– Bundesstart 01.05.2025
– Release 28.03.2025 (CAN)
Wer könnte dieser Idee widerstehen? Alex Scharfman hat intensiv bei Robert Eggers zugesehen, als dieser „The Witch“ zu Ende brachte. Sogar mit Ari Aster hatte er zu schaffen, was auch zur Beteiligung von Asters Firma Square Peg bei „Death of a Unicorn“ führte. Alex Scharfman war schon im richtigen Kreis, um so eine aberwitzige Idee durchziehen zu können. Ein wilder Mix von Splatter-Vergnügen, Gesellschaftssatire, gelöster Komödie, Esoterik-Kitsch und Fantasy-Spektakel. Heutzutage kommt ein Genre nur noch sehr ungern alleine. Bei Alex Scharfman ist es dann für sein Spielfilmdebüt, als Autor und Regisseur, ziemlich viel. Weil es um besondere Geschöpfe geht, fehlt natürlich auch der antikapitalistische Subtext nicht, dass kennen Kinogänger seit „King Kong“. Nur hat der Affe damals verloren, seit „Jurassic Park“ ist das anders. Wenn Anwalt Elliot Kintner also auf dem Weg zu seinen Klienten, dem Pharmagiganten Leopold, ein Einhorn totfährt, und es zum Anwesen der Familie mitbringt, weiß man, was die Stunde geschlagen hat.
Tochter Ridley hat sich seit dem Tod der Mutter von Elliot entfremdet. Nichtsdestotrotz muss sie mit auf diese unwirkliche Reise in die Abgeschiedenheit der kanadischen Rockys. Ein heftiger Wortwechsel und Elliots einsetzende Allergie haben den bewussten Unfall zur Folge. Die Verwunderung über das Einhorn ist natürlich groß. Warum aber Elliot das vermeintlich tote Wesen in den Kofferraum packt, bleibt eines der ganz großen Rätsel dieses Films. Denn die skurrile Familie Leopold darf absolut nichts von dem Unfall erfahren. Doch in diesem Moment wissen wir, dass sie es erfahren werden.
Wer bis zu diesem Augenblick im Film nur ab und an, und dann nur verhalten gelacht hat, kann sich darauf einstellen das es nicht besser wird. Die Leopolds sind überhebliche Multimilliardäre wie sie im Blaupausenkatalog stehen. Vater Odell wird bald an Krebs sterben, Mutter Belinda redet unentwegt davon Gutes zu tun, Sohn Shepard bereitet sich mit Nichtstun auf die Übernahme der Firma vor, und die Hausangestellten werden mit glühender Selbstverständlichkeit wie Leibeigene behandelt. Der große Vorteil in Alex Scharfmans Besetzung ist die Treffsicherheit in der Besetzung. Téa Leoni, endlich wieder in einer größeren Rolle, ist die perfekt überspannte Wohltäterin, die ohne Vermögen nie auf die Idee käme Gutes zu tun. Richard E. Grant ist der energisch selbstherrliche Patriarch auf den Leib geschrieben. Und Will Poulter kann als arroganter Sprücheklopfer gar nicht anders, als seine Rolle einfach nur perfekt zu interpretieren.
Aber die wirkliche Offenbarung ist Anthony Carrigan als Butler Griff, der wirklich jede Szene stiehlt. Ob im Hintergrund oder nur flüchtig im Bild, Carrigan reagiert auf alles ohne Worte. Mit perfektem Timing und atemberaubender Mimik macht er allein den Film schon sehenswert. Und es gibt wirklich nicht viel, was „Death of a Unicorn“ sehenswert macht. Jenna Ortega und Paul Rudd können im Grund selten etwas falsch machen, nur machen hier beide unentwegt den Eindruck, als ob sie nicht wüssten in welchem Film oder welchem Genre sie sich befinden würden. Für Hauptrollen sind ihre Figuren erstaunlich uninteressant – und Ortega wie Rudd ungewöhnlich leidenschaftslos.
Es ist sehr viel, was sich Scharfman vorgenommen hat, und es ist ziemlich wenig, was daraus gemacht wurde. Ortegas Ridley hat das vermeintlich sterbende Einhorn berührt, und wurde dabei von ihrer Akne geheilt, konnte aber auch einen Blick ins Jenseits werfen. Die Leopolds erkennen die zauberhafte Wirkung vom Staub des Hornes und wittern, als raffgierige Pharmakologen, sofort die Kasse klingeln. Und schließlich stehen Mama und Papa Einhorn an der Tür, die mehr Ähnlichkeit mit „Alien“s Xenomorphen haben als mit „Toy Sory“s Buttercup. Hier beginnt der Film einen Teil von dem einzulösen, was man sich für die ganze Länge versprochen hatte. In einer blutigen Mischung von besagtem Alien und Michael Myers räumen die Fabelwesen-Eltern im Haus Leopold auf.
Die Creature-Effects sind zwar von Weta-Workshop, Neuseeland, entworfen, aber umgesetzt und digital visualisiert wurden die rachsüchtigen Monster von den Zoic Studios in Vancouver. Und was man da sieht ist wirklich nicht schön. Das Design der Einhörner ist genial und ordentlich gegen den Strich gebürstet (Kalauer beabsichtig), doch die visuellen Effekte reichen von beeindruckend bis zum fremdschämen peinlich. Tatsächlich die ganze Bandbreite. Das reißt immer wieder unheimlich schnell aus den ohnehin flachen Spannungsbögen, weil Alex Scharfman auch die Kills nicht standesgemäß inszeniert. Die angedachte Mix von Alien und Michael Myers ist offensichtlich, aber die Splatter-Szenen erreichen nie die Schockeffekte oder satirischen Momente der Vorbilder.
Es wäre absolut gelogen und ungerecht, zu behaupten, dass „Death of a Unicorn“ keinen Unterhaltungswert hätte. Aber auf diesem ausgedehnten Weg der Unterhaltung erkennt man ständig all die Möglichkeiten, die am Seitenstreifen liegen geblieben sind. Es gibt Lacher, hier und da. Es gibt tolle Charaktermomente, ab und an. Es gibt interessante Ideen, vereinzelt. Aber ein wilder Mix von Splatter-Vergnügen, Gesellschaftssatire, gelöster Komödie, Esoterik-Kitsch und Fantasy-Spektakel schreit förmlich danach, bei allem richtig auf die ***** zu hauen. Das hätte Alex Scharfman von Robert Eggers und Ari Aster mitnehmen müssen. So ist das nur launige Mainstream-Unterhaltung.
Darsteller: Jenna Ortega, Paul Rudd, Anthony Carrigan, Will Poulter, Téa Leoni, Richard E. Grant, Jessica Hynes u.a.
Regie & Drehbuch: Alex Scharfman
Kamera: Larry Fong
Bildschnitt: Ron Dulin
Musik: Giosue Greco, Dan Romer
Produktionsdesign: Amy Williams
Ungarn, USA / 2025
107 Minuten