M

 

The Man who wasn't there
Matrix Reloaded
Mein Kind vom Mars The Martian Child
Memento
Men in Black II
Men of Honor
The Mexican
Miami Vice 2006
Michael Clayton
Million Dollar Baby
Miss Undercover Miss Congeniality
Misson Impossible III
Misson to Mars
Mondscheintarif
Monkeybone
Monster AG Monster Inc.
Monsters Ball
Monsters vs. Aliens Monster und Aliens
Mord nach Plan Murder by Numbers
Mord und Margaritas The Matador
Moulin Rouge
Mulholland Drive
Die Mumie kehrt zurück The Mumy returns
München
Music of the Heart
 My Big Fat Greek Wedding
 Mystery Men

 

 

Abgeschminkt ; Allgemeines Archiv ; Kritikarchiv ; Globes & Oscars

.

.

The Man who wasn't there:

Darsteller: Billy Bob Thornton, Frances McDormand, Michael Badalucco, James Gandolfini, Katherine Borowitz, Scarlett Johansson, Jon Polito u.a.

Regie: Joel Coen; Drehbuch: Ethan & Joel Coen; Kamera: Roger Deakins; Filmschnitt: Roderick Jaynes, Tricia Cooke; Musik: Carter Burwell

USA / 2001 ; circa 116 Minuten

Wer sich mit den Coen-Brüdern anlegt hat meist schlechte Karten. Zwei Brüder, die man als durchgeknallte Figuren umjubelt, um damit zum Ausdruck zu bringen, wie raffiniert sie eigentlich sind. Joel steht immer hinter dem Regie-Titel und Ethan als Produzent. Reine Fassade. Mit ‚Blood Simple’ haben sie die Filmwelt mitsamt aller Cineasten überrascht und erobert. Seither haben die Coens alles gemacht, alles ausprobiert und immer war es stimmig, unentwegt überraschend. ‚Millers Crossing’ war ein düsterer Ausflug in die Dreißiger des Film Noir. ‚Hudsucker’ und ‚Barton Fink’ belebten den Geist einer längst vergangenen Leinwand-Atmosphäre wieder, nur wilder, bunter und mit atemberaubender Phantasie. Aber was die Beiden mit ‚Man who wasn’t there’ präsentierten machte Cineasten ratlos und Kritiker unsicher. Ein seltsam verstörter Ruf eilt diesem würdigen Nachfolger der schwarzen Serie voraus. Aber wer sich mit den Coen-Brüdern anlegt hat meist schlechte Karten.

Ed Crane (Thornton) heißt der unscheinbare Friseur, der wenig redet, nur dem Publikum erzählt was wirklich passiert war. Crane reduziert sich selbst auf die reine Geschichte, was den Menschen wirklich ausmacht, verdeutlicht einzig und allein die phänomenale Kamera Roger Deakins in der ebenso genialen stoischen Maske von Billy Bob Thornton. Der zum Scheitern verurteilte Versuch, aus dem trocknen, einsamen Leben aus zu brechen. Ein eher zufälliger Mord. Die fälschliche Anklage gegen die eigene, eigentlich verhasste Frau (McDormand). Und die Sehnsucht nach einem Teenager (Johansson). Und natürlich, was Außerirdische mit dem ganzen zu tun haben. Das Drehbuch, die Geradlinigkeit der Geschichte, sowie die bedrohlich finstere Atmosphäre und augenscheinliche Humorlosigkeit lässt vermuten, das irgend etwas gar nicht so gelaufen sein muss, wie es die Brüder sonst so inszenieren. Aber der Teufel steckt im Detail, weit unter dem offensichtlich Sichtbaren. In Zeiten blitzartiger Schnitte und aufwühlender Musik, bunter Knalleffekte und rasanter Kamerabilder wird hier eine filmische Arie zelebriert. Scheinbarer Stillstand. Wer bereit ist, sich im 21. Jahrhundert auf einen in schwarz/weiß gedrehten Film ein zu lassen, der sollte sofort vergessen, was er bisher von den Coens gesehen hat.

Weit unter der Oberfläche schlummert ein Orkan an filmischen Zitaten, expressionistischen Bildern und beißender Ironie. Standartkameramann von Coen Filmen, Roger Deakins, holt das Beste aus der seltenen Gelegenheit in schwarz/weiß zu drehen was tatsächlich möglich ist. Was der Protagonist erzählt wird nach und nach nebensächlich, die Bildsprache übernimmt die Geschichte. ‚Der Mann, der nicht da war’ verschwindet meist in überlagernden Schatten, wenn nicht sogar komplett im Dunkel. Die Kamera liebt Thornton und er geht auch einen verblüffenden Pakt mit ihr ein. Wahrscheinlich wird man der unglaublichen Intensität der Bilder erst bewusst, wenn man den Film ohne die erzählende Off-Stimme bewundern kann. Keine aufwühlenden, oder komplizierten Gimmicks. Atmosphäre wird aus der Kraft der Verlangsamung gewonnen. Dramaturgie ergibt sich aus dem Nichtstun. Erzählerisch hat ‚der unscheinbare Mann’ eigentlich nichts zu bieten. Das ist sicherlich ein Wagnis, und es hat zu einiger Verwirrung geführt. Aber eigentlich sind Joel und Ethan so etwas wie alte Hasen, besonders wenn es darum geht, gegen den Strom zu schwimmen. Dieser Film ist tatsächlich ganz anders, als das, was man von den Brüdern bisher gesehen hat. Und, ehrlich, das macht ihn schon wieder so typisch. Man hat eben schlechte Karten, wenn man sich mit den Coens anlegen will.

 


 

Matrix Reloaded:

Darsteller: Keanu Reeves, Carrie-Anne Moss, Laurence Fishburne, Jada Pinkett-Smith, Monica Belluci, Lambert Wilson, Gloria Foster und Hugo Weaving u.a.

Drehbuch & Regie: Larry & Andy Wachowski; Kamera: Bill Pope; Bildschnitt: Zach Steanberg; Original-Musik: Don Davis; Produktionsdesign: Owen Paterson

USA-Australien / 2003 ; circa 138 Minuten

Ach, was waren das für Zeiten, als sich die Frage nach der Matrix noch zu einem weltweiten Mysterium entwickelte. Die simple Frage "Was ist die Matrix?" machte einen unscheinbaren Film neben dem 'Blair Witch Project' zu den ersten Streifen, der seinen (wunderschönes Wort) Hype gezielt durch das Internet erreichte. Die Frage dürfte ja hinlänglich geklärt sein, wenn auch nicht allerorts verstanden. Und sowa schreit ja förmlich nach einer Fortsetzung.

Die Wachowski-Brüder, die sich aberwitzig Öffentlichkeitsscheu gebären, geben ja gerne vor, dass die 'Matrix' schon immer als Trilogie erdacht worden war. Man möge es ihnen glauben, wenn auch dergleichen auffällig oft behauptet wird. Erklären würde es auf alle Fälle warum dieses Mittelstück so uninspiriert fade daherkommt, schliesslich muss man sich das Beste für den Schluss aufheben.

Neo (Reeves) hat sich also mit dem Gedanken angefreundet 'der Eine' zu sein, der die nahe Ausrottung der Menschheit verhindern und deren Sieg anführen wird. Aber was man als 'der Eine' zu tun hat, damit tut sich der Auserwählte noch schwer. Ihm zur Seite steht nun schwer verliebt wieder Trinity (Moss), bei der man dachte, dass man ihr Leder-Outfit des ersten Teiles gar nicht enger schneidern könnte. Morpheus (Fishburne) entpuppt sich im Laufe der Episode als kleiner Rebell im Gefüge Zions, der letzten Zuflucht der Menschen. Zion ist bedroht von den Maschinen, welche die menschliche Rasse entweder untertan machen, oder auslöschen möchten. So geht es zurück in diese wundersame Welt der Matrix, diesem herrlichen Computer-Programm, das keine Wünsche offenlässt, wenn man darin umzugehen versteht. Allerlei neue Figuren, sprich Programme stellen sich den tapferen Helden Neo und Trinity in den Weg, darunter auch wieder Agent Smith (Weaving), der sich vom System gelöst hat und zum Virus mutiert, der sich dutzendfach vervielfältigen kann, und auch tut. Gegen Ende gar, trifft Neo auf den Bill Gates der Matrix, oder vielleicht es es auch nur der Arbeitspeicher. Jedenfalls gewinnt die Geschichte um die Matrix und der Kampf Mensch gegen Maschine am Ende an sehr interessanten neuen Aspekten.

Zweifellos war die verwegene Mischung von Hongkong-Film, europäischen Experimentalfilm, Modenschau und High-Tech Hollywood Extravaganza wegweisend für das Kino des neuen Jahrtausends. Und mit einem müden Lächeln beäugt man die verzweifelten und umsonst bemühten Nachahmer, jenes innovativen Stiles, den die Wachowski-Brüder ins Leben gerufen haben. Und so macht sich die Upgrade Version von Teil eins selbst aus wie ein verzweifelter Versuch am Erfolg anzuknüpfen.

Der 'Bullett-Time-Effect' wird in 'Reloaded' bis zum Abwinken zelebriert und hochgehalten, das er am Ende weder besondere Freude aufkommen lässt, noch das er seinen spektakulären Reiz erhalten kann. Mehr ist eben nicht gleich besser. Und die Wachowskis sind die die übliche Fortsetzungsfalle getreten, aus der sie keinen Moment des Filmes ausbrechen können. Wie sehr sich die Brüder übernommen haben wird am deutlichsten beim Kampf Neo's gegen die Überzahl des vervielfältigten Agent Smith, einer der zwei Höhe- und Wendepunkte des Filmes. Nur allzu augenscheinlich wird die digitale Nachbearbeitung, vor allem an den Gesichtern. Und, als ob der Inszenierung nicht zu trauen wäre, löst sich der perfekt choreographierte Kampf im wesentlichen im Schnitt, schnell und oft unübersichtlich. Wo doch im ersten Teil die Kampfszenen in langen Einstellungen zur vollen Entfaltung kamen, ohne an Dynamik zu verlieren und gerade deshalb für soviel Aufsehen sorgten.

Zweiter Wendepunkt ist die, scheinbar schon jetzt legendäre, Verfolgungsjagd auf einem extra für den Film gebauten zwei Meilen langen Freeway. Atemberaubend inszeniert, verlässt sich auch diese 15 minütige Sequenz unverständlicherweise auf schnelle, harte Schnitte. Für Cineasten allerdings ist die Freeway Jagd eher ein unablässiger Vergleich mit dem Höhepunkt aus dem zweiten Mad Max Film und am markantesten die 'French Connection' und 'Live and Die in L.A.' Sequenzen eines Friedkins. Gerade letzter Film wird auffallend zitiert, wenn Trinity mit dem Motorrad gegen den Verkehr fährt und den entgegenkommenden Fahrzeugen ausweicht. Der Reiz ist längst dahin, wenn eine derartige Jagd ohne Zweifel nur mit Schnitt und massiven Einsatz von CGI möglich ist, wo hingegen ein William Friedkin seine Verfolgungen ohne technische und rechnerische Spielereien um ein vielfaches spektakulärer inszenieren kann.

Dazwischen verlässt sich das Drehbuch auf immer neuer Spekulationen um die Beschaffenheit der Matrix und ergiesst sich in immer weiter ausufernden philosophischen Betrachtungen um Schein und Sein. Was durchaus seinen Reiz hat, wiederholt sich leider des öfteren in immer länger werdenden Szenen, die wenig Neues bieten, weder für Geist, noch für das Auge. Zion zum Beispiel, im ersten Teil überhaupt nicht sichtbar, stellt sich als schon etliche male gesehenes Bollwerk aus Stein und Stahl dar, welches alles andere als lebenswert erscheint. Warum sich die Menschen dann nicht lieber in einer heilen Welt Computer-Simulation versklaven lassen, bleibt fraglich.

Auf keinen Fall hätte diese Version 2.1 eine Länge von 138 Minuten haben müssen. Egal wie stimmungsvoll nachdenklich und philosophisch sich das Gedankenspiel um die verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung und Wahrheit auch gibt, verliert es an den meisten Stellen an Tempo und kann auch manchmal kleine Ausrutscher in die Langeweile nicht überbrücken. Spätestens seit 'Scream' werden einem ja die Regeln einer Fortsetzung nur so um die Ohren gehauen und die Wachowskis machen den Anschein, als hätten sie mit allen Mitteln versucht diese Regeln und gleichzeitig negativen Kritikpunkte ignoriert. Alles musste einfach aufgeblasen werden und vertraglich losgelöst von Studioeinflüssen konnten die Brüder auch ungehindert hantieren, leider nicht immer zum Besten. 'Matrix Reloaded' ist zu lang und zu überfrachtet und dem Film fehlt die entscheidende Komponente des wahrlich Neuen und des Trend setzenden Überraschungsmomentes.

Keine Frage, dass der zweite Teil um Längen originellen und spektakulärer gemacht wurde als alles andere, was sich im Windschatten des ersten Teiles als Plagiat auf die Leinwand wagte. Dennoch fehlt dem Film der Aspekt des Besonderen und dürfte eigentlich nur als Brücke zwischen dem Anfang und der vielversprechenden Auflösung im Abschlussfilm gewertet werden. Denn war die Vision Neos zu Anfang des Filmes wirklich nur ein Alptraum der sich bewahrheitete, oder ist er doch nur eine Anomalie im Programm die ein Muster in der Matrix erkannte. Auf alle Fälle ist die Neugierde geweckt worden. Ein nicht zufrieden stellendes Upgrade, was aber Lust macht auf die dritte Version. Es ist schon verrückt mit der Matrix.

 


 

Mein Kind vom Mars - The Martian Child

Darsteller: John Cusack, Bobby Coleman, Amanda Peet, Joan Cusack u.a.

Regie: Menno Meyjes; Drehbuch: Seth E. Bass, Jonathan Tolins; Kamera: Robert Yeoman; Bildschnitt: Bruce Green; Musik: Aaron Zigman

USA / 2007, circa 106 Minuten


Der Science-Fiction Autor David möchte einen Jungen adoptieren, den er plant alleine aufzuziehen. Das Vermittlungsbüro hat sogar ein passendes Kind, allerdings mit dem Hinweis‚ ‚Dennis glaubt er käme vom Mars’. David sieht dies weniger als Problem und vertritt die Meinung, das nach allem was der Junge bisher durchgemacht hatte, sollte man ihm diesen Glauben nicht versuchen zu entreißen. David und Dennis finden sehr schnell zueinander und eine wirkliche Vater und Sohn Beziehung beginnt. David könnte nicht glücklicher sein und so scheint es auch für den kleinen Dennis. Allerdings gibt es einige Vorkommnisse die den Autoren verunsichern und während sich die Beziehung zu seinem adoptierten Sohn vertieft, stellt er für sich Überlegungen an, ob die Geschichte vom Mars vielleicht doch…, aber nur vielleicht. Was den abgebrühten Science-Fiction Schreiber dann doch mehr und mehr von der eigentlich absurden Vorstellung einen Jungen vom Mars im Haus zu haben überzeugt, sind diverse Recherchen über ähnliche Aussagen vieler anderer Kinder. Aber wie soll sich der frisch gebackene Vater verhalten, wenn Dennis wirklich…

Das ist die Geschichte von David Gerrold. Eine kurze Geschichte von gerade mal 50 Seiten, welche aus gutem Grund die begehrtesten Literatur-Preise in der Sparte Science-Fiction erhielt, den Hugo und den Nebula-Award. Und wer wäre eine bessere Wahl für die Rolle des Autors, als John Cusack. Es ist der Mann, der in ‚Max’ Adolf Hitler von seiner Künstler Karriere abbringt, der in ‚Fat Man and Little Boy’ die erste Atombombe mit baut, einer der in John Malkovichs Kopf herum spaziert. Und doch ist es so, das alles was David Gerrold in seiner wunderbaren Vorlage zur Verfügung stellte, in einem schwarzen Loch verschwindet. Für John Cusack bleibt nicht einmal der Mann im Mond.

Alles was in Seth Bass’ und Jonathan Tolins Drehbuch Platz findet, ist eine bittersüße Grundidee, welche mit Gerrolds eigentlicher Aussage nichts mehr zu tun hat. Verschwunden ist jeder Aspekt des Fantastischen, jede Aussicht auf etwas Besonderes. Wie eine Supernova schrumpft die Idee zu einem luftleeren Raum in dem sich eine Schar von wunderbaren, herzlichen und attraktiven Darstellern bewegen. Besonders die Duette zwischen den Cusack Geschwistern sind Labsal für die Cineasten-Seele. Doch wozu? Das Buch stellt Davids Bestreben in den Vordergrund, Beweise für die tatsächliche Abstammung Dennis vom Mars zu finden. Der Film verurteilt den Autor dazu, und das im abscheulichen Reglement einer romantischen Komödie, Dennis von seiner hier als Einbildung dargestellten Mars-Fixierung abzubringen. Ist Gerrolds Geschichte Science-Fiction, verglüht der Film als bloßer Herzerwärmer, der dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre nicht standhält. 

Durchweg sympathische Darsteller ringen sich durch eine konventionelle Handlung, die ihresgleichen aber wirklich an jeder Krümmung des Universums findet. Schon in den ersten Minuten tischt einem der Regisseur einen trauernden Autor am Grab seiner Frau auf. Hinzu kommt die mehr als attraktive Freundin der Verblichenen, die sich selbstredend sehr gut mit dem Hauptprotagonisten versteht. Dann gibt es noch ein Kind, welches sich in einem Karton vor andern Menschen versteckt. Das sind die ersten Minuten und wer kann sich da nicht die restlichen 100 Minuten ausrechnen. Trotz des sehenswerten Ensembles, ist dies höchstens ein Film für das erste Date, wenn man gerade mal nicht den Sternenhimmel anschmachten möchte. Wer aber David Gerrolds Vision tatsächlich erwarten sollte, dem werden schnell die Schutzschilde durchbrennen.

mainstream

 


 

Memento:

Darsteller: Guy Pearce, Carrie-Anne Moss, Joe Pantoliano, Mark Boone Jr. Stephen Tobolsky u.a.

Drehbuch & Regie: Christopher Nolan nach der Kurzgeschichte von Jonathan Nolan; Kamera: Wally Pfister; Musik: David Julyan; Filmschnitt: Dody Dorn

USA / 2000 ; circa 116 Minuten

Leonard ist kaltblütig und nicht mehr zu stoppen, Leonard erschießt den Mörder seiner Frau. Das ist der Beginn des Filmes und der Schluss der Geschichte. Letztendlich schließt der Film mit dem Anfang. Und dabei ist alles so einfach.

