– Release 25.06.2025 (world)
Vielleicht werden sich noch so manche Kinofans an „Rambo: Last Blood“ erinnern: 90 lange Minuten wartet man vergeblich auf das was den Charakter ausmachte, und dann kommt der Abspann. Nicht ganz so lange dauert es bei „M3gan 2.0“, aber ähnlich enttäuschend. Gerard Johnston, erneut Regisseur, hat dieses Mal auch das Drehbuch geschrieben, mit leichter Unterstützung von Akela Copper, der Verfasserin von Teil Eins. Und Johnston hat die Höher-Schneller-Weiter-Formel für die zweite Auflage vollkommen neu ausgelegt, und dabei einen komplett anderen Film gemacht. Aber Vorsicht: Kann Spuren von „M3gan“ enthalten. Wie anders der Film sein wird, erkennt man gleich an der Spionage-Thriller-Eröffnungssequenz, in der muslimische oder arabische Schurken (politisch nicht korrekt, aber plakativ) einen gegnerischen Agenten zur Strecke bringen wollen. Diese „entpuppt“ sich (unvermeidlicher Kalauer) als Amelia, kurz für Autonomer Eingreif, Logistik & Infiltrations Android. Das sieht nicht gut aus für die bösen Jungs, nur das die Künstliche Intelligenz Amelia auch noch die von ihr zu befreiende Geisel ebenfalls tötet. Der Fluch von KI.
Im tieferen Sinne war auch „M3gan“ kein wirklicher Horrorfilm. Besser definiert war es eine Nonsens-Kulisse für ein witziges Slasher-Szenario. Der Reiz war keine ausgeklügelte Handlung, sondern eine 1,2 Meter große künstliche Lolita Figur, die durch Fehlschaltungen in ihren integralen Schaltkreisen, mit zynischen Sprüchen möglichst blutig ihre missverstandene Aufgabe erfüllte. Das war und ist M3gan, Model 3 Generative ANdroid. Der Spaß liegt darin, das ganze Drumherum nicht ernst zu nehmen, weil die Macher selbst nicht vermitteln konnten, wie es denn tatsächlich gemeint ist. Umso schöner waren die äußerst effektiven, ein ganz klein wenig an Freddy Kruger erinnernden Metzeleien. Und das verdreht Johnston nun in einen Agenten-Thriller.
Auch im zweiten Teil ist die Genrebezeichnung wieder irreführend, diesmal Thriller. Es sieht eher aus wie ein Rohentwurf für Michel Hazanavicius‘ „OSS“-Reihe, nur in billig und unlustig. Billig könnte man noch verschmerzen, aber der Witz ist ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Anstatt in den vollen Slapstick Modus zu gehen – was prima funktioniert hätte – inszeniert Johnston seine Settings mit derartiger Verbissenheit, dass es schon wieder nach beabsichtigter Ernsthaftigkeit aussieht. Amelia ist natürlich ein geheimes Regierungsprojekt, und ihre Innereien natürlich auf dem Quell Code von M3gan aufgebaut. Gute Einleitung für Gemma, welche seinerzeit die Vormundschaft für Nichte Cady übernommen hatte, um festzustellen, überhaupt kein Kind erziehen zu können. Ihr Verhältnis war entsprechend in der Beta-Phase mit jeder Menge Bugs.
Wirklich erschreckend ist wie wenig sich der Regisseur/Autor Johnston um die Entwicklung von M3gan Entwicklerin Gemma und ihrer Nichte gekümmert hat. Ihr Verhältnis ist noch immer leicht unterkühlt. Der Regisseur kümmert sich lieber um seinen „Mission: Impossible“-Verschnitt, in dem er ein gewaltiges Szenario aufbaut, in dem das Motherboard von Amelia sogar die gesamte Infrastruktur des Landes zerstören kann. Da packt der Filmemacher alles rein an Stolpersteinen, was man aus hinlänglich bekannten Szenarien anderer Filme kennt. Inklusive einer unterirdischen Anlage mit mehreren Ebenen und unzähligen zu überwindenden Sicherheitsvorkehrungen.
