N & O

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Nacht der Entscheidungen Bringing out the Dead
Nachts im Museum Night at the Museum
Nachts im Museum 2 Night at the Museum: Smithsonian
Natürlich blond
Der Nebel The Mist
Nichts wie raus aus Orange County Orange County
No Country For Old Men
Nur noch 60 Sekunden Gone in sixty seconds
Oben Up
Oceans Eleven
Oceans Thirteen
Das Omen 2006
One Hour Photo
Operation Kingdom The Kingdom
Original Sin
Otto - Der Katastrofenfilm

 

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Nacht der Entscheidungen - Bringing out the Dead

Darsteller: NICHOLAS CAGE, PATRICIA ARQUETTE, JOHN GOODMAN, VING RHAMES, TOM SIZEMORE, MARC ANTHONY; Drehbuch: PAUL SCHRADER; Regie: MARTIN SCORSESE;

Im ersten Absatz wird die Handlung angerissen!

Scorsese ist zurück in ‚Hells Kitchen‘ und seinen Kumpel Paul Schrader hat er im Schlepptau. Die vierte Zusammenarbeit des Teams von unangenehmen Tiefgängen, hat es tatsächlich geschafft, eine glaubwürdige Weiterentwicklung des ‚Taxi Drivers‘ zu produzieren. Aber Schrader umgeht in seinem Drehbuch geschickt auffallende Parallelen. Der Anti-Held Frank ist merklicher in die undefinierbaren menschlichen Zwischenbereiche gerutscht, nicht mehr so konzentriert der kalkulierende Einzelgänger. Desto mehr lassen Regisseur und Drehbuchschreiber die Fülle der überzeugenden Haupt- und Nebenfiguren am Rande des Wahnsinns entlang toben und beschreiben drei Nächte an Bord eines Rettungswagens. Drei Nächte, in denen Frank (Cage) drei verschiedene Partner mit unterschiedlichsten Macken begleitet. Um die Geschichte in ihrer Härte und Kompromißlosigkeit funktionieren zu lassen, mußte die Geschichte in die frühen Neunziger verlegt werden, als die Straßen von New York noch dem Ruf gerecht wurden, den sie eigentlich nur in Ausnahmefällen verdient hatten. Huren, Junkies, Dealer und mittendrin die gebrochenen Helden, die Säufer das Leben retten, nur damit diese in der nächsten Nacht wieder von der Ambulanz geholt werden können. Und selbst wenn Scorsese seine Protagonisten am Ende in gleißendes Licht taucht, ihnen die Aura der wiedergeborenen Engel verleiht, dann nur weil sie schlafen und ihrem Schicksal nur für eben diese wenige Stunden entrinnen können. Der Weg zur Erlösung ist noch weit.

Schrader hat die Romanvorlage soweit es ging von den extremen religiösen Symbolysmen befreit, doch Regisseur Scorsese kam nicht umhin, gewisse Versatzstücke zu Gunsten des Filmes ein zu weben. Da wird der Rettungswagen zum strahlenden Engel, der durch die verrohten Straßen brüllt und ein Dealer zum gekreuzigten Märtyrer für all die gequälten Seelen, welche er nicht erretten, aber ihnen helfen konnte. Die Konsequenz seiner Inszenierung, wird Scorsese nicht viele neue Freunde gewinnen lassen. Noch mehr als in den Vorgängern ‚Kundun‘ , oder ‚Casino‘ zieht sich der Regisseur von einer erzählerischen Struktur zurück und verzichtet, bis auf einen dünnen roten Faden, weitgehend auf Handlung. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Charakterisierung der Schauspieler und dies beherrscht Scorsese wie kein anderer. Lediglich sein alter Kumpel Francis Coppola konzentriert sich noch so intensiv auf die Glaubwürdigkeit seiner Protagonisten, doch hier wollte der gute alte Martin zeigen wer Herr im Hause ist. Dank seines einmaligen Ensembles ist dieses Vorhaben ergreifend gelungen. Hat sich Cage in den letzten Jahren zum Regierungswechsel an der Action-Front gemausert, läßt er hier seine extrovertierten Vorstellungen wieder hinter sich und bleibt stoisch zurückhaltend, aber niemals langweilig. Goodman, Rhames und Sizemore könnten von ihren Charakteren nicht unterschiedlicher, aber nicht besser gespielt sein und so gestalten sich glänzende Momente interaktiver Schauspielkunst. Cages erstes Leinwand-Zusmmentreffen mit Ehefrau Patricia Arquette ist in seiner Empfindsamkeit und ängstlichen Annäherung nicht weniger gelungen.

‚Bringing out the Dead‘ ist ein rasanter Bilderbogen menschlicher Abgründe, atemberaubend geschnitten und hervorragend photographiert. Da unterstützen sich comic-hafte Zeitraffer und ausgedehnte Einstellungen, wilder Schnitt und eine verdrehte Kamera. Was den Film wieder zu einem kleinen Scorsese-Meisterwerk werden läßt, ist die präzise Beobachtungsgabe des Regisseurs. Und gerade diese Präzision und die daraus resultierende Konsequenz bietet dem Zuschauer eines der düstersten Werke Scorseses. Und das muß man erst einmal verkraften können.

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Nachts im Museum – Night at the Museum

Darsteller: Ben Stiller, Robin Williams, Dick van Dyk, Mickey Rooney, Bill Cobbs, Carla Cugino u.a.

Regie: Shawn Levy; Drehbuch: Robert Ben Garant & Thomas Lennon; Kamera: Guillermo Navarro; Bildschnitt: Don Zimmerman; Musik: Alan Silvestri

USA / 2006; circa 108 Minuten


Ein Dinosaurier-Skelett das Stöckchen spielen möchte, ein Wachsfiguren Präsident, der sich in eine Wachsfiguren Indianerin verliebt hat, der planlos umherirrende Christoph Columbus und der sinnlose Zinnfiguren-Krieg zwischen dem Diorama der Wildwestpioniere und dem des römischen Reiches. Herrlich albern und wunderbar verrückt. So könnte es zumindest sein.

Mancherlei Dialoge in Garants und Lennons Drehbuch versprechen sehr viel. Da ist mitunter schon einmal etwas Tiefgang, aber allem voran augenzwinkernde Ironie. Shawn Levy lässt in erster Linie Ben Stiller, Ricky Gervais, Steve Coogan und den nicht genannten Owen Wilson, genug Freiraum, um mit Witz und noch mehr Augenzwinkern der phantasievollen Geschichte die dringend notwendige Leichtigkeit abzugewinnen.

Doch dann. Es muss in der Nacht gewesen sein, wie in jenem Museum, da hat sich das Drehbuch verselbstständigt. Da hat sich die Geschichte in eine groteske Laune der Natur verwandelt. Stillers Hauptfigur mutiert zum spleenigen Versager-Vater, hinzu gesellt sich ein vollkommen überflüssiger Sohn als Identifikationsalptraum für ein Publikum, welches diesen gar nicht nötig hat. Drei kauzige Museumswärter verwandeln sich in infantile Zausel ohne Verstand und die erst-beste Mitzwanzigerin wird als Zweiflerin selbstverständlich die bekehrte, neue Freundin der Hauptfigur. Als ob dies nicht längst den Bogen überspannt hätte, überzogen sich alle Seiten des Buches mit der Gebetsformel, ‚lerne Geschichte, lerne Geschichte, lerne Geschichte’.

Dieses Schreckgespenst von Drehbuch muss den Machern soviel Angst eingejagt haben, das sie es nicht wagten, daran auch nur ein Wort zu ändern. Schlimmer noch, Regisseur Levy setzt diese unsinnigen Klischees derart steif um, dass jede Wachsfigur daneben einfach lebendig aussehen muss. Doch weder jung noch alt strömen ins Kino, um eine altbackene und dabei schon tausendfach erzählte Nichtigkeit zu erleben. Es sind einfach die erstklassigen Animationen, welche diesen Film so besonders machen und auch das erstrangige Anliegen dieser Zauberei sind. Das Skelett, ein Mammut, die bronzene Statue, ein Jade-Löwe, ägyptische Schakale und die unendlich vielen, winzigen Diorama-Figuren. Ein paar spritzige Dialoge zwischendrin und abgerundet mit absurder Situationskomik, mehr verlangt doch wirklich niemand, von einer ohnehin gnadenlos nicht vorhandenen Geschichte.

Ein ‚Museum’s Besuch lohnt sich allemal. Auch die wenigen Anschlussfehler schmälern nicht das Vergnügen um das nächtliche Treiben, schließlich handelt sich um einen Effekte-Film, der wirklich das Beste seines Anliegens zu bieten hat. Man muss nur schaffen die Wermutstropfen von lästigen Handlungsirrtümern ausblenden zu können. Heißt es nicht, ‚im Museum wird Geschichte lebendig’? Man muss ja auch nicht unbedingt immer etwas dabei lernen.

bandit

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Nachts im Museum 2 - Night at the Museaum - Battle of the Smithsonian

Wenn man einen Film konzipiert, in dem die jüngste Entwicklung an computergenerierten Effekten zur Schau gestellt werden soll, dann hat ein großes Studio mit genügend Finanzstärke eigentlich alle Freiheiten. Filme wie diese konzipiert man dann auch gleich als sogenannten "Familienfilm". "Familienfilm" nennt man diesen Grenzbereich von anspruchslosen, aber unterhaltsamen Abenteuern, die alle Altersschichten erfreuen können. Anspruchslos deshalb, weil sich seit der ersten SHREK-Inkarnation viele Drehbuchschreiber an ähnlichem probieren und in den eigenen Bemühungen grandios scheitern. Man darf den Autoren von NACHTS IM MUSEUM alles vorwerfen, aber sie waren so anständig, niemals mit Anspruch antreten zu wollen. Die ganze Familie sollte ins Kino gehen und mit offenen Mündern über das Gesehene einfach nur staunen. Das gelang soweit recht gut, bis sich ein fehlgeleiteter Instinkt zu einer Handlung hinreißen ließ.


Dass NACHTS IM MUSEUM (1) Erfolg garantiert war, ist einfach simpel. Ben Stiller, Owen Wilson, Robin Williams, Special-Effects und ein Dinosaurier.

Okay, nur das Skelett eines Dinosauriers, aber das machte die Geschichte noch viel interessanter. Warum alles in der Welt, mussten die Macher noch einen nervenden Balg einbauen, der seinen Vater für einen totalen Versager hält und am Ende total geläutert ist, weil Paps den tollsten Job der Welt hat? Schlimm nur, dass Stillers Daddy tatsächlich ein totaler Versager war. Und eigentlich am Ende noch immer dieser Versager ist, denn dass durch einen Zauber alle Figuren im Museum nachts lebendig werden, hat überhaupt nichts mit Daddy-O zu tun. Sei es drum. Viel Geld in der Kasse schreit nach einer Fortsetzung und um möglichst wenig falsch zu machen, behielt man das Team bei.