Leonards Frau wird ermordet, daran kann er sich noch sehr gut erinnern. Doch dann erhält Leonard noch in der Mordnacht einen Schlag auf den Kopf, welcher eines der fünf Gedächtniszentren außer Kraft setzt, nämlich das Kurzzeitgedächtnis. Fortan stolpert Leonard immer wieder über das Problem, das er sich nicht erinnern kann was gerade mal fünf Minuten vorher passiert ist. Etwas hinderlich auf der Jagd nach dem Mörder, aber Leonard weiß in seiner Verzweiflung auch Auswege. Diese Auswege heißen Polaroids und Tätowierungen. Leonard wird den Mörder erwischen, dank der Notizen und Fotos welche er im Laufe der eigenen Ermittlungen machte, und Leonard wird auch richten. So hätte man diese Geschichte in den 50er Jahren verkaufen können und es hätte auch ideale Charismatiker gegeben, um die Rolle perfekt zu besetzen. Aber könnte es nicht auch interessant sein, zu wissen, wer der Mörder ist und dann heraus finden, wie es zu der Tat kam? Christopher Nolan stellt raffinierte Dinge mit der Geschichte seines Bruders Jonathan an. Einen Schritt vor und zwei zurück. Beginnend mit der Auflösung springt der Film zurück und erzählt eine Episode auf der Mörderhatz bis zum Anfang der Sequenz die davor zu sehen war und so setzt es sich 116 Minuten fort. Informationen werden gegeben und mit dem nächsten Sprung zu der Episode davor nicht verworfen, aber in vollkommen neues Licht gerückt. Und es entwickeln sich mit dem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses auch sehr raffinierte Wendungen. In einer Szene rennt Leonard parallel zu einem Unbekannten und versucht die Szenerie für sich zu entschlüsseln, weil er sich nicht erinnert warum er rennt. „Wir rennen, zwei Männer rennen, ich jage diesen Mann,“ betet er sich ständig im Off herunter, „warum jage ich diesen Mann?“ Bis ein Schuss fällt und Leonard sich die Situation richtig erschließt, „nicht ich jage diesen Mann. Er verfolgt mich.“

Leonard ist ein stoischer Charakter, der in Guy Pearce einen exzellenten Darsteller gefunden hat. Viel Mitgefühl darf dieser Charakter allerdings nicht erwarten, er ist kaltschnäuzig, undurchsichtig und sogar gefährlich. Leonard ist keiner mit dem man leidet, keiner bei dem man mitfiebert. Vielmehr ist Guy Pearce die perfekte Dekoration für ein wirkungsvolles Verwirrspiel, bei dem allein die Geschichte von Interesse ist. Mit jedem Sprung dem wir uns dem Anfang der Geschichte nähern, erleben wir als Zuschauer ein erneutes AHA-Erlebnis. Da bleibt wenig Zeit für Charakteren. Carrie-Anne Moss und Joe Pantoliano dürfen etwas mehr aus ihren Figuren heraus holen, aber auch sie sind mehr Teil der Konstruktion, anstatt Sympathieträger.

Grobkörnige, ausgewaschene Bilder bestimmen den Film, unterstreichen die düstere Atmosphäre und tragen dazu bei ‚Memento’ eher als Gesamtkunstwerk zu sehen, anstelle eines ausgeklügelten Konstruktes. Den Vorwurf der konstruierten Künstlichkeit werden sich die Denker hinter dem Werk, Jonathan und Chris Nolan, ebenso gefallen lassen müssen, wie die zu erwartende überschwängliche Begeisterung. ‚Memento’ ist wie zuletzt ‚Sixth Sense’ jener Kategorie Film zu zuteilen, welche bei allen Gruppen von Kinogängern endlose Diskussionen auslösen können. Verhalten sich die einzelnen Episoden wirklich in Kontinuität zueinander? Macht die Geschichte wirklich Sinn. Bei den meisten sind diese endlosen Diskussionen schon vorprogrammiert und sie werden wirklich Spaß machen. Schon deshalb ist ‚Memento’ ein außerordentlich gelungener Geniestreich. Er trägt vielleicht nichts zur Kinogeschichte, oder zum Weltgeschehen bei, aber es ist einer der ganz wenigen Filme, die wirklich nachwirken. Und wer dennoch Unstimmigkeiten in der Kontinuität ausmachen sollte, dem sei gratuliert. Ändern wird es nichts am Reiz und der erfrischenden Originalität des Filmes. Endlich wieder ein Film den man uneingeschränkt empfehlen kann und bei dem anschließende Diskussionen tatsächlich verdient bleiben.

Men in Black II:

Darsteller: Tommy Lee Jones, Will Smith, Rip Torn, Lara Flynn Boyle, Rosario Dawson, Tony Shaloub, Patrick Warburton, Johnny Knoxville und Tim Blaney u.a.

Regie: Barry Sonnenfeld; Drehbuch: Robert Gordon, Barry Fanaro nach den Malibu-Comics von Lowell Cunningham; Kamera: Greg Gardiner; Musik: Danny Elfman; Filmschnitt: Steven Weisberg

USA / 2002 ; circa 88 Minuten

Positive Randbemerkung, Frank ist nicht, wie aus den Trailern zu befürchten war, die nervige Tölle mit Ambitionen zum unlustigen komisch sein. Tim Blaney verleiht mit seiner Stimme dem unansehnlichen Mops Frank subtil differenzierten Charakter. Aber das nur am Rande.

Nebenbei bemerkt, verpasste Regisseur Sonnenfeld keine Gelegenheit darauf hinzuweisen, das sein Film nur so kurz sei, weil er die Darsteller so schnell sprechen und sie dabei möglichst viel agieren liess. Das mag zutreffen, schliesslich hatte Barry schon einmal aus einem 150 Seiten Drehbuch einen Neunzigminüter gemacht. Aber die eigentliche Kürze ergibt sich aus dem perfekten Timing der Darsteller und der grandios, straffen Inszenierung. Was die Handlung nur aufhalten würde, ist gar nicht erst hineingekommen. Man könnte es 'Reduzierung auf das Essenzielle' nennen. Unterhaltung nicht nur pur, sondern auch perfekt. Das nur nebenbei.

Ganz im Vertrauen, ist 'Men in Black II' nicht der Quell unendlichen Einfallsreichtumes. Und das mag, wenn es auch seltsam klingen wird, der Garant des Erfolges sein. Das Bewährte und ins Herz Geschlossene wird neu aufbereitet, geschickt umfunktioniert und geradezu lässig weiter entwickelt. Eine Fortsetzung, die im wahrsten Sinne des Wortes zu nehmen ist und dabei weder besser, noch schlechter als der Vorgänger daherkommt. Die Formel ist schlicht und doch so wahr, wer gefallen an den ersten Abenteuern dieses Science-Fiction-Buddy Movie-Action-F/X Spektakel-Mixes hat, wird auch an diesem Teil seine Freude haben, und wer nicht, sollte einfach nicht in 'MIB II' gehen. Aber dies im Vertrauen.

Mal unter uns, ohne Abspann läuft 'MIIB' gerade 82 Minuten und ist von den Kosten auf Minuten umgerechnet bis Dato das teuerste Leinwand-Spektakel überhaupt. So unter uns.

Men of Honor:

Darsteller: Cuba Gooding Jr.; Robert DeNiro,Aunjanue Ellis, Hal Holbrook, David Keith, Michael Rapaport, Powers Boothe, Joshua Leonard und Charlize Theron u.a.

Regie: George Tillman Jr.;Drehbuch: Scott Marshall Smith; Kamera: Anthony B. Richmond; Filmschnitt: John Carter; Musik: Mark Isham

USA / 2000 , circa 129 Minuten

Man stelle sich einen Film vor, der eine wirklich perfekte Riege an Schauspielern aufwartet, technisch brillante Atmosphäre auf die Leinwand zaubert und mit hervorragenden Bildern hausieren gehen kann. Und man stelle sich den selben Film mit Dialogen wie diesen vor: "Warum tun sie sich das an, Junge?" "Weil sie es mir nicht geben wollen, Sir?"

Das mag sich lächerlich anhören, aber Men of Honor ist in dieser Beziehung der Brüller schlechthin. Eine Lachnummer par excellence. Das liegt weder an den Schauspielern, noch an den technischen Raffinessen. Das allerdings Kaliber wie DeNiro und Gooding Jr. soetwas über sich ergehen lassen, bleibt fragwürdig.

Die Geschichte von Carl Brashear allerdings ist echt. Der erste Schwarze, der sich bei der amerikanischen Navy als Taucher durchsetzen konnte und damit einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen Vorurteil und Rassismus in den späten 50er Jahren über sich ergehen lassen muss.

Brashears Geschichte, und so der Film, beginnt mit Carls Vater, der im tiefsten Süden der U.S. versucht mit einem kargen Feld seine Familie zu ernähren. Als der Sprössling seinem Vater beim pflücken helfen will, schickt dieser den jungen Carls stattdessen in die Schule, mit den Worten "ende nicht so wie ich". Von da an ist für den Zuschauer alles klar und für den Film der Untergang programmiert.

Kein Zweifel, Bobby deNiro hätte einen perfekten Rassisten verkörpert, dazu ist allerdings die Umsetzung des Filmes rasant am eigenem Thema gescheitert. Je mehr sich der Film auf die persönlichen Belange Brashears, oder des Colonel Billy Sunday konzentriert, desto mehr verliert er diese charakterliche Persönlichkeit aus den Augen. Warum Carl mit aller Gewalt der erste Schwarze bei den Navy-Tauchern werden will, bleibt uns verschlossen. Das Brashear unter andernen Soldaten und seinen Ausbildern leiden muss, demonstriert der Film auf die Hollywood herkömmliche, abgelutschte Weise. Wie der Denunzierte im geistigen Sinne damit fertig wird, wird dem Zuschauer schuldig geblieben. Im umgekehrten Sinne, was DeNiros Charakter des Sunday dazu treibt, Brashear das Leben zur Hölle zu machen, wird weit umgangen.

Dafür gibt es wahnsinnig laute Musik, an den passenten Stellen, und im Männlichkeitswahn verfasste Worte, davon reichhaltig. Das die Geschichte von Carl Brashear auf Tatsachen beruht bleibt auch kein Geheimniss und muss auch auf allen möglichen und unmöglichen Wegen verbreitet werden, damit die Kritik nicht allzu hart ausfällt.

Doch es kommt noch viel besser, denn Carl Brashear wird nicht nur der erste schwarze Navy Taucher, er wird auch der erfolgreichste Taucher überhaupt und verliert noch nebenher bei einer riskanten Rettungsaktion unter Wasser ein Bein. Eine Rettungsanzug mit Ausrüstung wiegt schlappe 200 Kilogramm und aus diesem Grunde gab es noch keinen einzigen Taucher, der mit amputiertem Arm, oder Bein seinen Dienst weiter führen konnte. Und von da an wird es kriminell unspannend und der Spaßßfaktor ist am überkochen. Denn kein geringerer als der ehemalige Schleifer Billy Sunday möchte den gnadenlosen Schwarzen dabei helfen, sein Recht als amerikanischen Bürger wahr zu nehmen, trotz fehlendem Gliedmaß mit der Taucherausrüstung nach unten zu gehen.

Der Rest ist Geschichte, schliesslich beruht alles auf Tatsachen. Kann Geschichte wirklich so albern sein?

The Mexican:

Darsteller: Brad Pitt, Julia Roberts, James Gandolfini, Bob Balaban, J. K. Simmons, David Krumholtz, Richard Coca, Michael Cerveris u.a.

Regie: Gore Verbinski; Drehbuch: J. H. Wyman; Kamera: Dariusz Wolski; Filmschnitt: Craig Wood; Musik: Alan Silvestri

USA / 2001 ; circa 123 Minuten

Als die Lombart zusammen mit Gable die Leinwand beherrschte, wo 'Es geschah in einer Nacht' als erster und lange einziger Film alle fünf Oscars in den Hauptkategorien abgraste, da war eetwas einzigartiges geboren. Nichts was man als Genre begreifen konnte, nicht was man rationell erklären konnte. Auf einmal gab es Traum-Paarungen die Heerscharen von Menschen weit über den üblichen Kinogänger hinaus fesselte. James Dean und die Taylor rissen die Welt zu Jubelstürmen hin. Doris Day und Rock Hudson wurden zu gefeierten Institutionen. Über die Hepburn und Tracy braucht man gar nicht erst ein Wort verlieren. Und wie stockte der Welt der Atem, als der Kindskopf Hanks auf die ewige Süße Meg Ryan traf. Es gibt Konstellationen die schlicht und ergreifend aufgehen, wo man nicht einfach nur die Chemie, sondern geballte Energie spüren kann. Warum sollte das bei jedermann Liebling Pitt mit our Girl Julia anders sein. Und wie es funktioniert. Dabei stellt Autor Wyman die Formel fast schon absurd auf den Kopf. Sie streiten was das Zeug hält und sind die wenigste Zeit des Filmes überhaupt zusammen. Der richtige Film am falschen Ort. Das erstaunlich wenige Zuschauer 'The Mexican' sehen wollten lag nur am äusserst lauen Kino-Frühling in Amerika. Das Publikum war von Versprechungen über Versprechungen enttäuscht. Trotz der niedrigen Einspielergebnisse, schnitt das Traumpaar Roberts-Pitt entgegen allen andern viel besser ab. Die Formel funktionierte nach wie vor. Die Chemie stimmte. Die Rechnung ging wenigstens im ideologischen Sinne auf.

'The Mexican' ist neben seiner überaus gelungenen Besetzung einer der skurrilsten und eigenwilligsten Komödien seit 'Being John Malkovich'. Nicht der verbale Witz, oder schauspielerische Unfug dominieren diesen Film, sondern die beneidenswert leichfüssige Regie Gore Verbinskis, der ein vielfach verschachteltes Drehbuch wie selbstverständlich leichterhand inszeniert hat. Während der eher naive Gauner Jerry (Pitt) als sogenannten letzten Job eine alte, mit Mythen beladene Pistole, Mexican genannt, von Mexico nach USA schmuggeln soll, wird seine Freundin Samantha (Roberts) auf dem Weg nach Las Vegas entführt, um Jerry beim Pistolen-Handeln etwas auf die Sprünge zu helfen. Da nützt es wenig, das Samantha verzweifelt ihrem Entführer Leroy (Gandolfini) versucht zu erklären, das sie mit Jerry gar nicht mehr zusammen sei. Wie in einem ausgeklügelten Roman, wechselt der Film von Kapitel zu Kapitel, von Las Vegas in das mexikanische Nest und wieder zurück. Eigentlich könnte man glauben, zwei verschiedene Filme gleichzeitig zu sehen, weil jeder Handlungsstrang eine eigenständige Geschichte erzählt. Und doch fügt sich alles wundervoll ineinander. Auf der einen Seite der glücklose Jerry, der von keinem Mexikaner, selbst wenn er eine Pistole in der Hand hält, wirklich ernst genommen wird. Auf der anderen Seite Samantha, die durch ihre eigene scheinbar unglückliche Liebe zu Jerry bei ihrem Entführer vollkommen unerwartete Gefühle freilegt. Wahllos eingestreut werden immer wieder verschiedene Variationen der Geschichte der Pistole in Stummfilm Manier gezeigt. So öffnet sich auf einmal eine dritte eigenständige Geschichte, die erst mit der letzten Rückblende dieser Art, unerwartet den Kreis von Samanthas und Jerrys Beziehung schliesst. Weit gefehlt, wer denkt, das Helden und Zuschauer einfach nur leichteKost vorgesetzt wird. Das eine oder andere mal wird mit Situationen aufgewartet, mit denen man am allerwenigsten gerechnet hat. Aber Sinn macht es am Ende doch immer wieder und fügt sich zu einem vergnüglichen Ganzen.

Das 'The Mexican' zu einem tatsächlich geglückten Ereigniss wird, sollte man nicht einzig Roberts, Pitt und auch dem wirklich genialen Gandolfini alleine überlassen. Dariusz Wolski hat mit aussergwöhnlichen Weitwinkel Perspektiven eine sehr sympiothische Atmosphäre zu den haarsträubenden Geschichten geschaffen. Wolski hat auch die verschiedenen Handlungsorte sorgsam in seiner Bildsprache getrennt. Zudem kann sich Alan Silvestri mit einem perfekt abgestimmten Soundtrack behaupten, der nie die Stimmung dirigiert, aber die Atmosphäre wundervoll verdichtet.

Man sollte gewarnt sein, das 'The Mexican' niemals als durchgängige Komödie funktioniert, auch nie als ernstzunehmende Gangsterballade. Er ist auch nicht das Paradebeispiel einer fürs Herz betonten Romanze. Aber gerade darin liegt sein besonderer Reiz, das ist die Art was alles am Laufen hält, die Protagonisten sympathisch macht und ein etwas anderes Kinovergnügen verspricht. Natürlich ist es in erster Linie der Film, der die zwei angesagtesten Namen des neuen Hollywood zusammen bringt. Und vielleicht weil man so große Erwartungen in eine Paarung wie dieser setzt, konnten sie gar kein besseres Drehbuch finden. Und es weckt erinnerungen an die romantischste aller romantsichen Komödie, die sich im Grunde vollkommen von 'The Mexican' unterscheidet, aber wieviel Zeit verbringen Ryan und Hanks in 'Schlaflos in Seattle' gemeinsam vor der Kamera? Es ist eben die Chemie, die sich in Energie entlädt.

 


 

Miami Vice

Darsteller: Colin Farrell, Jamie Foxx, Gong Li, Naomie Harris, Ciaran Hinds, Justin Theroux, Barry Shabaka Henley, Luis Tosar, John Ortiz, Elisabeth Rodriguez

Regie & Drehbuch: Michael Mann; Kamera: Dion Beebe; Musik: John Murphy; Bildschnitt: William Goldenberg, Paul Rubell

USA / 2006; ca. 132 Minuten

In der Tat, das neue Pastell ist Schwarz. Das schreibt ein Autor des Branchenblattes Variety und damit trifft er…, genau, ins Schwarze. Doch stelle ich mir die Frage, kann denn die Kinofassung einer alten Fernsehserie wirklich so gut werden, wie es all die anerkannten Kritiker durch die Bank weg bekunden? Ich würde gerne dagegen sprechen, denn so sehr bin ich von der Atmosphäre hin und her gerissen, überwältigt von der Kraft der Bilder und begeistert, wie man mit so wenig Handlung so effizient einen Film stemmen kann. Wird sich am Ende heraus stellen, dass Michael Mann doch nur ein Blender ist?

