MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING

Release 21.05.2025 (world) – Preview 17.5.25, Cineplex, Fürth

Mission Impossible FR - © Paramount Pictures


Das Entsetzen war groß, als Brian De Palma 1996 nicht nur den Tod von Jim Phelps inszenierte, dem legendären Anführer der IMF, sondern ihn auch noch als Verräter zeigte. Tom Cruise wollte seine eigene Impossible Mission Force. Er liebt die Serie, er liebt das Konzept, aber er will sein eigener Held sein, und das hat er sich erschaffen. Rückblickend war Jim Phelps ein Kollateralschaden. Aber genauso ist Phelps rückblickend Teil des Zirkelschluss. Allerdings einer von vielen. Denn eines machen Tom Cruise und sein Regisseur und Autor Christopher McQuarrie mit diesem Teil mehr als deutlich: Hier wird endgültig die letzte Meile gelaufen. „Die Summe all unserer Entscheidungen…“, wie während des Films in verschiedenen Variationen verlautbart wird.

Wie im ersten Teil dieses Finales und dem siebten Teil des Franchise bereits eingeführt, hat die Entität den Cyberspace auf dem gesamten Globus übernommen. Ein eigenständig lernendes Programm, dass sich durch den Cyberspace seiner selbst bewusst geworden ist. Der wahr gewordene Alptraum von Künstlicher Intelligenz. Die Entität wird sich die Kontrolle über das Waffenarsenal aller Atommächte einverleiben, und die Menschheit vernichten. Es sei denn, man findet den Ort des Quellcodes, um damit die Entität für sich individuell zu nutzen, und den Cyberspace und alle anderen Weltmächte zu beherrschen. Ethan Hunt und sein in „Dead Reckoning“ zusammengewürfeltes Team will den Quellcode der Entität finden, aber entgegen des Auftrages, diese auch vernichten.

Die Geschichte ist relativ simpel, die Verstrickungen und Komplikationen mit und unter den einzelnen Agenten und Schurken sind es nicht. Durchaus ein Grund für „Final Reckoning“s Spielzeit. Mit 169 Minuten übertrifft er seinen Vorgänger um nur fünf Minuten, was sich aber wesentlich länger anfühlt. Und genau wie beim Vorgänger merkt man auch hier, wo und wie der Film Kürzungen vertragen hätte, der mit 140 Minuten vielleicht etwas geschmeidiger geworden wäre. Vielleicht ist das aber auch in gewisser Weise Plan des großen Ganzen. „The Final Reckoning“ ist ein atemberaubender Action-Thriller, er ist bedeutendes Drama, ein grandioses Heldenepos und eine fantastische Retrospektive. Auf der anderen Seite ist das Gefecht im Schlussakt grotesker Mumpitz, es fehlt dem Film an Humor, er ist inhaltlich überladen, und er ist viel zu lang.

Mission Impossible FR c - © Paramount Pictures

Keine Frage, es ist die Spielwiese von Cruise und McQuarrie, und sie könnten Flusspferde in Tutus tanzen lassen und man müsste sich damit abfinden – und würde es vielleicht sogar gut finden. Aber der Pathos den der Film in jeder Szene aufbaut ist bisweilen absurd. Der Grundtenor in jedem Dialog ist die Leistungen oder Fehler von Ethan Hunt zu preisen oder anzuklagen. Unentwegt geht es um den langen Weg, den man gemeinsam gegangen ist. Hunt mit seinen Teams, und das Publikum mit Hunt. Den Erfolg als eine der besten Filmreihen der Welt hat sich „Mission: Impossible“ hart erarbeitet und verdient. Aber so melodramatisch wie der Abschied hier zelebriert wird, ist es schlicht ermüdend.

Aber macht es das zu einem schlechten Film? Keineswegs, und das wissen die Macher Cruise und McQuarrie ganz genau. Viele, ganz viele, Menschen sind am Entstehen und Gelingen so einer Produktion beteiligt. Aber man muss sich nichts vormachen, diese beiden sind die treibenden und entscheidenden Kräfte. Und sie wissen was sie wollen, wie sie es machen müssen, und was sie dabei ihrem verwurzeltem oder auch neuem Publikum zumuten können. Und das geht natürlich einher mit dem atemberaubenden Produktionsaufwand. Das sind die sensationellen Action- und Stunt-Choreografien. Es ist Fraser Taggarts ununterbrochen bewegte Kamera, die nie still steht und selbst in den ruhigsten Szenen für eine vibrierende Dynamik sorgt. Und nicht zu vergessen das überaus attraktive und beeindruckende Ensemble. Hannah Waddingham, Nick Offerman, Katy O’Brian, Angela Bassett oder Janet McTeer sind hier nur dabei, um eben dabei zu sein. Das ist aber trotzdem in Ordnung, und macht unglaublich viel Spaß.

