HONEY DON’T!

Honey Dont - (c) FOCUS FEATURES– Bundesstart 11.09.2025
– Release 21.08.2025 (AUS)

Nach „Drive-Away Dolls“ ist dies der zweite Film in der, wie es Ethan Coen und Gattin Tricia Cooke nennen, ‚Lesbian B-Movie Trilogy‘, welche mit „Go Beavers“ ihren Abschluss finden wird. Jetzt ist da erst einmal „Honey Don’t!“, und der lässt einige Fragen offen. Ethan ist eine Hälfte der Coen-Brüder, deren Wege sich versuchsweise getrennt haben, und Ethan die Möglichkeit gaben, sich auf Theaterproduktionen zu konzentrieren. Die ‚Lesbian B-Movie Trilogy‘ ist da eher Zufallsprodukt von Ideen, welches das Paar Coen und Cooke über die Jahre zusammengeworfen haben, und nun in filmische Form bringen. Eine der offenen Frage ist, warum „Honey Don’t!“ wie ein Abklatsch von „Drive-Away Dolls“ wirkt – was er im Kontext auch ist – aber die Fehler des ersten Films nicht nur wiederholt, sondern auch noch das ganze Konzept schlechter umsetzt. Okay, das waren schon zwei Fragen. Die anderen ergeben sich aus dem Verlauf des Films selbst.

Da ist Margaret Qualley als Privatdetektivin Honey O’Donahue in Bakersfield, California. Sie ist interessiert am Opfer eines Verkehrsunfalls, wobei sie auf den untersuchenden Police Detective Marty Metakawitch trifft. Marty steht auf Honey, die ihn aber immer wieder mit den Worten abblitzen lässt, dass sie auf Frauen stehe. Honey wird auf ihrem Weg und bei ihren Ermittlungen auf noch sehr viele, und vor allem interessante Individuen treffen. Wie die traurige, aber sehr offensive Polizistin MG, die Honey in einer vollbesetzten Kneipe befriedigen wird. Warum ausgerechnet das hervorgehoben wird? Weil es beispielhaft für die Absurditäten ist, die einen Film der Coen-Brüder so perfekt machen. Aber „Honey Don’t!“ ist nur von einem der Brüder, und genauso wirkt auch diese Szene: Als wäre sie nur halbgar durchdacht und inszeniert.

Dieser Film ist Neo-Noir, und das funktioniert. Er ist auch rabenschwarze Komödie, und das funktioniert nur leidlich. Und da ist der Detektiv-Film, der muss nicht unbedingt funktionieren. Letzterer ist ein Leitfaden der zu all den anderen interessanten Individuen führen wird. „Honey Don’t!“ ist ein Film mit vielen kleinen, absurden, oft komischen, manchmal überraschend brutalen Geschichten. Dazu gehört auch Prediger Drew Devlin, der weniger Kirche, mehr Sekte anführt, mit Körperkult zu seinen Diensten. Chris Evans präsentiert sich als Devlin unkonventionell schrill, losgelöst und soziopathisch, wiederholt aber im Grunde seinen Lloyd Hansen aus „The Gray Man“.

Die Ermittlungen um die Tode des angeblichen Unfalls führen zu eben jenem Prediger Devlin. Mit der Hilfe von MG Falcone, deren Traurigkeit man für Einsamkeit halten könnte. Aubrey Plaza spielt MG mit so viel Energie in ihrer Melancholie, dass ihre Rolle durchaus nach mehr Zeit und Aufmerksamkeit verlangt. Umso enttäuschender ist die Auflösung ihrer Geschichte. Dann gibt es noch den jungen Hector, der es in der Sekte zu etwas bringen will. Oder Honeys alleinerziehende Trailer-Park Schwester Heidi, mit den fünf nervenden Kindern. In ihrer lethargischen Ruhe ist Kristen Connolly als Heidi schlichtweg umwerfend. Aber da sind noch mehr skurrile Nebenfiguren, allesamt interessant und spannend. Und – kaum vorstellbar, aber wahr – das schwächste Glied in der Kette ist Honey O’Donahue, und mit ihr Qualley selbst.

Honey Dont b - (c) FOCUS FEATURES

Das stärkste Glied in der Kette der Umsetzung ist Ari Wegners fantastische Bildgestaltung. Wegner hat ein Jahr vorher mit „Eileen“ schon einmal Anleihen bei Film-Noir genommen, aber hier kommt noch das stark ausgeprägte Western-Element hinzu. Was die eigentliche Absicht von Coen und Cooke widerspiegelt, Neo-Noir mit dem Western zu kreuzen. Und mit verkanteten Einstellungen oder kryptischen Detailaufnahmen geligt Wegner eine Genre-authentische Atmosphäre. Doch was Wegner noch leistet, ist Margaret Qualley mit sorgsam gewählten Einstellungen immer hochgewachsen, und größer als ihre Mitspieler aussehen zu lassen, was sie unglaublich dominant macht.

Was wirklich fehlt, ist eine klarere Struktur innerhalb dieser bewusst unkonventionell angelegten Erzählung. Das ist kein Widerspruch. Der Film mäandert durch seine Nebenrollen und -handlungen, ohne verständlich zu machen wie stark dann doch alles verbunden sein sollte. Sollte – denn viele Szenen erwecken oftmals den Eindruck reinen Selbstzwecks. Was in Ordnung wäre, würde Coen den Film nicht so konkret an diesem einen Fall in Verbindung mit Devlins Sekte festmachen. Da wirkt das Finale auf einmal sehr überhastet und unausgeglichen. Und es wirft die Frage auf, ob die Autoren Coen und Cook vielleicht eine Verbeugung vor dem großen Twist in „Chinatown“ anstrebten. So oder so – die Auflösung bleibt unbefriedigend. Dann allerdings, führt die wirklich letzte Szene vor Augen, was einen richtigen Coen-Film auszeichnet.

Aber „Honey Don’t!“ ist kein Coen-Film, nicht von den Brüdern, sondern nur von Ethan. Und so einen Geschmack bekommt man auch durch den gesamten Film – als wäre tatsächlich nur die Hälfte von den Möglichkeiten umgesetzt. Rabenschwarz unterhaltsam, unheimlich lustig, überraschend brutal, sehr gut gespielt, und noch besser fotografiert. Aber dennoch ist irgendwie nichts wie es sein sollte, oder könnte. Ein Beitrag zum Thema Inkohärenz. Da ist beim nächsten Mal der Griff zu „Drive-Away Dolls“ sicherlich besser, oder sitzt es aus bis zu „Go Beavers“. Wenigstens bietet „Honey Don’t!“ eine wirkliche Perle, mit dem wundervollsten und gelungensten Titelvorspann seit Jahren. Wie bei einem Film der Coen-Brüder.

Honey Dont a - (c) FOCUS FEATURES


Darsteller: Margaret Qualley, Aubrey Plaza, Chris Evans, Lera Abova, Jacnier u.a.

Regie: Ethan Coen
Drehbuch: Ethan Coen, Tricia Cooke
Kamera: Ari Wegner
Bildschnitt: Tricia Cooke, Emily Denker
Musik: Carter Burwell
Produktionsdesign: Stefan Dechant
Großbritannien, USA / 2025
89 Minuten

Bildrechte: FOCUS FEATURES
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