‚Miami Vice’ war so etwas von jenseits von Gut und Böse. ‘Miami Vice’ war so cool, und dabei so unfreiwillig komisch. ‚Miami Vice’ war etwas, das man nicht am Tag danach diskutierte, nicht wie man ‚Dallas’, oder ‚Magnum’ zur Sprache brachte. ‚Miami Vice’ war etwas, das man genauso unfreiwillig lebte. Ohne Socken und ohne Kragen, Hauptsache den sitzenden Armani um die Schultern. Michael Mann war damals als Produzent dabei, als Anthony Yerkovich die Serie aus der Tauf hob. Zwanzig Jahre später, hat Michael Mann das Ruder übernommen und Yerkovich produziert. Was jetzt dabei heraus kam, ist genau in Tradition und Atmosphäre der Serie. Und es ist dennoch etwas ganz anderes dabei heraus gekommen.

Augenmerklich sorgt Dion Beebe für den neuen, und doch so vertraut hippen Look des Filmes. Zugegeben, mich hat Beebes Arbeit bei ‚Collateral’ wesentlich mehr beeindruckt, aber das kam einfach daher, das er der erste war, der die Möglichkeiten einer HD 24p Kamera wirklich zu benutzen verstand. Und so muss es auch sein, das die digitale Revolution nicht das Budget herunter schraubt, sondern neue optische Reize anspricht. Das neue ‚Miami Vice’ ist nicht mehr das Sonnen durchflutete Florida, es ist ein in hauptsächlich nächtlicher Atmosphäre spielendes Drama, das Dank Michael Manns Innovationen neue Perspektiven im Action-Genre schafft. Da jubelt das Cineasten-Herz, wenn in tiefer Nacht noch Wolkenstrukturen und Wetterleuchten zu erkennen sind, die Darsteller ohne künstliche Lichtquellen gut aussehen dürfen und das digitale Bild dennoch nach brauchbaren Kinoformat aussieht.

Manns selbst geschriebenes Drehbuch, kommt in der Inszenierung sofort zur Sache. Tönende Club-Beats und heiße Stimmung. Kein Vorspann, keine erklärenden Dialoge. Rein in die Action, die einen sofort mit reißt. Das funktionierende Zusammenspiel der Undercovercops Ricardo Tubbs und Sonny Crockett, wird schon zu Anfang bei einer ersten Handgreiflichkeit verdeutlicht. Da bleiben keine Fragen mehr. Lose orientiert sich die Handlung an der Geschichte des Pilotfilmes der Serie. Doch aufgepasst, die Serie war im Grunde genommen nur eine vielfältige Variation ein und derselben Geschichte. Diesen Film tut es scheinbar keinen Abbruch, was mich dennoch stutzig macht, denn so richtig vorwärts marschiert dieser Film nicht. Im Gegenteil, er lässt sich Zeit, sehr viel Zeit. Michael Mann beobachtet seine Figuren, die Charaktere machen sich mir durch Blickwechsel und Gedankenpausen vertraut. Und sie kommen dabei verdammt cool rüber. Das ist eben der Geist der Serie, der hier nicht durch eine festgeschriebene Sendezeit beeinträchtigt wird.

Zugegeben, irgendwie erwartete ich schon einmal mit Bombast eingespielte Neuinterpretation von Jan Hammers Serien Themen, aber die bleiben aus, was dem Ganzen wirklich keinen Abbruch tut. Dafür peitscht sich der Soundtrack von einer R&B-Nummer zur nächsten, da hämmern die Club-Beats und letztendlich tut sich doch ein bisschen Nostalgie auf. Eine neue Version von Phil Collins ‚In the air tonight’ erinnert an damals. Mit ein wenig Recherche wäre herauszufinden, ob es nicht sogar auch im Pilotfilm zu hören war, aber eigentlich ist auch das egal. Collins wummernde Ballade, wurde zum Synonym der guten Cops, die immer die Bösen geben müssen.

Michael Mann ist sich treu geblieben. Mit einem Alter von über Sechzig Jahren, kauft er immer noch denjenigen den Schneid ab, die glauben bei Werbefilmerei und MTV die Weisheit des populären Kinos gefressen zu haben. Ich war schockiert, wie brutal noch ein Unfall mit LKW aussehen kann, ohne Menschen, oder Innereien durch die Gegend fliegen zu sehen. Oder wer schafft es noch, den Zuschauer nicht als Zeuge, sondern als Opfer in eine Schiesserei zu versetzen? ‚Miami Vice’ ist keine endlose Aneinanderreihung Aufsehen erregender Action. Action ist hier eher sparsam zu titulieren, aber äußerst effektiv. Der Rest gehört Foxx und Farrell, mit ihnen steht und fällt diese fremde Welt von Drogen und Waffenschieberei, von harten Jungs und leichten Mädchen. Keiner von beiden muss sich eine Träne aus der Drüse drücken, oder salbungsvolle Worte vom Stapel lassen. In dieser eben für mich fremden Welt, machen sie mir das Milieu vertraut und glaubhaft.

Das Rolling Stone Magazine schrieb dazu, man solle die TV-Serie vergessen, Mann hat ‚Miami Vice’ für das Kino neu erfunden. Hat er das wirklich? Ich möchte keine Aussage darüber treffen, ob Michael Mann nicht doch ein visueller Blender ist, der sich auf Althergebrachten ausruht. Nein, dazu hat er mich zu sehr in den Bann gezogen, mich mitgerissen und auch leiden lassen. Der Film ist lange kein Meisterwerk und auch nicht die neue Definition des Action-Kinos, aber er ist verdammt cool.

mainstream


Michael Clayton

Darsteller: George Clooney, Tilda Swinton, Tom Wilkinson, 
Sydney Pollack, Michael O’Keefe u.a.

Regie und Drehbuch: Tony Gilroy; Kamera: Robert Elswitt; 
Bildschnitt: John Gilroy; Musik: James Newton Howard

USA / 2007; circa 120 Minuten


‚Ich bin nicht der Feind‘, beschwört Michael Clayton seinen 
langjährigen Freund. Eine schnelle, weil reflexartige Erklärung. 
‚Wer bist dann?“ kommt die Frage zurück.

Am Ende des Filmes wird Michael Clayton die Antwort wissen. Bis 
dahin verfolgt man einen vom schnellen, anfangs erfolgreichen 
Leben gezeichneten Mann, eine von Ängsten geplagte Anwältin, 
einen durchgedrehten Anwalt und einen Chef, dem all diese 
Umstände nicht das Geringste bedeuten.

Um ‚Michael Clayton‘ einen Thriller zu nennen, ist er vielleicht 
etwas zu langsam. Aber das heißt lange nicht er wäre behäbig. Er 
könnte ein Krimi sein, doch dafür weiß man als Zuschauer zuviel. 
Aber er bleibt dennoch durchweg spannend. Vielleicht ist er ein 
Sozialdrama. Alle Figuren in ‚Michael Clayton‘ sind Menschen, die 
sein müssen, was ihrem Charakter nicht entspricht. Der eine 
möchte kein Held sein, der andere geht am Held sein zugrunde. 
Michael Clayton ist jedenfalls ein Mann, der von seinem eigenen 
Leben überholt wurde und der jedem gerecht werden möchte, weil 
er sonst keine Chance mehr hat. 

Als Rechtsbeistand für besondere Fälle erledigt Clayton für eine 
große Kanzlei die unsicheren, schmutzigen Fälle. Er arbeitet im 
Hintergrund und auch im Untergrund. Und weil er das nicht tun 
möchte, hat er seine Fühler in andere Richtungen ausgefahren und 
ist dabei fürchterlich abgestürzt. Sein bester Freund ist Arthur 
Edens, und der ist einer der großen Spieler im Anwaltsgeschäft, er 
ist erfolgreich. Darüber zerbricht er, verliert den Verstand, weil er 
auch nicht tun möchte, was er macht. Denn Arthur Edens weiß um 
das Unrecht seiner Klienten und könnte sie doch so problemlos 
zum Freispruch führen.

Niemand in diesem Film ist frei und das ist seine eigentliche 
Handlung. Natürlich geht es um geheime Papiere, unsichere 
Zeugen, Verschwörungen und Ausbeutung, aber dabei stehen nicht 
nur die Figuren im Vordergrund, sondern deren Charakter. Das ist 
das Besondere an ‚Michael Clayton‘, ein Film der sich nicht 
kategorisieren lässt, ein Film denn man sich aber auch schwer 
entziehen kann. Freiheit ist keinem von ihnen gegeben und 
plötzlich stehen da in freier Wildbahn drei Pferde, keine 
Umzäunung, kein Zaumzeug. Auch kein Cowboy, der die Drei 
erbarmungslos zu bändigen versucht. Ein wunderbares, aber auch 
verstörendes Symbol für die vier Hauptfiguren. Ein Symbol, das 
am Ende dem Charakter Clayton das Leben rettet.

Es ist kein einfacher Film, aber hervorragend geschrieben, in 
Szene gesetzt und gespielt. Einmal mehr zeigt sich George 
Clooney, das seine wahre Bestimmung in Produktionen wie ‚Good 
Night And Good Luck‘, ‚Syriana‘, oder ‚Solaris‘ liegt. ‚Michael 
Clayton‘ gehört zweifellos dazu. Auch Tilda Swinton ist 
unbeschreiblich gut in ihrer eher kleinen Rolle, welche sie aber mit 
all ihrem Können erfüllt. Tom Wilkinson Spiel ist das krönende 
Sahnehäubchen, mit seiner Verwundbarkeit und dem Irrsinn, dem 
er verfallen ist. Und unmerklich im Hintergrund agiert Regisseur 
Sydney Pollack mit einer stoischen Geradlinigkeit, die keine 
Zweifel aufkommen lassen, wer im ganzen Spiel das Sagen hat.

Tony Gilroy hat nach seinen drei ‚Bourne‘ Drehbüchern einen 
weiteren Film geschrieben, der sich voll und ganz der 
Glaubwürdigkeit seiner Figuren verschrieben hat. Waren die einen 
Adrenalin versetzte Action-Thriller, glaubt man bei ‚Clayton‘ er 
hätte den Rückwärtsgang eingelegt. Doch die ganz große Stärke 
an seiner selbst übernommenen Regie, ist der hier so greifbare 
Nähe zu den Figuren und die Zeit, die er sich für sie nimmt. 
Sympathien verteilt Gilroy keine, selbst wenn die Geschichte klare 
Abläufe von Recht und Gerechtigkeit aufweist. Und letztendlich ist 
‚Michael Clayton‘ doch ein Thriller, und er ist auch Krimi, sowie 
Kammerspiel und Drama. Aber er hat auch sehr viel 
hintergründigen Witz. Wie empfiehlt sich also ein Film, der soviele 
Eigenschaften auf sich vereint und doch ganz anders ist? Er ist 
sehr ungewohnt und oftmals doch vertraut. Er ist in ungewohnter 
Ruhe erzählt und gleichzeitig intensiv mitreißend. Er ist eine 
sehenswerte Ausnahmeerscheinung.

‚Man hat mir erzählt, sie wären der Wunderheiler,‘ empört sich 
einer über Claytons Methoden. 
‚Da hat jemand etwas falsch erzählt, ich bin der Hausmeister, der 
hinterher den Dreck wegräumen muss,‘ erwidert George Clooney 
mit gefrorener Miene. In diesem Augenblick glaubt man den Weg 
des Filmes bereits zu kennen, weil Dergleichen schon altbekannt 
wirkt. Doch von da an, ist ‚Michael Clayton‘ gespickt mit 
Überraschungen, weil er sich so vertraut und doch so ganz anders 
entwickelt. Man müsste ihn schon gesehen haben, um die 
Faszination zu begreifen, weil sich der Hausmeister schließlich 
doch als Wunderheiler entpuppt.

mainstream

 


 

MILLION DOLLAR BABY

Hilary Swank, Clint Eastwood, Morgan Freeman, Anthony Mackie, Jay Baruchel, Lucia Rijker, Brian O'Byrne

Regie: Clint Eastwood; Drehbuch: Paul Haggis nach Geschichten von F. X. Toole; Kamera: Tom Stern; Filmschnitt: Joel Cox; Music: Clint Eastwood

Warner Bros.; ca 132 Min.

Als vor 74 Jahren Wallace Beery einen Oscar als bester Darsteller und Frances Marions Drehbuch eine Goldstatue für die beste Geschichte von "The Champ" abräumten, wurde mit dem Boxen für Hollywood ein neues Genre geboren. Boxerfilme sind nicht mit dem herkömmlichen Sportlerfilm zu vergleichen. Wie das Boxen selbst, gehorcht dieses Subgenre ganz eigenen Regeln. Diese Regeln sind auch gewisse Garanten um ein Publikum zufrieden zu stellen. So scheint es.

Der Boxer steht seinem Kontrahenten Auge in Auge gegenüber. Keine Strecke trennt ihn von seinem Gegner, er muss niemanden hinterher fahren, sich nicht im Gruppenspiel beweisen. Die Boxer haben nichts weiter wie sich selbst und dies auf die geringste mögliche Distanz. Natürlich würde John Irving das Ringen dagegen stellen, aber man ist beim Film und Ringen bringt der Kamera genauso wenig Überwältigendes, wie dem Zuschauer an Spannung. Es ist eben die sichtbare Gewalt, die ungebändigte Kraft, welche dem selbstverständlichen Vouyerismus in uns so entgegen kommt. Und es ist von Mann zu Mann, oder eben von Frau zu Frau. Wieder ein entscheidender Unterschied, zum Beispiel zum Football.

Auch Charles Chaplin hat einige herrliche Kapriolen im Ring und mit Boxhandschuhen geschlagen, aber der "Champ" von King Vidor war etwas völlig neues, etwas völlig anderes. Der Boxerfilm, nie also solcher konzipiert wie Coming-of-Age Komödien, oder Rache-Epen, ist gleichzeitig auch ein ansprechendes, wie fesselndes Melodram. Vielleicht gibt es die kleine Ausnahme mit "Here comes Mister Jordan", die Geschichte ist besser bekannt vom Remake "Heaven can wait - Der Himmel kann warten" mit Warren Beatty. Und schon im Remake schreckte man vor dem Boxer zurück und machte aus dem Hauptcharakter einen Footballspieler.

Es geht um verlorene Seelen, heruntergekommene Individuen, verschlossene Menschen. Der Boxer ist meist ein sozial nieder gestelltes Wrack, innerlich, oder äußerlich, oder auch beides. Was durchaus seine Berechtigung hat, schließlich ist das soziale Umfeld von Boxern, oder eben den Trainingshallen ziemlich weit unten. Scorseses "Raging Bull - Wie ein wilder Stier", Robert Wise' "Somebody up there likes me - Die Hölle ist in mir", oder Mark Robsons "Champion" mit Kirk Douglas. Es sind die wahren Geschichten der lebenden Legenden Jake LaMotta, Rocky Graziano, oder Midge Kelly. Sie werden als Mensch sich selber als Sportler gegenübergestellt, und mit dem boxen von ihrer inneren Zerrissenheit befreit. Clint Eastwood stellt seine fiktive Boxerin Maggie und ihren Trainer gleich gegen vier emotionale Fronten und geht damit wieder einen Schritt weiter. Oberflächlich gesehen gleicht natürlich ein Boxerfilm dem anderen, aber eben nur an der Oberfläche und das macht sie so interessant. Eine echte Herausforderung für Filmemacher und Bereicherung für das Publikum.

Natürlich ist der Schwergewichtsmeister dieses Genres kein geringerer als Rocky Balboa, bei dem sich die komplette Geschichte durch das Boxen definiert. "Rocky" gehört mit seinen 10 Oscar-Nominierungen zu den Krönungen der Filmgeschichte, was natürlich kein Filmkritiker wagen darf zuzugeben. Tatsächlich verdichtete Stallones Geschichte des Underdogs Balboa den Film auf das Konzentrat des Sportes an sich. Das war neu und es war sehr gewagt, ein eigentlich unbescholtener Charakter dessen einziger Makel und Lebenszweck der Titelkampf ist. Eine schlichte, aber nachvollziehbare Thematik, die auch Eastwood wieder aufgegriffen hat. Stallone allerdings hat mit Hilfe des Regisseurs John Avildsen das Gefühl für den Sport mit einem Charakter dargestellt. Eastwood dagegen nutzt den Sport als Leinwand um einen Charakter zu zeichnen. So gleicht doch ein Boxerfilm dem andern, und sie sind alle so verschieden.

"Rocky" gewann 3 von seinen zehn Kategorien, wenn man den Oscar als Leitfaden und Maßeinheit gelten lässt. "Der wilde Stier" holte sich 2 von 8, "Mister Jordan" 2 von 7, "Champion" einen von 6, "The Champ" 2 von 4 und die Liste könnte noch ausführlicher sein. Aber Tenor ist allemal, das Hollywood und auch das Publikum die Melodramen mit dem Boxsport als Hintergrund liebt. Meg Ryan ist mit Charles S. Duttons "Against the Ropes - Die Promoterin" aus demselben Gründen ausgezählt worden, wie jeder unsinnige Nachfolgefilm von "Rocky". Es wird geboxt um des Boxens Willen, und es wird gewonnen um des Triumphes Willen. Filme die ihren eigenen Hintergrund nicht verstanden hatten. Manchmal wäre etwas Plagiat doch sinnvoll. "Rocky" hat am Ende doch verloren, aus dem "wilden Stier" wurde ein gebrochener Fettsack. Sieben Nominierungen für "Million Dollar Baby" waren eine logische Konsequenz aus der Geschichte der 'Academy Awards'.

Frankie Dunn (Eastwood) ist ein vom Leben enttäuschter Mann, dem ein Boxstudio gehört. Die wöchentlichen Briefe an seine Tochter kommen ungeöffnet zurück an Absender und seinen einzigen verheißungsvollen Boxer hat er eben an einen aggressiveren Promoter verloren hat. Der Laden läuft gerade so und mit Hausmeister Eddie (Freeman), dereinst selbst einmal Boxer, verbindet Frankie eine sehr lakonische Freundschaft. Die innere Unruhe von Frankie macht sich durch tägliche Besuche in der Kirche sichtbar, bei denen er den Pfarrer stets mit Sinnfragen quält. Maggie Fitzgerald (Swank) ist die aufstrebende Boxerin, welche sich Frankie aus zwei Gründen weigert zu trainieren: Sie ist eine Frau und mit 31 schon viel zu alt. Wie Clint Eastwood sich selbst und seine Mitstreiter durch das Drehbuch von Paul Haggis führt, wie er Stimmungen und Charaktere beschreibt, ohne dies in schwere Dialoge verpacken zu müssen, ist ein selten gewordenes Gut. Als Regisseur versteht er es, allen Szenen etwas Leichtes, schon vertraut Echtes zu verleihen. Und doch schwebt immer diese Brise Melancholie über die Leinwand, die aber niemals belastet, dafür sehr neugierig macht.

