WARFARE

Warfare a - (c) LEONINE / A24– Bundesstart 17.04.2025
– Release 09.04.2025 (US)

November 2006 in Ramadi, Irak. Ein Zug junger Navy Seals besetzt ein Haus, stellt die irakische Familie unter Hausarrest, späht mit den Scharfschützen die Gegend wegen Rebellen aus, und meldet Verdächtige oder verdächtige Aktivitäten dem Hauptquartier. Der oberste Scharfschütze war Elliott Miller der von Cosmo Jarvis verkörpert wird. Mit dabei in diesem Einsatz war Kommunikationsoffizier Ray Mendoza, dargestellt von „Reservation Dogs“-Durchstarter D’Pharaoh Woon-A-Tai. Mendoza war später militärischer Berater für Alex Garlands ultra-realistische Dystopie „Civil War“. Hierbei erfuhr Garland vom Einsatz in Ramadi. Es ist umgehend sein nächstes Filmprojekt geworden, mit dem ungewöhnlichen Ansatz, dass Garland und Mendoza gleichberechtigt das Drehbuch verfassten und gemeinsam Regie führen.

„Warfare“ ist ein zweischneidiges Schwert, um im Waffenjargon zu bleiben. Zum einen ist er unangenehm realistisch, was bedeutet, dass die Macher nicht nur alles zeigen, sondern auch nichts verwässern oder beschönigen. Das Drehbuch wurde mit Unterstützung aller Überlebenden der damaligen Einheit geschrieben. Jede einzelne Szene wurde erst dann finalisiert, wenn mindestens zwei der beteiligten Soldaten alle Details bestätigten. Doch zum anderen, lässt sich durch diese penibel realistische Umsetzung auch kaum eine emotionale Beziehung zu einzelnen Protagonisten aufbauen. Keine Heimatgeschichten, keine Albernheiten, keine Sprüche, keine persönlichen Marotten. Es sind eben Navy Seals, und die bleiben einfach während des Auftrags auch vollkommen im ‚Job‘.

Ab dem Moment, in dem das okkupierte Haus von den aufständischen Rebellen angegriffen wird, hat es den Eindruck, als würde der Film in Echtzeit spielen. Richtig klar wird das nicht, was allerdings auch nicht von größerer Bedeutung für das eindringliche Erlebnis als solches wäre. Die Regisseure haben sich ohnehin auf eine erstaunlich kurze Laufzeit von 95 Minuten beschränkt. Was sich als kluge Entscheidung erweist. In seiner nüchternen Authentizität ist „Warfare“ stellenweise so nervenaufreibend, dass eine längere Laufzeit nur abstumpfende Erschöpfung verursachen würde. Diese ’nüchterne Authentizität‘ darf aber keineswegs als Unzulänglichkeit fehlverstanden werden. Garland und Mendoza setzen ihr Publikum mitten in das Geschehen und lassen es alles erfahren – Kugelhagel, Explosionen, Chaos, Blut und Schmerz.

Warfare c - (c) LEONINE / A24

Aber hinter dem brutalen Realismus verbirgt sich auch ganz akribische Filmkunst. David Thompson lässt die Kamera gerne von Hand führen, vermeidet aber orientierungsloses Verwackeln, und behält weitgehend die Perspektive der Soldaten. Wobei die ersten Minuten eigentlich die überraschendsten sind, wie mit klaren Einstellungen im Haus die Ruhe und Besonnenheit des Zugs eingefangen ist. Und auch die Tonebene ist über die Kampfsequenzen hinaus überragend, da muss man ebenfalls an den Einstieg verweisen, wie einem die Filmemacher in dieser feindlichen Umgebung eine entspannte Welt vorgaukeln. Der Schrecken im Haus wird von Satellitenaufnahmen unterbrochen, welche die Bewegungen der Aufständischen auf den Straßen zeigen, was das Hauptquartier dann an den Zug weitergibt. Es sind sozusagen kurze Verschnaufpausen.

„Warfare“ ist ein zweischneidiges Schwert. Nervenaufreibend verstörend, aber gleichzeitig mit einer befremdlichen Distanz. Man verbündet sich nicht mit den Protagonisten, sondern mit den Situationen. Ja, und man erfährt auch einiges über die titelgebende „Kriegsführung“. Die Absicht von Alex Garland und Ray Mendoza ist nachvollziehbar, erreicht aber aus diesem Grund nicht die Intensität eines „Hamburger Hill“ oder „Hurt Locker“. Auch wenn „Warfare“ für sich immer noch sehr intensiv ist. Und sehenswert. In der letztendlich von den Alliierten verlorenen Schlacht von Ramadi waren die hier gezeigten Ereignisse nur soweit von Bedeutung, dass Menschen ohne Wenn und Aber ihrer Verantwortung nachgekommen sind. Menschen die von einem bemerkenswerten Ensemble verkörpert werden, aus dem keiner hervorgehoben werden sollte. Die Schauspieler machen Soldaten lebendig, denen wir uns als Zuschauende nicht auf ihre privaten Persönlichkeit annähern können. Ein zweischneidiges Schwert.

Warfare b - (c) LEONINE / A24


Darsteller: D’Pharaoh Woon-A-Tai, Will Poulter, Kit Connor, Cosmo Jarvis, Finn Bennett, Joseph Quinn, Charles Melton, Michael Gandolfini, Taylor John Smith u.a.

Regie & Drehbuch: Alex Garland, Ray Mendoza
Kamera: David J. Thompson
Bildschnitt: Fin Oates
Produktionsdesign: Mark Digby
Großbritannien, USA / 2025
95 Minuten

Bildrechte: A24 / LEONINE
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