Zumindest hat man dazu gelernt, dass - trotz des Familienfilmes - im Film selbst nicht die ganze Familie vereint sein muss. Somit wurde Jake Cherry in seiner Sohn-Rolle wenigstens im literarischen Sinne ordentlich beschnitten. Im kurzen aber heftigen 24-Modus, darf er Papa Larry ‚Jack Bauer‘ Daley vom Computer aus durch das Smithsonian Institute führen.

Aber warum?

Larry Daley ist jetzt mit sinnlosen Erfindungen reich geworden, ist also kein Nachtwächter mehr, also auch nicht mehr der totale Versager. Doch all seine ausgestopften, oder aus Wachs hergestellten Freunde des New Yorker Natural History Museum werden eingemottet und im Bundesarchiv eingelagert. Larry ist darüber genau zwei Minuten sehr traurig, danach geht er wieder zum Tagesgeschäft über. Bis aus den Tiefen des Archivs in Washington ein Notruf erschallt.

Wie will man einen Film, der über keinerlei Handlung verfügte, zu einer anständigen Fortsetzung bringen? Es funktioniert mit der einfachen Hollywood-Formel auf alles noch eins drauf zu setzen und immer einen Gang höher schalten. Das Skelett hat nur kurze Gastauftritte, dafür kommt ein Wasser suchender Kraken hinzu. Amelia Earhart unterstützt Larry den Großunternehmer, der lieber wieder Nachtwächter wäre. General Custer macht seine Aufwartung, und mit ihm Albert Einstein. Der böse Pharao Kahmunrah sammelt Al Capone, Ivan den Schrecklichen und Napoleon um sich. Auch Darth Vader und Oscar aus der Sesamstrasse bieten sich an, werden aber mangels genügender Bosheit abgelehnt. In New York gibt es Teddy Roosevelt als Wachsfigur auf einem Pferd, im Smithsonian ist er als Bronzebüste nur mies gelaunt.

Kein Zweifel, dass die SCHLACHT DES SMITHSONIAN ein sehr schnelles und dabei auch unterhaltsames Vergnügen ist. Sehr viele Anspielungen, wie Clint Howard, der seine Rolle eines NASA Technikers aus APOLLO 13 wiederholt, und eine schier endlose Kette von Einfällen. Dass im Dauerfeuer von gedachten Gags und Spezialeffekten nicht jeder Spaß wirklich zündet, spielt dabei kaum eine Rolle, weil wenig Zeit gelassen wird, ernsthaft über Gesehenes nachzudenken. Und weil Fortsetzungen ja immer etwas Neues bringen müssen, werden diesmal auch die Gemälde lebendig, woraus wohl die besten Lacher geholt werden.

Der geneigte Zuschauer lernt sehr schnell, dass das Smithsonian nicht nur aus einem, sondern aus mehreren Komplexen besteht. Umso verwirrender ist der ständige Wechsel von einem Haus zum nächsten, oder die fehlende Erklärung, welches Museum welche Ausstellungen beinhaltet. Auch mit den geografischen Gegebenheiten hat man sich scheinbar wenig auseinander gesetzt. So steht Steve Coogans Octavius als kleine Diorama-Figur plötzlich vorm Weißen Haus und Larry flüchtet mit Amelia unvermittelt ins Lincoln Memorial, wo natürlich… aber das ahnt man sicherlich. Auch wie und wann die Figuren lebendig werden, wird nach Lust und Laune und Brauchbarkeit eingesetzt. Die Konsequenzen für die Ausstellungstücke, bei Sonnenaufgang noch außerhalb des Museums zu verweilen, finden keine Erwähnung mehr.

Man kann diesem zweiten Aufguss seinen Unterhaltungswert nicht absprechen. Manchmal lau, manchmal schreiend komisch, oft zum schmunzeln, und gespickt mit Zitaten. Es ist ein Film, der dem Prädikat "Familienfilm" durchaus gerecht wird. Aber dabei ist er so überfrachtet, dass sehr schnell Ermüdungserscheinungen auftreten. Konsequent treiben die Autoren ihre Figuren von einer frenetischen Hetzjagd in die nächste. Sehr oft stellt sich dabei der Wunsch nach ruhigeren Phasen ein, und das Gefühl von fehlender Logik innerhalb des eigenen Spielraumes hämmert unaufhörlich. Eigentlich muss ein Fahrer wissen, dass man den Motor nie so hochtourig fahren sollte. Im Rausch, ein optisches Highlight dem nächsten folgen zu lassen, verlieren die wirklich guten Sequenzen sehr schnell an Wirkung.

Jeder technische Aspekt von Kamera über Bildschnitt, hin zu Ausstattung und den erstklassigen Spezialeffekten ist tadellos, und alles greift perfekt ineinander. Shawn Levy beweist als Regisseur wieder einmal, dass er der Größe eines Projektes durchaus habhaft werden kann. Allerdings fehlt ihm, wie schon in einigen seiner vorherigen Filme, dieses Gespür für die leisen Töne seiner Charaktere. Und das Prädikat der Familienunterhaltung scheint bei ihm eine Sperre für differenzierte Ebenen auszulösen. Wie schon bei CHEAPER BY THE DOZEN, PINK PANTHER oder natürlich dem NACHTS IM MUSEUM-Vorgänger, wird zur emotionalen Einbindung des Zielpublikums nur eine stringente Linie akzeptiert. Dem technisch perfekten Film kommt dabei die notwendige Vielseitigkeit im Niveau abhanden.

Man kann Ben Stiller in gewohnter Manier über sich ergehen lassen, sich köstlich über Alain Chabat amüsieren, und die wie immer wandlungsfähige Amy Adams bewundern. Doch den absoluten Bonus holt sich Hank Azaria als überforderter und stark lispelnder Kahmunrah. Seine Darstellung macht wett, wo die Produktion an vielen Stellen versagt. Nur Ricky Gervais hätte durchaus besseres verdient, als diese wenigen, uninspirierten Zeilen, die wehmütig an seine ebenso kurzen, aber grandiosen Auftritte in Teil eins erinnern. Jonah Hill macht in seiner Gastrolle als aufstrebender Nachtwächter schnell klar, dass eine neue Riege an Komikern auf dem Vormarsch ist. In Timing und Spiel weist Hill den allzu routinierten Stiller schnell in seine Grenzen. Sollte sich Cent-Fox zu einem weiteren Teil hinreißen lassen, ist ja alles nur eine Frage des Geldes, wird man um Jonah Hill nicht herum kommen, der mit seiner Rolle verdeutlicht hat, dass Ben Stiller trotz einer riesigen Fangemeinde nicht mehr der Typ ist, das demografisch wichtige Publikum bei der Stange zu halten.

Zumindest hat man den Geist des ersten Teils erhalten. Anspruchslose, dafür aufregende Abenteuer, die keinem zu nahe treten. Niemand, der einem mehr verkaufen will als eigentlich da ist. Und obwohl man tricktechnisch schon einiges gewohnt ist, man darf durchaus auch noch staunen. Naja, aber der Kraken konnte zu keiner Sekunde dem Dinosaurierskelett das Wasser reichen. Doch bei aller Kritik bringt es Ricky Gervais‘ Figur des Dr. McPhee besser auf den Punkt: „Die interessieren sich nur für das, was als nächstes kommt.“



Night at the Museum: Battle of the Smithsonian – Nachts im Museum 2
mit Ben Stiller, Amy Adams, Hank Azaria, Owen Wilson, Stece Coogan, Robin Williams, Christopher Guest, Alain Chabat und Ricky Gervais, Jonah Hill
Regie: Shawn Levy – Drehbuch: Robert Ben Garant, Thomas Lennon – Kamera: John Schwartzman – Bildschnitt: Dean Zimmermann, Don Zimmermann – Musik: Alan Silvestri – Produktionsdesign: Claude Pare
USA / 2009 – circa 104 Minuten

 

 


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Natürlich blond:

LEGALLY BLOND

Darsteller: Reese Witherspoon, Luke Wilson, Selma Blair, Matthew Davies, Victor Garber, Jennifer Coolidge, Holland Taylor, Ali Larter u.a.

Regie: Robert Luketic; Drehbuch: Karen McCullah Lutz, Kirsten Smith; Kamera: Anthony B. Richmond; Filmschnitt: Anita Brandt Burgoyne, Garth Craven; Original Musik: Rolfe Kent

USA / 2001 ; circa 96 Minuten

Es besteht kein Zweifel, das Reese Witherspoon immer hübsch anzusehen ist. Auch mit 'Legally Blond' erweist sich die kleine Amerikanerin als glaubwürdige, vor allem natürliche Komödiantin. Eine Frau, die weniger mit körperlichen Einsatz zu überzeugen versucht, als vielmehr im Zurücknehmen groß angelegter Gesten brilliert. Witherspoon ist ein atemberaubendes Talent gerade in den gehobeneren Komödien, die ein kleines dramatisches Potential vertreten dürfen. Sie war schon immer die kraftvollste weil erwachsene Schauspielerin im Gefolge einer neuen Generation, welche das ebenso neue Publikum an sich binden wollte. Witherspoon nimmt sich zurück wo andere sich profilieren möchten, aber sie kann ohne weiteres Einschränkungen durchbrechen, die andere nicht einmal erkennen würden. Dabei zählt sie nicht einmal zu der Garde jener Hollywood-Neuankömmlinge, die nur wegen ihres Aussehens eine Chance bekommen kann. Sie hat das Gespür das anderen fehlt und sie besitzt jene geheimnisvolle Aura, die eine Kamera so liebt. Und genau jene Vorzüge von Reese Witherspoon werden zum Verhängnis von Robert Luketics Regie Debut.

Elle Woods (Witherspoon) heißt die vielversprechendste Augenweide auf der Uni in California. Nicht bösartig, nicht gemein, wie das für die Umschwärmtesten sonst üblich ist, sondern einfach nur blond und mit einem behaarten Etwas auf dem Schoß, das man schwerlich als Hund bezeichnen kann. Sie ist der Schwarm der Schule und insbesondere der gesamten Mädchenclique. Hier wird die Schule, entgegen den üblichen Possen, als intakte Gesamtheit präsentiert, denn es gilt hier den Klassenkampf gegen einen viel größeren Gegner zu verdeutlichen. Denn ihr Freund Warner (Davies) ist einer von der Sorte, die ihren sozialen Status durchaus auszunutzen verstehen und daraus resultiert auch einer der besten Sätze des Filmes, als er die Liebschaft mit Elle unerwartet, dafür um so herzloser beendet, "ich möchte Senator werden und brauche dafür eine Jackie und keine Marylin". Warner geht nach Havard um Anwalt zu werden. Für Elle kristallisiert sich heraus, was der Zuschauer schon längst weiß: Um Warner zurück zu erobern, muß sie auch in Havard studieren. In ihrer schrillen und vor allem pinken Art eckt sie bei den verbissenen Elite-Schülern mächtig an. Der Klassenkampf entbrennt, in dem sich Elle letztendlich an einem Mordfall beweisen kann. Und dann ist da ja noch Warner, den Elle endlich richtig zu durchschauen versteht.