Natürlich bringt die hartnäckige Kellnerin Maggie den anfänglich ebenso starrsinnigen Frankie dazu sie zu trainieren. Bereits nach zwei Jahren ist Maggie bereit für die ersten Kämpfe. Ihr Weg geht steil nach oben, immer gegen die Anweisungen des Trainers handelnd. Eastwood hat einen so derart einfühlsamen Blick für seine Charakteren, daß man sehr schnell an kurzen Blicken, versteckten Gesten und belanglosen Dialogen die Seelenverwandtschaft von Frankie und Maggie begreift. Da fallen selbst einige Standartsituationen, wie der angehende Boxer Danger (Baruchel), nicht unangenehm auf. Es hat sich ein starkes Team zusammengefunden für diesen Film. Als ein kompaktes Stück präsentiert Eastwood seine 27. Regiearbeit und selbst bei der geschichtlichen Wendemarke und dem emotionalen Höhepunkt versagt nicht der strikte Kurs an den geistig gestärkten Figur verrät sie nicht mit platter Rührseligkeit, oder brutalem Schmerz. Die Figuren, die Geschichte, das Verständnis dafür, es bleibt alles real und es mag für den Zuschauer an vielen Stellen unbequem werden, aber nachvollziehbar.

Besonders auffällig ist im Rahmen dieses in sich vollkommen schlüssigen Werkes Tom Sterns Kameraarbeit. Alle Motive sind, wenn durchaus auch künstlich aufgehellt, in dichter, realistischer Atmosphäre gehalten. Dabei schrecken die Bilder auch vor schattigen Gesichtern nicht zurück. Es ist kein 'Film-Noir' artiges Spiel mit Licht und Schatten, sondern eine markant verstärkte Reflektion von Umgebung und Handlung. Stern, wie Eastwood, versteht es hervorragend dieses exzellente Stilmittel auf den Punkt und ohne lästige Übertreibungen einzusetzen. Aber den technischen Höhepunkt erreicht Joel Cox mit einem seines Gleichen suchenden Schnitt. Selten zeigt sich ein Film mit einer derart präzisen Kontinuität in den Szenen. Dabei knüpft, beabsichtigt, oder nicht, auch dieser Boxerfilm an eine gewisse Tradition an. Zu den häufigsten Nominierungen in diesem Genre gehört der Filmschnitt. Filmschnitt nicht allein in den Kampfszenen, sondern als unterschwelliger Rhythmus für die gesamte Stimmung des jeweiligen Filmes. "Rocky", "Raging Bull", oder auch Champion wurden mit dem Goldjungen für den Bildschnitt geehrt. Auch das "Million Dollar Baby" wurde in der Kategorie nominiert, verlor aber unberechtigt gegen "Aviator".

Mit den Schauspielern hatten aber jene besagten Filme im Gesamten wenig Glück. Auch hier bildet "Baby" wieder eine wohl verdiente Ausnahme. Neben dem Nominierten Eastwood und dem Gewinner Freeman ist Hilary Swank unumstritten die Ausnahmeerscheinung. Nicht nur spielerisch, auch körperlich ist Swank eine Offenbarung, die Dank der Perfektion der Regie nie höher zum tragen kommt, als es das Gesamtkonzept des Filmes zulässt. Die bereits mit "Next Karate Kid" gut trainierte Schauspielerin fügt sich physisch glaubhaft und sehr präsent in den Charakter einer aufstrebenden Boxerin, ebenso überzeugend wie psychisch als White-Trash Kind mit den großen Ambitionen.

"Million Dollar Baby" ist unbestritten ein Meisterwerk, das sich einen der besseren Plätze in der Reihe seines besonderen Genre verdient hat. "Ali", "Great White Hope", "Body and Soul" und all die anderen schon genannten filmischen Besonderheiten haben in ihren Reihen ein weiteres Juwel dazu gewonnen. Was man von Clint Eastwood als Regisseur noch zu erwarten hat, bleiben bestimmt neue Herausforderungen. Es war für den ehemals harten Dirty Harry ein langer Weg von den sinnentleerten Action-Streifen eines "Outlaw Josey Wales", oder "Firefox" zu den sensiblen Einblicken in die Musik für "Bird", und noch weiter in die gnadenlose Konsequenz von "Mystic River". "Million Dollar Baby" geht in Reife und ohne Konventionen durchaus einen Schritt weiter. Eastwood riskiert viel und ein in diesen Kinozeiten unterversorgtes Publikum muss ihm einfach dankbar sein. King Vidor ahnte sicherlich nichts davon, als er "The Champ" drehte. Doch war es unbestritten der Grundstein dafür, das Boxen selten etwas mit dem Sport an sich zu tun hat. Es ist der Kampf von Angesicht zu Angesicht und dies selten mit dem Gegner, sondern mit den inneren Dämonen, welche die Figuren heimsuchen. Charakteren die Rocky Graziano, Muhammed Ali, oder auch Jack Jefferson heißen. Oder Maggie Fitzgerald und Frankie Dunn.

mainstream

.

.

Miss Undercover:

MISS CONGENIALITY

Darsteller: Sandra Bullock, Michael Caine, William Shatner, Benjamin Bratt, Ernie Hudson, John DiRista, Candice Bergen u.a.

Regie: Donald Petrie; Drehbuch: Marc Lawrence; Kamera: Laszlo Kovacs; Musik: Edward Shearmur; Filmschnitt: Billy Weber

USA/2000; circa 111 Minuten

Dieses Vehikel ist zurecht als solches zu bezeichnen, über dem der Name Sandra Bullock größer und heller scheinen müßte als der Titel des Filmes selbst. Das hat auch einen guten Grund, und der ist nicht die Beziehung des Regisseurs zu seinem Star, sondern die Produzentin Bullock selbst. Und wie schon bei Forces of Nature, oder auch 28 Days zwängt sich Sandra Bullock in Rollen in denen sie sich viel zu viel abverlangt und dem Zuschauer zuviel zumutet. Bei Ersterem, einer Komödie, liessen sich die dramatischen Einlagen nicht vermeiden, so wie bei dem ausgerufenem Drama immer noch Bullocks verträumte Komödienseele zu Tage trat.

Als FBI Agentin muß sich Gracie Hart (Bullock) nicht nur gegen eine harte Männerwelt durchsetzen, sondern bei einem Einsatz auch noch gegen ihr selbst beigebrachtes Schmuddelimage. Ein radikaler Bombenleger will die Wahl der Miss United States mit seinen Kunststücken überraschen und so wird das hässliche Entlein ratz fatz zum Schwan hoch getrimmt und als Miss New Jersey auf den Laufsteg geschickt. Undercover, natürlich. Das Problem bei all dem schicken Aufwand und der teueren Charade ist einfach Donald Petries langweilige Regie eine mächtige Stolperfalle. Mal will er Action inszenieren, dann wieder oberflächliches Melodram und das alles gewürzt mit eher altbackenen Humor. Je mehr der Film angestrengt versucht zu behaupten, solche Miss Wahlen seien keine Diskriminierung der Intelligenz von Frauen, umso tiefer drückt er seine Hauptdarstellerin ins passente Klischee, sie würde mehr zur lächelnden Zahnpastawerbung taugen, als zur weiblichen Repräsentantin in einem mutmasslichen Männerjob.

Ist Bullock witzig, dann darf sie es mit ein paar abgedroschenen Slapsticks sein, und spätestens da hätte bei ihr als Produzentin der Groschen fallen müssen, anstatt sich noch mehr zwischen verschiedenen Genres bewegen zu wollen. Die wirklichen Knaller hat alleinig Michael Caine auf sich vereint, der für sich alleine das Eintrittsgeld wert ist. Brillant wie er mit seiner britischen Grazie die Leinwand erfüllt und diese auch beherrscht, ohne allerdings wirklich in den Vordergrund gedrängt zu werden. Zwischem Caine und Co-Darsteller Benjamin Bratt wird klar, welche Welten charismatische Darstellerkunst und heutiger darstellerischen Oberflächlichkeit trennen.

Und wenn schon die Geschichte der Wandlung vom Entlein zum Schwan herhalten muss, hätte man von Kameramann Laszlo Kovacs wesentlich mehr erwarten können, als nur matte Bilder und künstlich routinierte Aufnahmen. Nicht umsonst hat Kovacs es soweit gebracht, da verwundert es, das er eher einfallslos, als bildstark, den Zuschauer versorgt.

Alles in allem ist der Film gerade tauglich für eingefleischte Sandra Bullock Fans und Freunde Michael Caines, die leichte und wirklich anspruchslose Unterhaltung vertragen können. Ansonsten schiesst Miss Congeniality weit an ihren Fähigkeiten vorbei. Die Ansätze sind Sprübar, das Personal vorhanden. und der regiesseur erstickt alles in einem Brei von altbewährten Krimikomödien.

.

.

Mission: Impossible III

Darsteller: Tom Cruise, Philip Seymour Hoffman, Ving Rhames, Billy Crudup, Michelle Monaghan, Jonathan Rys Meyers, Maggie Q, Keri Russell, Laurence Fishburne und Simon Pegg
Regie: J.J. Abrams; Drehbuch: Alex Kurtzman, Roberto Orci, J.J. Abrams; Kamera: Dan Mindel; Bildschnitt: Mary Jo Markey, Maryann Brandon; Musik: Michael Giacchino mit dem Leitmotiv von Lalo Schifrin
USA / 2006; circa 125 Minuten


Dieser Film sollte das Action-Genre verändern. Mit Sicherheit hat er dies nicht, aber er setzt die Marke des unmöglichen Auftrages um einiges höher. War Teil eins unter Brian De Palma eine Tour de Force an Spannungsmomenten und John Woos zweiter Teil eine hochstilisierte Reizüberflutung optischer Glanzleistungen, entdeckte J.J. Abrams eine weitere Variante um die Serie nicht nur am laufen zu halten, sondern auch besser werden zu lassen, ohne den Reiz der Vorgänger zu schmälern.

Meisteragent Ethan Hunt (Cruise) hat sich zurückgezogen und arbeitet, denkt er, nur noch als Ausbilder für die IMF, die Impossible Mission Force. Der Film steigt mit einer Party ein, die Ethan und seine zukünftige, aber ahnungslose Braut Julia (Monaghan) geben. Für sie, ist Ethan ein gefestigter mann mit einem etwas langweiligen Beruf. Schon hier zeigen sich die Stärken von Regiesseur Abrams, der es schafft bei dieser eigentlichen Alltagssituation Spannung zu halten, mit Geheimnissen zu spielen und alles auch noch sehr real zu inszenieren.

Über den visuellen Stil von Kameramann Dan Mindel werden sich Puristen und Cineasten des modernen Kinos schnell in die Haare bekommen, da der Handkamera Effekt einmal mehr bei einem Actionfilm bis aufs Äußerste ausgereizt wurde. Aber einen verträglichen Mittelweg zu finden scheint heutzutage auch ein unmöglicher Auftrag.

Abrams Regie ist atemberaubend dicht und Cruise bewegt sich von Sequenz zu Sequenz wie ein tasmanischer Teufel. Es ist jederzeit spürbar, wieviel physische Leistung Cruise in seine Rolle eingebracht hat. Der Hubschrauberkampf in einem Windrad-Park, die Attacke auf einer Brücke, oder der Einbruch in ein hyper-modernes Bürogebäude in Shanghai sind erstklassig in Szene gesetzt und mit Bravour geschnitten. Höhepunkt aber, ist zweifellos die Vatikan-Sequenz im Mittelteil, in der dem Geiste der ursprünglichen Serie mehr als Tribut gezollt wird. Hier kommt alles zum Einsatz, was damals und auch heute zu einem bedeutenden Spionagefilm gehört.

Doch abseits von Tom Cruise’ allgegenwärtiger Präsenz und zügellosem Treiben, ist doch der heimliche Star Philip Seymour Hoffman. Hoffmans Bösewicht Owen Davian ist beispiellos im Kino der letzten Jahre. Soviel böse Energie auf die Leinwand zu bringen,gelingt nur sehr wenigen Schauspielern. Leider hat hier Abrams mit seinen zwei Co-Autoren versäumt, Hoffman wenigstens kurz aus dem Schatten von Cruise’ Hunt heraus zu nehmen, um ihm diese eine eigenständige Szene zu geben, welche Kinogeschichte im Sinne wirklich hoher Schauspielkunst hätte werden können.

‚Mission: Impossible III’ hat sein Ziel verfehlt, das Action-Genre zu verändern, denn wirklich Neues kann auch dieser Film nicht zeigen. Doch es kommt auf die Inszenierung an und die macht aus den Möglichkeiten wirklich das Beste. Dazu vereint er nicht nur die Essenz von seinen beiden Vorgängern, sondern huldigt auch dem Spaß an der Serie. Zwei billige Wendungen und charakterliche Ungereimtheiten, eine schwer zugänglicher visueller Stil und ein steil abfallender Showdown, das kann man nur allzu leicht ignorieren, wenn es nicht sogar völlig übersehen wird. Denn ‚Mission: Impossible III’ ist pures Adrenalin, welches von Anfang an in unglaublichen Mengen ausgestoßen wird und dieser Schub lässt erst nach 120 Minuten nach.

mainstream

.

.

Mission to Mars:

Darsteller: GARY SINISE, TIM ROBBINS, CONNIE NIELSEN, DON CHEADLE, JERRY O'CONNELL; Drehbuch: JIM THOMAS, JOHN THOMAS, GRAHAM YOST; Musik: ENNIO MORRICONE; Kamera: STEPHEN BURUM; Schnitt: PAUL HIRSCH; Regie: BRIAN DePALMA; 112 Minuten

Die Handlung wird besprochen! Das macht aber nichts!

Schlechte Kritiken haben ja gewöhnlich zur Folge, das die Zuschauer in Scharen das Kino stürmen und einen Kassenerfolg kreieren, oder Kult-Klassiker erheben. Bei Brian DePalmas erstem Science Fiction Ausflug wird wohl eher keines von beiden passieren. Dabei hätte diese Mission fast schon Qualitäten eines Trash-Kultes.

Die Abenteuer beginnen mit einer fast schon vielversprechenden Reminiszenz an 'Apollo 13', mit einer Abschiedsparty für Weltraumhelden. Die Kostümbildner schwenken sofort über zu einem billigen Abklatsch von '2001-Space Odyssey'. Ratz-Fatz ist man bei den hübschen Bildern von Camerons 'Abyss' angelangt, wenn die Mission Mars 1 auf dem roten Planeten einer fremden Macht gegenüber steht. Es geht zurück zu '2001', wo eine Rettungsmission unter Leitung von Tim Robbins vier Menschenwesen einen einzigen Überlebenden zurück holen wollen. wer sich jetzt die Frage stellt, warum die Mannschaft hofft, einen Überlebenden (Don Cheadle) zufinden, obwohl die Reise über ein Jahr dauert, sei einfach vertröstet. Das ausgerechnet die Rettungsmission im Landeanflug auf Probleme stößt, bringt uns zurück zu 'Apollo 13', welcher hier fast bildgenau nachgestellt wurde. Bevor man aber diesen Braten riecht, ist man schon beim verwursten von '2010-The Year We Make Contact' angekommen. Es folgt ein unscheinbarer Abstecher zu 'Silent Running', bis es zu 'Contact' kommt und in einer unsagbaren Kopie von (wieder) 'Abyss' endet, nicht zu vergessen die unübersehbaren Anleihen bei 'Close Encounters of the third kind'.

So unwahrscheinlich es klingen mag, ab und an gelingt es dem Thriller-Spezialisten DePalma, seinen Darstellern glaubhafte Szenen ab zu luchsen. Diese sind aber äußerst selten, oder wie erklärt man einen Satz, nachdem eine erfahrene Astronautin zusehen mußte, wie ein Kollege seinen Helm im luftleeren Raum abnimmt: "Er ist tot, Terrie." Sind solche Sätze noch in die Kategorie 'überflüssig' ein zu ordnen, folgen andere, die an Banalität nicht zu übertreffen sind: "Scheinbar steht er unter einer Art von Schock." "Vielleicht sind es aber auch die 12 Monate absolute Einsamkeit." Weder das Drehbuch, noch der Regisseur lassen den Protagonisten Gefühle, oder Ereignisse durch Mimik, oder Geste ausdrücken. Bei der ohnehin aberwitzig simplen Geschichte, degradiert sich der Film im fortschreiten des Geschehens zum niveaulosen Abenteuer ohne Höhepunkt, auch wenn die Visuellen Effekte zum Teil umwerfend sind. Das sich die gähnende Langweile durchweg hält, liegt aber an der Disharmonie der Elemente. Stephen Burums Kamera kreist ruhig in langen Einstellungen durch gravitationslosen Schiffe und durch das All. Jede Szene wird genutzt, nicht nur Schwerelosigkeit zu simulieren, sondern diese auch anhand der Kamera optisch perfekt zu vermitteln. Was 'Mission to Mars' zu einem Erlebnis machen könnte, wird durch absehbar, dürftige Handlung und lächerliche Dialoge durchbrochen und zerstört.

Der Film macht oft sprachlos und man muß sich im Nachhinein immer wieder die Frage stellen, wie Größen eines Robbins, Sinise, Nielsen und Cheadle soetwas überhaupt über sich ergehen lassen konnten. Armin Mueller-Stahl hat seinen Namen erst gar nicht im Vorspann erwähnt. Hat DePalma schon immer seine Schwierigkeiten mit Schauspielführung, konnte er Dank seiner raffinierten filmischen Techniken immer seine Werke überzeugend spannend halten. Was 'Mission to Mars' allerdings zu bieten versucht ist schon lächerlich und gipfelt in einer an Peinlichkeit nicht zu übertreffenden Computergraphik, der außerirdischen Lebensform.

Und gerade wegen seiner plumpen Seichtigkeiten, könnte der Film nach seiner Videoerscheinung zum Partyknüller aufsteigen, wundern sollte es niemanden. Fünf Bier und zwei Joints, das bösartige Gelächter kann beginnen, und das wäre das Beste, was 'Mission to Mars' passieren könnte.

Mondscheintarif:

Darsteller: Gruschenka Stevens, Tim Bergmann, Jasmin Tabatabai, Bettina Zimmermann, Rüdiger Klink, Karina Fallenstein, Heinrich, Eyerund, Sabine Urig, Henriette Thiming u.a.

Regie: Ralf Hüttner; Drehbuch: Ralf Hüttner, Silke Neumayer, Barabara Oslejsek; Kamera: Thomas Wildner; Filmschnitt: Horst Reiter

Deutschland / 2000 ; circa 93 Minuten

Cora ist hübsch, jung und ungebunden. Das Problem ist nur, das Cora gar nicht so ungebunden sein möchte. Dadurch fühlt sie sich gar nicht mehr so jung und hübsch überhaupt nicht mehr. Cora ist also ganz normal. Sie hat auch die obligatorische Beste Freundin und den typischen männlichen Freund, welcher nur so tut, als ob er wirklich was von ihr wollte, jedenfalls körperlich gesehen. Und dann dreht Cora vollkommen durch, weil sie dem Mann begegnet, von dem sie sich nichts sehnlicher wünscht, als das er ‚meine Liebste’ zu ihr sagt. Sie bricht in Tränen aus, sie lacht, sie wirkt positiv und möchte sich gleichzeitig das Leben nehmen. Cora ist also ganz normal. Ihr bleiben sechs Stunden zwischen Hoffnung und Resignation, sechs Stunden um dem Zuschauer ausführlich die Vorgeschichte zu Dr. med. Daniel Hoffmann zu erzählen und gleichzeitig auf seinen Rückruf zu warten.

Es sind die alten Regeln, wer immer die auch aufgestellt haben sollte. Drei Tage zwischen dem ersten Sex und dem ersten Rückruf. In sechs Stunden ist die Frist der drei Tage abgelaufen und die Hoffnung auf den Mann des Lebens ist dahin. Niemals ruft die Frau an, nur der Mann. Cora ist also nicht nur ganz normal, sondert führt auch ein ganz normales Leben. Und wieder ist das deutsche Kino um eine Komödie reicher, wieder eine Beziehungsklamotte die versucht wett zu machen, was dem in Deutschland gedrehten Drama, oder Actionfilm nicht vergönnt ist. Zuschauer in die Kinos bringen.

Der Vorwurf, das es schon wieder einmal eine heitere Geschichte um die Liebe ist, muss sich Ralf Hüttner gefallen lassen. Wie er es allerdings nach seinem eigenen Drehbuch, in Zusammenarbeit mit Silke Neumayer und Barbara Oslejesk, umgesetzt hat, ist geradezu erstaunlich. Bei Hüttner darf die Protagonistin sein, wie Frauen eben so sind: Für Männer meistens unverständlich und in einer komplexen Gefühlswelt gefangen. Oftmals macht es sogar den Eindruck, als ob sich Gruschenka Stevens vollkommen von allen Konventionen losgesagt, sich in ihrer Spiellaune absolut verselbstständigt hätte. Ihr Interaktion mit der Kamera, also mit dem Zuschauer, und ihr ausgeprägtes Wechselbad der Gefühle sind weit entfernt von dem, was man sonst aus Deutschland gewohnt ist. Die kompletten 93 Minuten beherrscht Stevens die Leinwand, mit einer Energie, die Ihresgleichen sucht. Und wenn es auch nicht den Anschein hat, Hüttner behält einen steten Rhythmus und ein ideales Timing in seiner Inszenierung. Er weiß mit Konventionen ebenso zu brechen, wie das Klischee perfekt zu nutzen.

‚Mondscheintarif’ ist wieder einmal eine deutsche Komödie, aber eine die man wirklich gesehen haben muss, wenn einem das Genre zusagt. Da spielt Thomas Wildner exzellent mit der Kamera, katriert ganz ungewöhnlich seine Bilder und Horst Reiters Schnitt tut dabei ein Übriges, für einen ganz eigenen, aber durchweg geradlinigen Stil. Und mittendrin Gruschenka Stevens, die sich noch nie so losgelöst und ehrlich auf der Leinwand zeigen durfte. Wenn es denn unbedingt schon wieder eine deutsche Beziehungskomödie sein muss, dann dürfte sie gar nicht anders aussehen. Unkonventionelle Inszenierung, kurzweilig und im besten Sinne unterhaltsam, mit wundervollen Schauspielern und herrlich versponnenen Ideen.

Monkeybone:

Darsteller: Brendan Fraser, Bridget Fonda, Whoppie Goldberg, Chris Kattan, Giancarlo Esposito, Rose McGowan, Dave Foley und als Stimme von Monkeybone John Turturro

Regie: Henry Selick; Drehbuch: Sam Hamm nach der gezeichneten Novelle Dark Town von Kaja Blackly & Vanessa Chong; Kamera: Andrew Dunn; Filmschnitt: Mark Warner, Jon Poll, Nicholas C. Smith; Musik: Anne Dudley

USA / 2001 , circa 92 Minuten

Als naive Mischung von Nightmare before Christmas und Beaves & Butthead, Beetlejuice und What Dreams May Come präsentiert Regisseur Henry Selick eine halbwüchsige Adaption von Blackleys und Chongs mittlerweile kultigem Comicband Darktown. Im Film ist Darktown sinnigerweise DownTown, also was bei uns Innenstadt bedeutet. jenes Zentrum des Lebens, in welches es den Comiczeichner Stu Miley (Fraser) verschlägt, nachdem er bei einem wirklich skurrilen Unfall ins Koma fällt.

Aber als Mischung von Real-, CGI- und Puppenfilm hat der Regisseur neben dem schwachen Drehbuch schlichtweg zuviel Anleihen bei Kollege Tim Burton geholt. Das mag optische Reize haben, wirkt aber nur wie der kindgerechte Aufguss zu Nightmare before Christmas, bei dem Selick selbst Regie führte und der von Burton produziert war.

In der Halbwelt des Komas muss sich Miley gegen sein zu Leben erwecktes schöpferisches Kind zur Wehr setzen, Monkeybone. Ein Zeichentrick-Affe, der auf dem Weg ist South Park und Beavis & Butthead an Ausgeburten des politisch Unkorrekten zu schlagen und die Zuschauer dementsprechend zu begeistert. Den Beginn dieser atemberaubenden Karriere wollte Stu Miley mit dem Hochzeitsangebot an seine Verlobte Julie (Fonda) krönen, tja, wenn er nicht diesen Unfall hätte. Zuerst muß sich Miley mit seiner Kreation herumschlagen, dann zusammen tun und schliesslich dem Tod (Goldberg) eine Freifahrkarte ins Dieseits abluchsen. Der Fleisch, beziehungsweise Stoff gewordene Monkeybone schlüpft an Stelle von Stu in dessen komatösen Körper, erwacht aus dem Tiefschlaf und macht sich erstmal tierisch, im wahrsten Sinne des Wortes, über Julie her.

In diesem gesamten traurigen Misch Masch an unausgegorenem Humor, hat Bridget Fonda die unangenehmste Aufgabe. Sie hat nichts weiter zu tun, als den emotionalen Teil der Geschichte vollkommen alleine zu tragen. Brendan Fraser kann sich wieder kräftig austoben, mit Encino Man und George from the Jungle hat er ja genügend Erfahrung gesammlet animalisch über die Leinwand zu springen. Das macht alles noch keinen guten Film, denn davon ist Monkeybone weit entfernt. Ein bisschen Sarkasmus, ein bisschen schwarzer Humor, etwas Romantik und eine Prise groteske Inszenierung. Weder das Drehbuch, noch die Regie kann viel daraus machen. Auch wenn sich der Affe Monkeybone als Sex besessen heraus stellt, heisst das noch lange nicht, das dies für wirklich derbe Sprüche, oder Einfälle reicht. Ein älteres Publikum wird ziemlich gelangweilt bleiben, während jüngeres Publikum schon wieder zu deftig bedient wird. Das Monkeybone als intelektuelle Weiterführung des männlichen, sprich Stus, Geschlechtsorgan angedacht ist, wurde schon in vielen Filmen auch viel besser umgesetz, vor allem auch viel geschmackloser, was das eigentliche Zielpublikum eben erwartet. Hinzu kommt das gravierende Problem, das alles Geld der Produktion in das aufwendige Zwischereich Downtown gesteckt wurde, dieses aber nie so richtig in seiner Existenz deffiniert wird, ob es nun die Gedankenwelt eines Einzelnen, oder als Sammelbecken aller Unterbewusstseins dient. Anstatt den Tod einmal von einer anderen, endlich einmal neuen Seite zu betrachten, stellt man Whooppi Goldberg als Tod einfach hin und lässt sie ihren Spaß austoben. Nicht sehr originell.

Die ganzen offensichtlichen Anleihen bei den fantastsichen Welten von Tim Burton hat nichts geholfen. Halbgar und wenig entwickelt ist das gesamte Konzept und der ganze Film. Schlichtweg zu brav. Lediglich Stu Kattan als Organspender, der sich eigentlich tot und mit offenem Bauch dem Wiedersacher Monkeybone stellt, kann ein bisschen davon vermittelt, was aus dem Film hätte werden können. So aufgeblasen, wie diese Special Effects Orgie auch sein mag, überzeugen kann sie nicht.

Monster AG:

MONSTER INC.

Sprecher: James Sullivan = John Goodman; Mike Wazowski = Billy Chrystal; Boo = Mary Gibbs; Randall Boggs = Steve Buscemi; Henry Waternoose = James Coburn;Celia = Jennifer Tilly;Fungus = Frank Oz u.a.

Regie: Peter Docter; Drehbuch: Andrew Stanton, Daniel Gerson; Filmschnitt: Jim Stewart; Musik: Randy Newman; Production Design: Harley Jessup, Bob Pauley; Art Direction: Tia W. Kratter, Dominique Louis

USA / 2001 ; circa 92 Minuten

Mit purer Schaffenslust schickt Produzent John Lasseter das Pixar-Team an, Freude in Kindergesichter und Elternherzen zu treiben. Heraus kam dieser unausgeglichene Mix, der zum einen 'Toy Story' in nichts nachstehen soll und zum anderen sein eigenes Flair entwickeln müsste. Die Animationen lassen dann auch nichts zu wünschen übrig, die clevere Geschichte ist amüsant verpackt und das Publikum unterhält sich königlich. Soweit es sich eben bei einem der typischsten Disney-Filme möglich ist. Denn anstatt die schon gewohnte Ausgeglichenheit zu präsentieren, gibt sich die ‚Monster AG’ entgegen seiner unendlichen Möglichkeiten sehr brav und energisch kindgerecht. Dabei tut Randy Newman stets gleicher Sound nichts Gutes dazu bei und beginnt den einschlägigen Zuschauer schnell zu nerven. Das die Monster hinter der Schranktür eines jeden Kinderzimmers eigentlich nichts anderes tun, als ihren Job, um ihre eigene Welt am laufen zu halten, ist eine fantastische Idee. Doch die Geschichte der eigentlich sehr liebenswürdigen Haupt-Monster lauft sich schnell ab und bietet am Ende eine Auflösung, die nicht einmal Kleinkinder zufrieden stellen dürfte. Publikum welches sich mit ‚Toy Story’ und dem ‚grossen Krabbeln’ aus dem Disney-Studio anfreunden konnte, wird von verpassten Chancen des hintergründigen Humors und dem Fehlen seiner sonst genialen Anspielungen, welche die anderen Filme boten, von der ‚Monster AG’ sehr enttäuscht sein. Die kleinen Racker werden ihre Freude haben, dazu hat sich Pixar einfach zu sehr ins rechnerische Zeug gestürzt und die Augen aller Altersgruppen können mächtig staunen. Aber die großen Vorbilder des Computer animierten Filmes, sind einfach zu mächtig, um wirklich mit ‚Monster AG’ überzeugen zu können.

.

.

Monster's Ball:

Darsteller: Billy Bob Thornton, Halle Berry, Heath Ledger, Peter Boyle, Coronji Calhoun, Sean Combs, Mos Def, Will Rokos u.a.

Regie: Marc Forster; Drehbuch: Milo Addica, Will Rokos; Kamera: Roberto Schaefer; Filmschnitt: Matt Chesse; Musik: Asche and Spencer

USA / 2001 ; circa 111 Minuten

Ganz allein auf einem sehr langen Weg. Ohne Rechts-, oder geistlichen Beistand. Keine Familienangehörigen, die einem nahe sind. Wenn ein Mann, manchmal auch eine Frau, den Todestrakt verläßt, um an den Ort der Hinrichtung gebracht zu werden, dann braucht derjenige die Gewißheit, jemanden an seiner Seite zu wissen. Lawrence Musgrove ist ein Mann, der seinen letzten Gang ganz alleine gehen muß. Kein Priester, kein Anwalt, die Familie bleibt fern. Eine einsame und verlorene Seele. So etwas nennen die Wärter im Staatsgefängnis von Georgia einen Monster Ball.

Aber der 'Monster's Ball' ist auch das Synonym zweier Figuren, die dem Todgeweihten sehr nahe stehen. Es beginnt deren persönlicher Monster Ball, wenn Lawrence Musgrove das Zeitliche gesegnet hat. Alleine und verloren, es fehlt beiden an Halt und Perspektive. Ein scheinbar unlösbarer Zustand, der sich noch zu verschlimmern scheint, als diese beiden Menschen sich über den Weg laufen.

Hank Grotowski (Thornton) heißt die eine leidgeprüfte Figur. Einer jener typischen Rassisten aus den Südstaaten, dem die Abneigung gegenüber Schwarzen nichts weiter als anerzogen wurde. Ein Mann der sich nicht um viel schert, außer vielleicht um seine Routine, die er sich auf seinem bisherigen jämmerlichen Leben angeeignet hat.

Ihm gegenüber steht Latitia Musgrove (Berry), eine zerbrechliche und im Leben gescheiterte Frau, die das Leben vieler anderer Schwarzer in Georgia fristet. Fast mittellos, mit einem Schokoriegel abhängigen, übergewichtigen Sohn und einer Mann, der gerade hingerichtet wurde.

Addica und Rokos, beide mit kleinen Rollen im Film bedacht, schrieben eine behutsam, unprätentiöse Geschichte, die niemals das Hauptaugenmerk auf das Rassenproblem legen. Ihre Figuren sind ehrliche Charakteren, wo selbst der Rassist eher Mitleid erregt und die geschundene Schwarze nicht als Engel dargestellt wird. Und was noch viel besser gelungen ist, ist der vehemente Verzicht, die eigentlichen Dinge in schwere Dialoggeschwülste zu verpacken. Die Charakteren definieren sich über die Handlung, was nichts vorhersehbar macht und eine intensive Spannung erzeugt, die selten so ausgefeilt in einem Drama zu sehen war.

Der aus der Schweiz stammende Marc Forster inszenierte ‚Monsters Ball’ in einer ungewöhnlichen Ruhe. Er läßt sich und dem Zuschauer Zeit, ohne dabei langatmig zu werden. Man lernt die Figuren kennen, ihre Umgebung, ihr Leben. Und nichts was man kennen lernt ist besonders angenehm, es hat nicht glamouröses und nichts schönes, aber Marc Forster gestaltet alles bis ins Detail interessant. ‚Monsters Ball’ ist gleichzeitig Liebesgeschichte und Psychogram, Sozialkritik und Kitsch, Tragödie und Hoffnungsträger, aber er begibt sich nie in die Niederrungen eines simplen Rassendramas. Hin und her gerissen im eigenen Schmerz stehen sich hier zwei Menschen gegenüber, die nichts mehr brauchen als einander und doch kann keiner der beiden diese Beziehung wirklich rechtfertigen. Die Einsamkeit in welche sie sich eingelebt haben, wird nur durch die Unterschiedlichkeit gebrochen und der Ball der furchtbaren Monster von Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit findet bei Letitia und Hank erst ein Ende, wenn beide einsehen, das sein muß, was nicht sein dürfte.

Robert Schaefers Kamera überzeugt mit distanzierten Bildern, welche den Zuschauer zum Voyeur macht, und dann wieder mit bestechend, eindringlicher Nähe, welcher uns tiefer blicken läßt als jeder noch so gestylter Dialog. Es ist schlichtweg Fakt, das weder Berry noch Thornton jemals authentischer und ehrlicher auf der Leinwand zu sehen waren. Beide offenbaren Züge erschreckender Realität und faszinierender Intensität. Dies ist die Geschichte von Letitia und Hank, an der wir teilhaben dürfen und die ebenso fasziniert wie erschüttert. Und es ist die Geschichte, die das Mainstream-Kino in weite Ferne rückt, weil wir hier nicht betrogen werden.

 


 

Monsters versus Aliens


Allen folgenden Äußerungen und Kritikpunkte liegen der 3-D-Fassung zugrunde.
Susan wird Derek heiraten. Wenn alles gut geht. Sie ist das unscheinbare, das herzallerliebste Mädel aus der Bilderbuch-Kleinstadt. Er ist der ehrgeizige, aufstrebende Star am Moderatorenhimmel und kann dafür schon mal die Hochzeitsreise umdisponieren. Bevor so eine Beziehung standhält, wird man eher von einem Meteoriten getroffen.

Bei MONSTERS VS ALIENS weiß man sehr schnell, wie der Hase läuft und das Alien schießt. Und man weiß es auch den ganzen Film hindurch. Ein Film, der so versessen darauf ist, etwas Besonders zu sein, vergisst über seiner Aufgabe, etwas Besonderes zu sein.

Susan wird tatsächlich von einem Meteor getroffen, erstrahlt Grün und wächst zur 50 Feet Woman. Das Militär ist schon vor Ort, nimmt sie gefangen, sperrt sie zu anderen Monstern und darf mit ihren neuen Zellenkumpanen erst wieder raus, als ein außerirdischer Tyrann die Erde unterjochen möchte.

Dass ein Film dieser Sorte nur von seinen Charakteren leben kann, erscheint nur logisch. Die extrem hohe Zahl an Drehbuchschreibern schöpft dabei auch aus dem Vollen und verwurstet jede denkbare Anspielung an jeden denkbaren Film mit Monstern oder Außerirdischen. Dr. Cockroach war einmal DIE FLIEGE, der schleimige B.O.B. simuliert auch in Bildeinstellungen THE BLOB und der aufschneiderische Missing Link gibt ein hervorragendes UNGEHEUER DER SCHWARZEN LAGUNE. Und dann ist da natürlich noch Susan, über die man nicht mehr viel reden muss, außer dass sie im Lauf des Films überraschend ihre wahre Bestimmung findet.

Dies ist der erste computeranimierte Film, der vollständig in 3-D erstellt wurde. Von der Vorproduktion bis zur Premiere vergingen viereinhalb Jahre. Und optisch hat sich jeder Tag Arbeit daran gelohnt. Die Bilder sprühen nur so voller Details, die räumlichen Effekte sind überwältigend und trotz der fast schon pausenlosen Action bekommt der Zuschauer die Chance, Dinge wirklich zu sehen und wahrzunehmen, ohne im Schnittfieber verloren zu gehen. Die menschlichen Gesichter sind althergebracht und nicht gerade schön anzusehen, aber die Animateure wissen wahrscheinlich genau, wie weit sie gehen dürfen, um nicht unfreiwillig komisch zu werden.