Ziemlich spät kommt dann Super-Lolita ins Spiel, ein dürftigen Skelett mit Platinen und Sensoren, dass von Cady versteckt wurde. Aber unsere M3gan ist nun mal mit die einzige die Amelia auf Grund geschwisterlicher Schaltkreise stoppen kann. Im Hobby-Heimwerkerkeller wird die alte M3gan wieder aufgehübscht, sogar mit längeren Beinen. Was als Witz verkauft wird, ist eine gute Gelegenheit, die Puppe an die erwachsen gewordene Darstellerin Amie Donald anzupassen. Nebenbei sind da noch böse Agenten der nur scheinbar Guten zu verkloppen. Und ein echter Freund wird als Hauptgegner entlarvt. Kein Spoiler, sondern eiserne Grundregel bei Agentenfilmen.
Es gibt einige wirklich gute Pointen, aber zu wenig. Da sind auch gut choreografierte Kampfszenen, doch nicht aufregend genug. Und M3gan darf wieder losgelöst über die blutigen Stränge schlagen, doch bei weitem nicht so oft und einfallsreich wie man es dem ersten Teil nach erwartet hat. Gerard Johnston versteift sich dermaßen auf seinen Action-Spionage-Plot, dass er völlig vergisst warum die Leute überhaupt diesen Film sehen wollen. Innovation ist gut, Richtungswechsel belebt jedes Franchise, aber „M3gan 2.0“ macht das nicht überzeugend. Sein Trash-Faktor wirkt ständig unbeabsichtigt. Der Anteil an unfreiwilliger Komik ist unglaublich hoch, schon allein mit dem FBI-SWAT-Teams und dem extrem unlustigen Timm Sharp als unfähiger Colonel des KI-Programms. Nicht die Darsteller sind schlecht, sie sind nur erschreckend kindisch inszeniert.
Dabei kennt Gerard Johnston seine Vorbilder genau. Filmzitate und deren Querverweise sind sogar sehr gut eingebaut – außer die uninspirierten Anleihen bei „Mission: Impossible“. Aber Referenzen an „Gremlins“, „Terminator 2“, „Metropolis“, „Ring“, oder auch Steven Seagals Lebenslauf, und natürlich „Addams Family“ – damit kann der Film durchaus punkten. Wenn dann der Killer-Roboter auch noch in bester Absicht, aber unangebracht Kate Bush intoniert, dann sieht man was für ein Film möglich gewesen wäre, wenn er sich schon so extrem von seinem Vorgänger abheben soll.
Vielleicht eine Art „Scream“ (das Original) für Agentenfilme. Dann hätte sich auch Toby Olivers beeindruckende Bildgestaltung gelohnt, der mit den visuellen Versatzstücken der zitierten Filme, seine eigene, sehr eloquente Bildsprache findet. Hier zeigt sich eine sehr bewusst individuelle Kameraführung für jede Sequenz, und dennoch schafft es Oliver den Film wie aus einem optischen Guss aussehen zu lassen. Alles andere sieht aber genau nach dem Budget von irgendwo bei 20 Millionen Dollar aus, und das ist für das was „M3gan 2.0“ vorgibt zu sein einfach, einfach dreistellig zu wenig. Abgesehen davon, dass man ohnehin nicht den Film zu sehen bekommt, den man erwartet. „Did you miss me“, fragt die frivol kokettierende M3gan. Ja, aber als Vorgängermodell.
Darsteller: Allison Williams, Violet McGraw, Amie Donald / Jenna Davis (Stimme), Ivanna Sakhno, Brian Jordan Alvarez, Jemaine Clement u.a.
Regie: Gerard Johnston
Drehbuch: Gerard Johnston, mit Akela Cooper
Kamera: Toby Oliver
Bildschnitt: Jeff McEvoy
Musik: Chris Bacon
Produktionsdesign: Brendan Heffernan, Adam Wheatley
Kanada, Neuseeland, USA / 2025
120 Minuten