisch seine im Windschatten kämpfenden Nachfolger im Keim erstickte. Doch war es immernoch ein weiter Weg vom schottischen Hochland bis ins antike Rom, schließlich gibt es die grünenden Hügel auf der britischen Insel noch immer. Und dann kommt Ridley Scott ins Spiel, er erinnerte sich seiner bildgewaltigen Sprache und der Kunst seine künstlichen Welten nicht zum Selbstzweck aus zu spielen. Was Scott mit ‚Alien‘ realisierte, verfeinerte er mit ‚Blade Runner‘. Allerdings verwässerte er bis dato mit zum Beispiel ‚G.I. Jane‘ seine Rezeptur. Da aber der ‚Braveheart‘ Nachfolger ‚Rob Roy‘ nicht mal annähernd sein Publikum erreichte, mußte den Leuten bei DreamWorks klar geworden sein, was auf dem Spiel stand. Scott revolutionierte mit ‚Alien‘ das Sciene Fiction Genre und mit ‚Blade Runner‘ krempelte er dasselbe noch einmal von Innen nach Aussen. Und nach den biederen Streifen in den letzten Jahren, mußte Scott einfach soviele Reserven angesammelt haben, das er mit dem Gladiatorenfilm genauso umgehen konnte wie in den späten Siebzigern mit der Science Fiction. Auch Ridley Scott war damals einer, der mit seinem innovativen Stil ‚Caligula‘ jede Chance versperrte.

Hoch gepriesen als der erste wahre Film für das neue Jahrtausend, verbaut ‚Gladiator‘ mit seiner brutalen Eleganz jede Möglichkeit auf eine Renaissance der römischen Ausschweifungen der Antike. ‚Gladiator‘ ist nicht etwa die Neuerfindung des vergangenen Genres, es ist vielmehr die Quintessenz dessen, was Mankiewicz und Kubrick mit ‚Cleopatra‘ und ‚Spartacus‘ an den Tag legten. Der aufpeitschende Pathos, markant übertrieben und gewichtig in der Erzählung. Die Intrigen, vom Wahnsinn diktiert und von kühner Berechenbarkeit. Die Gladiatoren, mit männlicher Überheblichkeit und verletzlichem Stolz. Das Drehbuch faßt zusammen, was zusammengehört und gießt Öl ins Feuer in Form einer Technik, die in den sechziger Jahren, geschweige denn in den Fünfzigern, noch nicht denkbar war. Alles, was einen Film über das alte Rom so beliebt und ausgemacht hat, ist in ‚Gladiator‘ vorhanden. Wer in dessen Kielwasser des Erfolges versucht Geld zu schinden, wird nichts Neues bieten können, weder an Geschichte, Effekten, übermächtiger Männlichkeit, oder filmtechnischer Raffinesse. Die sogenannte Wiederbelebung ist bereits in sich geschlossen.

Doch das aufbrausende Werk der Superlative ist nicht ohne Schwächen. Um ein leichtes hätte man die sowieso kargen, oft stoischen Dialoge um fünfzehn Minuten kürzen können. Die Längen bedeuten noch lange nicht Langeweile, aber eine geraffterte Struktur hätten aus dem Großereignis vielleicht sogar ein Meisterwerk gemacht, das selbst bei wiederholtem Genuß noch seinen stimmigen Reiz behält. Dann hätte man sogar über den Statisten, der in der Angfangsschlacht dümmlich in die Kamera grinst, hinweg gesehen. ‚Gladiator‘ ist lang, erwischt aber mit seinen 155 Minuten gerade noch ein erträgliches Maß durch die hervorragenden Leistungen vor der Kamera. Und 'Gladiator' ist gefüllt mit pathetischer Liebe, sei es Maximus' Beziehung zu seiner Frau, oder zu Rom, die Liebe des Senats zu dem größten Reich der damaligen Zeit. Es ist die Liebe zur eigenen Männlichkeit und deren pathetische Wirkung auf ein dürstendes Volk. Scott hat sich in der Inszenierung dem Pathos ergeben. Leben, handeln und sterben, keiner der Charakteren im Film tut einfach nur irgendwas, es geschieht mit der schon krankhaften Eigenschaft zur Selbstaufgabe. Aber wer des Pathoses überdrüssig wird, muß dem Film zugestehen, das diese Eigenschaften für die Inszenierung die Grundlage bedeutet, ohne dieser der Streifen nicht funktionieren könnte, wie er es tut.

An erster Stelle gebührt Joaquin Phoenix als Kaiser Commodus der Respekt für die bisher beste Leistung seiner noch jungen Karriere, die er nach eigenen Aussagen wegen der tiefen freundschaftlichen Beziehung zu Russell Crowe während der Dreharbeiten erreicht hat. Crowe ist mit jeder Faser nicht minder überzeugend, obwohl seine Rolle schon ein Mindestmaß an Emotionalität verlangt. Der gebürtige Australier, und seit diesem Film im 15-Millionen-Dollar-pro-Film-Club, schafft es doch tatsächlich soviel mit nur langen Blicken zu vermitteln und seine zurückhaltenden Gesten festigen sein Auftreten als unanfechtbarer Held. Scott hat Crowe in Szene gesetzt, die in jeder Einstellung diesen Helden unmißverständlich machen. Und nach einem jahrelangen Karrieretief hinterläßt Oliver Reed nach seinem weltlichen Abgang ein Testament seines wahren Könnens. Reed gebührt die Aufgabe den Gladiatoren, wie dem Zuschauer das dürsten nach Blut, den Drang zum eigenen Überleben und die eigentliche Wirkung des Colosseum für Volk und Kämpfer plausibel zu machen. Und es sieht so aus, als hätten die Produzenten wirklich keinen besseren finden können. 'Gladiator' ist ihm gewidmet. Seine nicht fertiggestellten Szenen wurden digital ersetzt und verdeutlichen damit schon das Wunderwerk moderner Technologie.