Aber was ist das doch für ein seltsamer Film, der für Cineasten ein brillantes Feuerwerk abbrennt und bei dem man selbst nach der dritten Wiederholung noch die eine oder andere Anspielung noch entdecken kann. Es ist seit geraumer Zeit Mode geworden, mit Zitaten nur so um sich zu werfen, und MONSTERS scheint alle anderen Filme dabei überbieten zu wollen. Es ist ein Film, dessen gesamtes Konzept lediglich auf Filmzitaten beruht. Und hier beginnt die ganz große Schwäche dieses durchaus amüsanten Familienspaßes. Der Zuschauer kann sich im großen Stil unterhalten lassen - und danach alles in den gedanklichen Papierkorb schieben. Man bekommt das paradoxe Gefühl, die Macher nahmen die Sache sehr ernst, einen Film zu machen, der nicht ernst genommen werden muss. Und dann hat MONSTERS VS ALIENS nicht eine Mikrobe Eigenleben, sondern baut nur auf Losungen und Lösungen, die jeder Zuschauer hinlänglich selbst herunterbeten kann. Somit verliert er nach dem Besuch der Vorstellung sein versiertes Publikum ebenso schnell wie die unvorbelasteten Zuschauer, die weder cineastische Besonderheiten noch charakterliche Bezugspunkte für ihre junge Generation finden werden.

Trotz seiner eklatanten Schwäche muss man aber dieses kleine Wunder in 3-D jedem auch nur leicht interessierten Kinogänger schwerstens ans Herz legen. Verhältnismäßig wenige Effekte springen das Publikum tatsächlich an, vielmehr arbeiten die Bilder auf der eher realistischen Basis des räumlichen Sehens. Und hier kommt zum Tragen, was auch zukünftig 3-D Filme unbedingt befolgen müssten: Dass Hintergründe und Details extrem wichtig sind. MONSTERS ist noch dazu sehr augenschonend geschnitten, Schnelligkeit bezieht er immer wieder durch die im Computer simulierten Kameraschwenks.

Kaum jemand, der die 3-D-Fassung zu sehen bekommt, wird ob des optischen Erlebnisses enttäuscht sein. Hinzu kommen noch genügend Wortwitz und prima unterhaltende Charakterzeichnungen. Als Film eigentlich eine Belanglosigkeit, die man trotzdem gesehen haben sollte. Schade nur, dass man es so unförmig ausdrücken muss, doch dafür sind die Macher und wahrscheinlich die fünf Autoren schuld.

Monsters vs Aliens

Regie: Rob Letterman, Conrad Vernon – Drehbuch: Rob Letterman, Wallace Wolodarsky, Maya Forbes, Jonathan Aibel, Glenn Berger – Produktionsdesign: David James - Bildschnitt: Joyce Arrastia, Eric Dapkewicz - Musik: - Henry Jackman – Visuelle Effekte: Ken Bielenberg
Sprecher: Reese Witherspoon / Diana Amft, Seth Rogen / Oliver Kalkofe, Hugh Laurie, Will Arnett / Ralf Moeller, Kiefer Sutherland, Rainn Wilson, Paul Rudd / Sebastian Höffner, Stephen Colbert u.a.
USA / 2009; circa 94 Minuten

 

 


.

Mord nach Plan:

MURDER BY NUMBERS

Darsteller: Sandra Bullock, Ben Chaplin, Michael Pitt, Ryan Gosling, R.D.Call, Agnes Bruckner u.a.

Regie: Barbet Schroeder; Drehbuch: Tony Gayton; Kamera: Luciano Tovoli; Musik: Clint Mansell; Filmschnitt: Lee Percy

USA / 2002 ; circa 120 Minuten

Rückblickend auf Barbet Schroeders Regie- und Produzentenkarriere, könnte man vom thematischen Standpunkt des 'Mordes nach Plan' einen erstklassigen Edel-Thriller erwarten. Zugegeben verzichtet Tony Gaytons mittelmässiges Script auf viele Klischees der üblichen Mörder kontra Bulle Hatz, das bedeutet aber noch lange nicht das er bereit wäre den Zuschauer mit neuen Einfällen zu überraschen.

Sandra Bullock als Detective Cassie Mayweather mit Jugendtrauma ist eine reizvolle Wendung und auch Möglichkeit für das Herzchen aus Hollywood. Dazu müßte ihr allerdings Regie und Geschichte weit mehr entgegen kommen. Ja, die zwei Jungs die aus reinem Mordes Willen eine Frau töten erinnert sehr stark in erster Linie an Hitchcocks 'Cocktail für eine Leiche', würde Hitchcock aber wirklich unrecht tun. An auffällig vielen Stellen verfängt sich die Handlung in den eigenen Vorgaben und fabriziert logische Fehler welche den Film aus guten und vielversprechenden Situationen wieder ins Herkömmliche stossen.

Schroeder gelingt es nie, eine einheitliche Linie im Charakter- und Spannungsbogen zu bringen. Zusehr springt die Geschichte von eigentlich zuvielen interessanten Figuren hin und her, schafft es nicht die Konzentration des Zuschauers auf das Wesentliche zu fokusieren und verliert sich oftmals in unglaubwürdigen Wendungen.

Besonders das Ende wirft das Publikum in einen Klischee beladenen, vielfach inszenierten Showdown der auch noch durch besonders schlechte Computer-Animation jeden Anflug von Spannung im Keim erstickt. Viele gute Möglichkeiten tun sich auf und Sandra Bullock, zweifellos Magnet des ganzen Unternehmens, war selten besser, doch nichts davon bleibt am Ende wirklich hängen, oder reisst den Film aus seinem Dilemma. Nur Clint Mansells Musik schafft eine durchgängige Atmosphäre, die mit vielen wunderbaren Bildern von Luciano Tovoli eine verstörende Harmonie eingehen. Viele gute Ansätze eben und doch kein schlüssiges Ergebniss. Schade darum.

.

.

Mord und Margaritas – The Matador

Darsteller: Pierce Brosnan, Greg Kinnear, Hope Davies, Philip Baker Hall u.a.
Regie und Drehbuch: Richard Shepard; Kamera: David Tattersall; Musik: Rolfe Kent; Bildschnitt: Carole Kravetz-Akyanian
USA / 2005; circa. 97 Minuten


Ein Auftragskiller, der seinen Beruf und Berufung mit der Präzisionsarbeit eines Matadors beschreibt, das hat etwas und das hat etwas ganz spezielles für einen Typ wie Pierce Brosnan. Er arbeitet hier nicht, wie gerne, aber irrtümlich angenommen, gegen ein gewisses, ihn anhaftendes Image, oder dessen Charakter. ‚Matador’ ist auch keine, wie gerne behauptet, Abrechnung mit einem bestimmten Bekanntheitsgrad, schließlich hat Richard Shepard den von ihm geschriebenen und Regie geführten Film bereits Ende 2004 beendet.

Nein, der Matador, oder Julian Noble wie er hier heißt, ist ein ganz eigener, ganz besonderer Charakter, der von Pierce Brosnan mit spürbarer Energie und Freude verkörpert. Noble ist eine durchgeknallte, jenseits der Realität existierende Figur, dessen Lebensunterhalt mit dem Auslöschen von Leben bestritten wird. Julian Noble trifft in einer typischen ‚letzte Runde’ Szenerie an der Hotelbar auf Danny Wright (Kinnear). Danny ist der introvertierte, vom Leben selbst sehr unmotivierte Geschäftsmann. Bis zum Ende des zweiten Drittels könnte man behaupten, sie wären Freunde geworden, der jeweils einzige Freund des anderen. Bis dahin ist der schwungvoll inszenierte Film, welcher nie Langweile aufkommen lässt, ein Panoptikum an skurrilen Szenen und Einfällen. Er beschreibt seine Charaktere, zeichnet ihre Ängste, Freuden und auch Bestimmungen.

Aber bis dahin ist es auch nur Brosnans Film, der übermächtig jede Szene beherrscht und Kinnear unfreiwillig zu dem abstempelt, was er in Hollywood am besten verkörpert: Die zweite Geige. Dann gewinnt Hope Davies als Dannys Frau mehr Spielraum und Shepard dreht mit seiner Inszenierung noch einmal richtig auf. Aus der wohl zusammenhängenden, aber doch episodenhaften Erzählung wird im letzten Drittel ein spannendes Psychospiel, welches mit überraschenden Wendungen seinen skurrilen Humor nie aus den Augen verliert.

Während Tattersall das Beste aus der Kamera holt und das jeweilige Ambiente der unterschiedlichen Länder und Handlungsorte wunderbar zu nutzen versteht, fallen beim Bildschnitt immer wieder deutliche Anschlussfehler auf, die kurz die Aufmerksamkeit an sich reißen. Den Produzenten lag es schwer am Herzen, darauf hinzuweisen, das für den Film kein Stier in Arena geschickt wurde, geschweige denn sterben musste, auch wenn es sich dabei um eine ausgedehnte Schlüsselszene handelt. Überhaupt ist es ungewöhnlich, aber hervorragend umgesetzt, das man kein einziges Opfer, und derer sind da viele, sterben sieht. Nicht einmal einen Stier. Das allein zeichnet schon die Andersartigkeit von Richard Shepards Film aus, der sich dem Trend verwehrt, bei einem schwarz humorigen Thema auch bitterböse Tötungsszenen folgen zu lassen.

Nach weniger gelungenen Edel-Gaunereien wie ‚Thomas Crown Affair’, oder ‚After The Sunset’ ist Pierce Brosnan endlich wieder einmal da zu sehen, wo seine eigentliche Bestimmung zu liegen scheint: Im Independent Kino. Präzise wie eben ein Matador scheint er sich die Rolle ausgesucht und umgesetzt zu haben. Mit einem einzigen Schwertstich wurde das Tier erlegt. Denn wer mehr als einen Stich braucht verursacht nur eine Sauerei und dies wiederum stößt das Publikum ab.

mainstream

.

.

Moulin Rouge:

Darsteller: Nicole Kidman, Ewan McGregor, John Leguizamo, Ji Broadbent, Richard Roxbury, Garry McDonald, Jacek Koman u.v.v.a.

Regie: Baz Luhrman; Drehbuch: Craig Pearce, Baz Luhrman; Kamera: Donald M. McAlpine; Filmschnitt: Jill Bilcock; Original Musik: Craig Armstrong; Set: Aaron Marsden, Andrew Powell, Ed Cotton, Louise Rooney, Michael Turner, Martin Ash; Choreographie: John O'Connell

USA-Australien / 2001 ; circa 127 Minuten

Da geht es um eine rote Mühle. Weltweit bekannt, mit allerhand Verruf behaftet. Einen Ort der soviel lasterhaftes an sich hatte und doch inspiratorischer Quell für Künstler, Lebemänner und Damen die zu überzeugen verstanden. Baz Luhrmann muss es eine Freude bereitet haben, einen Titel zu wählen, bei den schon mancher Deutscher mit der perfekten Aussprache Schwierigkeiten hat. Für die Amerikaner gar ein sinnloses Unterfangen. Das ‚Moulin Rouge’ als Grundlage für eine vollkommen neue Art der künstlerischen Inspiration. Der CanCan ist erhalten, ebenso die verwaschene Legende des Toulouse Lautrec (Leguizamo). Alles andere ist bis zum alptraumhaften Rausch übersteigert, hinzugefügt und verdreht. Der Australier Luhrmann hat das Drehbuch nicht alleine verfasst, welches er für die Leinwand inszenierte, aber dies scheint eher nebensächlich. Wer Luhrmanns Stil über sich ergehen lässt, nimmt von dem überspitzt künstlichen Drehbuch nichts mehr wahr, vielmehr scheint es als Teil von audio-visuellen Eindrücken zu verschwinden. Vielleicht sollte dies die Norm im gelungenen Kino sein, bei diesem Film stellt sich aber alles selbst in Frage, um sich dann in der eigenen Energie darüber hinweg zu setzen. Was man nach beenden des Abspannes wirklich wahrgenommen hat, lässt nur mit einem wiederholten Besuch des Kinos nachvollziehen. Aber da ist man längst davon überzeugt unter der Last der Farben und Töne, unter Kostümen und Bildrauch erschlagen zu werden.

Alles ist künstlich. Hauptsächlich in Australien gedreht, mit einigen wenigen Szenen aus Europa, entführt Luhrmann in eine Welt, wie sie es nie gegeben hat und nach ‚Moulin Rouge’ wahrscheinlich auch nicht mehr geben wird. Ausschließlich in Studiokulisse zustande gebracht, geht es nicht um Charakteren und nicht um raffinierte Handlungspunkte. Selbst das Cent-Fox Logo ist hinter dem dicken, roten Samtvorhang der roten Mühle versteckt, ehe ein auf der Leinwand erscheinender Dirigent das Orchester zur Fanfare aufspielen lässt. Es soll das Jahr 1900 sein ein Jahr nachdem sich der romantische Schriftsteller Christian (McGregor) in den Star Satine (Kidman) des Unterhaltungsparadieses Moulin Rouge verliebt und diese Liebe sogar erwidert bekommt. Wäre da nicht der hartherzige Duke of Worcester (Roxburgh), der zum Dank der finanziellen Errettung des Vergnügungstempels Satine alleine für sich beansprucht. Es geht um Liebe, beteuert der Film am Anfang, er zelebriert es durchweg und es sind die allerletzten Worte, welche auf der Leinwand erscheinen. Es geht um Liebe. So einfach ist das Drehbuch, so einfach scheint die Geschichte. Aber mehr dürfte da auch nicht sein. Denn Luhrmann hat sich vorgenommen ein Gesamtkunstwerk zu schaffen. Was allerdings viele Künstler unter diesem Begriff verstehen, bringt die Inszenierung von Moulin Rouge in fünf Minuten unter. Ständige Bewegung, Musik, dauernde Beschallung und ununterbrochener Farbenreigen. Kamerabilder von Details und atemberaubenden Panoramaphotographien. Pausenlose Choreographie und ständiger Gesang. Schnitttempo und Bildauflösung verändern sich schneller als die Stimmlagen der Schauspieler. Das Gesamtkunstwerk erscheint eher wie ein endloser Fundus, an dem man nur einen kleinen Teil herausnehmen muss, um selbst ein Gesamtkunstwerk zu schaffen.

Schon die Musical-Einlagen sind eine einzigartige Meisterleistung. Da gestehen sich die Liebenden aus einem unerklärbaren fantastischen Mix von bis zu zehn verschiedenen Pop und Rock Refrains ihre Zuneigung, nicht als Medley, sondern eine scheinbar eigene Komposition ineinander verwoben und arrangiert. Ein Konzept das den Film von der ersten gesungenen Zeile, bis zur Letzten durchzieht und eine Art Spannung erhält was wohl als nächstes erklingen mag. Ob U2, oder Phil Collins, Paul McCartney, oder T-Rex, selbst ‚Sound of Music’ als Vorzeige-Musical wird geschickt ausgebeutet. Queen wird zitiert und Placido Domingo und Kylie Minogue haben Auftritte. Wer das Eine erfassen möchte, verpasst das Folgende. Police’ Roxanne ist kaum zu erkennen und war doch nie so eindringlich dargeboten.

Man kann Luhrmann alles vorwerfen, Verschwendungssucht, Geltungsdrang und Genialität. Überfrachtung und Reizüberflutung. Alles kann zutreffen, aber alles liegt auch im Auge des Betrachters. Mit Sicherheit ist es das erste wirklich gelungene Musical seit Jahrzehnten, das den Geist der vollkommenen Schöpfung eines bunten, unterhaltenden Musicals tatsächlich gerecht wird. Dafür sorgen schon Kidman und McGregor, die noch nie in einer ihrer Rollen so aufgegangen zu sein schienen. Luhrmanns Ehrgeiz ließ auch alle Schauspieler selbst die Stimmen für die Sangeseinlagen erheben. Und wenn einem nicht gerade die Sinne schwinden, kann man auch deren Freude daran, die Lust am Verwirklichen spüren.

Bei all den Worten, in all den Sprachschätzen und –schöpfungen, lässt sich ‚Moulin Rouge’ überhaupt nicht erfassen. Der Film entzieht sich aller Kritik. ‚Moulin Rouge’ ist genial und überladen gleichzeitig, auch unansehnlich schnulzig, aber wiederum herzergreifend glaubhaft. Fabelhafte Kostüme, geniale Musik, fantastische Schauspieler, atemberaubende Bilder, grandiose Einfälle und unglaubliche Inszenierung. Und von allem soviel, das es einem schnell zuviel werden kann. Aber es liegt eben im Auge des Betrachters. Und am Ende dreht sich alles um die Liebe.

Mullholland Drive:

Darsteler: Naomi Watts, Laura Elena Harring, Justin Theroux, Ann Miller, Dan Hedaya, Mark Pellegrino, Brian Beacock u.a.

Regie & Drehbuch: David Lynch; Kamera: Peter Deming; Filmschnitt: Mary Sweeney; Musik: Angelo Badalamenti

USA / 2001 ; circa 146 Minuten

Es ist eine staubige Strasse, dieser Mulholland Drive. In Los Angeles erfreut er sich größter Beliebtheit ob seiner endlos scheinenden Bedeutungen. Zum einen ist der Drive eine bevorzugte Film-Location. Ob als öde Wildnis, oder mit dem Hintergrund teuerster Villen, aber stets überblickt der Mulholland Drive den Moloch Los Angeles. Diese Strasse dient auch mit perfektem Blick zum Symbol der Traummetropole, den Buchstaben, die 16 Meter hoch Hollywood verkünden. Dann ist Mulholland selbst ein Symbol, für die Trennung des lasterhaften Los Angeles vom biederen San Fernando Valley. Wer Mulholland Drive als Adresse angeben kann, der hat es geschafft.

