– Release 28.05.2025 (World)
Mit dieser Fassung des „Karate Kid“ kommt der wohl schematischste Teil der Reihe, und der formalistischste Mainstream-Film seit langem in die Kinos. Es ist ein Film mit fundamentalen Erkenntnissen wie, „alles hinter sich zu lassen, ist meist der einzige Weg voran zu kommen“. Und ein Film, in dem jedem Charakter eine herzerwärmende Wendung aufgezwungen wird. Aus jedem Handlungselement heraus kann man vorhersehen, welchen Weg die nächste Szene nehmen wird. Eines Jobs wegen, muss der heranwachsende Li Fong mit seiner alleinerziehenden Mutter von Peking nach New York ziehen. Seine allererste Bekanntschaft ist die gleichaltrige Mia, mit ihrem alleinerziehenden Vater. Seine zweite Bekanntschaft ist Mias Ex-Freund Connor, überraschenderweise der übelste Schläger in der Schule, und der beste Karate-Kämpfer der Stadt, und der ständige Gewinner des härtesten Martial-Arts-Turnier im Staat, und – und man ahnt, nein, man weiß wohin das führen wird. Nichts an „Karate Kid: Legends“ überrascht.
Obwohl kurz nach dem Sequel von 2010 an einer Fortsetzung geplant, verworfen, und wieder geplant und wieder verworfen wurde, ist das Ergebnis nach 14 Jahren nicht einfach nur enttäuschend, es ist ärgerlich. Ist doch die Idee als solche schlicht fabelhaft. Die zwei Meister unterschiedlicher Franchise kommen zusammen, um einen ganz neuen Schüler auszubilden. Und was für verpasste Chancen sich Rob Liebers und Regisseur John Entwistle dabei leisten ist erschreckend. Jetzt ist der Film auf den ersten Blick mit 94 Minuten erfrischend kurz, aber auf den zweiten Blick trägt die furchtbar abgedroschene Geschichte auch nicht mehr. Das dann aber die „Legenden“ Jackie Chan und Ralph Macchio erst im letzten Drittel zum Tragen kommen, ist nicht zu entschuldigen.
Durchweg sympathische Darsteller, und ein bewusst unangenehmer Kollege können nur bedingt ausgleichen, was die Regie an interessanter Charakterentwicklung vorenthält. Der bereits 24jährige Ben Wang ist als jugendlicher Li Fong noch überzeugend, und überaus ansprechend. Das Gegenteil ist von den eigentlichen Legenden zu sagen. Ralph Macchio und Jackie Chan machen unentwegt den Eindruck als würden sie lediglich auf spontanen Zuruf agieren. Es gibt zwei (vielleicht auch drei) Szenen, in denen Chans Kung Fu und Macchios Karate kollidieren, aber lediglich als erheiternde Momente genutzt werden. Es sind sehr kurze Sequenzen, die unheimlich schnell verfliegen, weil Entwistle diesen eigentlich essenziellen Sequenzen nicht den notwendigen Raum gibt.
Justin Brown hat als kameratechnischer Bildgestalter mit Jonathan Entwistle bereits die sensationellen Netflix-Serien „End of the F***ing World“ und „I’m not Okay with This“ gemacht. Anders als bei diesen Young Adult-Serien, verlässt sich „Legends“ auf Routinen in den Sehgewohnheiten seines Zielpublikums, mit Jump Cuts, Speed Ramps oder Schrifteinblendungen. Was aber dem Film und damit seinem Publikum absolut vorenthalten wird, ist die artistische Ästhetik von Martial Arts. Die Trainingsmontagen und Kämpfe verlieren sich in dynamischen, aber viel zu schnellen Schnittfolgen. Ein Gefühl für die eigentliche Kampfkunst bekommt man nicht. In den meisten Sets orientiert sich Entwistle viel lieber an Jackie Chans Choreografie-Blödeleien der 1970er.
Es ist ein hypothetisch moderner Film, der auch noch mit typischen Hip-Hop-Klängen für eingängige Stimmung sorgen will, anstatt an einer eigenständigen Atmosphäre interessiert zu sein. Kein Element dieses „Karate Kid“ tritt aus seiner Komfortzone. Jede Komponente vor und hinter der Kamera ist uninspirierte Blaupause. Nach fünf Filmen und einer zumindest unterhaltsamen Serie, kann sich „Legends“ überhaupt nicht als intellektuelle Fortführung bewähren. Er taugt nicht einmal als vernünftiger Nachlassverwalter.
Und das von dem Mann, der die oben genannten Serien gemacht hat, die man nicht oft genug empfehlen kann. Für Zuschauende die noch nie mit einem „Karate Kid“ in Berührung gekommen sind, ist es anspruchsloser Zeitvertreib, der x-fach wiederholte Formeln abspult. Für Menschen die selbst „The Next Karate Kid“ unterhaltsam fanden, ist „Legends“ ein unangenehmes Trauerspiel.
Darsteller: Ben Wang, Sadie Stanley, Joshua Jackson, Ming-Na Wenn, Ralph Macchio und Jackie Chan u.a.
Regie: Jonathan Entwistle
Drehbuch: Rob Lieber
nach den Figuren von Robert Mark Kamen
Kamera: Justin Brown
Bildschnitt: Dana Glauberman, Colby Parker Jr.
Musik: Dominic Lewis
Produktionsdesign: Jon Billington, Maya Sigel
USA / 2025
94 Minuten