Alles an ‚Legally Blond’ ist sauber fabriziert und wie geleckt inszeniert. Man merkt Regisseur Luketic an, wie sorgsam er darauf achtet, auch alle Regeln der feel-good-movies nicht nur zu erfüllen, sondern sich allein darauf zu beschränken. Wer ‚Romy and Michelles High-School Reunion’ gesehen hat, weiß wie bissig, aber auch abwechslungsreich unterhaltsam die Auseinandersetzung mit dem wahrhaft blonden Geschöpfen sein kann. Das Problem im allgemeinen ist doch grundsätzlich ein falsches Vorurteil so darzustellen, das sich niemand ernsthaft angegriffen fühlen muss. Die Bemühungen in ‚Legally Blond’ sind dahingehend schon krampfhaft zu spüren und da rettet auch Witherspoons feines Gespür für exaktes Timing nichts mehr. Diese aalglatte Inszenierung macht den Film zu einer weiteren und damit überflüssigen seichten Klamotte. Man kann allerdings nicht vorwerfen, dass das Ziel verfehlt wurde, weil sich ganz offensichtlich alles im risikofreien Bereich bewegen soll und auch ausreichend tut, ein Ziel damit überhaupt nicht ersichtlich wird. Vielleicht mit der winzigen Ausnahme, das ‚Legally Blond’ jener berüchtigte Sleeper des amerikanischen Kinosommers war und nach 100 Millionen Dollar Einspielergebnis, der zweite Teil bereits in die Vorproduktion gegangen ist. Man muss ja nicht in Havard studiert haben, um festzustellen, das künstlerische Aspekte wenig mit dieser Entscheidung zu tun haben.

 


 

Der Nebel – The Mist

Darsteller: Thomas Jane, Toby Jones, Marcia Gay Harden, Laurie Holden, Andre Braugher, William Sadler, Jeffrey DeMunn, Frances Sternhagen u.a.

Regie und Drehbuch: Frank Darabont nach einer Kurzgeschichte von Stephen King; Kamera: Rohn Schmidt; Bildschnitt: Hunter M. Via; Musik: Mark Isham

USA / 2007; circa 125 Minuten  

Maine, das ist einer dieser sogenannten Neu-England Staaten. Es ist dieser eine Staat in dem wirklich eine Menge grausliche Sachen basieren. Die Stadt Castle Rock zum Beispiel, gibt es schon gar nicht mehr, soviel schreckliche Dinge haben sich dort schon zugetragen. Der Teufel persönlich hat das beschauliche Maine ebenfalls heim gesucht. Und nun die Apokalypse. Im wahrsten Sinne des Wortes kann man hier von biblischen Ausmaßen reden. Ginge es nach dem Autoren Stephen King, wäre Maine das schlimmste Fleckchen Erde das man sich vorstellen kann. Und nach Frank Darabonts Verfilmung von ‚The Mist‘ kann man sich einiges vorstellen.

Nach einem für den Sommer üblichen Sturm am See, begutachten Vater und Sohn Drayton erst mal die Schäden an Haus und Bootshaus. Der Strom war ausgefallen, die Lebensmittel im Kühlschrank bestimmt mittlerweile nicht mehr zu gebrauchen. Ein kleines Schwätzchen mit dem Nachbarn, obwohl man sich eigentlich nicht mag und schon gegeneinander prozessiert hat. Ein unvorsichtiges Hilfe anbieten, ein zähneknirschendes Hilfe annehmen. In Zeichen der Not ist man doch für einander da. Das ist die beschauliche Welt des Stephen King, die normale Welt, wie sie auch Frank Darabont trefflich darstellen kann. Mit dem einfachen Typ von nebenan und den widrigen Umständen, für die es sich zu leben lohnt.

Aber der Film verschwendet keine Zeit, bringt sein Anliegen auf den Punkt, langweilt nicht, überfordert aber auch nicht. Im Supermarkt lange Schlangen an der Kasse, überall ist der Strom ausgefallen. Und dann der plötzliche Nebel, ein Erdbeben und Menschen die im Todeskampf schreien. Während sich die Unsicherheit im Supermarkt langsam der Panik annähert, tritt eine Person aus der Unheimlichkeit des Nebels in den Schutz des Supermarktes, „da ist etwas im Nebel“.

An dieser Stelle hat Frank Darabont mit seinem eigenen Drehbuch schon zu viele Schleusen geöffnet. Da gibt es die Besonnenen, die Radikalen und den typischen Hinterwäldler. Und es gibt Unmengen schauerlicher, aber unsichtbarer Monster. Dann kommen die Vernünftigen und die Idioten. Es wird unentwegt sehr originell und grafisch gestorben. Und zum Konflikt gesellen sich noch die wirklichen Einheimischen und deren Kontrahenten, die nur ein Sommerhaus am See haben. So überraschend gut ‚The Mist‘ auch beginnt und eine wirklich wundervolles Szenario schafft und zu fesseln versteht, so schnell zerfällt er nach dem ersten Drittel in eine Vielzahl verschiedener Filme. Und diese Filme finden kaum zueinander, während der Zuschauer hin und her gerissen wird zwischen hervorragend inszenierten Charakterszenen und schlecht umgesetzten Horrorszenarien. Oder umgekehrt, mit effektiven Gruselmomenten und hanebüchenen Figuren-Zeichnungen.

‚The Mist‘ hat alles Zeug zu einem richtig originellen Trash Ableger. Doch dies wagt Darabont genauso wenig, wie ein grundsolides Charakterstück vor fantastischen Hintergrund. Es ist nun einmal so, das sich Amerikas Trauma noch einige Zeit auf den ‚11. September‘ reduzieren wird, und mit dieser Situation will scheinbar weder Drehbuch, noch Regie etwas zu tun haben. Doch die Saat ist eigentlich gelegt und keiner traut sich, diese aufgehen zu lassen. Es geht um Angst, um die nicht greifbare Bedrohung, es geht um Gottglauben und den Stellenwert in der Gesellschaft. Der blutige Horror, der von den im Nebel versteckten Monstern ausgeht, wandelt sich unter der Führung einer mental  desorientierten, religiösen Fanatikerin in ein Schauerstück, in dem der Mensch sein eigener ärgster Feind wird. Es ist alles da und klingt auch an, doch so richtig weiß Frank Darabont nicht damit um zu gehen. Er stößt den Zuschauer lieber vor den Kopf, indem er abgestandene Klischees auftischt. Betrachtet man Darabonts vorangegangene Werke, ist der Aufbau dieses Filmes sehr unverständlich. Schließlich ist er der Mann, der das Fantasy-Element in ‚Green Mile‘ für den rationalen Zuschauer zu einer Selbstverständlichkeit machte.

Thomas Jane ist ein hervorragender Schauspieler, mit dem Problem, das er die unmissverständliche Aura des All-American-Guy besitzt und nicht los wird. Es wird klar, das er eine nicht veränderbare Größe in dem Spiel bleibt, Überraschungen ausgeschlossen. Und wenn schon William Sadler in der Szenerie auftaucht, dann steht fest, dass er sich noch ganz anders verhalten wird, wer er vorgibt. Sadler ist einer der stereotypsten Darsteller im amerikanischen Film, der scheinbar mit Gewalt ständig in ein und dieselbe Rolle gesteckt wird. Marcia Gay Harden, sonst einer der Charakter stärksten Darstellerinnen, verkommt zu einer im wahrsten Sinne des Wortes, kreischenden Nervensäge. An ihr lag es letztendlich, wo der Film von der von Außen beeinflussten Angst, zur menschlichen Selbstzerfleischung führen würde. Aber Harden ist derart überzogen, dass ihr drastisches Ableben kein Bestandteil des Filmes mehr ist, sondern einzig als explosionsartige Befreiung für den Zuschauer empfunden wird. Mittendrin verkümmert eine gut angedachte Aussage.

Der Film macht in seinem Verlauf klar, das alles möglich ist und so passieren auch einige unschöne Dinge, die das Publikum sehr erfreuen werden, denn dafür ist man letztlich auch gekommen. Die manchmal unsichtbaren, aber oftmals auch sehr präsenten Monster sind erfreulich effektiv eingesetzt. Michael Brooms Design der  absurd aussehenden Kreaturen mit ihren noch unheimlicheren Fähigkeiten ist nicht Welt bewegend, aber doch originell und frisch genug, immer wieder angenehm überrascht zu werden.

‘The Mist‘ könnte ein ganz hervorragender Horrorfilm sein, hätte er den Mut auch dazu zu stehen. Und das gibt den Ball zurück, dass der Film auch auf einer ganz anderen Ebene funktioniert hätte, wenn die Einsicht da gewesen wäre, das man nicht mit übertriebenen Klischees spielen muss, um verstanden zu werden. Grundsätzlich ist er kein schlechter Film. Technisch gesehen, ist er mit Bildern, den Effekten, ebenso im soliden Schnitt und seinem Sound sogar herausragend gut und weit über dem Standard. Doch der Mix von schlichtem B-Movie und hochkarätigem Kammerspiel darf einfach nicht ernst genommen werden, will man sich über die nur manchmal langatmigen 124 Minuten hinweg amüsieren. Das Ende geht sehr konform mit Stephen Kings Vorstellung einer Welt, die im Chaos einer unbekannten Bedrohung versinkt. Dann aber geht Darabonts Phantasie einen Schritt weiter, zu einem der radikalsten Enden eines Hollywood Filmes der letzten Jahre, welches Diskussionsstoff  für extrem hitzige Debatten liefert.

bandit

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Nichts wie raus aus Orange County

ORANGE COUNTY

Darsteller: Colin Hanks, Schuyler Fisk, Jack Black, Catherine O'Hara, John Lithgow, Harold Ramis, Jane Adams, Garry Marshall, Chevy Chase, Lily Tomlin, George Murdock und Kevin Kline u.a.

Regie: Jake Kasdan; Drehbuch: Mike White; Kamera: Greg Gardiner; Filmschnitt: Tara Timpone; Musik: Michael Andrew

USA / 2001 ; circa 81 Minuten

Eigentlich hat diese Teenie-Komödien überhaupt nichts neues zu bieten. Mit der Ausnahme vielleicht, das sie ohne zottigen Humor und Fäkal-Witz zu unterhalten weiss. Diese Teenie-Komödie bringt auch keine neuen Aspekte über die Schwierigkeiten beim Erwachsen werden, oder Beziehungen innerhalb der Familie. Es ist eine nette, unkomplizierte Komödie, mit einer vielleicht zweifelhaften Auflösung und doch absolut sehenswert.

Es ist nach drei Leinwandaufritten Colin Hanks erste Hauptrolle, die er mit bravouröser Leichtigkeit meistert und in der man das Potential für grössere Aufgaben durchaus erkennt. Talent muss wohl vererbbar sein. An seiner Seite bewährt sich auch Shuyler Fisk mit erstaunlicher Glaubwürdigkeit. Zusammen setzen sie sich genial, geschickt gegen die Riege alter Haudegen wie Black, Lithgow, Ramis, Chase, oder auch Kline durch, ohne diese zu überrennen, oder auszustechen. Dafür sorgt auch eine überragende Regie des Aufsteigers Jake Kasdan, der seine Protagonisten allesamt chaotisch, turbulent und mit derben Marotten über die Leinwand dirigiert, ohne auch nur einen seiner Charakteren unsympathisch erscheinen zu lassen.

Shaun Brumder (Hanks) ist der durchschnittliche All-American Boy, der eine reizende und ihm zur Seite stehende Freundin (Shuyler) hat und mit seinen besten Freunden am liebsten den Tag auf dem Surfbrett verbringt. Doch gerade am Strand entdeckt Shaun ein Buch des Autors Marcus Skinner, welches ihn beim lesen so aufwühlt und mitnimmt, das für Shaun die Zukunft klar deffiniert scheint. Er will Schriftsteller werden und setzt sich mit grossen Erfolg sofort an die Schreibmaschine. Und mit dem Ziel als erfolgreicher Autor vor Augen, steht für Shaun auch fest, das Orange County, jener Landstrich unterhalb Los Angeles', für eine Zukunft nicht in Frage kommt. Doch der Weg zur Stanford University, und damit raus aus Orange County, ist Dank seiner turbulenten sozialen Umgebung weit lehrreicher als Shaun Brumder anzunehmen wagte.

Nur schade das Schreiber Mike White hierzu nicht viel neues eingefallen ist, als seine Figuren einer geradlinig und bekannten Umgebung auszusetzen. Orange County ist niemals so erkennbar falsch, was den Wunsch zur sozialen Flucht nachvollziehbar rechtfertigen würde. Umgekehrt ist die Auflösung alles andere als originell. Neben den sympathisch, skurilen Figuren, hätte ein kräftiges Überarbeiten des Buches auch mehr soziale Komik und eine homogenere Tiefgründigkeit hervorgebracht. Nun ist es aber so, das trotz allem 'Orange County' eine ansehnliche und willkommene Abwechslung im derb, unlustigen Dschungel der heutigen Teenie Streifen ist und sogar die Eltern des Zielpublikums begeistern kann. Man kann sich endlich wieder einmal treiben lassen und gut amüsieren, ohne auf weitere geschmacklose Schocks vorbereitet sein zu müssen.

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No Country For Old Men

Darsteller: Josh Brolin, Javier Bardem, Woody Harrelson, Kelly MacDonald und Tommy Lee Jones u.a.

Regie und Drehbuch: Ethan Coen, Joel Coen, nach dem Roman von Cormac McCarthy; Kamera: Roger Deakins; Bildschnitt: Roderick Jaynes (aka Ethan und Joel Coen); Musik: Carter Burwell

USA / 2007; circa 122 Minuten

‚No Country‘ ist mit Abstand das kraftvollste Stück, das die übernatürlich anmutenden Coen Brüder bisher auf die Leinwand gebracht haben. Mit ihrem Faible für abseitige Charaktere, skurrile Ereignisse und Bilder, die kein anderer auf das Publikum los lässt, ist eine Kollaboration mit Cormack McCarthy nur eine Frage der Zeit gewesen. Die Zeit war reif, die Coens bereit und ‚No Country For Old Men‘ überwältigt mit einer atemberaubenden Wucht.

Selten war etwas bei Ethan und Joel so, wie man es erwartete. Und noch seltener lagen sie daneben. Selbst der vielfach verschmähte Ladykillers‘ hatte Qualitäten, für die andere Filmemacher nicht die Energie aufbringen würden. Es geht darum einen Stil zu entwickeln, den Stil zu halten und mit diesem Stil in verschiedene Richtungen arbeiten zu können. Es sind die abseitigen Charaktere, die skurrilen Ereignisse und einnehmenden Bilder. Aber nur im richtigen Mix und im perfekten Ineinandergreifen von diesen filmischen Mitteln, gelingt die Magie, welche manchmal in unserer Zeit für das Kino verloren geglaubt wird.

Wenn Tommy Lee Jones am Ende seinen vererbten, aber auch über Jahrzehnte geliebten Job aufgibt, da hat man mit der Karriere der Coen Brüder ihren ersten Film erlebt, den man tatsächlich gesehen haben muss, um ihn zu begreifen. Ein Film den man gesehen haben muss, weil er sich den Worten oftmals entzieht. Doch man sollte gewahr sein, das ‚No Country‘ kein einfacher Film ist. Eigentlich ist er sehr schwer verdauliche Kost. Er ist wortkarger als die Coen-Filme davor, ist um ein wesentliches brutaler, allerdings nicht im grafischen Sinne und Handlung ist auf ein erstaunliches Mindestmaß reduziert.

Javier Bardem hat jetzt schon das Gütesiegel der ausgefallensten Leinwandfrisuren von Christopher Walken übernommen und wenn man dann noch den nicht zu identifizierenden Akzent des Spaniers hört, weis man sehr schnell, das alles was man befürchtet, auch wahr werden kann. Und genau das ist das Verstörende an ‚No Country‘, Situationen mit denen der Zuschauer nur schwer Schritt halten kann. Unbequem, eiskalt und immer dieses verschmitzte Lächeln des schwarzen Humors.

Doch es ist noch ein Schritt rückwärts von Nöten, um zu erklären. Es gibt allemal bessere schauspielerische Leistungen in anderen Filmen. Einige Filme sind um Längen besser photographiert. Da sind wesentlich brutalere Filme im Umlauf. Und man hat schon bei anderen Gelegenheiten mehr gelacht. Die Coens sind nicht Wunderknaben mit allumfassendem Können. Aber sie wissen exakt um ihre Dosierungen. Der unbedarfte Wohnwagen-Bewohner, der immer zu einem philosophischen Gespräch bereite Killer und ein ausgedienter Cop, der den Wandel der Zeit nicht wahrhaben will. Es ist das Jahr 1980. Was für uns heute selbstverständlich ist, reift in den Anfängen der Reagan-Ära zu einem unheilbaren Geschwür. Eine Welt die keine Helden mehr verträgt, in der Rücksicht und gegenseitige Hilfe unmöglich werden, wo Geist und Moral alle Grenzen durchbrechen. Eine Welt, die mit dem nicht mehr klar kommt, was sie einst groß machte. Verloren, müde, gebrochen muss das Tommy Lee Jones sich selbst eingestehen, der noch zwei Filmstunden vorher mit dem Pferd anstelle des Dienstwagens zum Tatort kommt. Am Ende könnte ein Filmbild nicht trefflicher sein. Und es könnte kaum schmerzlicher sein.

Es ist ein aufregender Film, spannend und unheimlich gut im Kontext fotografiert. Er lässt sich Zeit, und daraus zieht er seine Dynamik. Es ist ein Film, der nicht nur 1980 spielt, sondern Ende der Siebziger auch in dieser Form so gemacht worden wäre. Vielleicht nicht so perfekt umgesetzt. Die Coen Brüder verweigern sich geschickt und ganz bewusst dem aktuellen Kino, mehr als bei ihren Vorgängerfilmen. Es ist kein Film für jedermann, für manche vielleicht sogar nicht fassbar. Doch als Gesamtkunstwerk muss man ihm seine Lorbeeren zugestehen. Wann schon bilden Darsteller, Dialog, Schnitt, Bild und Rhythmus eine so homogene, traumhaft bösartige Symbiose. Es hat schon etwas Abartiges zu sagen, dass schöner der Verfall nicht gezeigt werden könnte und die Unmoral kaum verführerischer sein kann. Der Film selbst funktioniert im Grunde wie sein Thema. Ein traurig schönes Bild von einem Land, in dem ältere Männer sich nicht mehr zurecht finden.

mainstream

 


 

Nur noch 60 Sekunden - Gone in 60 seconds

Darsteller: Nicholas Cage, Robert Duvall, Giovanni Ribisi, Angelina Jolie, Delroy Lindo, Chi McBride, Christopher Eccleston u.a. ; Drehbuch: Scott Rosenberg; Musik: Trevor Rabin; Schnitt: Tom Muldoon, Chris Lebezon; Regie: Dominic Sena;

USA 200, circa 117 Minuten

Handlung im dritten Absatz!

Als H.B.Halicki 1974 seine verwirrenden Action-Streifen '60 Seconds' auf die Zuschauer losliess, ging es dem Autonarr lediglich darum, den Asphalt zu polieren und mächtig viel Blechschaden zu erzeugen. Wer sich mit der äusserst eigenwilligen Inszenierung anfreunden konnte, wurde mit fesselnden Autostunts und einem 40 minütigen Verfolgungsrausch belohnt. Wäre Halicki ein längeres Leben beschienen gewesen, könnte man sich Auseinandersetzung mit dem heutigen Film ersparen. Der Actionfreak starb in den 80ern bei einem Stunt während der Dreharbeiten zu seiner Fortsetzung der 'Blechpiraten' von 1974. Man hätte sich einiges, und dem Zuschauer noch viel mehr, ersparen können.

Selbst Freunde des neuen Action-Helden Nicholas Cage dürften Schwierigkeiten haben, dieser Jerry Bruckheimer Produktion eine positive Reifenspur ab zu gewinnen. Nicht zu vergessen die Fans von Angelina Jolie, welche so hoch in der Werbung angepriesen, nichts weiter als ansehnliches Beiwerk mit nur wenigen Auftritten darstellt. Aber dies allein wäre leicht zu verschmerzen. Die meisten Actionfilme gehen ohne viel Sinn und Verstand auf die Leinwand, lassen dafür aber den Adrenalinspiegel steigen. Bis auf eine einzige Schnittsequenz, fehlt es aber diesem Film in allen Punkten an ordentlicher Umsetzung, bis hin zum Titel.