David Lynch lässt seinen Film am Mulholland Drive beginnen, verlegt aber umgehend die Handlung ein paar Straßenzüge den Hügel hinab, näher zu Hollywood. Die Bedeutung der Strasse als Filmtitel allerdings, wird erst bewusst, wenn man sich als Zuschauer wieder dem Dunkel des Kinos entrissen, dem Tageslicht überantwortet hat. All die wundersamen Bedeutungen für den Drive sind auch auf den Film übertragbar. Nördlich des Mulholland Drives sind die meisten Studios mit Fernsehen beschäftigt, im Süden kümmert man sich um das Kino. Der Film-Zwitter steht mittendrin, auf der Linie, wo sich jene zusammen tun, die glauben schon längst über allem zu stehen. Denn eigentlich wollte ABC eine neue Serie mit David Lynch ins Leben rufen, den Ruf von ‚Twin Peaks’ folgend. Doch was Lynch den Obersten präsentierte, ließ diese doch kalte Füße bekommen. Vielleicht war man sich nicht sicher, ob man im Fernsehen so unverschämt mit dem Mythos Kino umgehen konnte, oder war es am Ende vielleicht ein Schuss zuwenig ‚Twin Peaks’? Auf alle Fälle ist das, was ins Fernsehen kommen sollte, ein ungemein sorgsam aufgebautes Krimistück. Für Lynch sehr ungewöhnlich feinfühlig und ruhig erzählt. Ihm ist es sogar gelungen gerade mit dieser Einfühlsamkeit die Spannung zu erhöhen, denn eigentlich passiert nicht sehr viel. Eine Handlung nur scheinbar vorhanden. So hat der Ausnahme-Radikale seine Freunde schon mit ‚Straight Story’ verwirrt, aber auch begeistert. Ohne Zweifel ist es der Verdienst von Naomi Watts und Laura Elena Harring, der ‚Mulholland Drive’ zu einem erstaunlichem Stück Kino macht. Die Erstere mit naiver Unschuld, die Andere mit purer sexueller Ausstrahlung. Die Blonde hilft der Schwarzhaarigen ihr Gedächtnis wieder zu finden. Schon oft da gewesen, aber noch niemals so intensiv erzählt. Lynch badet seine Akteurinnen in langen Einstellungen und ruhigen Sequenzen, er wusste um ihrer Wirkung und macht aus einer kaum vorhandenen Handlung ein raffiniertes Schachtelwerk weiblicher Anziehungskraft.

Aber ABC zog sich zurück und Lynch wollte seinen Film nicht im Archiv verschwinden sehen. Mit privaten Investoren bewaffnet, vollendete der Meister der Wirrungen mit 8 Millionen Dollar, was in der endgültigen Form Zuschauer und Kritiker regelrecht vor den Kopf stieß. Lynch hatte nicht zuletzt ‚Straight Story’ gedreht, sondern ‚Lost Highway’ und wie in ‚Lost Highway’ reißt Lynch das Ruder seiner Geschichte um 180 Grad herum und stiftet 45 Minuten pure Verwirrung, bis zu einem finalen Schock, der langen Diskussionen wirklich würdig wird.

Die meiste Zeit blickt der Zuschauer im Hintergrund auf die Glitzermetropole hinab. Film und Geschehen bleiben immer über den Orten, von denen ‚Mulholland Drive’ auch handelt. Geliebt und gefürchtet für seine unscheinbaren Symboliken, kokettiert Lynch mit seinen eigenen Erfahrungen und der Stellung, welche er sich mühsam erstreiten musste. Anfang, Mittelteil und Schluss ist auch für ihn ein Gebot des Filme machen, aber die Reihenfolge ist nur eine von der Logik diktierte Vorstellung. Der Zuschauer sollte gewarnt sein, das Gebote niemals eine Basis für David Lynch waren und hier erst recht nicht zum tragen kommen. Wie die namengebende Strasse die Stadt, zerreist der zweite gedrehte Teil das Gefüge des Filmes vollkommen und hat mit dem, was als Pilotfilm für ABC gedacht war nichts mehr zu tun. Und dies auch nur anscheinend. Der aufbrausende Sturm von Bildfetzen, Dialogfragmenten und Tonkollagen macht viel mehr Sinn, als man dem Film zugestehen möchte, denn die radikale Umkehr dessen, was man als spannendes Schauspielkino in den ersten zwei Dritteln zu sehen bekommen hat, verdreht sich zum blanken Symbolismus.

Es ist eben ein ungewöhnlicher Lynch, der doch so typisch für ihn ist. Voller Deutungen, voller Werte und Anspielungen, alles gespickt mit mehr, oder minder bedeutenden Szenarien. Eben wie jene Strasse hoch über der Stadt Los Angeles, die einmal nur eine einfache Strasse war, von der man aber auf Beverly Hills hinunter sehen kann, wie auf die teuersten Adressen in Studio City. Abgehoben von dem was vielen am wichtigsten erscheint. Und das schöne daran bleibt die Möglichkeit, das jede gefundene Symbolik nichts weiter als ein Trugschluss dessen ist, was man gerne in eine David Lynch Film hinein interpretieren möchte. Denn vielleicht, damit sollte man auch rechnen, hat nichts von dem eine tiefer Bedeutung. Die Welt des David Lynch ist eben anders.

Die Mumie kehrt zurück:

THE MUMMY RETURNS

Darsteller: Brendan Fraser, Rachel Weisz, Arnold Vosloo, Oded Fehr, Freddie Boath, Patricia Velasquez, John Hannah u.v.v.v.a

Regie & Drehbuch: Stephen Sommers; Kamera: Adrian Biddle; Filmschnitt: Bob Ducsay, Kelly Matsumoto; Musik: Alan Silvestri

USA / 2001; circa 129 Minuten

Wenn Stephen Sommer seinem Nachfolger den Titel die Mumie kehrt zurück gibt, dann im besten Sinne des Anliegens einer Fortsetzung. Als ob es nur eine kleine Fingerspitzenübung gewesen wäre, lässt er das gesamte Ensemble, samt Nachwuchs, noch einmal antreten und macht es diesmal richtig. Aber auch das Wort 'richtig' hat bei Sommers eine andere Bedeutung. George Lucas könnte bei ihm in die Schule gehen und seit Erfindung des digitalen Treck-Effektes wurde diese Technik noch nicht so schamlos ausgenutzt. Sommers will es mit dem zweiten Erwachen des Pharaonen-Helfers Imhotep richtig machen und das heisst richtig laut, richt viel und richtig übertrieben. Da werden die Augen mit Effekten zugekleistert und die Ohren zur Maximalbelastung strapaziert.

Der Abenteuerer Rick O'Connell (Fraser) ist also sesshaft geworden, treibt sich mit jetzt-Ehefrau Evelyn (Weisz) noch immer in unerforschten ägyptischen Grabstätten herum und versucht den gemeinsamen Sohnemann (Boath) im Zaum zu halten. Wer Angst aufkeimen verspührt, der sei beruhigt, die Rolle des Kindes ist bei weitem nicht so nervtötend und überflüssig ausgefallen, wie in anderen Filmen ähnlicher Art. Freddie Boath macht sogar seine Sache ziemlich gut und hat im grunde die besten Lacher auf seiner Seite. Der gewaltig, phänomenale Epilog hat uns die 3000 Jahre zurückliegende Geschichte des Skorpion-Königs erzählt, wie er die Armeen des Gottes Anubis befehligte und schliesslich in den verbannenden Dauerschlaf versetzt wurde. So eine gemeingefährliche Person, so ein gnadenloser, sich der Finsternis verschreibender Krieger sollte natürlich nicht ewig ruhen. Was wird wohl als nächstes passieren? Der Sprössling der Abenteuerer hat mit einemal das Armband des Anubis am Arm, das Kraft und Visionen verleihende Unding, welches schon den Skorpion-König tapfer um das Handgelenk gelagt worden war, 3000 Jahre vorher. Sieben Tage, natürlich ist das eine uralte Prophezeiung, welche natürlich eintreten wird, wird der Junge noch leben, dann fällt das Armband ab und der Skorpion-König erwacht zu neuem, schrecklichem Leben, wenn er sich mit den Armeen des Anubis die Erde untertan machen wird.

Wenn Sommers in sein Drehbuch schreibt, das es eine Schlacht geben wird, dann steckt er dabei soviel digitale Extravaganz in die Leinwand, das man glaubt alle Schlachten der Menschheitsgeschichte auf einmal zu erleben. Die audio-visuelle Wucht ist dabei so überwältigend, das man sich einfach nur ergebend in den Kinosessel fallen lassen kann. Schon in der ersten halben Stunde wird das Kino derart mit pausenloser Action gefüllt, das Buck Rogers von 1930 bis in das vierte Jahrtausend an Cliffhangern ausgesorgt hätte. Der vielgepriesene und heiss erwartete Auftritt des Wrestlers The Rock als Skorpion King verkümmert allerdings zu einem unscheinbaren Nichts an Auftritt. The Rock bringt gerade soviel abenteuerliche Energie auf die Leinwand, wie die unzähligen im Computer erschaffenen Hundesoldaten aus Anubis Armee. Das Geplärre um den Ringer verkommt letztendlich zu einer Farce, wenn der Skorpion-König im Finale nur noch als rein digitale Figur auftreten darf.

Die Familie O'Donnell jagt also quer durch Ägypten, denn Auferstanden ist Imhotep (Vosloo), die verliebte Mumie aus Teil eins, den Rick und Evelyn in die Unterwelt zurück schickten. Imhotep, der Tote mit den Superkräften, braucht das Armband des Anubis, folglich auch den jungen O'Connell, um den Skorpion-König nach dessen Wiederauferstehung bekämpfen und an seiner statt die Amreen des Anubis befehligen zu können. Da ist was geboten, selbst eine Mumie vergisst nicht so schnell und kann ziemlich nachtragend sein. Mit dem Auftreteten des halb Verwesten, betritt auch Evelyns dämmlich, bedauernswerter Bruder Jonathan (Hannah) die Szenerie. Regisseur Sommers wollte ja allem noch eines drauf setzen, und so versucht er die Rolle des Jonathan ebenso ins Absurde zu steigern, wie den ganzen Rest. Aber da ist schon die erste Zündung, die nach hinten los geht. John Hannahs Charakter entwickelt nichts weiter, und das im gesteigerten Masse zu Teil eins, Antipathien die einem viele Szenen vermiesen. Nicht ein einziger Witz, oder auch kein Dialog, zünden in Hannahs Darstellung und in Sommers Inszenierung des Charakters.

Das dem Skorpion-König mehr als nur ein billiger Nebencharakter zugedacht war, konnte man schon an den fieberhaften Vorbereitungen zu den zwei Fortsetzungen bemerken und wahrscheinlich war es erst im dritten Teil angedacht, die Zwei aus dem Reich der Toten gegen einander antreten zu lassen. Aber Imhotep, vielmehr die imposante Figur und Darstellung von Arnold Vosloo erhoben die eigentliche Mumie in Film- und Fankreisen zu nicht vorhersehbaren Status. Die Produktion mußte einsehen, das einer der vorangigsten Gründe für den weltweiten (900 Millionen Dollar) Erfolg der Mumie dem namensgebenden Charakter zu verdanken war. So kehrt Arnold Vosloo als Imhotep zurück und lässt den Skorpion-König auf den hintersten Reihen verwesen. Und es wäre eine Schande, nicht einzugestehen, das Patricia Velasquez als ehemalige Pharaonen-Gattin Anck-Su-Namun nachvollziehbares, Männer verschlingendes Appeal besitzt. In einem raffinierten Einfall des Autors, lässt er Rachel Weisz und Patricia Velasquez eine alte Rechnung im Kampf austragen. Dieser hinreissend photographierte und perfekt einstudierte Frauen-Kampf bildet einen der Höhepunkte im Mittelteil und war ganz offensichtlich dazu angedacht im furiosen, einstündigen Finale des Filmes seine auflösende Fortsetzung zu finden. Der viel zu plötzliche und absolut unspektakuläre Tod Anck-Su-Namuns im Showdown, verrät eine entweder geschnittene, oder nicht umsetzbare Variante, welche es nicht auf die endgültige Fassunge schaffte.

Vielleicht darf man Stephen Sommers gar nicht so böse sein, das er den raffinierten Charme seines Vorgängers (aber eben auch ein Universal-Remake) schlichtweg dem kindlichen Geschmack der hyperpolischen Übertreibungen opfert. Bei Sommers ist es ein direkter Weg von genialer Unschuld zu überheblchem Kalkül. Wer erinnert sich nicht mit Grauen an Spielbergs Ausrutscher im zweiten Raiders Aufguss, der nur noch von Harrison Ford gerettet werden konnte. Ein ebenso schadhafter Absturz bleibt der wiederkehrenden Mumie erspart, aber man muss alle Hoffnungen fahren lassen und sich voll und ganz dem Kindsein ergeben. Was das nicht zu verleugnende Vorbild Indy zu einem grenzenlosen Vergnügen für wirklich alle Altersgruppen machte bleibt Stephen Sommers in seiner Inszenierung dem Publikum schuldig. Da allerdings die Annäherung an den großen Bruder, mit kindlichem Vergnügen und reifer Eleganz im ersten Teil vorhanden war, wird sich die Mumien-Serie mit Sicherheit als stets aufregendes und überragendes Kino-Abenteuer etablieren. Sollte dies der Auftakt gewesen sein, hat Stephen Sommers gezeigt, zu was er fähig ist, was man aus dem neuesten Stand der Technik heraus holen kann, wie man den Zuschauer erschlagen kann und das Kino am besten funktioniert, wenn man sich niemals zu ernst nimmt.

Das Zielpublikum hat eben einen Altersdurchschnitt, das es Indiana Jones eher als nostalgisches Abenteuer-Kino wahr nimmt. Die 'Rückkehr des großen Abenteuerfilmes' hat das gesamte Genre dem charismatischen Archäologen mit dem Namen seines Hundes zu verdanken und wenn Abeneteuer wirklich einen Namen hat, dann wird dieser immer Indiana Jones bleiben. Aber sein Sprössling Rick O'Donnell hat die 12 bis 28 Jährigen voll im Griff und mit Die Mumie kehrt zurück wird der Griff gefestigt, das einem manchmal die Luft wegbleibt. Wortwörtlich. Also Augen auf und druch.

.

.

München - Munich

Darsteller: Eric Bana, Daniel Graig, Ciaran Hinds, Mathieu Kassovitz, Hanns Zischler, mit Geoffrey Rush, Michael Lonsdale Mathieu Amalric u.v.a.


Regie: Steven Spielberg; Drehbuch: Eric Roth, Tony Kushner, nach dem Buch Vengeance von George Jonas; Kamera: Janusz Kaminski; Bildschnitt: Michael Kahn; Musik: John Williams

USA / 2005 ; ca. 164 Minuten


„Ich bin nun in einem Alter, wenn ich da keine Risiken eingehe, verliere ich den Respekt vor mir selbst. Und es war sehr wichtig für mich, dieses Risiko einzugehen.“
Der Erfinder des Blockbuster-Kinos, der König der hohen Kunst des Mainstream braucht nun den Respekt vor sich selbst nicht verlieren. ‚München’ stellt sich der Welt vor, wie ein Selbstläufer, der keine Ankündigung mehr benötigt. Niemand außerhalb der Produktion kannte das Drehbuch, die Dreharbeiten fanden unter größten Sicherheitsvorkehrungen und sehr zurückgezogen statt. Dennoch war ‚München’ stets eine Schlagzeile wert. Bekannt war, dass als Vorlage das höchst umstrittene Buch von George Jonas diente und dies wurde genutzt um schon im Vorfeld den nächsten Spielberg Film für die Massen schlecht zu reden. Die Palästinenser sahen sich nicht korrekt vertreten, die Israelis wetterten gegen angebliche Verdrehung der Tatsachen, amerikanische Hardliner sahen Verrat an ihrer Sache im momentanen Krieg gegen den Terror, die Deutschen fürchteten um Schuldzuweisungen wegen ihres Versagens während der Geiselnahme bei den olympischen Spielen 1972.

Sie hatten alle Recht. Doch steht keinem der Parteien wirkliche Kritik zu. Das der Jude Spielberg die Vergeltungsgeschichte gegen die Drahtzieher des Olympia-Attentats aus Sicht der Israelis erzählt, kann und darf nicht kritisiert werden. Das er allerdings die damalige Regierung Israels und die bis heute andauernden geheimen Aktionen derart vorführt, das war nicht zu erwarten. Dass es Anhängern anderer Glaubensrichtungen nicht weit genug geht, versteht sich von selbst. Das es Amerikanern in ihrer selbsternannten weltpolizeilichen Führerrolle ein Dorn im Auge sein muss, steht außer Frage. Nur die Deutschen kommen ungeschoren davon.

Im Gegensatz zum deutschen Vorspanntitel ‚nach wahren Begebenheiten’, besteht das Original auf eine entscheidende Richtigstellung ‚inspiriert von wahren Begebenheiten’. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, auch im Anliegen des Steven Spielberg. Dieser möchte nicht rekonstruieren, was sich tatsächlich bei Geheimaktionen gegen die Drahtzieher in Europa abspielte. Eric Roth schrieb ein Drehbuch über den endlosen Sog der Gewalt, wie er sich seit 1972 über der ganzen Welt verbreitet und ins Unermessliche steigerte. Es geht nicht um Geschichte, sondern um die Hintergründe, die unsere Geschichte bestimmen. Mit einem kleinen unauffälligen Detail fängt es an, das ausgerechnet Amerikaner den Attentätern, welche sie für Athleten halten, zum fatalen Zutritt ins Olympiadorf verhelfen.

Technisch ist ‚München’ ein fabelhafter Film. Kamera, Schnitt und Erzählstruktur sind eine in sich verwobene Einheit, die in Spielberg-Filmen schon immer grandios gewirkt hat. Manchmal wirkt auch alles ein wenig banal, zu einfach konstruiert, eher einfältig. Aber letzten Endes wirkt alles im gesamten doch nachvollziehbar und real. Mathieu Kassovitz sagt an einer Stelle ‚Juden töten keine Unschuldigen, auch wenn ihre Gegner Unschuldige töten“. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits fünf von der Mossad ausgewählte Ziele von der fünfköpfigen Todesschwadron eliminiert. Ob diese Personen tatsächlich in irgendeiner Weise mit dem Attentat während der Spiele in Verbindung standen, kann niemand beantworten. Anfangs sind die fünf des Sonderkommandos, unter Führung des Mossad-Agenten Avner (Bana), noch ein vergnügter Haufen mit ehrbaren Zielen.

Aber diese Thriller, der in bester Manier an die fantastischen Werke von John Frankenheimer, oder Norman Jewison erinnert, räumt schnell auf mit dem Klischee des sonst gewohnten Geheimagenten. Sie freuen sich wie kleine Kinder, werden mit kleinen Hindernissen im Ablaufplan nur schwer fertig und tun sich sichtlich hart mit dem Umgang ihrer Waffen. Zu spät erkennen sie, dass keiner den Anforderungen wirklich entspricht, welche ihre Auswahl bestimmte. Da ist es längst zu spät, die Spirale der Gewalt wurde in Gang gebracht und die Jäger erkennen, dass sie mittlerweile zu Gejagten werden. Aber sie werden immer weiter angetrieben, vielleicht durch die Worte der Ministerpräsidentin Golda Meir „nie wieder dürften Juden ungestraft ermordet werden“. Dies mündet in einer Exekution, die weder angeordnet, noch notwendig war, aber den ‚Zorn Gottes’, wie das Kommando später im richtigen Leben genannt wird, zum vorzeitigen Ende brachte.