Natürlich steht im Mittelpunkt nicht etwa eine fein gesponnene Geschichte um Verrat und Intrigen. Es sind die Kampfszenen, welche mit so einem Aufwand umgesetzt, so intensiv gefilmt und geschnitten wurden, das sie 'Braveheart' nicht nur das Wasser reichen, sondern diesen sogar weit in den Schatten stellen. Selbst wenn im Schlachtengetümmel und bei den Gladiatorenkämpfen der Überblick den Kämpfern selbst überlassen bleibt, entsteht ein grandioser Eindruck von der Bösartigkeit des Tötens und Sterbens. Wann immer im Film gekämpft wird, lassen die Macher nichts an Intensität und der daraus resultierenden Grausamkeit vermissen. 'Gladiator' deutet nicht nur an, 'Gladiator' zeigt alles. Sei es die Grausamkeit des Gemetzels, oder die überwältigenden Bauten des alten Roms. Ob abgetrennte Gliedmaßen, oder der Flug über die römischen Straßen hinein ins Colosseum, dicht gedrängt mit Menschen. Die Eindrücke brennen sich fest. Gerade weil sich 'Gladiator' dem Edelmut alter Geschichten und dem Pathos längst vergangener Tage verschreibt, überzeugt er noch eindringlicher mit seiner Technik der Neuzeit. Wir sehen die Erfolge aus der hohen Zeit des Kinos in einem einzigartigen Licht uns verwöhnender und überwältigender Bild-, Ton- und Inszenierungsqualitäten. Das Alte und Neue vermischt sich zu einer völlig neuen Erfahrung, die eben Alt und Jung gleichermaßen zu überzeugen versteht.

Ist 'Gladiator' wirklich der erste wahre Film für ein neues Jahrtausend? Das wird erst die Zeit erzählen können, wenn er sich wirklich unsterblich gemacht haben sollte, so wie sich dereinst 'Spartacus' in unsere Gedanken und Herzen manifestiert hat. Aber mit Sicherheit ist es einer der gelungensten Beispiele dafür, wie man Kino für Männer und Frauen gleichzeitig interessant machen kann. Oder wäre nicht jeder einmal gerne der unumstößliche Held, oder würde nicht jede Frau einmal einem Mann wie diesem zu Füßen liegen? Hand aufs Herz, und dann können wir dieses atemberaubende Epos ebenso genießen und uns dem Helden ergeben.

Das Glücksprinzip:

PAY IT FORWARD

Darsteller: Kevin Spacey, Helen Hunt, Haley Joel Osment, James Caviziel,Angie Dickinson, Jay Mohr, Jon Bon Jovi u.a.

Regie: Mimi Leder; Drehbuch: Catherine Ryan Hyde, Leslie Dixon; Kamera: Oliver Stapleton; Musik: Thomas Newman; Filmschnitt: David Rosenbloom

USA / 2000, circa 123 Minuten

Wer erinnert sich nicht an den spektakulären Höhepunkt in Deep Impact, als Tea Leoni mit Maximillian Schell der Flutwelle trotzend am Strand verharren. Genauso trotzend und mit fehlgeleiteter Energie stemmt sich Regisseurin Mimi Leder nach Deep Impact in einen emotionalen Kampf, den sie nicht gewinnen kann. Und dabei hätte alles so schön sein können.

Die Aufgabe des Sozialkunde-Lehrers Eugene Simonet (Spacey), aus zu arbeiten was jeder Einzelne für die Gesellschaft tun könnte, setzt sein Schüler Trevor (Osment) in eine simple Formel. Eine einzelne Person muß drei Menschen bei etwas helfen, das diese Personen nicht alleine bewältigen können. Diese drei wiederrum müssen jeweils drei anderen Menschen helfen... Die Idee ist so genial, wie einfach. Und daraus hätte sich auch ein wundervoller, warmherziger Film entwickeln lassen. Aber da ist zum einen die Alkohol abhängige Mutter von Trevor, Arlene (Hunt), und der innere Schweinehund, den Trevor besiegen muß. Beides kostet der träumerischen Leichtigkeit der Geschichte zuviel Energie. Parallel zu der Geschichte des empfindungs- und einfallsreichen Schülers, forscht ein Reporter aus Los Angeles (Mohr) nach dem geheimnissvollen Verursacher einer Welle, deren einfache Regel schlichtweg ist "wenn dir ein Gefallen erwiesen wurde, gib ihn an drei andere Menschen weiter". Bald ist der Reporter in Las Vegas, dem Ursprungsort, angekommen, die allein erziehende Mutter dem Lehrer näher gekommen und eine verlorene Seele weiter gekommen.

Aber mit unbändiger Gewalt versucht Regisseurin Leder sich dem modernen Märchen zu widersetzen. Auf der einen Seite drückt sie gekonnt die Tränendrüse, auf der anderen Seite versucht sie mit knallhartem Realismus entgegen zu halten. Doch dieser Realismus, der die Geschichte nur behindert, ergiesst sich in platten Klischees und absehbaren Unerfreulichkeiten. Und am Ende lässt sie auch noch etwas zu, das zum Unentschuldbarsten gehört, das die Leinwand in diesem Jahr bisher erblickt hat.

Als Kram gebeutelte Seele, mit deformiertem Gesicht, gibt Kevin Spacey eine herzerweichende und zugleich greifbare Vorstellung, die stets im Spiel auf den Punkt kommt, ohne theatralisch aus zu hohlen. Dagegen tut sich Helen Hunt in ihrer aufgesetzten Rolle der Alkoholkranken sehr schwer auch nur ein wenig Glaubwürdigkeit zu vermitteln. Das liegt keineswegs an der darstellerischen Kunst, als vielmehr an der ungerechten Last, welche ihr von Seiten der wechselhaften Geschichte aufgebürdet wird. Vom traumwandlerischen Märchen, zum Familendrama, zur Fantasie.Komödie und zurück zum Drama. Drehbuch und Regie können sich nicht entscheiden,was sich wirklichso genau entwickeln soll und mittendrin wird ein fabelhafter Haley Joel Osment als Sympathieträger regelrecht missbraucht. Und zuletzt für eine schöne Idee als Märtyrer verbraucht.