„The Final Reckoning“ hat seine raffinierten Drehungen und Wendungen, und baut hier und da gerne überraschende Hindernisse ein. Das ist oft überzogen, aber im Agenten- und Actionfilm gewöhnlich. Das aber in allen Dialogsequenzen der bisherige Stand der Geschehnisse, sowie das nächste zu erreichende Ziel erklärt wird, sind nicht nur Momente welche auf die überlange Laufzeit schlagen, man fühlt sich da auch schnell für dumm gehalten. Schadet es dem Film? Während der ersten Sichtung des Films vielleicht noch nicht, wenn er bei seinem angestammten Publikum noch jedes Wohlwollen genießt.  Es ist das Spektakel welches alles zusammenhält. Damit sind nicht nur die aufwühlenden Settings gemeint, sondern in gleichem Maße die Darsteller mit ihren beliebten Figuren. Was will man über die unbeschreibliche Präsenz von Tom Cruise noch sagen? Er ist Mission Impossible, genau wie er es haben wollte. Genau wie ihn das Publikum haben will. Charmant, brutal, verschmitzt, hart, gerecht, eben ein richtiger Kerl.

Mission Impossible FR b - © Paramount Pictures

Das große Manko ist, und war es schon im Vorgänger, die Besetzung von Esai Morales als menschlichen Antagonisten (da ist immer noch die Entität). Gabriel, der dachte die Entität beherrschen zu können, aber dann selbst von ihr benutzt wird, ist ein Schurke aus dem Trash-Kino der Achtzigerjahre. Und er ist diese Art von Schurke, weil Morales ihn genauso spielt, und nicht in der Lage ist aus Gabriel eine zeitgemäße, komplexe oder intellektuell ansprechende Person zu machen. Wenigstens Pom Klementieff durfte sich von der lächerlichen Klischee-Psycho-Killerin Paris, zum charismatisch gereiften IMF-Mitglied entwickeln. Aber in den Nebenrollen dominiert klar das Kind der ersten Stunde, Ving Rhames, sein Luther wird vom Hacker zum Erzähler und Dramatiker.

Luther ist der Mann der erklärt und reflektiert, der aus dem Off die Widersprüchlichkeit  in Ethan Hunts Missionen ausspricht und die moralische Verantwortung hervorhebt. Der die Missionen in Frage stellt und gleichzeitig dem Helden Respekt zollt. Luther ist der, der ständig das Gute und das Schlechte gegeneinander abwägt. Luther ist der, der mit seinen reflektierenden Kommentaren das Wirken von Ethan Hunt anspricht. Aber genau das sind die Momente, in denen der Film auch direkt sein Publikum anspricht. Was wir erlebt haben, wie wir es erlebt haben. Die Abenteuer, die Action, den Spaß, die Erregung, das Leid, und den Schmerz. Und die ganz große Leidenschaft für das Kino.

Und „Mission: Impossible“ war immer ganz großes Kino. Dialogszenen in „Final Reckoning“ sind nie einfach nur sprechende Köpfe. Jede dieser Szenen ist mit erklärenden Ausschnittkollagen aus den vorangegangenen Filmen unterschnitten. Das gibt dem Film eine rasante Dynamik, aber auch die beste Möglichkeit zu erinnern. Gleichzeitig werden diese Rückblicke auch Teil der Handlung – „Unser Leben ist die Summe unserer Entscheidungen“. McQuarrie führt mit seinem Co-Autoren Erik Jendresen die Elemente der bisherigen Filme mit der Handlung von „Final Reckoning“ zusammen. Das ist manchmal lausig an den Haaren herbei gezogen. Aber an einem Punkt unfassbar genial, denn hier wird der perfekte Zirkelschluss mit Teil Eins vollzogen.

Mission Impossible FR a - © Paramount Pictures

Am Ende steht die „Summe aller Entscheidungen“. Eine einzige Geschichte, 29 Jahre in Produktion. Und 29 Jahre auf der Kante des Kinosessels, die Finger in die Lehne gekrallt. Vielleicht ist „The Final Reckoning“ deswegen auch der humorloseste aller Teile. Deswegen hat er auch die pathetischsten Momente. Deswegen ist er auch so furchtbar lang. Wir als Publikum sollen und müssen uns dessen bewusst werden. Das ist die merkliche Absicht von Tom Cruise und Christopher McQuarrie – wir sollen und müssen es vermissen. Das funktioniert in Teilen ganz gut, und manchmal wird es mühsam. Denn „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ ist sicherlich nicht der Beste in der Reihe. Aber sicherlich ist er die „Summe aller Entscheidungen“.


Mission Impossible 8 - © Paramount PicturesDarsteller: Tom Cruise, Haley Atwell, Ving Rhames, Simon Pegg, Esai Morales, Pom Klementieff, Janet McTeer, Hannah Waddingham, Angela Bassett, Holt McCallany, Henry Czerny, Nick Offerman u.a.

Regie: Christopher McQuarrie
Drehbuch: Christopher McQuarrie, Erik Jendressen
Kamera: Fraser Taggart
Bildschnitt: Eddie Hamilton
Musik: Max Aruj, Alfie Godfrey
Produktionsdesign: Gary Freeman
Großbritannien, USA / 2025
169 Minuten

Bildrechte: PARAMOUNT PICTURES
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