THE CONJURING: LAST RITES
– Release 03.09.2025 (world)
Der jüngste und letzte Auftritt von Lorraine und Ed Warren im Conjuring-Universum wird Freunde dieser Serie und Horrorfans dieser Art Geistergeschichten zufrieden und beseelt aus dem Kino kommen lassen. Dieser ist der vierte Film der Reihe, die das eigentliche Rückgrat dieses Universums bilden, zu dem auch Annabelle, die Nonne, oder LLorona gehören. Und „Last Rites“ bietet genau das was erwartet wird, und tut dies auch genau so, wie es in den vorherigen Filmen verarbeitet wurde. Ist das gut? Ist das schlecht? Sicher ist, in seiner eigentlichen Bestimmung enttäuscht „Last Rites“ nicht. Die drei Autoren, allesamt Vertraute in dieser Weltenbildung, gehen sogar einen vorsichtigen Schritt zurück. Als groß angekündigter letzter Film der Parapsychologen Warren, ergötzt er sich nicht in einem kulminierenden Schaulaufen aller bisherigen Fälle. Dafür wird es persönlich, wie die 1964 angesetzte Eröffnungssequenz zeigt, vier Jahre vor den Ereignissen des ersten Conjuring-Films. Die Tochter von Lorraine und Ed wird geboren – selbstredend – unter übernatürlich scheinenden Umständen.
Wirklich übernatürlich erscheint die Besetzung von Madison Lawlor und Orion Smith als junge Ausgaben von Vera Farmiga und Patrick Wilson. Die erstaunliche Ähnlichkeit, lässt im ersten Moment an Computer De-Aging glauben. Lange kann man dieses Wunder nicht genießen: Das Publikum hat erfahren, was es wissen muss – weiter im Zeitsprung nach 1986. Die Warrens haben sich entschlossen keine Fälle von paranormalen Ereignissen mehr zu untersuchen oder zu bearbeiten. Doch da ist die Familie Smurl in Pennsylvania. Deren Fall von dämonischer Präsenz im Haus, scheint eine Verbindung zu der Vergangenheit der Warrens zu haben. Wer mehr über die Smurls wissen will, kann alles darüber im Netz nachlesen. Es ist ein Fall nach wahren Begebenheiten.
Alle Untersuchungen des Filmpaares Warren beruhen auf wahren Begebenheiten. Interessierte sollten es allerdings unterlassen, vor entsprechendem Film den jeweiligen Fall zu recherchieren, herauskommen würden starke Diskrepanzen zwischen den filmischen Auslegungen und den realen Untersuchungen. Wobei natürlich ein gewisser Reiz nicht abgesprochen werden kann, pseudo-realistische spirituelle und paranormale Phänomene aufzuarbeiten. Zum einen sprechen da die Einspielergebnisse eindeutige Worte. Bisher hat die Reihe inklusive „Last Rites“ etwas über 260 Dollar an Budget gekostet, aber 2,3 Milliarden weltweit eingespielt – da ist der gerade angelaufene jüngste Teil noch nicht dabei. Und zum anderen, und das ist der essenzielle Faktor, tief im Herzen glaubt das Publikum auch an einen gewissen Wahrheitsgehalt.
„The Conjuring: Last Rites“ ist ein Film wie seine Vorgänger. Er erschreckt mit blitzartig erscheinenden Gruselfratzen und kreischenden Toneffekten. Und das Finale ist eine Kakophonie von Bildschnitt, Kameraflügen, Lichtgewittern, sowie menschlichen und unmenschlichen Schreien, gepaart mit sehr lauten, übernatürlich anmutenden Geräuschen. Es ist Nervenkitzel auf die einfachste, aber definitiv effektivste Weise. Es ist Michael Chaves vierte Regiearbeit für das Conjuring-Universum, er beweist gutes Gespür dafür, worauf es ankommt. Und dann hat der Film genau das, was seine drei Vorgänger auch ausmachte – das sind Vera Farmiga und Patrick Wilson.
Farmiga und Wilson haben vom ersten Film an ihre Rollen verinnerlicht, und sind hier stärker denn je. Als Dämonologen, als lebenslange Partner, und auch als Eltern. Die beiden einnehmenden Schauspieler sind greifbarer und glaubwürdiger, als es ihre realen Vorbilder jemals waren. Beide bringen eine ungewöhnliche Natürlichkeit in einen Film mit unnatürlichem Tenor. Es ist eigentlich zum Nachteil, dass Farmiga und Wilsons Figuren ausgerechnet nach Lorraine und Ed Warren gezeichnet sind. Obwohl beide bereits verstorben, sind sie nach wie vor weltweit die bekanntesten Parapsychologen und Dämonologen – aus gutem Grund. Im Film meint Patrick Wilson, sie hätten 1000 Fälle von übernatürlichen Vorkommnissen untersucht. In der Realität werden absurd höhere Zahlen von über 8000 gehandelt. Von keinem einzigen Fall der Warrens, gibt es gesicherte Beweise über Besessenheit, Geistererscheinungen, Heimsuchungen, übersinnliche Wahrnehmungen, oder andere übernatürliche Phänomene.
Aber im Film erschaffen Farmiga und Wilson eine solide Glaubwürdigkeit. Die kommt von ihrem zurückhaltenden Spiel, und dem perfekten Gespür für den richtigen Moment. Und der reale Fall der Familie Smurl zieht eine direkte – aber fiktive – Verbindung zu der Warren Familie, speziell zu Tochter Judy. Anstatt das große Finalfeuerwerk abzubrennen, wird es für die Dämonologen eine sehr persönliche Geschichte. Der bösartige Dämon im Haus der Smurls terrorisiert die Familie, und tötet sogar eine bekannte Figur der Reihe, um die Warrens anzulocken. Die Handlung ist nicht viel verschlungener oder komplexer als die vorangegangenen, aber sie ist solide und nachvollziehbar. Und es gibt auch sehr clevere, durchaus witzige selbstreflektierende Anspielungen.
Und vor allem bietet die Handlung reichlich Raum für Aufregung und Nervenkitzel, mit gewohnt lange ansteigenden Aufbauten an Spannung. Manchmal löst sich die Spannung in Wohlgefallen auf, meist gelingen starke Schreckmomente. Jedenfalls mangelt es an Jump Scares auch dieses Mal nicht. Für Anhänger der gesamten Reihe, ist es unmöglich von „Last Rites“ enttäuscht zu sein. Noch dazu, wo nebenher die Initiationsriten für die Nachfolgerschaft vollzogen werden. Ein 2,3 Milliarden-Franchise lässt keiner sterben, nur weil das Ende der Hauptfiguren angesetzt ist. Es ist nicht schade, dass die Warrens gehen, sondern das sich Vera Farmiga und Patrick Wilson verabschieden. Es gibt ja noch so viele ‚reale‘ Fälle an Spuk und Terror. Mit Mia Tomlinson als Tochter Judy und Ben Hardy als ihr Gatte Tony wird es sicherlich ebenso spannend, aber wahrscheinlich wird das Übernatürliche nicht mehr so menschlich.
Darsteller: Vera Farmiga, Madison Lawlor, Patrick Wilson, Orion Smith, Mia Tomlinson, Ben Hardy, Steve Coulter, Rebecca Calder, Elliot Cowan u.a.
Regie: Michael Chaves
Drehbuch: Ian Goldberg, Richard Naing, David Leslie Johnson-McGoldrick
Kamera: Eli Born
Bildschnitt: Elliot Greenberg, Gregory Plotkin
Musik: Benjamin Wallfisch
Produktionsdesign: John Frankish
Kanada, USA / 2025
135 Minuten