Wenn jemand dir einen großen gefallen tut, zahle es nicht zurück, sondern gib es weiter. Viel bleibt aber nicht, um weiter zu geben. Die technischen Seiten des Glücksprinzipes sind von Thomas Newmans bekannten Tönen, über Stapletons Kamera bis hin zu Lawrence Hubbs und Peg Cummings Ausstattung ein wirklicher Treffer. Hervorragend dabei die ungewöhnlichen Schauplätze in und um Las Vegas, ohne das ausgeleierte Klischee des Casino-Boulevards zu verwenden.

Über viele Strecken kann das Glücksprinzip sogar so weit unterhalten, das man die verträumte Fantasie dahinter erkennt, was ähnlich angelegt Feld der Träume so stimmungsvoll funktionieren liess. Aber Mimi Leder hat sich dafür viel zu ernst genommen, bei einer Geschichte, die abgehobene Entspannung benötigt hätte.

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Good Night. And, Good Luck

Darsteller: David Strathairn, Patricia Clarkson, George Clooney, Jeff Daniels, Robert Downey Jr., Frank Langella, Ray Wise u.a.

Regie: George Clooney; Drehbuch: George Clooney, Grant Heslov; Kamera: Robert Elswitt; Bildschnitt: Stephen Mirrione; Musik-Supervisor: Allan Sviridoff; Ausstattung: Jim Bissell, Jan Pascale

USA / 2005 ; circa 93 Minuten


“Das wird eine Kettenreaktion, die nicht zu stoppen ist und vor niemanden Halt macht.” Milo Radulovich hatte mit dieser Aussage selbst eine Kettenreaktion ausgelöst. Er war auf Anraten des ‚Ausschusses gegen unamerikanische Umtriebe’ aus der Airforce entlassen worden, ohne Anhörung und nur mit versiegelten Anschuldigungen.

Edward R. Murrow ist das Gewissen von Amerika. Er moderiert die zwei beliebtesten Sendungen beim großen Sender CBS. Die amerikanische Nachrichten-Ikone Walter Cronkite wird später einmal sagen: „Er ist der Anführer der Parade. Er hat allen den Weg geebnet.“ Die Zuschauer hören auf Murrow, sie vertrauen ihm. Und weil sie ihm vertrauen, wird der Fall von Milo Radulovich der Gewichtigste in Murrows Arbeit bei den Medien, denn damit legt er sich mit Senator Joseph McCarthy an.

Murrow (Strathairn) ist kein draufgängerischer Einzelgänger, sein bester Freund Fred Friendly (Clooney) steht ihm zur Seite, CBS Chef Paley (Langella) stärkt ihm den Rücken, die gesamte Redaktion ist freudig erregt, gegen den Kommunisten-Jäger McCarthy zu Felde zu ziehen. Doch Edward Murrow ist kein billiger Polemiker. In einer halbstündigen Sendung zeigt er dem Publikum Ausschnitte von McCarthys Ansprachen und Verhörmethoden vor dem Ausschuss. Die Print-Presse springt begeistert darauf an, weil endlich jemand den Mut besitzt, gegen den mittlerweile sogar von der Regierungsspitze gefürchteten ‚Ausschuss gegen unamerikanische Umtriebe’ vorzugehen. Die Rechnung kommt prompt, indem Edward Murrow persönlich Opfer von McCarthys allgemein bekannten, gänzlich falschen Anschuldigungen wird.

George Clooney hat ein starkes Stück Kino auf die Leinwand gezaubert. Seine zweite Regiearbeit war, wie der von Clooney produzierte ‚Failsafe’, als Live-Sendung für die jetzige CBS geplant. Doch das vom Regisseur und Grant Heslov geschriebene Buch, unter Mitwirkung des wahren Fred Friendly, welchen Clooney im Film darstellt, über diese historische Schlacht im kalten Krieg, war einfach ein zu gutes Drama, um es der Leinwand vor zu enthalten. Der Entschluss, bei den harten schwarz/weiß Kontrasten der Kamerabilder zu bleiben, tut sein übriges. Kameramann Elswitt verwendende Farbnegative, die auf Graubalken abgestimmt waren und in der Nachbearbeitung schwarz/weiß korrigiert wurden. Das Resultat ist eine hinreißend stimmige Atmosphäre in der Mischung von neuen Aufnahmen und original Archivmaterial.

Fast schon traumwandlerisch geleitet die unglaublich dichte Regie den wahrlich überzeugenden David Strathairn durch den Film. Strathairn kann hier mit Sicherheit auf eine seiner eindrucksvollsten Darstellungen in seiner langen, oft unterschätzten Karriere verweisen. Überhaupt gebührt großer Respekt der gesamten Darstellerriege, welche die Arbeitsatmosphäre innerhalb des Senders sehr realistisch und interessant machen. Das Buch bleibt dabei weitgehend im Studio selbst, nur in ganz wenigen Szenen verdeutlichen private Momente die Strukturen und Motivationen innerhalb des schaffenden Kreises um Edward Murrow. Clooney schöpft daraus eine anhaltend spannende Atmosphäre, die nicht locker lässt und auch mit der Materie um McCarthy weniger vertraute Zuschauer, besonders europäisches Publikum, bei der Stange hält und fasziniert.

‚Good Night And Good Luck’ ist trotz allem ein durch und durch amerikanischer Film, der in seinen zwei Jahren Vorbereitungszeit, nicht den Anspruch an seine aktuellen politischen Bezüge verloren hat. Murrow ist kein liberaler Weltverbesserer, es wird im Film sogar sehr deutlich, dass er selbst dem Kommunist kritisch gegenübersteht. Aber hieraus zieht der Film noch extra Stärken, weil Murrow dem zusehenden Volk eine klare Mitschuld einräumt in dieser Hexenjagd gegen den Kommunismus des Joseph McCarthy, der fälschlicherweise Existenzen und damit auch viele Leben zerstörte. „Wessen Schuld ist das? Nicht wirklich seine (McCarthy). Er hat diese Situation der Angst nicht geschaffen, er hat diese Situation nur ausgenutzt, und dies erfolgreich.“

George Clooney darf sich zu Recht selbst auf die Schulter klopfen. Er hat mit ‚Good Night And Good Luck’ einen durch und durch stimmigen Film geschaffen, in dem sich alles perfekt fügt, mit besonderer Erwähnung von Jim Bissells und Jan Pascales hervorragender Ausstattung und Set-Design. Und um gleich den vielen Nörglern entgegen zu treten, die gerne auf der überzogenen und unrealistischen Darstellung des Senators McCarthy herum reiten: Die Macher verwendeten ausschließlich Archivmaterial und die Stimme des wahren Joseph McCarthy.

