Matinee: MIT EISERNEN FÄUSTEN

Scalphunters Matinee 1

Scalphunters Matinee 2

THE SCALPHUNTERS
Release 02.04.1968 (US) – Bundesstart 08.11.1968

Trapper Joe Bass hat über den Winter eine stattliche Menge an Fellen erjagt, und ist nun auf dem Weg zurück in die Zivilisation. Schon der spaßige Titelvorspann und Elmer Bernsteins leichte Westernmelodie versprechen einen humorvollen Kinoabend. Und dieser lockere Ton setzt sich auch fort, wenn Joe Bass von Kiowa-Anführer Two Crows und seinen Mannen angehalten, und seiner hart erarbeiteten Felle entledigt wird. Die Ureinwohner wollen aber nichts geschenkt, und Bass bekommt – gegen seinen Willen – den schwarzen Sklaven Joseph Lee zum Tausch. Aber als echter Kerl der Prärie, braucht Joe Bass keinen Schwarzen der ihn nur aufhält. Dafür weiß er genau, wie sein gestohlenes Gut aus der Überzahl von Gegnern wieder zu entwenden ist.

Scalphunters deutsch - (c) Courtesy UNITED ARTISTSErst drei Jahre liegt Regisseur Sidney Pollacks Spielfilmdebüt „Stimme am Telefon“ zurück. Es ist sein dritter Film, und sein zweiter mit Schauspieler Telly Savalas. Und dieser Film ist die dritte Zusammenarbeit von Telly Savalas mit Burt Lancaster. Diese beiden haben vorher auch schon mit der weiblichen Hauptrolle Shelley Winters in „Die jungen Wilden“ vor der Kamera agiert. Nur Ossie Davis fällt hier aus der Rolle. Den farbigen Schauspieler lernte Burt Lancaster bei der Bürgerrechtsdemonstration ‚Marsch auf Washington‘ 1964 kennen. Lancaster schlug daraufhin Davis als idealen Darsteller für den Part des, wie sich Joseph Lee selbst im Film nennt, Comanchen-Sklaven vor. Man kennt sich eben in Hollywood. Die tieferen Verstrickungen über und zu anderen Darstellern und Technikern kann einer nur erahnen. Aber es ist durchaus als Fakt zu bezeichnen, dass sich diese Beziehungen auf die merklich gute Stimmung des Films übertragen haben. Was auch notwendig ist, bei einem überaus komplexen Film.

Die Felle von Joe Bass gehen überraschend an Jim Howie und seine Bande über, als diese Two Crows‘ Lager überfallen und alle Männer wegen ihres Skalps töten. 25 Dollar Prämie zahlt die Territorialverwaltung für jeden, durch den Skalp nachweislich getöteten Einheimischen. Hat schon die Vorstellung von Ossie Davis als Joseph Lee und der muntere Umgang mit der Sklaverei einen beißenden Humor hervorgehoben, bekommt der Film im Moment des Massakers noch einmal eine ganz neue Ausrichtung. Aber „Mit eisernen Fäusten“ lässt sich das Prädikat der Komödie nicht nehmen. Teilweise gelingt Sidney Pollack das beschwingte Vergnügen einer Boulevard-Komödie, um dann unvermittelt mit brutaler Gesellschaftskritik dazwischen zu fahren. Wenn zum Beispiel Joseph Lee seinem Gegenüber Bass verbittert erwidert, er würde als Schwarzer in dieser Welt keinen Tag überleben. Das trifft einen Nerv bei Bass, wie beim Publikum. Diese Komödie ist gefüllt mit pechschwarzem Humor und Sozialkritik.

Scalphunters 1 - (c) Courtesy UNITED ARTISTS

Sidney Pollack wird sich in seiner berauschenden Karriere in noch viel komplexere Gefilde von politischen Kommentaren und Gesellschaftskritik begeben – „Nur Pferde gibt man den Gnadenschuss“ oder „Drei Tage des Condor“. Aber keiner funktioniert so frei und losgelöst wie „Mit eisernen Fäusten“, der sehr bewusst den klassischen Western wählt, aber für seine Themen das im Umbruch befindliche ‚New Hollywood‘ nutzt. Es gibt schon viel länger und weit intensivere Filme, die sich mit der indigenen Vergangenheit und der Aufarbeitung der Sklavenhaltung im Land auseinandergesetzt haben. Und zum Zeitpunkt dieses Films ist die Bürgerrechtsbewegung noch dringlicher denn je. Aber „Mit eisernen Fäusten“ ist kein moralisierendes Stück, aber es regt mit vordergründiger Leichtigkeit zum intensiven Nachdenken an. Was allein mit der Rollenverteilung gelingt. So ist sehr wohl Lancaster mit dem dominanten Pelzjäger Bass die vorangestellte, führende Rolle, doch als gebildeter und gerissener Sklave bestimmt Davis den Film.

Ein Kritiker (der Redaktion bekannt) äußerte sich einmal über Burt Lancaster so, dass sich zwei Dinge bei dem Schauspieler nie ändern würden: Sein Gesichtsausdruck und seine Frisur. Da will an dieser Stelle gerne widersprochen werden, denn es ist dieses ominöse Grinsen von Lancaster, angsteinflößend und gleichermaßen charmant, welches er in prekären Situationen einzusetzen weiß. Und mit diesem – durchaus veränderbaren – Gesichtsausdruck macht er seinem gegenüber auch immer wieder deutlich, dass er, der stolze weiße Mann, dem Schwarzen überlegen ist. Das ist manchmal erschreckend, und manchmal auch urkomisch. Denn Joe Bass ist das Abbild des ehrwürdigen Westernhelden, der aber nicht merkt, gegen die Bildung und die Gerissenheit des Joseph Lee keine Chance zu haben. Ossie Davis ist fantastisch, wie er mit sichtlichem Schalk im Nacken sein Umfeld manipuliert. Wie Joseph Lee zum eigenen Vorteil, den Menschen fabelhafte Ideen implementiert, als kämen sie von ihnen selbst.

Scalphunters 2 - (c) Courtesy UNITED ARTISTS

„Mit eisernen Fäusten“ ist aber nicht nur witzig, und auch nicht verbissen mit dem erhobenen Zeigefinger – auch wenn einige Aspekte – zu Recht und phantastisch eingewoben – durchaus Unbehagen auslösen. Sidney Pollack hat zugleich einen verdammt guten Western im herkömmlichen Stil inszeniert. Mit dem Unterschied, dass die Action-Sequenzen in ihren entfesselten Dimensionen weit über das gewohnte Maß an Länge und Aufwand gehen. Vielleicht hätte das Ende etwas weniger plakativ sein können, wenn Joseph Lee und Joe Bass feststellen, wie unbedeutend Äußerlichkeiten sind. Es bleibt dennoch ein starker Western – mit komplexen Ansprüchen, über deren widersprüchlich scheinende Umsetzung sich hervorragend streiten lässt. Damit hat der Film aber schon viel erreicht: Man darf durchaus auch einmal diskutieren.


Scalphunters 3 - (c) Courtesy UNITED ARTISTSDarsteller: Burt Lancaster, Ossie Davis, Telly Savalas, Shelley Winters, Dabney Coleman, Armando Silvestre, Dan Vadis u.a.

Regie: Sidney Pollack
Drehbuch: William W. Norton
Kamera: Duke Callaghan, Richard Moore
Bildschnitt: John Woodcock
Musik: Elmer Bernstein
Stunt Coordinator: Tony Epper
Art Director: Frank Arrigo
USA / 1968
102 Minuten

Bildrechte: Courtesy UNITED ARTISTS
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Matinee abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar