HOW TO MAKE A KILLING

How to make a Killing - © Weltkino FilmverleihUN OURS DANS LE JURA
– Bundesstart 06.11.2025
– Release 01.01.2025 (FR)

Es gibt keine Bären im Jura! Ein Spruch in Franck Duboscs neuestem Streich, der sich zum Running-Gag entwickelt. Denn der angeblich nicht vorhandene Bär ist verantwortlich für eine Reihe von kausalen Ereignissen, die sich von einem aussichtslos scheinenden Albtraumszenario zum nächsten hochschraubt. Zentrum der absurden Verstrickungen sind Christbaumverkäufer Michel und Frau Cathy. In der Rolle des Michel vollendet Regisseur und Co-Autor Franck Dubosc seine Dreieraufgabe bei diesem Film. Und der gutmütige, und leicht neben der Spur stehende Michel ist eine echte Paraderolle für Dubosc. Sein grundehrlicher Michel ist der krasse Gegensatz zu essen Gattin Cathy, die durch ihre Liebe zu Krimiliteratur in den ganzen kriminellen Verstrickungen und Komplikationen auch den Überblick behält. Und auch Laure Calamy macht mit ihrem fokussierten und durchweg mitreißenden Spiel den Eindruck, als wäre die Rolle der Cathy nur für sie geschrieben.

Es stellt sich die Frage, inwieweit es angebracht ist, näher auf die Handlung einzugehen. „How to make a Killing“ ist exemplarisch wie eine bitterböse Krimi-Satire sein muss. Am Anfang stehen drei Tote, die auf bizarre Weise ums Leben kommen. Der Baumverkäufer Michel schlittert da, wortwörtlich, in eine unangenehme Situation. Währenddessen hat die kleine Polizeistation in einem nicht näher benannten Kaff im französischen Jura, mit vier illegalen Migranten zu tun. Es geht dabei Schlag auf Schlag, wie alles ineinandergreift, und sich darüber hinaus weiter aufbaut. Ehrenwerte Menschen werden zu Lügnern, und vermeintliche Einfaltspinsel entpuppen sich als gerissene Strategen. Zuerst scheint alles übersichtlich, doch die reizvollen aber überfordernden Gelegenheiten kehren alles von innen nach außen. Es wird gelogen und verdreht was das Zeug hält.

Da sind Michel und Cathy. Oder der privat unter Druck stehende Polizeimeister Bodin, und seine gegen eine Erkältung kämpfende Kollegin Florence. Ein autistischer Sohn und vier illegale Migranten. Ein beliebter Sex-Club und eine Tasche mit extrem viel Geld. Und egal wie sehr der Film mit seiner Originalität letzten Endes auch zu punkten versteht, können die beiden Autoren Frank Dubosc und Sarah Kaminsky ihre Vorbilder einfach nicht verleugnen oder verschleiern. Ein Film sollte für sich allein bewertet werden, weshalb Vergleiche in gewissen Formen auch nicht angemessen sind. Doch bei „How to make a Killing“ sind die Filme der Coen-Brüder von der ersten Szene an bis zum Ende allgegenwärtig. Franck Duboscs Film ist durch und durch „Fargo“ & Co.. Und das ist gut so, sogar verdammt gut, weil Dubosc genau weiß was er tut.

Denn dieser Film ist kein bloßes Plagiat. Franck Dubosc und Sarah Kaminsky haben einen französischen Film geschrieben, der international umgesetzt ist. Immer wieder weht der Hauch des europäischen Kinos durch die kalte Winterlandschaft des französischen Jura, während die wilde Mischung unterschiedlichster Figuren bestes Mainstream-Kino atmet. Intelligenter Wortwitz, pechschwarze Ironie und befreiender Slapstick verschmelzen mit überraschenden Gewaltspitzen, und all das vervollständigt das raffinierte Geflecht von absurden Zufällen, unerwarteten Scharfsinn und aberwitzigen Vorhaben. Und in diesem ständig hakenschlagenden Verlauf lässt der Regisseur keinen Leerlauf. Aber er überhastet auch keine Szene, um den Figuren angemessenen Raum zu lassen.

How to make a Killing 2 - © Clara2024 Gaumont, Pour Toi Public Productions, France 2 Cinéma, Foto Julien Panié

Es ist ein turbulenter Spaß und spannender Krimi, eine absurde Verwechslungskomödie und rabenschwarze Farce. Das ganze, wohl konstruierte Kontinuum, wird von der Riege gut gewählter Darstellerinnen und Darsteller mit anregendem Leben erfüllt. Keine der Figuren, mit Ausnahme zweier notwendiger Antagonisten, ist wirklich verachtenswert, absichtlich unanständig, oder gar böse. In Wahrheit sind sie allesamt liebenswerte, wenngleich kauzige, aber stets verständliche Wesen, die nur nach dem Besten in ihrer bescheidenen Welt streben. Obwohl Franck Dubosc sich selbst die Hauptrolle gegeben hat, ist wieder einmal „Das brandneue Tetsament“-Darsteller Benoît Poelvoorde, als dreifach geplagter Polizeimeister Bodin, der einnehmende Szenendieb. Wobei grundsätzlich alle Darsteller ihre Rollen makellos und glaubwürdig beleben.

Vielleicht – nur um noch ein Stück näher an die großen Vorbilder zu rücken – hätte die Inszenierung von jedem Element eine Stufe höher vertragen. In Absurdität, in den Dialogen, bei den Spannungsmomenten, von allem nur eine klein bisschen mehr. Weit mehr hingegen, hätte Dominique Fausset an der Kamera die unwirkliche Landschaft des Jura zum Mitspieler machen können. Besonders die Szenen am Wasserfall verdeutlichen, wie atemberaubend und spannend die Umgebung schon für sich allein sein kann. Aber – Augen auf im europäischen Kino – so inszeniert man eine mitreißende UND glaubwürdige Karambolage. Doch bis auf diese einführende Action-Sequenz, hält sich Fausset mit origineller oder vertiefender Bildführung zurück.

Das Verlangen nach dem ‚bisschen mehr‘ ist allerdings auch dem Umstand zu verdanken, dass „How to make a Killing“ in seiner jetzigen Form bereits so aberwitzig unterhaltsam und spannend ist. Leider nach wie vor ungewöhnlich für das europäische Mainstream-Kino. Franck Dubosc zeigt, wie es pure Freude und ansteckender Enthusiasmus an gefeierten Genreklassikern möglich macht, etwas sehr eigenständiges zu schaffen. Da kann noch so wild auf die bekannten Vorbilder gedeutet werden. „How to make a Killing“ steht verdient – und aufrechten Hauptes – ganz für sich allein. Und somit wird dann auch belegt, dass es tatsächlich Bären im Jura gibt. Zumindest einen.

How to make a Killing 1 - © Clara2024 Gaumont, Pour Toi Public Productions, France 2 Cinéma, Foto Julien Panié


Darsteller: Franck Dubosc, Laure Calamy, Benoît Poelvoorde, Joséphine de Meaux, Timéo Mahaut u.a.

Regie: Franck Dubosc
Drehbuch: Franck Dubosc, Sarah Kaminsky
Kamera: Dominique Fausset
Bildschnitt: Audrey Simonaud
Musik: Sylvain Goldberg
Frankreich, Belgien / 2024
109 Minuten

Bildrechte: WELTKINO / GAUMONT
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