BLACK PHONE 2

Black Phone 2 - (c) UNIVERSAL STUDIOS– Bundesstart 23.10.2025
– Release 15.10.2025 (FR)

Vor dreieinhalb Jahren wurde an eben dieser Stelle kleinkariert bemängelt, dass Regisseur Scott Derrickson bei seinem Film „Black Phone“ die ‚retrospektiven Möglichkeiten‘ des Siebzigerjahre-Settings nicht ausschöpfen würde. Jetzt, nach fast zwei nervenaufreibenden Stunden mit „Black Phone 2“, wird diese unbewusste oder bewusste künstlerische Entscheidung zu einem essenziell atmosphärischen Element. Die gesamte Stimmung gewinnt einen Schwebezustand von irritierender Zeitlosigkeit. Helfende Ansätze verschwimmen ständig, selbst wenn sich die Geschichte auf festen, zeitlichen Ebenen bewegt. Wie 1957, als die Erzählung mit einer jungen Frau beginnt, die in einem bizarren Ambiente einen verstörenden Anruf tätigt. Der Sprung nach 1982 führt die Handlung vier Jahre nach den Ereignissen des ersten Films. Und dieser Sprung setzt mit einer klaren Reminiszenz an jenen ersten Teil ein – mit in sich verdrehten Charakteristiken.

Regisseur Derrickson und sein Co-Autor C. Robert Cargill nutzen immer wieder kleine, seinerzeit unscheinbare Merkmale, die hier in der Fortsetzung eine neue Bedeutung bekommen, aber klar an den Vorgänger erinnern. So spielt hier Miguel Mora seinen eigenen Bruder, der im Original Opfer des ‚Grapper‘ wurde. Oder wie eben die oben genannte, einführende Schlägerei von Finn, der vier Jahre nach seinem tödlichen Sieg über den Kindsmörder ‚Grapper‘ noch immer mit den Ereignissen kämpft. Er ist aggressiv, abweisend, kalt, und er kifft, um sich zu beruhigen. Wann immer ein funktionsloses Telefon klingelt, ist am anderen Ende ein totes Opfer des maskierten Killers. Doch dieses Mal ist das Klingeln für Finns jüngere Schwester Gwen bestimmt, bei der zu Beginn des Films erneut ihre bekannten, hellseherischen Alpträume einsetzen.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass „Black Phone 2“ ein ganz anderer Film ist, als sein Vorgänger. Es ist aber auch nicht falsch zu sagen, dass er eine perfekte Weiterführung des Vorgängers ist. Ähnlich der „Shining“-Fortsetzung „Doctor Sleep“, mit denen zwei absolut unterschiedliche Filme ein schlüssiges Ganzes bilden. Das Derrickson und Cargill, erneut Regie und Drehbuch übernommen haben, ist bei erfolgreichen Fortsetzungen in diesem Genre ungewöhnlich. Doch genau das ist ein durchweg merklicher Vorteil, in allen Bereichen der Weiterführung der Geschichte und der Entwicklung seiner Figuren. Und es macht „Black Phone 2“ furchterregender als das Original.

Durch ihre Träume bekommt Gwen Hinweise von drei ermordeten Kindern. Die drei waren allesamt 1957 in einem Ferienlager verschwunden und nie gefunden worden. Ein Ferienlager, in dem auch Gwen und Finns Mutter seinerzeit war. Die Logik des Übernatürliche diktiert, dass sich die Geschwister, mit Hilfe von Schulfreund Ernesto (Bruder des in Teil Eins verblichenen Robin) zu dem Lager aufmachen, welches kurz darauf – selbstverständlich – durch einen Schneesturm von der Welt abgeschnitten wird. Gwen und Finn ahnen, dass der ‚Grapper‘ mit den rätselhaften Hinweisen in den Träumen zu hat, und vielleicht mit dem damaligen Freitod ihrer Mutter – nicht zu vergessen, mit den drei toten Kindern. Tatsächlich sehnt sich der ruhelose Geist des ‚Grappers‘ nach Rache an seinem Mörder Finn, und er hat einen grausamen Plan.

Black Phone 2 a - (c) UNIVERSAL STUDIOS

Und da so vieles anders ist als noch vor vier Jahren, sollten sich geneigte Begeisterte darauf einstellen, dass Derrickson hier eine ganz andere Qualität an expliziten Morden anführt. Gerade weil es ungewöhnlicherweise Kinder betrifft, sind die extrem blutigen Szenen schwer zu ertragen. Unbestreitbar geht Teil Zwei in allen Elementen emotional tiefer. Im psychologischen Terror, im Splatter, in den Gefühlen der Figuren. Besonders Madeleine McGraw als Gwen, die mit ihrer faulen Sprache schon im Vorgänger echter Szenendieb war, bewährt sich als faszinierende Hauptdarstellerin, die den Film mit einer extrem intensiven Bandbreite im Spiel anzuführen versteht.

Dagegen schwächelt Mason Thames als Finn ein klein wenig in seiner Ausdruckskraft, entgegen seines ersten Auftritts Finn. Als Leiter des Ferienlagers muss sich Damián Bichir den führenden Rollen der Jugendlichen unterordnen, doch hier und da bekommt er seine gut genutzten Möglichkeiten, zwischen aufsteigender Panik und einsetzender Hysterie. Die grundlegende Stärke der Erzählung – hier noch ausgeprägter als im ersten Film – ist der Fokus auf kraftvolle Charakterszenen. Innerhalb einer übernatürlich geprägten Welt, wird den Figuren überraschend, aber angemessen Zeit gegeben, um eine echte Bindung zum Publikum aufzubauen. Derrickson gelingt eine anhaltende und rastlose Atmosphäre, welche die wahrlich mitreißenden Terrorsequenzen umso intensiver machen, bei denen der Regisseur alle Register der Inszenierungskunst zieht.

„Black Phone 2“ ist genau so, wie Horror für sein angedachtes Publikum sein sollte. Und er ist so, wie eigentlich alle Fortsetzungen sein müssten. Raffiniert, weiterentwickelt, rücksichtslos, originell, ansprechend gespielt und – allem voran – unheimlich spannend. Zudem haben Scott Derrickson und C Robert Cargill einen außergewöhnlich cleveren Weg gefunden, eine stimmige Origin Story zu gestalten, welche aber auch die Zeitebenen von 1957 und 1982 fantastisch ineinandergreifen lässt. So bereitet auch das fürchterlichste Grauen richtig Freude. Und mit der Einführung einer bestimmten, aber wenig genutzten Figur, könnten die Macher bereits, eventuell, vielleicht, möglicherweise mehr Ideen haben. Und für alle Freunde von Metaebenen sei das Rätsel mit auf den Weg gegeben, wie es im Film ein Video zu ‚Subways of Your Mind‘ geben kann…

Black Phone 2 b - (c) UNIVERSAL STUDIOS


Darsteller: Mason Thames, Madeleine McGraw, Ethan Hawke, Damián Bichir, Arianna Rivas, Jeremy Davies u.a.

Regie: Scott Derrickson
Drehbuch: Scott Derickson, C. Robert Cargill
Kamera: Pär M. Ekberg
Bildschnitt: Louise Ford
Musik: Atticus Derrickson
Produktionsdesign: Patti Podesta
USA, Kanada / 2025
114 Minuten

Bildrechte: UNIVERSAL STUDIOS
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar