– Bundesstart 05.06.2025
– Release 18.04.2025 (CAN)
Angela liebt Lee. Chris liebt Min. Min will Angela heiraten. Lee will ein Kind mit Angela. Angela will Geld von Min. Angela wird von Chris schwanger. Hört sich kompliziert an? Ist es auch. In einigen Teilen kennt man dieses Szenario bereits aus Ang Lees bahnbrechenden „Das Hochzeitsbankett“ von 1993. Zwei homosexuelle Paare die auch beste Freunde sind. Sie alle haben einen ethnischen Hintergrund, was nur insofern von Bedeutung ist, dass der Koreaner Min seiner konservativen Großmutter vorgaukeln muss, ein normales Heteroleben zu führen. Was den Film von Ang Lee vor dreißig Jahren zum Klassiker werden ließ, hat heutzutage in den meisten Punkten kaum noch Gültigkeit. Daraus bezieht diese Neuinterpretation auch ihre Berechtigung, weil sich in den Rechten und der gesellschaftlichen Akzeptanz für queere Menschen extrem viel getan hat. Vielleicht noch nicht genug, aber es hat sich was getan. Mit der ursprünglichen Drehbuchfassung von „Hochzeitsbankett“, würde der Film im Heute überhaupt keinen intellektuellen Einfluss mehr haben.
Es hat sich viel getan, aber gewisse Probleme haben sich auch nur verschoben. Das hat Filmemacher Andrew Ahn für sich entdeckt, und zusammen mit James Shamus das Konzept der Irrungen und Verwirrungen von den vier Freunden neu interpretiert. James Shamus hat bereits vor dreißig Jahren mit Ang Lee und Neil Peng das Drehbuch geschrieben. Die leise Revolution wie seinerzeit, ist hier dabei nicht herausgekommen. Dazu hätte das Thema und das gesamte Umfeld viel radikaler, wesentlich unbequemer behandelt werden müssen. Aber dann wäre es keine Komödie mehr geworden. Anderes war aber keine Alternative, und so ist es eine Komödie geblieben – wunderbar, mit viel Tiefgang bei den Figuren und Feingefühl für ein modernes Publikum.
Andrew Ahn behandelt den queeren Hintergrund mit einer ungewöhnlichen Normalität, soweit es die Handlung zulässt. Ungewöhnlich deshalb, weil man einfach so ehrlich sein muss, dass queere Menschen oder Paare im populären Kino noch immer hauptsächlich als Exoten in Nebenrollen fungieren. Obwohl in populistischen Zeiten, zeigt sich der Film aber nicht als belehrendes Instrument. Nach dreißig Jahren hat sich diese Erzählung von den weltlichen und gesellschaftlichen Problemen der LGBTQ-Zugehörigkeit, auf das Gefüge und die Kraft von Freundschaft und Familie verlagert. Flott und ungezwungen inszeniert, vermisst man aber am Ende doch ganz klar die Kontroverse.
Der aus sehr reichem Hause stammende Min ist mit Chris in einer glücklichen Männerbeziehung. Dem Koreaner droht aber der Verlust der Aufenthaltsgenehmigung. Zeitgleich versucht das befreundete Frauenpärchen Lee und Angela erfolglos mit künstlicher Befruchtung ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Für eine dritte IVF-Behandlung fehlt allerdings das notwendige Geld. Min hingegen müsste heiraten, um anerkannter Staatsbürger zu werden. Chris zu heiraten wäre eigentlich legal, aber Min würde dann den finanziellen Rückhalt der Familie in Korea verlieren. Viel Fantasie braucht man nicht, wie sich die Ereignisse entwickeln werden. Allerdings gesellen sich noch diverse Missverständnisse und persönliche Befindlichkeiten dazu, welche die lange und intensive Freundschaft und Harmonie des Quartetts auf eine harte Probe stellen.
Die neue Fassung vom „Hochzeitsbankett“ zeigt sich absolut gerechtfertigt, weil Andrew Ahn die grundsätzliche Geschichte wirklich auf eine aktuelle und modernisierte Ebene hebt. Aber wirklich neue Impulse, oder einen aktuellen Kommentar bringt Ahn mit Co-Autor James Shamus nicht ein. Nicht jede Geschichte mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen muss gleich politisch werden, aber gewisse Spitzen hätten dem Film durchaus gut getan. Man versucht es mit Angelas Mutter – eine grandiose Joan Chen – die extrem mit der Sexualität ihrer Tochter hausieren geht, aber nur um ihr eigenes gesellschaftliches Ansehen zu steigern. Doch die Figur, egal wie toll sie von Chen gespielt wird, dient der Dramaturgie weitgehend für humoristische Pointen.
Die Hauptdarsteller Tran, Gladstone, Yang und Han sind exzellent in ihrer Dynamik, und überzeugen mit ihrer anziehenden Natürlichkeit für sich allein und im Miteinander. Mit dem großen Minus, dass Gladstone als Lee in der zweiten Hälfte sehr oft aus dem Geschehen genommen wird. Aber so etwas ist auch ein wesentliches Problem in Ahns Inszenierung, der kein gleichmäßiges Tempo findet, und sehr unstet zwischen Screwball-Comedy und leichtem Drama pendelt. Überraschungen in der Handlung darf man gar nicht erwarten. „The Wedding Banquet“ funktioniert wie eine Komödie mit Anspruch – allerdings von der Stange – die aber dem Original nicht schadet. Was den Film hervorhebt, sind seine durchweg sympathischen und glaubwürdigen Darsteller.
Darsteller: Kelly Marie Tran, Han Gi-Chan, Bowen Yang, Lily Gladstone, Joan Chen und Youn Yuh-Jung u.a.
Regie: Andrew Ahn
Drehbuch: Andrew Ahn, James Shamus
nach dem Drehbuch von James Shamus, Ang Lee, Neil Peng
Kamera: Ki Jin Kim
Bildschnitt: Geraud Brisson
Musik: Jay Wadley
Produktionsdesign: Charlotte Royer
USA / 2025
103 Minuten