„Wir können nicht woanders die Freiheit verteidigen, indem wir sie zuhause fallen lassen. Good night. And, good luck.“

mainstream

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Good Vibrations:

WHAT PLANET ARE YOU FROM ?

Darsteller: GARRY SHANDLING, ANETTE BENING, BEN KINGSLEY, JOHN GOODMAN, LINDA FIORENTINO, GREG KINNEAR, RICHARD JENKINS; Musik: CARTER BURWELL; Kamera: MICHAEL BALLHAUS; Drehbuch: GARRY SHANDLING, MICHAEL LEESON, ED SOLOMON, PETER TOLAND; Regie: MIKE NICHOLS; 104 Minuten

Handlung im zweiten Absatz, aber keine Auflösung!

Mike Nichols hat als Regisseur wieder ein kleines Wunder vollbracht. Ihm ist es Dank des Drehbuches von vier Schreibern, inklusive Produzent und Hauptdarsteller Garry Shandling, zwei absolut unterschiedliche Filme in einem zu drehen und diese beiden Filme auch noch zur selben Zeit auf der Leinwand zu präsentieren. Das hat Barry Levinson auch schon getan, als seine 'Wag The Dog' und 'Sphere' zeitgleich in den Kinos anliefen. Nichols geht aber einen Schritt weiter, er hat nur einen einzigen Film am laufen. Und mit Hilfe geschickter Werbung und aufgrund seines Themas, könnte 'What Planet are you from?' sogar ein größerer Erfolg werden, wie Mike Nichols letzter Streich 'Primary Colors'. Allerdings wäre dies höchst ungerecht.

Von einem Planeten, auf dem nur Männer existieren und deren Geschlechtsorgane verkümmert sind, wird unter dem Namen Harold Anderson (Shandling) ein Auserwählter zur Erde gesandt, um ein Kind zu zeugen, dessen Nachfahren über Generationen hinweg unsere Welt von innen heraus okkupieren sollen. Die Landung auf Erden, über eine Flugzeugtoilette, macht natürlich die Flugaufsichtsbehörde aufmerksam und fortan klebt der zuständige Beamte Roland Jones (Goodman) an den Fersen den zeugungswütigen Aliens. Nach einigen allzu direkten Annäherungsversuchen, findet Harold schließlich in Susan (Bening) eine Partnerin, die von seiner außerirdischen Tolpatschigkeit fasziniert ist, ohne zu ahnen das es sich bei diesem wirklich um eine Fremden handelt. Harolds Schwierigkeiten beginnen erst richtig, wenn Susan beschließt dem Wunsch ein Kind zu bekommen erst nachgibt, wenn beide heiraten.

Jetzt haben auch die Mittdreissiger ihre Version von 'American Pie', wobei der Film mit seinem derben Humor eher Männer ansprechen soll und auch wird. Versprechen die ersten zwanzig Minuten noch ein politisch unkorrektes, zottiges Vergnügen, liegen die Stärken der nachfolgenden Spielzeit im endlosen Wiederholen seiner Kalauer und witzigen Einfälle. Hauptaugenmerk liegt dabei immer und immer wieder auf Harolds künstlich angeschraubten Penis, der bei jedweder Art von sexueller Stimulans das brummen und vibrieren anfängt. Fast schon als Gewaltakt, ist die Beharrlichkeit anzusehen, mit der das Drehbuch in der zweiten Hälfte auch noch ein ernst zunehmendes Ehedrama zu inszenieren versucht. Mit einem mal hat man zwei verschiedene Filme parallel laufen, wovon einer so wenig überzeugt, wie der andere. Während das gesamte Ensemble der Nebendarsteller sich glaubhaft über die unglaubwürdige Dramatik rettet und das Beste aus den fade gewordenen Witzen macht, scheitert TV-Veteran Shandling schlichtweg an seinem eingeschränkten Talent, die Leinwand mit notwendiger Präsenz zu füllen. Die aufgezeigte Probleme einer funktionierenden Beziehung bleiben gerade so tiefgründig wie ein Suppenlöffel und dürfte so mancher Frau dicke Fragezeichen auf die Stirn treiben, wenn es um die Bewältigung jener Probleme und die Erfüllung der persönlichen Bedürfnisse geht.

'What Planet are you from?" ist schlichtweg ein oberflächliches und ungenaues Drehbuch, mit sehr vordergründigem Humor der sich allzu leicht abnutzt. Und die Fehler haben sich mühelos auf die Leinwand übertragen, ohne das Nichols auch nur annähernd die Form seiner anderen Arbeiten erreicht.

Gottes Werk & Teufels Beitrag:

THE CIDER HOUSE RULES

Darsteller: TOBEY MAGUIRE, CHARLIZE THERON, DELROY LINDO, MICHAEL CAINE, PAUL RUDD, JANE ALEXANDER, KATHY BAKER, ERYKAH BADU, KIERAN CULKIN, KATE NELLIGAN, TODD FREEMAN, HEAVY D...; Musik: RACHEL PORTMAN; Kamera: OLIVER STAPLETON; Drehbuch: JOHN IRVING nach seiner gleichnamigen Novelle; Regie: LASSE HALLSTRÖM, 131 Minuten

Was auch immer für ein Individuum sich diesen haarsträubend idiotischen Titel ausgesucht hat, der/die hat mit Sicherheit gar nicht kapiert, was er/sie eigentlich für ein Werk vor sich hat. Gottes Werk war es bestimmt nicht, eher des Teufels Beitrag. Warum werden solche Genies auch noch bezahlt, anstatt man sie aus der Stadt prügelt?