Steven Spielberg hat viel riskiert. Filme wie ‚Amistad’, oder ‚Schindlers Liste’ sind hervorragend inszeniert, ehrlich und engagiert, aber kein wirkliches Wagnis. Mit ‚München’, den er im Marathon direkt nach den Strapazen von ‚Krieg der Welten’ anging, war sich der beinahe Sechzigjährige bewusst, das er anstatt eines Lobliedes für den Frieden, ein von allen Seiten angefeindetes Werk an den Zuschauer bringen würde. Aber er gab die Hoffnung nicht auf, welche jetzt nach den Premieren verschärft zunichte gemacht werden sollte. Zumindest hat er erreicht das man ‚München’ als Spiegel unserer Zeit und als Bestandaufnahme des nahen Ostens diskutiert. Und er hat erreicht, dass selbst Unbetroffenen die weltweiten Auswüchse dieses Wahnsinns von Terror und Gegenterror mehr verinnerlicht wird. Es ist ein technisch einwandfreier Thriller und emotional ansprechendes Drama. Spielberg ist das Risiko eingegangen. Und bei allen, denen Gehör geschenkt wird und die etwas zu sagen haben, hat er seine Sympathien nun verspielt. Gerade bei diesem Film ist der Zuschauer gefordert, seine Unabhängigkeit zu bewahren und sich nicht vorschnell von fanatischen Interessengruppen irritieren zu lassen. Eben auch darum geht es in ‚München’, das man sich oftmals in blindem Eifer für die falsche Sache vereinnahmen lässt.

mainstream

.

.

.

Music of the Heart:

Darsteller: MERYL STREEP, AIDAN QUINN, ANGELA BASSETT, CLORIS LEACHMAN, GLORIA ESTEFAN, CHARLIE HOFHEIMER, KIERAN CULKIN; Musik: MASON DARING; Drehbuch: PAMELA GREY basierend auf der Dokumentation ‚Small Wonders‘; Regie: WES CRAVEN; 124 Minuten

Handlung im ersten Absatz!

Nach zehn erfolgreichen Jahren kann sich die Stadt letztendlich nicht dazu durchringen, Roberta Guaspari (Streep) ihr unkonventionelles Musikprogramm weiter zu finanzieren. Einst hatte sie aus einer Laune heraus, nachdem sie ihr Soldaten-Ehemann mit zwei Kindern sitzen ließ, und um den Frust zu überspielen, angefangen mit ihrer eigenen Sammlung an Violinen, Unterricht an einer Schule in East Harlem zu geben. Um die Öffentlichkeit von der Qualität, vom intellektuellen Einfluß und der sozialisierenden Wirkung ihrer musikalischen Bemühungen aufmerksam zu machen, und die Stadt somit zur weiteren Zahlung von Mitteln zu bringen, muß einfach ein Konzert gegeben werden. Aber selbst da stellen sich Roberta Hindernisse in den Weg, aber zu guter letzt sorgt kein geringerer als Geigenvirtuose Itzhak Perlman (im richtigen Leben, wie auch im Film) nicht für einen Auftritt in einer kleinen Gemeindehalle, sondern in der legendären Carnegie Hall.

Basierend auf den Oscar preisgekrönten Dokumentarfilm 'Small Wonders', legt Regisseur Wes Craven alles andere als einen oscarreifen Film aufs Tablett. Der Weg war beschwerlich von all den innovativen Ideen seiner Horror- und Gruselschocker zu seiner ersten Arbeit an einer normal dramatischen Geschichte, eben jener Geschichte, die so schlicht zu sein scheint und dennoch tatsächlich passiert ist. Und nach den Jahrzehnten des unter die Haut gehenden Horrors, scheint Craven viel daran gelegen zu sein, an melodramatischem 'wir-werden-es-alle-schaffen' Flair, in 'Music from the Heart' rein zu packen, was das Herz erweicht und die Gemüter zum jauchzen bringt.

In den ersten neunzig Minuten läßt sich die Handlung gemächlich Zeit, Robertas Einsamkeit zu zelebrieren und ihre neue Aufgabe in Angriff zu nehmen. Es werden die Schwierigkeiten mit desillusionierten, unterpriviligierten Kindern gezeigt, Robertas Probleme mit den eigenen Kindern, die familiären Auseinandersetzungen, wegen des Umzuges von einer wohlhabenden Gegend nach East Harlem. Gespickt mit allen Unannehmlichkeiten des Lebens, wissen wir aber ebenso von Anfang an, das Alles gut wird, das wir uns am Ende mit Roberta und allen ihren Schülern freuen werden. Am Titel ist maßgeblich das 'Heart' von Bedeutung. Pamela Grays Drehbuch kostet jede Gefühlswallung, alle auftretenden Probleme und jeden Erfolg der Hauptperson reichlich aus und in seiner äußerst geradlinigen, unumstößlich absehbaren Inszenierung, nutzt Craven jedes noch so geringes Hindernis und kleinstes Erfolgserlebnis für tränenreiche Sequenzen.

Aber egal wie kitschig, sentimental die Geschichte erzählt wird und egal wie absehbar auch jedes Detail sein mag, das 'Music from the Heart' ein schlechter Film wäre, kann niemand behaupten. Dazu ist das stark engagierte Ensemble von Streep über Quinn, von Bassett über Hofheimer und Culkin einfach zu gut. Selbst die Schüler, mehr Statisten als Schauspieler, die sich nur langsam mit Robertas Vorstellungen vom Violinen-Unterricht anfreunden können, sind weit über dem Durchschnitt anderer, gleichgearteten Erzählungen. Und weil Craven scheinbar genau die Schwächen in seiner eigentlichen Geschichte kannte, verpaßte er ihr eine dichte Struktur ohne den geringsten Leerlauf. Und schließlich wird aus dem als Höhepunkt gesetztem Konzert in der Carnegie Hall, ein triumphales Werk von Musik, Kamerarbeit und emotionaler Inszenierung. Jedenfalls hat Craven auch hier gezeigt, das er nur die richtigen Stoffe bräuchte, um diese in ebenso packendes Gewand zu packen wie seine Horrorlegenden.

An der Finanzierung von Guasparis Violinen-Programm hat sich bis heute nichts geändert, lediglich durch großzügige Spenden kann sie ihren Unterricht aufrechterhalten.

.

.

My Big Fat Greek Wedding:

Darsteller: Nia Vardalos, John Corbett, Michael Constantine, Lainie Kazan, Andrea Martin, Joey Fatone, Gia Carides, Louis Mandylor u.v.a.

Regie: Joel Zwick; Drehbuch: Nia Vardalos; Kamera: Jeffrey Jur; Bildschnitt: Mia Goldman; Musik: Chris Wilson, Alexander Janko

USA / 2002 ; circa 95 Minuten

Da war diese Nia Vardalos, die sich auf die Bühne stellte und einen abendfüllenden Monolog über Griechen in Amerika hielt. Ein äußerst beliebter Schauspieler begab sich mit seiner ebenfalls griechisch stämmigen Frau in jenes Stück und brach in helle Begeisterung aus. Mann und Frau, nicht gerade ohne Mittel, beschlossen aus diesem Monolog einen Film zu machen. Nichts Aufregendes sollte es werden, nur ein kleines Ding zur Zerstreuung des angesprochenen Publikums. 5 Millionen Dollar wurden investiert, was eigentlich für heutige Kinostandarts ziemlich knauserig ist, aber Mann und Frau waren ja auch mehr an der persönlichen Erbauung interessiert als an irgendwelchen Kassenerfolgen. So muss es wohl laufen, wenn daraus der erfolgreichste Independent-Film Streifen aller Zeiten werden soll. Nun wird sich dieses Filmchen mit dem ‚Blair Witch Project’ darum streiten können, wer die beste Quote zwischen Budget und Einspielergebnis aufweisen kann, aber wer will denn das wirklich. Ein Verhältnis von 1:50 ist auf alle Fälle nicht zu verachten, dabei ist Nia Vardalos verfilmter Monolog noch nicht einmal in Europa gestartet, und da gibt es auch ein paar Griechen, die Spaß daran haben könnten. Immerhin müsste ein durchschnittlicher Hollywood Schinken bei 1:50 circa das Doppelte von ‚Titanic’ reinholen. Ja, man kann das durchaus Erfolg nennen.

Nia Vardalos, heißt im Film Toula, hat nebenbei das Drehbuch selbst geschrieben und macht sich mächtig über die eigene Sippschaft lustig. Toula ist Dreißig, mit Silberblick behaftet und nicht gerade das, was man Schönheit nennt. Auf drei Dinge wurde sie von ihrem Vater getrimmt, auch wenn die Familie in Amerika sesshaft ist, „heirate einen Griechen, bekomme viele griechische Kinder und stopfe sie mit essen voll“. Das geht solange, bis Toula der Kragen platzt und sie nicht aus der gigantischen Familie ausbricht, aber zumindest vom elterlichen Restaurant ins Reisebüro einer ihrer zahllosen Tanten wechselt. Die graue Maus, entwickelt sich zur selbstbewussten Maus und lernt prompt den Mann ihres Lebens kennen. Und dieser Mann, Ian (Corbett), möchte sie unbedingt heiraten. Nur das Ian so was wie ein reinrassiger Amerikaner ist, das kann die Familie natürlich nicht auf sich sitzen lassen und macht dem eigentliche glücklichen Pärchen Striche durchs Menü, wo es nur geht.

Von einem filmischen Meisterwerk ist ‚My Big Fat Greek Wedding’ weit entfernt. Regisseur Joel Zwick muss sich sogar gefallen lassen, dass er alles andere als wirklich einfallsreich inszeniert hat. Da steht die Kamera von Jeffrey Jur in nichts nach und liefert allenfalls annehmbare TV-Qualität mit seinen Bildern. Wirklich überraschend an diesem griechischen Fest ist nur, dass er absolut nichts Überraschendes zu bieten hat. Die Geschichte geht den Weg des geringsten Widerstandes und bleibt ereignislos. Eigentlich ist die ‚griechische Hochzeit’ ein Fall für die schnelle TV-Auswertung. Wenn man ehrlich bleibt und objektiv. Aber wer will schon wirklich objektiv bleiben, bei so hinreißenden Charakteren, die wirklich kein Klischee auslassen und doch so nah an der Wirklichkeit sind. Sei es das ständige Essen, die Hysterie innerhalb der Familie, oder das Fest bei jeder Gelegenheit. Vardalos setzt drauf, was man reinpacken kann und bleibt doch so erfrischend Original. Jede Übertreibung bleibt doch authentisch. So erhält sich der Film einen Charme der eigentlich nur von den Figuren getragen wird und das an sich reicht schon aus. Die ‚griechische Hochzeit’ ist eine längst überfällige Antwort auf all die Filme über Juden, oder Italiener, von Juden, oder Italienern auf die Leinwand gebracht. Jene stimmungsvollen Abrechnungen mit dem eigenen Typus.

Am besten funktioniert der Film in der ersten Hälfte, wenn Vardalos noch mit der Off-Stimme die Rolle der Erzählerin übernimmt. Von da an ist festgelegt, was der Zuschauer für die restliche Stunde wissen muss. Das hat den Vorteil, und darin kann man auch den überraschenden Erfolg erklären, dass sich der unbedarfte Zuschauer hinein fallen lassen kann. Da werden keine künstlichen Dramen aufgebaut, keine überflüssigen Nebenhandlungen, wer etwas zum nachdenken braucht, sollte das Kino verlassen. Schlicht und ergreifend, ob beabsichtigt, oder nicht, ist hinterher stets schwer nachzuvollziehen. Fest steht, dass das Kino von Zeit zu Zeit jene zauberhaften Geschichten braucht, für deren Erfolg einfach keine Erklärung vorhanden ist, denn eigentlich ist ‚Big Wedding’ ein derartiger zielgerichteter Film, das nicht griechisch stämmige Besucher ihre Schwierigkeiten haben müssten, aus all den Klischees die richtige Portion an Lachern und wirkliche Schenkelklopfern heraus zu filtern. Zu dem überraschenden Erfolg gesellt sich also noch ein Hauch von Mysterium, denn wenn auch die technischen Ansprüche mehr als zu wünschen übrig lassen, funktioniert ‚My Big Fat Greek Wedding’ als reibungslose, perfekt anmutende Komödie, unterhaltsam bis zum Abspann.

Da können sich also Mann und Frau kräftig auf die Schulter klopfen, das sie Nia Vardalos von der Bühne auf die Leinwand geholt haben. Tom Hanks und Rita Wilson sind ja Erfolg gewohnt, aber für einen Schauspieler der ohne weiteres seine 20 Millionen Dollar pro Film kassiert, muss ein derartiger Erfolg, mit den Mitteln eines Viertels seiner üblichen Gage produziert, die Erfüllung schlechthin sein. Da streckt einer die Fühler nach beiden Seiten der Geldspirale aus und gewinnt an allen Fronten. Da möchte der glücklich grinsende Zuschauer ebenfalls der Frau und dem Mann auf die Schulter klopfen und mit Nia Vardalos ein paar Ouzo kippen, weil sie alles so wahrheitsgemäß überzogen hat.

.

.

Mystery Men:

MYSTERY MEN

Darsteller: Ben Stiller, Janeane Garofalo, William H. Macy, Kel Mitchell, Paul Reubens, Hank Azaria, Wes Studi, Greg Kinnear, Geoffrey Rush, Lena Olin, Tom Waits, Claire Forlani...; Drehbuch: Neil Cuthbert; Ausstattung: Barry Chusid, Victor Zolfo; Musik: Stephen Warbeck; Kamera: Stephen Burum; Regie: Kinka Usher; circa 120 Minuten

Es ist eine wahre Pracht, das es nach mühsamen 14 Monaten mit lächerlichen Lachschlagern, doch noch das Gute auf der Leinwand seinen Sieg davon trägt.

In Champion City regiert das Gute in Form von Captain Amazing (Kinnear). Aber Captain Amazing war einfach ein zu guter Superheld, all die Super-Bösewichter sind bereits im Knast, oder psychiatrischen Abteilungen untergebracht. Und Sponsor Pepsi-Cola denkt darüber nach, die hübschen Logos von Amazing's Superhelden-Kostüm zu nehmen, denn mit dem fehlen der Bösewichter, sinkt auch das Interesse am Helden ansich. Also setzt sich Amazing persönlich dafür ein, das sein Erzfeind Casanova Frankenstein (Rush) als geheilt aus der Nervenheilanstalt entlassen wird, wohlwissentlich, das er dann wieder etwas zu tun bekommt, um zurück ins Rampenlicht zu kommen. Aber kaum entlassen, nimmt Casanova Frankenstein den Helden der Stadt noch am selben Abend als Geisel. Nun sind die anderen, die niederen und selbsterklärten Superhelden der Stadt gefragt. Mr. Furios (Stiller), seine Superkraft zieht er aus seinen Wutanfällen. Der Shovler (Macy), dessen Superkraft darin besteht, perfekt mit seiner Schaufel und seinem Schutzhelm umgehen zu können. Und natürlich der Blaue Raja (Azaria), der überhaupt nichts Blaues, nicht mal im Kostüm hat und fantastisch im werfen von Gabeln und manchmal auch Löffeln ist. Messer scheiden aus, da könnte jemand ernsthaft verletzt werden. Aber die eingefleischten Freunde können der Übermacht von Casanova Frankenstein und seinen Verbündeten nicht alleine entgegentreten. Guter Rat ist teuer und so wird einfach ein Casting für die namenlose Truppe veranstaltet. So trifft es sich, das Bowler (Garofalo) hinzukommt, die mit ihrer Bowling-Kugel die tollsten Dinge anstellt, dann noch Spleen (Reubens), dessen Darmwinde jeden Gegner kaltstellen und Invisible Boy (Mitchell), der nur glaubt, sich unsichtbar machen zu können und auch nur wenn wirklich keiner kuckt. Unter der Anleitung von Sphinx (Studi) lernt der zusammen gewürfelte Haufen erst einmal Disziplin, jedenfalls war es so gedacht. Schließlich rückt die Truppe gegen das Schloß von Casanova vor und beweist der Stadt, wer die wahren Superhalden im Lande sind.

Basierend auf der Comicserie von Bob Burden, schrieb Neil Cuthbert ein fantastisches Drehbuch, das sich selbst in keiner Sekunde wichtig nimmt und damit eine lockerer Atmosphäre mit all den Zutaten für einen echten Helden-Streifen schafft. Kinka Usher läßt den Darstellern spürbar viel Raum zum agieren und probieren. Die Freude an diesem Stoff vermitteln die Schauspieler jenseits ihrer Professionalität, sie geben sich dem Stoff und dem Zuschauer in ihrer Laune hin. Da starten Diskussionen, warum der Industrielle mit Brille nicht der unbekannte Captain Amazing sein kann, welcher keine Brille trägt. Usher inszeniert dieses Clark Kent Image, der nur wegen seiner Hornbrille nicht als Superman erkannt wird, auf ein Maximum von satirischem Seitenhieb. Kein Klischee der üblichen Helden-Sagen wird ausgelassen, köstlich durch den Kakao gezogen und zum Selbstzweck gnadenlos selbst mißbraucht. Die Truppe, welche am Ende von den Medien als 'Mystery Men' bezeichnet wird, sind Looser ersten Grades. Mit ihren Slapstick-Schusseleien und Screwball-Dialogen kann man sie keine Sekunde ernst nehmen, und doch fiebert man mit ihnen. Durchweg geben sich Satirisches und alberne Aktionen die Klinke in die Hand und verpassen den Film die Dynamik einer nicht endenwollenden Lawine der besten Unterhaltung.

Victor Zolfo und Barry Chusid schafften mit ihren Sets und der Ausstattung ein surreale Atmosphäre, die sie aus Tom Burton's besten 'Batman' Zeiten ausgeliehen haben. Zusammen mit Stephen Burum's rastlosen Kamera entstehen beeindruckende Bilder von kraftvoller Intensität, wie sie die meisten der sogenannten 'großen Filme' der letzten Zeit vermißen ließen.

Hoch aufpoliert und auf das Beste durchdacht, sind die 'Mystery Men' (mit einer 'Woman') ein turbulent, opulentes Abenteuer, welches 120 Minuten pure und geglückte Unterhaltung verspricht und hält.

 

Abgeschminkt ; Allgemeines Archiv ; Kritikarchiv ; Globes & Oscars