„Freaky Tales“ läuft aus unerfindlichen Gründen nur in sehr geringer Auflage in deutschen Kinos. Der Film wäre bereits auf Amazon UK und Amazon US über VPN abrufbar.
– Bundesstart 26.06.2025
– Release 04.04.2025 (CDN)
Es ist das Jahr 1987 in Oakland, California. Außerirdische Strahlung erzeugt einen grünen Himmel, der bald wieder verschwindet. Was bleibt sind grüne Blitze die sporadisch vom Himmel schießen. Aber in Oakland, California, scheint das kaum jemanden zu stören. Hier tobt das Leben wie gewohnt, von dem das Regie- und Autorenduo Anna Boden und Ryan Fleck vier Geschichten erzählt. Vier Geschichten die durch diverse Elemente und Personen sehr lose miteinander verbunden sind. In Oakland, California, kann das leicht passieren, es ist eine übersichtliche Stadt. Zeit für einen Rückblick auf das oftmals gescholtene Genre von Filmanthologien. „Creepshow“ oder „Cat’s Eye“, „Twilight Zone“ oder „Tales from the Dark Side“. Das Paar mit ungewissem Beziehungsstatus hat sich mit exzellenten Filmen in die Blockbuster-Riege hochgearbeitet (von „Half Nelson“ bis zu „Captain Marvel“), und nutzt die gewonnene Reputation für eine sehr persönliche Hommage an eine gescholtene Filmkunst.
Ein Musik-Club von Punk Rock Fans wird immer wieder von Nazis überfallen. Bis die pazifistischen Punks erkennen, dass hier Gewalt tatsächlich nur mit Gegengewalt beantwortet werden kann und es zum Showdown kommt. Dann gibt es da zwei weibliche Rapper die sich Danger Zone nennen, und unerwartet eine Chance bekommen. Sie können in einem Rap Battle gegen die Legende Too $hort antreten. Schließlich geht es zu Clint, der seine dubiose Karriere als Schläger für einen Gangster beenden will. Und wie das mit dem ‚allerletzten Auftrag‘ immer so ist, kommt es zu einem Schicksalsschlag, der Clint dazu zwingt den Tod seiner Frau rächen zu müssen. Und Rache ist auch das Motiv in Sleepy Floyds Geschichte, in welcher der Basketball-Superstar ebenfalls den Tod seiner Freundin vergelten will. Auf außergewöhnlich astraler Ebene, metzelt Sleepy Floyd ein ganzes Haus voller Nazis dahin – jene Nazis aus der ersten Geschichte.
Und dazwischen leuchten immer wieder Blitze der außerirdischen Strahlung, die sonder- und wunderbaren Einfluss auf die Geschichten nehmen. Das ganze Szenario ist fantastisch ausgedacht, aber nur schlecht durchdacht. Den Weg zu einem Kultfilm kann man sehen, er ist aber kaum zu erreichen. Filmanthologien haben aus verschiedenen Gründen kaum eine große Anziehungskraft. Anna Boden und Ryan Fleck versuchen es mit dem, was ihnen am Herzen liegt, aber auch was im Trend ist. VHS-Ästhetik und perfektes Zeitkolorit der Achtzigerjahre. Und sie huldigen den Größen des damaligen Trash- und Actionkinos. Aber Boden und Fleck kopieren nicht, sondern finden ihre ganz eigene Form.
Die große Keilerei am Anfang trumpft auf, mit jeder Menge übertriebenen Kunstblut und seinerzeit modernen einfrierenden Momentaufnahmen. Es gibt erste Einblicke in die, der weiten Welt noch fremden Hip Hop Welt, in er die echte Rap Legende Too $hort sich selbst spielt und im Gefecht der Worte ausgerechnet gegen zwei Frauen verliert. Too $hort ist auch Co-Produzent des Films. Dann geht es zum Einzelkämpfer der nichts zu verlieren hat, und damit dem großen Zugpferd von „Freaky Tales“: Pedro Pascal. Die letzte Episode wurde in Einzelkampf und Blutvergießen von Bruce Lee der 70er und Chuck Norris der 80er inspiriert. Das alles ist angereichert mit VHS-typischen Bildfehlern, Laufstreifen und – nicht zu vergessen – das für Video übliche 1,33:1 Bildformat.
Die Bildgestaltung reicht von Sam Peckinpah und Walter Hill mit den Zeitlupen, über John Carpenters Lichtstimmungen, hin zu den nur scheinbar klaren Bildern eines David Lynch. Es gibt sehr viel zu entdecken. Ihre Liebe zu den B-Movies können Boden und Fleck ganz hervorragend verdeutlichen, und passen sich auch keinen aktuellen Konventionen oder Stilmitteln an. Erklärungen vermeiden die Filmemacher, und Ansprüche stellen sie nicht. Sie lassen ihren einfach gestrickten Geschichten freien Lauf, was den größten Unterhaltungswert von „Freaky Tales“ stellt. Purer Spaß ohne sich rechtfertigen zu müssen, mit einem Ensemble das den Zeitgeist auffängt.
Natürlich liegt der Fokus auf Pascal, der den typischen Einzelgänger bestens verkörpert. Gefolgt von einem vollkommen losgelösten Ben Mendelsohn, der den hassenswerten Gangster gibt, wie er in solchen Filmen sein muss. Es ist eine Darsteller-Riege, die bis in die Nebenrollen weiß wie Figuren seinerzeit funktionierten. Einzig und allein Anna Boden und Ryan Fleck kommen mit ihrem eigenen Konzept nicht wirklich zurecht. Eine in sich stimmige Struktur hat der Film nicht. Die Übergänge und punktuellen Überschneidungen der Episoden wirken willkürlich und haben keine wirkliche Substanz. An diesen Stellen hätte sich die Hommage zu einer klugen, wenn nicht sogar philosophischen Metaebene aufbauen müssen. Das wäre ein Kultfilm geworden. So erfreut man sich lediglich an einem wilden Ritt, bei dem man losgelösten Spaß haben kann. Aber das Rätsel um die außerirdische grüne Substanz hätte man schon gerne gelöst gesehen.
Darsteller: Pedro Pascal, Jay Ellis, Normani, Dominique Thorne, Ben Mendelsohn, Yoo Ji-Young, Jack Champion, Angus Cloud u.a.
Regie & Drehbuch: Anna Boden & Ryan Fleck
Kamera: Jac Fitzgerald
Bildschnitt: Robert Komatsu
Musik: Raphael Saadiq
Produktionsdesign: Patti Podesta
Kanada, USA / 2024
107 Minuten