Dem früheren und jetzt sauberen Autoknacker Memphis Raines (Cage) bleiben drei Tage um seinem, in seine Profession gefolgten Bruder (Ribisi) das Leben zu retten. Der Kleine konnte keine 50 versprochene, geklauten Luxuswagen liefern und das macht den neuen Unterweltler im Block (Eccleston) ziemlich sauer. Besorgt der alte Meister für seinen dilettantischen Bruder die gewünschte Ware, kann die Sache schnell vergessen werden. Auf die Schnelle bekommt der zuständige Beamte für Autodiebstähle im Polizeipräsidium (Lindo) noch Wind von der Sache und klebt Memphis noch zusätzlich am Hintern....

...man sollte als wirklich objektiver Kritiker, keinem Zuschauer dem Spass an einem Film nehmen. Wenn ich sage, das es ausreichend ist, den Trailer im Kino gesehen zu haben, dann ist das keine selbst gefertigte Meinung, sondern eine objektive Betrachtung der Tatsachen. Alles ist im Trailer, und wenn jemand entgegen hält, da würde man nicht viel zu sehen bekommen, dann sollte man sich auf meine Aussage verlassen, das es auch im kompletten Film nicht viel mehr zu sehen gibt.

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Oben - Up

In einem nicht ganz so ernst zu nehmenden Artikel bei Slate hat Nina Shen Rastogi den Leser darüber aufgeklärt, dass Carl Fredricksen 23,5 Millionen Luftballons benötigen würde, um sein Haus in die Luft zu bringen. Nachdem bei Wired Science ein Experte für das Verlegen und Umsiedeln alter Gebäude Fredricksens Haus mit 100.000 Ballons anheben wollte, war die Kolumnistin neugierig geworden.

Da sich das Haus noch von Strom- und Wasserleitungen sowie vom Fundament losreißen muss, kam Nina Shen Rastogi bei ihren Überlegungen auf über 9 Millionen mit Helium gefüllte Ballons. Als Regisseur von UP -- OBEN hat Pete Docter dem Magazin Ballooning schließlich anvertraut, dass die interne Rechnung bei PIXAR auf 23,5 Millionen erforderliche Ballons kam. Bei der Startsequenz hat die Computer-Filmfirma dann immerhin über 20.000 individuelle Ballons generiert, während es bei den restlichen Flugszenen so um die 10.000 Stück waren.

OBEN ist der erste Animationsfilm, der die Filmfestspiele von Cannes eröffnen durfte. Kein zu unterschätzendes Prädikat. Doch welche Erwartungen kann man damit in diesen zehnten Kinofilm des Hauses Pixar setzen? Man könnte die Entscheidung der Festival-Leitung einfach als PR-Stunt in eigener Sache abtun. Oder man hat OBEN für tatsächlich so brillant gehalten, dass er stellvertretend für das gesamte Festprogramm stehen könnte. Finanzielle Zuwendungen scheiden aus. Zumindest ist das eine spannende Geschichte um einen Film, der wesentlich mehr verspricht, als er halten kann.

Was das Drehbuch diesmal bereithält, ist in erster Linie wieder so interessant und teilweise auch verrückt, dass es nur von Pixar kommen kann. In einer Welt des demografischen Jugendwahns und der schnuckeligen CGI-Tierchen lassen die Herren Docter und Peterson als Autoren und Co-Regisseure einen 78 Jahre alten Griesgram auf das verwöhnte Publikum los. Ein maulender, nörgliger Kerl ist dieser Carl Fredricksen, den man nicht gerne zum Nachbarn hätte. Nun, davon abgesehen wäre er ja nicht mehr lange in der Nachbarschaft. Carl zur Seite stellt man einen Halb-Asiaten, was auch nicht zur üblichen Helden-Beschreibung in Kinder- und Jugendfilmen zählt. Er heißt Russell und ist eine dicke, halslose Nervensäge, die den Mund nicht zubekommt und einfach nur nervt.

Die Konstellation ist also alles andere als gewöhnlich und damit darf man die Behauptung aufstellen, dass es schon wieder typisch Pixar ist. Aber viel überraschender als die zwei unsympathischen Hauptfiguren ist zweifellos die Grundlage des bevorstehenden Abenteuers. Und diese Grundlage ist die Geschichte einer großen Liebe, eine fünfminütige Sequenz, die ohne Worte erzählt wird und so hinreißend umgesetzt und inszeniert ist, dass man sie schon jetzt einen Klassiker des Animationsfilms nennen darf. Diese Szene erzählt vom Miteinander und von inniger Zuneigung, wie sie das wahre Leben nicht besser beschreiben könnte.

Carl Fredricksen muss den Traum vom Haus auf einem Hochplateau in Venezuela verwirklichen, wenn sein Leben einen Sinn gehabt haben soll. Der Rest ist pures Abenteuer, das nicht unbedingt immer ganz rund läuft. Wie das ungleiche Duo das Ziel in Windeseile erreicht, ist dabei noch dem flotten Erzähltempo zuzuschreiben, ohne dass man die Logik bemühen muss. Immerhin ist es nach wie vor ein Film, der die gesamte Familie ansprechen soll. Doch in der zweiten Hälfte drehen dann Drehbuch und Inszenierung richtig auf und OBEN beginnt einen störenden, noch dazu unnötigen Sinkflug. Was den Figuren schließlich an physikalischen Herausforderungen zugemutet wird, deckt sich nur noch selten mit dem, was man am Film anfangs zu schätzen gelernt hat.

Die Umsetzung von Inhalten kann man bemängeln, ignorieren oder einfach gut finden. Doch nebenher funktioniert OBEN über eine zweite Erzählebene, die sich in Farbgestaltung, Texturen und Bildkomposition ausdrückt. Kaum ein Familienfilm hat bisher die gesamte optische Palette in dieser Form zum integralen Bestandteil der Geschichte gemacht. So können die Filmemacher wett machen, was die niedrige Aufmerksamkeitsspanne des jungen Publikums geradezu notwendig macht. Die fast schon tragikomische Geschichte mit ihrem emotionalen Tiefgang muss im Laufe des Films zwangsläufig zu einer Folge von übersteigerten Sequenzen führen, um für den Anfang zu entschädigen, der für Kinder ohnehin schwer zu verarbeiten ist.

Doch Carl Fredricksens Motivation für die Ereignisse bleibt in den Bildern stets präsent. Die steigenden Ballons, der erste Blick auf das Reiseziel, der Streit zwischen Carl und Russell, das Haus auf dem Plateau. In Farbe, Bild und Komposition wird immer auf Carls eigentliche Intentionen verwiesen. Unterschwellig reißt die Geschichte um den verloren geglaubten Lebenstraum nie wirklich ab. Die grell-bunte Farbpalette scheint schier unerschöpflich und wechselt spontan auch zu einer ungeheuren Vielzahl verschiedener Graustufen. Gigantische Panoramen verwandeln sich der Geschichte entsprechend durchaus schnell in beengte Bildausschnitte.

Dass sich die Moral der Geschichte letztlich auf das übliche Über-sich-hinauswachsen bezieht, ist ein ausgelatschter Schuh, der selbst dem Erwachsenen mit kindlichem Gemüt nur allzu aufdringlich erscheint. Hätte man doch nach den ersten vierzig Minuten durchaus weitere Überraschungen in der Erzählstruktur erwarten können. Doch wo immer man Mängel entdeckt, weil man Mängel finden möchte, bleibt OBEN der bisher raffinierteste, weil der bislang am konsequentesten durchdachte Langfilm aus dem Pixar-Haus.

Das Hin und Her und Für und Wider inwieweit die aktuellste 3-D-Technik für das Kino sinnvoll ist, beantwortet OBEN mit einem klaren Für und Wider. Die Bilder überzeugen mit unglaublicher Tiefe und erstaunlicher Räumlichkeit. Selbst in den schnelleren Schnittphasen, wird die Trägheit der Augen nicht überfordert und die dritte Dimension muss nicht erst wieder im Kopf aufgebaut werden. Das ist der große Vorteil, wenn das gesamte Konzept eines Films auf 3-D abgestimmt und jede Szene damit aufgebaut wird. Nicht der Effekt wird hier demonstriert, sondern die Natürlichkeit. Man verzichtet sogar auf süße Hundeschnauzen, die dem Zuschauer ins Gesicht schnüffeln könnten.

Während das Verfahren nahezu perfekt ist, bleibt die Technik noch leicht hinterher. Das nur zirka 80% der angedachten Bildhelligkeit durch die Brillen wahrgenommen werden kann, wurde bei keinem der bisherigen in RealD-3D präsentierten Filme auffällig. Bei UP – OBEN allerdings sollte man die auf feinste Nuancen abgestimmten Bilder in ihrer wahren Brillanz sehen. Und da kann die 3-D-Fassung nicht in vollem Umfang mithalten, was besonders in den Venezuela-Sequenzen bemerkt werden könnte. Und nicht zu vergessen die Ballon-Szenen, auch wenn man nur 20.000 zu sehen bekommt. Doch die Mädels und Jungs von Pixar können einen wenigstens glauben machen, man sähe 23 Millionen. In dieser hohen Kunst der Phantasie haben sie sich mit OBEN ihre Vormachtstellung weiter ausgebaut.


Up – Oben
Sprecher: Ed Asner / Fred Maire, Jordan Nagai / Maximilian Belle, Christopher Plummer / Karlheinz Böhm, Bob Peterson / Dirk Bach, Delroy Lindo / Stefan Günther u.a.
Regie und Drehbuch: Pete Docter, Bob Peterson – Produktionsdesign: Ricky Nierva - Bildschnitt: Kevin Nolting – Musik: Michael Giacchino
USA / 2009 – zirka 93 Minuten

 


 

Oceans Eleven

Darsteller: George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon, Don Cheadle, Andy Garcia, Julia Roberts, Bernie Mac, Casey Affleck, Scott Caan, Shaobo Qin, Eddie Jemison und Carl Reiner & Elliott Gould

Regie: Steven Soderbergh; Drehbuch: Ted Griffin; Kamera: Peter Andrews (=Soderbergh); Filmschnitt: Stephen Mirrione; Musik: David Holmes

USA / 2001 ; circa 116 Minuten

Das Bellagio Casino in Las Vegas hat eine Sehenswürdigkeit, die sich gegenüber dem Lichterglanz und der bombastischen Dekadenz des Casino-Strips wohltuend abhebt. Das Bellagio präsentiert den Spielern, Touristen und sonstigem Gesindel eine phänomenale Show mit Wasserspielen, jede Viertelstunde und natürlich umsonst. Das Bellagio lädt ein zum Verweilen, zum entspannen und zu guter Musik. Meistens sind die Wasserspiele mit Liedern von Frank Sinatra unterlegt, dem Urgestein des Strips. Manchmal spielt man am See vor dem Bellagio auch eins von Dean Martin. Erinnerungen werden wach. Überhaupt, wie Erinnerungen wach werden, wenn man einfach nur so die Atmosphäre genießt, wie sie nur Las Vegas zu bieten hat. An keinem Ort der Welt verliert man so gerne so viel Geld und an keinem Ort der Welt kann man sich so jenseits der Wirklichkeit bewegen.