Einige Jahre hat sich John Irving, der Verfechter und Liebhaber Neu Englands, Zeit gelassen, um seinen Roman 'Cider House Rules' selbst als Drehbuch zu verfassen. Aber Irving hat nicht einfach nur seine 550 Seiten zusammengestrichen, oder mühevoll gekürzt. Nein, Irving hat das einzig Wahre seinem Buch angedeihen lassen, was man seinem Werk schuldig ist. Er hat die Fixpunkte und Essenzen herausgenommen, auf zwei Stunden ausgebreitet und die Handlung wieder fein säuberlich herum gewickelt. Das Endprodukt ist letztendlich nur mit 'Green Mile' vergleichbar, ein verfilmter Roman, der die Stimmungen und Aussagen, die eigenwilligen Charakteren und dem glaubhaften Ton seiner Vorlage gerecht wird. Die tragisch, komische Geschichte von Homer Wells (Maguire), der unter den Fittichen von Doktor Larch (Caine) in dem Waisenhaus St. Clouds aufwächst, in dessen integrierter Klinik auch Abtreibungen vorgenommen werden. Es ist 1943 und Abtreibungen selbstverständlich verboten. Schließlich kommt die Zeit, in der es Homer in die Welt hinaus zieht. Er lernt Candy (Theron) und Wally (Rudd) kennen, wird Erntehelfer und Liebhaber, kommt aber eigentlich nie über die Grenzen Neu Englands hinaus. In seiner Ernte-Unterkunft, welche er mit einigen Schwarzen teilen muß, stößt er auf die titelgebende Hausordnung, die von seinem Mitbewohnern Mangels Lesekenntnis nie beachtet wurde. Unterschwellig begreift Homer durch die Gegensätzlichkeit der uralten Hausordnung und den tatsächlichen Ereignissen, die Aufgaben in seinem eigenen Leben.

Wie schon in 'Garp, und wie er die Welt sah' zeichnet sich die Geschichte durch einen seltsamen, aber doch begreifbaren Charakter aus, der eher unbedarft durch das Leben geht und mit seinem eigenen Verständnis sich selbst und das Leben an sich verstehen lernt. Bis hinunter in die letzten Komparsen Rollen, hat Regisseur Lasse Hallström ein phantastischen Ensemble im Griff. Hallström's Ruhe in der Inszenierung schafft viel Raum für Charakter, aber niemals Langweile. Vielleicht hätten dem Drehbuch einige dramatische Höhepunkte nicht schlecht getan, aber der angenehme Rhythmus des Erzählens bewahrt die Lebensnahe Stimmung. Der Film über das Leben, wird wie ein wirkliches Leben erzählt. Darin liegt anderseits die Kraft des gesamten Filmes und dessen Geschichte, wie Irving in seinen Romanen schon immer wußte, das selbst unbedeutendsten Kleinigkeiten einen wirklich menschlichen Charakter ausmachen. Hallström war bereits der fünfte Kanditat, für die Verfilmung von Irvings eigenem Drehbuch. Wo die anderen Regisseure scheiterten, ergänzen sich Hallström und Irving perfekt. Die Geschichte verweigert sich auch dem Überraschungsmoment, oder dem bittersüßen Tränen-Drang. Mit 'Gilbert Grape', Hallströms bisher stärkste amerikanische Arbeit, haben die 'Cider House Rules' wenig gemeinsam. Dafür ist er zu eigenwillig und zu wenig auf die gesellschaftlichen Normen fixiert. Es ist ein in Bilder umgesetzter Roman und auf diese Situation muß man sich einfach einlassen. Man kann sich fallen und treiben lassen. Die Geschichte bewegt und geht zu Herzen, ohne das die Inszenierung auf Gefühle drängt, diese stellen sich im Fluß der Dramaturgie von selbst ein.

Verwundern dürfte der freie Umgang mit dem Themen Abtreibung und Inzest. Diese scheinbar selbstverständlichen Abhandlungen, die ohne einen bemühten Zeigefinger auskommt, verbinden alle Charakteren auf die eine, oder andere Weise. Selten wurden diese Thematiken so intensiv und doch ohne drängendem Statement verarbeitet. Die besten Vergleiche zu 'Cider House Rules' erzielt man mit den Filmen Capras, ohne das dieser dessen verqueren Humor benötigt. Eine wundervoll photographierte und poetisch ruhige Erzählung, die den Charme des alten Kinos wieder entdeckt hat.

Gran Paradiso:

Darsteller: Ken Duken, Regula Grauwiller, Gregor Törzs, Max Herbrecher, Frank Giering u.a.

Regie: Miguel Alexandre; Drehbuch: George Heinzen; Musik: Dominic Roth; Kamera: Peter Indergard

Deutschland / 2000

Handlung im zweiten Absatz!

Ja es gibt ihn noch, den begeisterungswilligen und -fähigen Film, der mit der Liebe zur Menschlichkeit genauso ungezwungen umgeht, wie mit den Regeln des kalkulierten Kinos. Auf der einen Seite steht Regisseur Alexandre und auf der anderen Schreiber Heinzen, die gekonnt den Pathos aus der pathetischen Geschichte schaufeln und mit der Ungezwungenheit einer erstklassigen Darstellerriege die Konventionen auf den Kopf stellen, in dem sie diese gar nicht erst versuchen umständlich zu umgehen.

Es geht um den introvertierten Mark (Duken), der sich verloren seiner Querschnittslähmung ergibt und sich dabei selbst jeder Lebensfreude verweigert. Aber da ist auch Lisa (Grauwiller), die sich als Betreuerin in der Behindertenanstalt viel zu ambitioniert zeigt und in ihrem Überschwang Versprechen gibt, die kaum ein zu halten sind. Und gerade bei Mark ist es ein Abmachung, die schon in der Aussage unüberbrückbare Probleme auf sich zieht: Sie will dem gehbehinderten Mark den Lebenswunsch erfüllen und ihn auf den Viertausender Gran Paradiso in den Schweizer Alpen bringen. In einer illustren Gruppe, zusammen gewürfelt aus psychisch und physisch Behinderten, Sträflingen und ängstlichen Betreuern, beginnt die Realisierung eines Vorhabens, das alle Beteiligten an den Rand ihrer menschlichen Schwächen bringt. Das Abenteuer Mensch zu sein.

In erster Linie lebt der Film von wirklich erstklassigen Schauspielern, die selbst aus dem Klischee greifbare und glaubwürdige Figuren machen. Und wenn auch drei Figuren klar in den Vordergrund gestellt werden, bleibt genug Zeit und eine detailfreudige Auseinandersetzung mit allen Charakteren. Es handelt sich bei Alexandres Inszenierung um eine rührende Komödie und ein stimmiges Drama. Selbst die vielen Gelegenheiten, kräftig die Tränensäcke zu belasten, lässt der Regisseur und seine Protagonisten links liegen. Der Film behält dadurch einen Fluß, der noch viel tiefer greift, als es künstlich erstellte Emotionen könnten. Und der auf der anderen Seite befreiende Humor, wird in keiner Szene zum dumpfen Vehikel platten Klamauks. Die Koninuität und Ausgeglichenheit der emotionalen Ebenen, macht 'Gran Paradiso' zu einem niemals langweiligen Ereignis, das überzeugt und den Zuschauer selbst in seiner werbeaussage nicht entäuscht: Das Abenteuer Mensch zu sein.

The Green Mile:

Darsteller: Tom Hanks, David Morse, Bonnie Hunt, Michael Clarke Duncan, James Cromwell, Michael Jeter, Doug Hutchison u.v.a.; Drehbuch: Frank Darabont; Kamera: David Tattersall; Musik: Thomas Newman; Regie: Frank Darabont; ca. 187 Minuten

1.Band: THE TWO DEAD GIRLS: Es ist ja eine alte Regel, das sich Stephen-King-Fans mit frenetischem Eifer jeder Verfilmung seiner Romane hingeben, um letztendlich darüber gnadenlos her zu ziehen. Das könnte auch bei Frank Darabont's 'The Green Mile' durchaus passieren. Gerade in diesem unseren Lande, wo es seit King's erstem Erfolg schicklich geworden ist, Gruselmären einen literarischen Touch zu verleihen, und sei es nur, das sich jemand auch nur kurz damit auseinander setzt. Der begnadete Grusel-Jongleur setzte sich '96 an seinen Wordprocessor und schrieb, was seit Charles Dickens keiner mehr sehen, geschweige denn lesen wollte: Einen Fortsetzungsroman, jeder mit hundert Seiten, sechs Bände, die monatlich erschienen (okay, der letzte Band ist fast 30 Seiten länger, aber King fällt es einfach schwer, sich kurz zu fassen). King kannte zwar seine Geschichte, seinen roten Faden, aber gerade mal mit zwei Bänden Vorsprung, konnte er nicht absehen, worauf er hinaus schrieb. Das Konzept lag beim Verlag, das Risiko beim Schreiber, das Vergnügen beim Leser. King, der um gewisse Durststrecken nicht herum kam, holte sich seine schwindenden Gütesiegel zurück auf die Buchcover. Das eigentliche Experiment war nicht nur der finanzielle Hochgenuß, es las sich wie die Essenz von King's besten Büchern.

2.Band: THE MOUSE ON THE MILE: Frank Darabont war schon aufgefallen, als er sein studentischen Filmwerk 'The Woman In The Room' ablieferte. Ein Kurzfilm nach der gleichnamigen Kurzgeschichte von eben jenem Stephen King, aus dessen Geschichtenband 'Nachtschicht'. 'Woman In The Room' wäre damals eigentlich als 'nicht verfilmbar' eingestuft worden. Nicht nur, das Darabont's Frühwerk seine Festivalspreise einheimste, sondern es erfreute den sonst so mißtrauischen King persönlich. Und dieser gab sich noch größeren Freuden hin, als sich dieser Darabont anschickte, als ersten wirklich großen Kinofilm 'Shawshank Redemption' zu verfilmen. Ein komplexes über Jahrzehnte erzähltes Zeitdrama, welches in einem Gefängnis spielte. 'Shawshank Redemption-Die Verurteilten' zählt mit 'Misery' zu jenen Kunststücken, die es schafften King's Atmosphäre und Komplexität auf die Leinwand zu übertragen. Ebenfalls ein epochales Drama, ebenso eine Gefängniserzählung. 'The Green Mile' sollte abgeschritten werden.

3.Band: COFFEYS HANDS: Im Cold Mountain Gefängnis gibt es nicht viel zu tun. Ab und an eine Hinrichtung auf 'Old Sparkey', dem elektrischen Stuhl. Paul Edgecomb (Hanks) ist Oberaufseher über den Todestrakt und wenn es auch nicht viel zu tun gibt, die Gefangenen müssen bei Laune gehalten werden. Schlechte Behandlung, oder Krawallbrüder können an einem Ort wie diesem tödlich sein, für Wärter, wie Insassen, denn zu verlieren haben die Kanditaten nun wirklich nichts mehr. Edgecomb hat mit seinem Freund 'Brutal' Howell (Morse), dem alteingesessenen Harry (DeMunn) und dem Greenhorn Dean (Pepper) alles in gemütlicher Beschaulichkeit. Nur der großspurige Percy Wetmore (Hutchison) stört die benötigte Ruhe. Percy schlägt Insassen, macht Radau, will immer unangenehm auffallen und hat Verwandtschaft in höchsten Regierungskreisen. Es herrscht Depression in Amerika, da legt man sich mit keinem an, der Beziehungen ganz oben hat. Und Staatsbedienstete sitzen besonders fest im unsicheren Sattel. Nur widerwillig nehmen Edgecomb und seine Leute das Gebaren von Percy im Todestrakt hin, aber hinnehmen müssen sie es. Aber mit der Einlieferung von John Coffey (Duncan) ändert sich alles schlagartig. John Coffey ist der gigantischste Schwarze, den die Welt gesehen hat und dessen einzige Sorge besteht darin, das Nachts da Licht an bleibt, weil er Angst bekommen würde. Coffey ist genauso zurückgeblieben, wie groß und das er zwei kleine Mädchen bestialisch ermordet haben soll, kommt nach einigen merkwürdigen Vorkommnissen Boss Edgecomb sehr unwahrscheinlich vor. Es hat den Anschein, das Coffey durch Hand auflegen heilen kann, außerdem weint er viel und ist äußerst zuvor kommend. Durchgedrehte Bestie, oder Heiliger. Nachdem sich nach und nach das Leben der Wärter vom Todestrakt auf den Kopf stellte, jeder eine persönliche Wandlung erfuhr, neue Freunde gewann, der persönliche Erfahrungs-Horizont sehr viel erweitert wurde und drei Menschen sterben mußten, erfährt Paul Edgecomb das gesamte schreckliche Geheimnis um John Coffey.