Einen Film über Las Vegas zu drehen ist an sich nichts bedeutendes. Einen Film über Menschen zu drehen die sich perfekt in das verzerrte Weltbild von Vegas einfügen dagegen, bleibt eine Herausforderung. Wie hat dieser Mensch auszusehen? Wie ist dieser Charakter beschaffen? Als Grundlage schufen Sinatra ‚und seine Spießgesellen’ 1960 die Prototypen jenes ebenso abgehobenen, der Wirklichkeit entschwundenen Mannes, der sich tatsächlich als solcher durch und durch bezeichnen konnte. ‚Oceans Eleven’ war niemals ein ernst zu nehmender Film, vielmehr die Spielwiese des albernen Auslebens exzentrischer Lebensweisen. Das dies Regisseur Steven Soderbergh gerade recht kam, liegt dabei auf der Hand, betrachtet man die Schaffenskünste des eigentlich ebenso abgehobenen Filmemachers.

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Die neue Variante von ‚Qceans Eleven’ als Remake zu bezeichnen ist an sich schon richtig, doch schuf Soderbergh seinen eigenen kleinen, funktionierenden Kosmos. Die Helden von damals sind einfach gegen die Vorbilder von heute ausgetauscht und der Regisseur dirigiert sie genauso wenig ernsthaft durch eine entrückte Welt der Phantasie. Genau das lässt diesen Film so perfekt geraden, wie er eben das Publikum begeistert. Hier wird einem nichts vorgemacht, obwohl man mehr als genug davon zu sehen bekommt. Dieser anscheinende Wiederspruch löst sich ganz einfach auf. Teilweise fehlt dieser raffinierten ‚Rififi’-Variante ein konkreter Spannungsaufbau, aber wer ehrlich ist, hat dies gar nicht so sehr vermisst. Sehr schöne Menschen bewegen sich äußerst cool durch eine Landschaft, die sich wie eine zweite Haut um sie legen zu scheint.

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Was ist cool? Es ist keine Charaktereigenschaft und es ist nichts definierbares. Soderbergh ist ein cooler Regisseur, der mit einer Menge von coolen Leuten einen überaus coolen Film gemacht hat. Das ist Fakt. Und wenn auch jede Definition versagt, bleibt es dennoch Bestand. Wenn als Ablenkung zum Millionen-Coup ein Boxkampf im legendären MGM-Grand statt findet, dann ist das keine kleine Studiokulisse mit irgendwelchen Schwergewichtigen Hau-Drauf-Burschen. Über Wochen hinweg hatte Soderbergh mit seinem gesamten Team alle Örtlichkeiten des realen Bellagio zur Verfügung. So verschmelzen zwei Welten. Die des Bekannten und Wirklichen und jene Phantastereien, welche die Geschichte so sympathisch machen. Ausgelassen und mit keiner Spur von Seriosität bleibt immer noch der eigentliche Coup. Das Ausräumen des Tresorraumes der dreigrößten Casinos, Bellagio, MGM und Mirage. Hier dreht das raffinierte Drehbuch erneut am Rad der Spielerei.

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Wer trotz der schön anzusehenden Menschen und gelungenen Dialoge sich nicht auf die Handlung konzentriert, verpasst schnell den Anschluss und mit diesem die nettesten falschen und richtigen Fährten, die sich jemand für eine Geschichte dieser Art einfallen lassen kann. Clooney ist kein Sinatra und Brad Pitt kein Dean Martin. Sie sind schlichtweg anders und trotzdem ebenso unvergleichlich cool. Auch wenn die Bilder, von Soderbergh selbst, perfekt komponiert wurden, auch wenn die Geschichte noch so raffiniert gestylt ist, der funktionierende Punkt des Filmes bleibt einfach, das sich niemand tatsächlich für wichtig hält, oder wirklich ernst nimmt. Damit ist alles gewonnen, für alle Beteiligten, für Soderbergh, der seiner Reputation mehr als gerecht wird und für ein begeistertes Publikum. Und wenn alle Protagonisten zu einem letzten Wiedersehen am Ende die Wasserspiele am Bellagio genießen, dann hätte auch Sinatra seine Freude gehabt. Es kommt eben nicht darauf an, wie viel Whisky man trinkt, sondern wie man das Glas hält. Das ist wie beim Filme machen. Und wie hier die Gläser gehalten wurden, ist das einfach nur cool.

 


 

Ocean‘s 13 – Ocean‘s Thirteen

Darsteller: George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon, Bernie Mac, Carl Reiner, Don Cheadle, Casey Affleck, Scott Caan, Shaobo Qin, Andy Garcia, Eddie Izzard, Elliott Gould, Leddie Jemison und Al Pacino, Ellen Barkin, David Paymer, Vincent Cassel

Regie: Steven Soderbergh; Drehbuch: Brian Koppelman, David Levien; Kamera: Peter Andrews; Bildschnitt: Stephen Mirrone; Musik: David Holmes; Set Designer: Aric Cheng, Todd Cherniawsky

USA / 2007; circa 122 Minuten

Selbst das größte Problem, ist kein Problem. Die Devise des Filmes, ist die Devise der Filmemacher. Nach dem Amok gelaufenen ‚Oceans 12‘, der das neue Rat-Pack weniger cool, als eher überheblich losgelöst von allen Konventionen agieren ließ, kehrt der Nachfolger zu seinen Wurzeln zurück und lässig wird der Las Vegas Strip unsicher gemacht.

Aber Steven Soderbergh hat sich das wohl zu lässig vorgestellt, aber man lebt nun mal im neuen Jahrtausend und da hat die Technik ein erhebliches Wort mit zu reden. ‚Oceans 13‘ ist rasantes Kino, das schnell auf den Punkt kommt, nie seinen Rhythmus verliert und unglaublich coole Leute präsentiert. Aber es ist jene Technik, die es notwendig macht, noch viel mehr Technik in einen Plot zu investieren, in dem man das modernste Casino in Las Vegas ausräumen will.

Das Zwischenmenschliche beschränkt sich auf wenige, prägnante Sequenzen, hauptsächlich die treffenden Halbsatz-Konversationen zwischen Clooney und Pitt. Der Spaß hört auch vor Insiderwitzen nicht auf, wenn Clooneys Danny Ocean zu Pitts Rusty sagt, er soll mal zur Ruhe kommen, sich ein paar Kinder anschaffen. Ansonsten besteht der Plot zu diesem flotten Amüsement aus vornehmlich Taschenspielertricks um Impulsröhren, Computermanipulationen, magnetisches Plastik, Chemikalien und jede Menge künstliches Haar.

Das Drehbuch hat sich einfach zuviel vorgenommen, als das die Figuren richtig zur Geltung kommen könnten. Da macht sich der Vorteil von einem dritten Teil bemerkbar, wo man die Charaktere längst lieb gewonnen und kennen gelernt hat. Man muss aber dem Film zu Gute halten, das er trotzdem mit 122 Minuten ein ideales Maß erreicht hat, wo man eben wegen der hervorragenden Darstellerensembles leicht versucht sein könnte, viel mehr Zeit heraus zu schinden.

Ein optisches Highlight ist dieses mal das künstlich erschaffene, dem Coup von Oceans Männern ausgesetzten Bank-Casino, welches sich Dank grandioser Computertricks phantastisch in den echten Vegas Strip einfügt.

Es wurde auch darauf verzichtet wieder in einem echten Casino zu drehen. Der Film forderte Warners größte Bühne in welcher die protzig realistische, zweistöckige Casino-Kulisse entstand. Aber selbst daraus macht Soderberghs Kamera, unter seinem bekannten Pseudonym, kein großes Aufheben. Soderbergh ist Darsteller Regisseur und das merkt man auch an seiner Kameraarbeit, wie er Akzente zwischen seinen Protagonisten setzt und damit eine zusätzliche Pointe schafft, anstatt die humorvollen Passagen ins Lächerliche auszuspielen.

Ja, ‚Oceans 13‘ ist ein gelungener Film, der Spaß macht und an dem auch merklich seine Mitarbeiter Spaß hatten. Er könnte abgespeckt mehr das Potential des ersten Teiles erreichen, aber er ist auch an keiner Stelle langweilig. Das Tempo stimmt, der Unterhaltungswert wird gehalten und wo kann man denn schon so ein cooles Ensemble bewundern, die im wirklichen Leben bestimmt alle Frank Sinatras Hand geschüttelt hätten.

mainstream  

 


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Das Omen – The Omen

Darsteller: Liev Schreiber, Julia Stiles, Mia Farrow, David Thewlis, Pete Postlethwaite, Michael Gambon und Seamus Davey-Fitzpatrick als Damien

Regie: John Moore; Drehbuch: David Seltzer; Kamera: Jonathan Sela; Bildschnitt: Dan Zimmerman; Musik: Marco Beltrami

USA / 2006; circa 109 Minuten


Strategisch clever gesetzt, mit einem Starttermin am 6.6.06, kann man einiges erwarten, von der Neuverfilmung von ‚Das Omen’. Zum einen, ist das Datum verstrichen und der Film ist forthin auf Mundpropaganda angewiesen. Zum anderen, bezieht sich die dreifache Sechs als Zeichen der Helfer Satans auf die sechste Stunde, des sechsten Tages im sechsten Monat, das Jahr hat überhaupt nichts damit zu tun.

Jetzt hat man einen genauso cleveren ersten Absatz geschrieben und dabei kommt überhaupt nichts raus. Das Eine hat so wenig mit dem Film zu tun, wie eben das Andere. Hauptsache man hat etwas intelligentes zu sagen und benutzt dazu einen sehr guten Ausgangspunkt. Einen sehr guten Ausgangspunkt hatte auch 20th Century Fox, als sie eine Neuverfilmung von ‚Das Omen’ entgegenstrebte. In Hollywood scheut man mittlerweile Worte wie Neuverfilmung, oder Remake und nennt derartiges ganz modern Neuinterpretation, oder Neu-Visualisierung. In welcher Richtung das ‚Neu-‚ auch gehen mag, was sich wie ein gutes Omen anhört, verplappert sich im nichts sagen.

Nun, die Neu-Visualisierung hat ja an und für sich wunderbar funktioniert, man fragt sich allerdings permanent: Für was? Ähnlich katastrophal wie Lars Von Triers ‚Psycho’ Bild für Bild Remake, ist David Seltzers Omen-Drehbuch von 1976 vollständig erhalten und Regisseur John Moore legt nicht den geringsten Wert darauf, das Thema tatsächlich neu zu visualisieren, geschweige denn neu zu interpretieren.