4.Band: THE BAD DEATH OF EDUARD DELACROIX: Anders als bei 'Shawshank', verzichtet Darabont hier auf seine Cinemascope-Bilder und schafft eine künstliche, eingeengte Atmosphäre, aber nur im ersten optischen Eindruck. Der Film versucht keineswegs eine beklemmende, oder klaustrophopische Dichte zu erlangen. Es wäre der Handlung auch sehr abträglich. Weit beeindruckender ist das Kamera-Ergebnis innerhalb des Zellentraktes geworden, wo die Verzweiflung eines jeden Regisseurs lauerte. Bei gefilmten Gesichtern, mit einer Kamera durch Gitterstäbe betrachtet, verschwindet ein Auge des Schauspielers meisten hinter einem Eisenstab. Das macht bei fünfzig Prozent der Dialoge, welche durch die Zellenstäbe geführt werden irgendwann einen albernen Eindruck. David Tattersall's Kamera rückt die Probleme mühelos auf Seite. Seine Bilder verschaffen den Figuren auch in ihren beengtesten Einstellungen eine spielerische Freiheit. Selbst im einfachen Breitwandformat erreichen die Aufnahmen zum Teil eine epische Breite, um sich im geeigneten Augenblick auf das Geschehen, oder die Figuren zu fixieren. Mit seiner phantastischen Farbgebung und dem visuellen Konzept hält Darabont den Zuschauer in einer Zeit gefangen, die vor 60 Jahren im Aufschwung ihr Ende fand.

5. Band: NIGHT JOURNEY: Vielschichtig ergießt sich der komplexe Handlungstrang über seine fast 190 Minuten. Von einer Geschichte in der Depression, zu einem übersinnlichen Spektakel; von einem Thriller, zu einem leidenschaftlichen Appell für Menschlichkeit. Wer seine berechtigten Zweifel kundtat, das sechshundertdreißig Seiten Roman nicht in seiner Komplexität erhalten bleiben könne, hat nicht mit der Raffinesse eines fanatischen Drehbuchschreibers vom Format Darabonts gerechnet. Sorgsam wurden die ohnehin schwerfälligen Ecken an King's Serien-Roman abgeschliffen und sich überlappende, oder wiederholende Passagen zusammen gefaßt. Kein Aspekt der Geschichte, kein Handlungsteil im Hauptteil ist dem Rotstift zum Opfer gefallen. Ein unberechtigter Vorwurf der laut werden könnte, wäre die Werktreue zu Geschichte, Handlungsaufbau, Dialog und Charakterisierung. Dasselbe hatte Mark Lester schon mit King's 'Firestarter' versucht und scheiterte schließlich vor lauter Werktreue an seiner Umsetzung und umgekehrt nahm Rob Reiner in der Adaption von 'Stand By Me' Abstand von der literarischen Vorlage und kreierte ein Wunderwerk aus King's einfühlend geschriebenen Worten. Erst Darabont gelang es, schon annähernd mit 'Shawshank Redemption', die gesamte inhaltliche Struktur und die verwobenen Konzeptionen durchgängig zu erhalten. Selbst der aufkeimende Mystizismus integriert sich unaufdringlich, sogar glaubhaft in die reellen Ebenen der Geschichte.

6. Band: COFFEY ON THE MILE: Kann Tom Hanks wieder einmal den Oscar holen? Bestimmte Leute würden lauthals 'Ja' schreien, drückt aber in erster Linie das aus, was Hanks der Verfilmung von 'Green Mile' eingebracht hat: Eine greifbare Authentizität nicht nur in seinem eigenen Charakter. Paul Edgecomb ist der einzige der aus einer festen Schiene entgleisen darf, ohne zu verunglücken und fungiert als Dreh- und Angelpunkt einer aus den Fugen geratenen Welt, die scheinbar nur mit Wundern zu retten sein muß. David Morse Darstellung als Edgecomb's Freund und Kollege Brutus Howell, bleibt nicht eindimensional, aber steht lediglich als seelische Stütze zu den harten Tagen im Todestrakt. Bis zu einem bestimmten Grad funktioniert Howell wie ein personifiziertes Gewissen des Hauptdarstellers. Selbst in der Größenordnung der Geschichte reduzieren sich die Ebenen auf Edgecomb's eigenen Mikrokosmos von Ehre und Versuchung, Schuld und Sühne. Auch Duncan's John Coffey mit seiner heilwirkenden Kraft und den auffälligen Initialen repräsentiert nicht die Verzweiflung der Menschheit, sondern bleibt Katalysator für Edgecombs zwingendes Bedürfnis Seelenheil in der eigenen Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit gefestigt zu wissen. Dabei übersieht der eigentliche Menschenkenner seine wahre Bestimmung an der er gar nicht so offensichtlich vorbei arbeitet. Erst am Ende erkennt dieser gebrochene, aber aufrechte Mann das ihm die Bürde auferlegt worden war, die er immer glaubt auf John Coffeys Schultern lasten zu sehen. Als alter Paul Edgecomb brilliert ein phantastischer Dabbs Greer, doch um den Hauptteil glaubhaft auszufüllen bedurfte es einer Persönlichkeit die charismatisch weit über die Leinwand hinaus arbeiten konnte und die scheint sich glänzend in Tom Hanks wieder zu spiegeln.

Mittlerweile sind alle sechs Bände zusammengefaßt als kompletter Roman in aller Welt als zweite Auflage der Serie erschienen. Ja, mit seinem Hang zum Epos, spielt sich 'Green Mile' in die Garde der geliebten und meist bevorzugten 'Oscar'-Favoriten. Aber keineswegs wäre sein Erfolg davon nicht abhängig. 'The Green Mile' funktioniert für sich allein, trotz seiner Typisierung als 'King-Film' und mit seiner Laufzeit hat sich das außerordentliche Spektakel langsam, aber stetig in die Herzen des mißtrauischen amerikanischen Publikums gespielt. Bei einem durchschnittlichen Zuschauerverlust von 35 % pro Spielwoche eines herkömmlichen Filmes, lag die 'Green Mile' gerade bei 20 %. Nein, finanziell ist es nicht der Film mit dem Schiff, aber die Liebe und Akzeptanz für großes Kino ist weiterhin beim Publikum vorhanden und wird dementsprechend eingefordert. 'Green Mile' ist bestes Beispiel, dass der Zuschauer auch noch beste Kost serviert bekommen kann.

 


 

Der Gute Hirte - The Good Shepherd

Darsteller: Matt Damon, Angelina Jolie, Alec Baldwin, Tammy Blanchard, Billy Grudup, John Turturro, Michael Gambon, William Hurt, Lee Pace, Oleg Stefan, Robert De Niro, Keir Dullea und Martina Gedeck & Eddie Redmayne

Regie: Robert De Niro; Drehbuch: Eric Roth; Kamera: Robert Richardson; Bildschnitt: Tariq Anwar; Musik: Marcelo Zarvos, Bruce Fowler

USA / 2006; circa 167 Minuten


Dieser Film hat alles, was ein erfolgreicher Film haben muss: Eine große Anzahl attraktiver Darsteller aller Altersklassen, als Regisseur einen Schauspieler, welcher zu den fabelhaftesten und wandlungsfähigsten zählt und eine spannende Geschichte, die aus amerikanischer Sicht, 40 Jahre der turbulentesten Zeiten des letzten Jahrhunderst umspannt.

Dieser Film hat aber auch alles, was bei einem Film nicht funktionieren kann. Die Darsteller finden nicht zusammen, der Regisseur verliert sich zwischen Handlung und Figuren und der spannend, reale Hintergrund der Geschichte wird zum unspektakulären Abhandeln von Ereignissen.

Vielleicht erinnert sich jemand an Mervyn LeRoys 'FBI Story' von 1959, der in klassischer Erzählweise geradlinig den Aufbau des FBI rekonstruiert und die Charakterzeichnungen seiner Handlung unterwarf. Diesen Fehler wollte Robert De Niro in seiner 10 Jahre vorbereiteten CIA Story nicht begehen und beging damit den ersten Fehler. Im Grunde wunderbar verwoben, springt die Geschichte der fiktiven Figur des Edward Wilson (Matt Damon) in der Zeit und erzählt außerhalb der Chronologie die Entstehung und den Aufbau der Central Intelligence Agency, Amerikas undurchsichtigster Staatsdienst. Mit wenigen Fixpunkten von realen Ereignissen, stellt sich der Werdegang des Charakters von Edward Wilson in den Vordergrund.

Dieser Edward Wilson ist ein verschlossener, kaum mitteilsamer Mensch, dessen persönliche Schicksale und Entwicklungen in keinerlei Kontext zu den geschichtlichen Vorkommnissen gebracht wird. Der zeitlich verschachtelte Aufbau macht aber Glauben, die Persönlichkeit des Edward Wilson könnte von den politischen Ereignissen geprägt werden. Umgekehrt, haben Wilsons charakterliche Züge auch keinen Einfluss auf Entscheidungen und Resultate auf Dinge, die weltweite Auswirkungen von Seiten Amerikas aus haben. Diese Verzahnung von persönlichen Ursachen und weitläufig resultierenden Wirkungen ist aber bedeutend für einen Film, wie ihn De Niro eigentlich angestrebt hat. 

Matt Damon ist ein ausgezeichneter Edward Wilson. Filmisch umgesetzt allerdings, ergeben sich keine Tiefen und Motivationen aus Wilsons Handeln. In jeder Szene auf das Äußerste minimiert, erklärt sich die Figur mit keinem Wort und keiner Geste. Die Beziehung zu seiner Frau Clover (Angelina Jolie) bleibt für den Zuschauer ebenso schleierhaft, wie Wilsons Ruf als Agent, oder warum ihn der Geheimbund Skull & Bones unbedingt anwerben wollte. Dazu verweigert das Drehbuch auch noch Erklärungen, wie geschickt Wilson als Agent tatsächlich taktierte und warum seine Arbeit geschichtlich so bedeutend gewesen sein soll.

Erst in der letzten halben Stunde greifen Wilsons persönliche Probleme auf die Geschicke für seinen Auftraggeber über. Selbst da bleibt Wilson stoisch und gefühlsarm, was jede Art von möglicher Spannung und Anteilnahme im Keim erstickt. Für ein fast dreistündiges Epos, bei dem jede Szene auf diesen Charakter aufgebaut ist, geht jede emotionale Bindung vom Zuschauer zum Film abhanden. 

Für einen Regisseur wie Robert de Niro, der schauspielerisch alle Ebenen gemeistert hat, ist dies ein sehr schwaches Stück Kino. Zumal er 1993 mit seinem Regiedebüt 'A Bronx Tale' ein ergreifendes Gespür für die zu führenden Darsteller bewies. Wer sich dennoch das Vergnügen nicht nehmen lassen möchte, erlebt zumindest eine erstaunliche Zeitreise mit überragender Ausstattung und unaufdringlichen, aber stimmungsvollen Bildern. Es hätte wirklich was werden können, wäre De Niro den Weg gegangen, den ihn so viele Regisseure vorher gezeigt haben.

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