Sollte der Film tatsächlich den Mut aufbringen etwas Neues zu zeigen, vergreift er sich derart in den Mitteln, das einen den kalten Schauer über den Rücken jagt. So sind im Vatikan als Zeichen der bevorstehenden Armageddon zum Beispiel Bilder der einstürzenden Zwillingstürme zu sehen. Es ist immer eine Gradwanderung, reale Ereignisse für ein fiktives Thema zu missbrauchen und hier die Ankunft von Teufels Sohn auf Erden mit einer Tat fehlgeleiteter Andersgläubiger gleich zu setzen ist schlichtweg geschmacklos.

Ein paar Schockeffekte sind hinzugekommen, gerade so, als wolle man einem jugendlichen Publikum zeigen, wie cool ein altes Thema sein kann. Diese Schockeffekte sind überflüssig, eingebetet in ebenso überflüssigen Traumsequenzen. Diese tragen nichts dazu bei, dieser Neu-Interpretation etwas Neues abringen zu können. Außer vielleicht den Ärger, über die billige Effekthascherei einer sonst fesselnden Geschichte.

Die kindliche Boshaftigkeit eines Harvey Stephens steht Seamus Davey-Fitzpatrick als Damien in nichts nach. Der kalte, fast schon leblose Blick der beiden Jungdarsteller gleichermaßen ist unvergesslich. Aber eine Reihe wirklich schlecht inszenierter und teilweise ungeeigneter Schauspieler macht dabei wieder vieles zunichte. War Lee Remick im Original schon nicht die perfekte Lösung, schlägt Julia Stiles selbst den Teufel in die Flucht. Sie konnte noch nicht einmal in ihren flachen Teenie-Filmchen eine annehmbare Figur machen. Der sonst so brillante Pete Postlethwaite als Pater Brennan und auch Michael Gambon als Bugenhagen hätten eine zeitgemäßere Inszenierung dringend notwendig gehabt. Das solche irren Gestalten einen Botschafter davon überzeugen können, sein Adoptivsohn sei der Anti-Christ, da geht es schon mit dem Teufel zu. Das bittere Los hat Liev Schreiber gezogen, der im Ganzen eine allzu weinerliche Figur macht, aber noch den besten aller Eindrücke hinterlässt. Schade nur, dass auch er einem Gregory Peck nicht das Wasser reichen kann. Es ist ein netter Einfall, die Mutter des Satans in ‚Rosemarys Baby’ zur Tagesmutter von Satans Sohn in ‚Omen’ zu machen, aber Mia Farrow hat dafür zu wenig Freiraum, um diese Rolle angemessen aussielen zu können.

Mit blassen Kamerabildern schafft Jonathan Sela eine stimmungsvolle Atmosphäre. Man merkt aber die straffen Einschränkungen von Drehorten und das Unvermögen die Gegebenheiten interessanter bildlich zu gestalten. Gedreht wurde ausschließlich in und um Prag, was als Rom, italienisches Hinterland und London her halten musste. Dafür bleibt Marco Beltrami musikalisch nahe am teuflisch guten Soundtrack von Jerry Goldsmith. Beltrami kreierte eine eigenständige, bedrohlich düstere Musik, erweist aber mit vielen Stücken seinem Vorgänger passende Referenzen.

Auch wenn die vier hauptsächlichen Tötungssequenzen für ein jüngeres, verwöhnteres Publikum aufgepeppt wurden, versprüht dieses Remake (etc.) eher den Charme eines Filmes aus den Siebzigern. Das ist offensichtlich gewollt und funktioniert auch prächtig, doch das macht die Begründung für diese Neuauflage nur fragwürdiger. So gut die Wirkung des Originals von 1976 auch heute noch sein mag, wirklich zeitlos ist er nicht. Warum Regisseur John Moore ausgerechnet derartig Tribut an den Vorgänger zollen wollte, weiß der Teufel allein. Eine Berechtigung im Sinne der Zugänglichkeit für ein neues Publikum hat dieser Film nicht. Im Zuge des digitalen Overkills, hätte man einmal an eine total Überarbeitung des Originals für eine Wiederaufführung denken sollen. Das wäre 20th Century Fox nicht nur billiger gekommen, sondern einem wirklich interessierten Publikum gegenüber auch viel ehrlicher gewesen.

mainstream

 


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One Hour Photo:

Darsteller: Robin Williams, Connie Nielsen, Michael Vatran, Gary Cole, Dylan Smith, Eriq La Salle u.a.

Regie & Drehbuch: Mark Romanek; Kamera: Jeff Cronenweth; Bildschnitt: Jeffrey Ford; Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek; Ausstattung: Tom Foden

USA / 2002 ; circa 95 Minuten

Es ist eine kleine, eine unscheinbare Geschichte. Es ist eine Geschichte über einen kleinen, einen unscheinbaren Mann. Und es ist ein kleiner, fast ein unscheinbarer Film. Aber nur fast, wäre er nicht so gewaltig in seinen Ansprüchen und seiner Umsetzung. Es gibt Filme, die durch ihre Darsteller getragen werden, dann die Filme die sich den visuellen Reizen überantworten. Arthouse nennt man das eine, Mainstream das andere. Mischt man beides, kommt es oft vor, dass anstelle der Kunst etwas Künstliches heraus kommt. Mischt man die richtigen Leute, hat man ‚One Hour Photo’. Es gibt diese Dreifaltigkeit, die sehr selten im Kinogeschäft unserer Tage geworden ist, aber einfach funktioniert, vorausgesetzt es handelt sich um die passende Chemie zwischen dieser Dreifaltigkeit. Der Regisseur erklärt seine Absichten, der Kameramann erklärt die dazu gehörigen Bilder, der Ausstatter perfektioniert die Absicht des Regisseurs im Bild des Kameramannes (oder –frau).

Sy Parrish heißt diese Figur, die Robin Williams erfunden zu haben scheint, die so gnadenlos mit ihrer Umwelt verschmilzt, das es sogar dem Zuschauer schwer fällt, sie wahr zu nehmen. Sy ist einer jener Typen, die man gerne als Loser betrachtet, mit denen man nichts zu tun haben möchte, weil man fürchtet ihre Langweiligkeit würde auf einen abfärben. Sy ist einer dieser Typen, bei denen man nicht im Geringsten verwundert ist, dass sie weder Familie, noch Hobby haben, wenn man sich überhaupt wundert. Denn Menschen wie Sy Parrish regen selten zum weiteren nachdenken an. Sy leidet seit zehn Jahren den Entwicklungsservice bei einem Supermarkt. Ein gewissenhafter Mensch, einer, der seine Arbeit ernst nimmt. Erst wenn die hübsche Nina mit ihrem neunjährigen Jake an die Theke kommt, Filme abgibt und zwei Abzüge pro Bild verlangt und Sy bei Anzahl pro Bild eine 3 einträgt, glaubt man einen Fehler entdeckt zu haben. Aber Sy macht keine Fehler, er ist nur der Mann den keiner wahrnimmt, der deswegen nie in den Genuss einer Familie gekommen ist, sich aber längst seine eigene Welt der Fantasie zusammen geträumt hat. Es ist die Familie Yorkin, die bei diesen Fantastereien die Hauptrolle spielt. Sy muss also drei Abzüge pro Bild machen, sonst bleibt er außen vor, sonst kann er sich nicht teilnehmen an all den Geburtstagen und Festivitäten, an all den glücklichen Momenten im Leben der Familie Yorkin. Einmal erklärt Sy aus dem Off, das Menschen nur die glücklichen Augenblicke im Leben festhalten, wenn ein Fremder die Welt nur durch Bilder kennen lernen würde, das müsste er annehmen, das wir eine sehr glückliche Menschheit sein müssen.

Entgegen all den üblichen Erwartungen ist es aber keineswegs die wirklich attraktive Nina (Nielsen) die Sy ganz für sich, im stillen Kämmerlein begehrt, es ist tatsächlich die ganze Familie, als Einheit, als funktionierende Lebensmaschinerie. Es sind die zarten vorsichtigen, aber sehr schüchternen Annährungen von Seiten des Fotolaboranten, welche die Yorkins auf den verschüchterten Sy Parrish aufmerksam machen, aber auch nicht mehr als man einen freundlichen, nächsten Nachbarn wahrnimmt. Für Menschen wie Sy schon ein Strohhalm im niederreißenden Strudel der Einsamkeit. Auch wenn die größte Wand in seiner Wohnung akkurat mit all den illegal abgezogenen Bildern der Yorkins gepflastert ist, wenn sein einziger Lebensinhalt Tagträume als guter Onkel der Familie zu sein scheint, ist Sy niemals der Psychopath, den man gerne in ihn zu erkennen glaubt. Aber in der geschickten psychologischen Charakterisierung Williams in seine Rolle und der grandiosen Umsetzung des Drehbuches durch Regisseur Mark Romanek, steigt die Spannung teilweise ins unerträgliche. Denn wenn auch Williams sich nicht als der Psychopath entpuppt, den man erwartet, ist er dennoch sehr unberechenbar und somit Angst einflößend. Wie Williams durch die Gänge des Supermarktes wandelt, wie er selbst im Restaurant in Beleuchtung und Kulissen zu verschwinden scheint, das ist Handwerkskunst vom feinsten. So was mag den Ruf nach Künstlichkeit laut werden lassen, entwindet sich aber mit Jeff Conenweth’ grafischen Bildern, die sich mit Tom Fodens perfekten Ausstattung perfekt stilisieren, jeder Kritik. Die Einsamkeit und gleichzeitig das unberechenbare Potential des Sy Charakters wird nicht einfach nur sicht-, sondern emotional spürbar.

Und wenn diese traurige Figur auf einmal bemerkt, das der von ihm so verehrte Familienvater seine Frau betrügt, ist auf einmal alles möglich und man merkt, das man schon längst die Grenze zum psychologischen Krieg zwischen Film und Zuschauer überschritten hat, wenn man Anfangs noch dachte, einer einfachen, doch fesselnden Charakterstudie aufzusitzen. Mit nur 99 Minuten Laufzeit, legt Romanek ein Tempo vor, das einen an den Kinosessel schnürt. Selten gibt es dieser Tage die sich mit einer Laufzeit unter 2 Stunden begnügen, Romanek hingegen hat aus seiner erfolgreichen Videoclip- und Werbe-Karriere die Würze aus der Kürze mit herüber gerettet. Mehr als erfolgreich.

Kaum sichtbare Gesten des Hauptdarstellers verfeinern die Psyche in seinem handeln. Es ist nicht der in uns allen inne sitzende Voyeurismus beim Anblick äußerst intimer Fotografien, die bei Parrish das Interesse wecken. Es sind diese unbeschwerden, teils belanglosen Momente die in Schnappschüssen festgehalten werden, welcher sich der Außenseiter zu Eigen macht. Und das macht mitunter den Eindruck, als ob er viel tiefer eindringt in ein Leben, das nicht für ihn bestimmt zu sein scheint, das Eindringen in eine viel weiter reichende Intimsphäre. Daraus entwickelt sich eine wesentlich intensivere Ausgestaltung aus dem Genre des Thrillers, der oftmals so beklemmend den Zuschauer einbezieht, dass das Ende des Filmes wie ein riesiger, befreiender Schlag wirkt. So wird aus der kleinen, unscheinbaren Geschichte über den kleinen, unscheinbaren Mann, ein großer, überwältigender Film.

 


 

Operation: Kingdom – The Kingdom

Darsteller: Jamie Foxx, Jennifer Garner, Chris Cooper, Ashraf Barhom, Jason Bateman, Ali Suliman, Jeremy Piven u.v.a.

Regie: Peter Berg; Drehbuch: Matthew Michael Carnahan; Kamera: Mauro Fiore; Bildschnitt: Kevin Stitt, Colby Parker Jr.; Musik: Danny Elfman

USA / 2007; circa 115 Minuten

Vergleicht man Peter Bergs bisherige Arbeiten mit denen von Michael Mann, dann ist das Faible für Actionfilme klar erkennbar. Das beide zusammenfinden sollten, um diesen durchaus spannenden und auch Nerven peitschenden Film zusammen zu machen, liegt aber weniger auf der Hand. Manns letzter Geniestreich war den Zuschauer als Opfer in ein unter Beschuss geratenes Auto zu setzen und damit die letzte Konsequenz des realistischen Action-Kinos aus zu kosten. Berg als Regisseur, weiß sehr wohl worauf es ankommt und hält die Zügel extrem straff gespannt. Weitere Vergleiche mit Michael Manns außerordentlich stilistischem Realismus sind aber keineswegs gerechtfertigt. 

Nach einem ausgeklügelten Anschlag auf eine abgeriegelte, amerikanische Wohnsiedlung in Saudi Arabien mit über hundert Toten, kommt eine Spezialeinheit des FBI in den Nahen Osten. Diese Einheit unter der Leitung von Ronald Fleury (Foxx) ist ohne Rückendeckung der Regierung auf eigene Faust unterwegs zum Tatort, aber entgegen anderen ähnlich gelagerten Situationen in anderen Filmen, macht Matthew Carnahans Drehbuch geschickt verständlich, dass das sonst untergeordnete FBI durchaus das amerikanische State-Departement im Griff hat, sollte es darauf ankommen. In der ersten Stunde, die sehr intensiv und ohne eine Sekunde Leerlauf inszeniert ist, muss der Film Vergleiche mit dem politischen Kino von zum Beispiel ‚Syriana’ nicht scheuen.

Als sich im eigentlichen Feindesland die terroristischen Zellen und deren Drahtzieher für die vier Amerikaner immer mehr manifestieren, schlägt der Film um, in einen Versuch seinem Produzenten Michael Mann gerecht zu werden. Dies spiegelt sich wieder in einem fast halbstündigen Showdown, der bereit ist, das vorher aufgebaute Potential vom Schrecken in der Realität leichtfertig zu verspielen. Einige Löcher in der Logik tun sich auf und zudem schafft es Bergs Inszenierung nicht, außer der immensen Länge, einer Action-Sequenz neue Impulse, oder Sichtweisen zu verleihen. Auf einmal macht sich sehr viel Mainstream in dem Film breit, der es Anfangs schaffte, die wirklich absonderlichen Beziehungen zwischen dem moslemischen Saudi Arabien und der verhassten Weltmacht Amerika verständlich zu machen.

‚Kingdom’ ist ganz klar ein Star-Vehikel für Jamie Foxx, der den gesamten Film trägt, zugegeben auch sehr souverän. Und das ist sehr schade, denn man hätte sehr gerne mehr über die Charaktere des bestens aufgelegten und agierenden Chris Cooper erfahren. Auch Jennifer Garners Janet scheint mehr an persönlichem Potential zu verstecken, als das der Film Zeit hätte sich darum zu kümmern. Doch wer von Drehbuch und Inszenierung wirklich sträflich vernachlässigt wird, ist Ashraf Barhom als arabischer Verbindungsoffizier zwischen beiden Welten. Sein Verhalten, seine Ansichten, Barhoms Spiel überhaupt, macht schlichtweg neugierig. Der Schauspieler, genau wie sein Charakter, könnte eine Welt begreiflich machen, die unseren westlich manifestierten Ansichten so unbegreiflich erscheint.

Man schweift gerne ab und kritisiert nur allzu gerne das ganze verschenkte Potential, was der Film auch wirklich tut. Letztlich ist aber ‚Kingdom’ ein sehr spannender, äußerst intensiver Thriller, der unglaublich dicht und vorantreibend inszeniert ist. Auch ‚Kingdom’ kann nicht wirklich das Bild des wild um sich schiessenden und sich in die Luft jagenden Araber auslöschen. Doch man kann sich damit trösten, dass alles was man geboten bekommt, dennoch um Längen realistischer dargestellt wird, als es anderen Action-Thrillern in dieser Kategorie je gelungen ist. Der Film entpuppt sich also tatsächlich als ein zweischneidiges Schwert und das hätte er nicht sein müssen. Aber man sollte ihn sehen, wenn man wieder mal sehen möchte, wie packendes, mit sich reißendes Kino funktioniert.

mainstream

 


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Original Sin:

Darsteller: Antonio Banderas, Angelina Jolie, Thomas Jane, Joan Pringle, Allison Mackie u.v.a.

Drehbuch & Regie: Michael Cristofer, nach dem Roman Waltz into Darkness von Cornell Woolrich; Kamera: Rodrigo Prieto; Filmschnitt: Eric A. Sears; Musik: Terence Blanchard

USA / 2001, circa 116 Minuten

Was am Ende in Erinnerung bleibt, ist der verschwenderische Ausstattungs Pomp. Vielleicht noch etwas von Antonio Banderas' einfühlsamen, differenzierten Darstellung. Dagegen wirkt Angelina Jolie, als begehrenswertes Objekt der Lust etwas fehl am Platz und meist zu dick aufgetragen.

Der erst scheu agierenden Unbekannten (Jolie), die sich den kubanischen Kaffeebaron Durand (Banderas) angelt, kann Regisseur Cristofer wenig Überzeugung abringen. Liebe, Lust und Leidenschaft bestimmen die Beziehung deraus Amerika stammenden Julia (Jolie) und Durand, bis diese nach kurzer Ehe mit Sack und Pack und dem gesamten Vermögen das Weite sucht. Da ist Durand ihr schon soweit verfallen, das er alles zurück lässt, nur um Julia wieder zu finden. Was er am Ende wirklich findet, ist ein grausames Spiel mit den Gefühlen und der Abhängigkeit.

Regisseur Cristofer selbst verfasstes Drehbuch gelingt es kein bisschen die Klischee beladenen Fassaden zu durchbrechen. Besonders Thomas Jane als intreganter Fadenzieher kämpft gegen eine Wand der Genre üblichen Versatzstücke. Seine Beziehung zu Julia kann ebenso wenig plausibel gemacht werden, wie Durands Verlangen nach der Frau, die jede Gelegenheit nutzt ihn nach Strich und Faden zuhintergehen.

Das Jolie und Jane auch anders können, haben sie längst bewiesen. Unter der Regie von Cristofer kann sich allerdings nur Banderas behaupten und das Beste aus seiner Rolle der Liebe und Lust verfallenen Marionette machen. John Jensen, Jorge Sainz und Beth Rubinos malerische Ausstattung erzeugt sehr viel Atmosphäre und lässt ein gutes Gespür für die Zeit der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert erkennen. Was aber schliesslich mit den Charakteren passiert, wie lieblos diese oft abgehandelt werden, liefert dann doch nur ein enttäuschendes Ergebniss. Und das bei einem so vielversprechenden Ensemble.

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OTTO - Der Katastrofenfilm

Darsteller: OTTO WAALKES, EVA HASSMANN, REINER SCHÖNE, u.a.; Musik: DARIUS ZAHIR; Kamera: Bogdanski; Regie: EDZARD ONNEKEN; 90 Minuten

Wenn Anfangs jedes englische ‚Shit' mit ‚das ist eine Katastrofe' untertitelt wird, dann ist das lange nicht der Brüller, könnte aber als Running-Gag durchaus funktionieren. Noch vor dem Titelvorspann ist diese Gelegenheit längst verpufft. Hier wird der Name zum Programm. Selbst nach acht Jahren Kalauer-Abstinenz von der großen Leinwand, schafft es der Welt berühmtester Ostfriese nicht, sich neu zu erfinden. Im Gegenteil, der Blödel von Beruf kann sich nicht einmal mehr wie sonst kopieren. Waren die Ottos 1 bis 4 Truhen des ewig wiederholten, ausgelutschten Humorschatzes, nimmt der Spaßmacher unverhohlen aus allen Ecken und Enden der Republik, was der flache Witz zu bieten hat.

Am auffälligsten bleiben natürlich die Spezial Effekte, die nicht gerade auf amerikanischer Höhe liegen, aber doch respektable Bilder bieten. Drei, vier Gags zünden, zeigen, das alles nur eine Frage der Inszenierung wäre und einer intensiven Bearbeitung des Drehbuches. Peinlich, ist jener Gedanke, der einem beim Anblick des an sich humorlosen Treibens immer wieder durch den Kopf schießt. Und dann wird hemmungslos von ‚Forest Gump', ‚Baker Boys', ‚Speed 2', oder natürlich ‚Titanic' abgekuckt, ohne die dargebotenen Schnipsel erstens erkennbar, und zweitens zu eigenen Gunsten originell zu kopieren. An manchen Stellen versagt ganz offensichtlich der Schnitt, wo aus einer Szene eigentlich etwas heraus zu holen wäre. Vielmehr legte sich dafür der Tontechniker ins Zeug. Da stampfen die Maschinen, es pfeift die Musik und die Effekte hauen aufs Trommelfell. Glückwunsch, aber der berühmteste englische Dichter und Schreiber hat diesen Zustand schon in einem seiner Titel verewigt.

Das Otto Waalkes noch nie auf den Spuren des leisen, oder gar intelligenten Humors wandelte, war schon immer klar. Man nahm es ihm auch nie übel. Doch wenn 18 Millionen Mark im Topf liegen, muß doch irgend jemand auf das Buch achten. War dieses Werk am Ende als Abschreibungsobjekt vorgesehen? Mit Gewissheit kann man sagen, das ‚Der Katastrofenfilm' nicht annähernd seine Kosten einspielen wird, aber das hätte er auch nie und nimmer verdient.

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Abgeschminkt ; Allgemeines Archiv ; Kritikarchiv ; Globes & Oscars

 

 

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