PACIFIC RIM

PACIFIC RIM – Bundesstart 18.07.2013

Pacific-Rim-01, Copyright Warner Bros.

Hier kommt alles, was das Kinderherz erwünscht. Aber hier kommt auch alles, was das Cineastenherz verdammt. Guillermo del Toro hat sich einen Traum seiner Kindheit erfüllt, und dafür anstelle von durchgehenden Ovationen, lediglich gemischte Reaktionen provoziert. Zum  einen ist PACIFIC RIM die perfekte Erfüllung aller destruktiven Jugendträume, zum anderen ein Schlag in das Gesicht intellektueller Regieführung. Gigantische Monster gelangen durch ein interdimensionales Portal von einer fremden Welt, über den Riss in einem pazifischen Kontinentaldrift, auf irdische Oberflächen. Anfangs waren die „Jaeger“ das Allheilmittel gegen die außerirdische Bedrohung, Die „Jaeger“ sind ein Verband von gigantischen Robotern, die wegen ihrer immensen Größe, von gleich zwei Piloten gesteuert werden müssen. Aber die Kaiju, die außerirdischen Monster, lernen dazu, und passen sich an. Die „Jaeger“ werden zu einer überflüssigen, weil durchschaubaren Abwehr für die irdische Welt. Die Piloten der „Jaeger“ müssen sich also erneut das Privileg der ersten Garde erkämpfen müssen.

Del Toro hat eine feine Schar an Darstellern versammelt, allen voran den charismatischen Idris Alba, um aus einer plumpen Handlung, eine sympathische Geschichte zu gewinnen. Charlie Hunnam als ehemaliger und wieder eingesetzter Jaeger-Pilot Becket, wird dieses mal einem angemessen breiteren Publikum vorgestellt. An der Spitze von Hollywoods Jung-Talenten muss er sich noch beweisen, aber er hat eine einnehmende Persönlichkeit, die er mit dem richtigen Film bestimmt zu nutzen verstehen wird. Neben ihm überrascht eine sehr zurückgenommene, aber faszinierende Rinko Kikuchi. Auch sie wird sich in Zukunft eines breiteren Publikums sicher sein. Wie fast nicht anders zu erwarten, hat auch Guillermos alter Filmfreund Ron Perlman eine kurze, aber für ihn typisch auffallende Rolle. Als Gewissensträger und Kopf der Jaeger-Truppe bekommt Idris Alba zu wenig zu tun, brilliert aber wie gewohnt mit stoischer Autorität. Für einen Film wie er Hollywood typischer nicht sein könnte, sind die Figur klar gezeichnet, besitzen aber genug Eigenleben und Tiefe, um das Publikum auch zwischen den Kampfszenen bei der Stange zu halten und sehr gut zu unterhalten. Besonders die Nebenrollen der von Charlie Day und Burn Gorman gespielten Doktoren sind hervorragend ersonnene Charaktere.

Auch wenn sich die Darsteller über die Klischees hinweg retten können und den Film tatsächlich zu tragen verstehen, so ist der geneigte Zuschauer bestimmt nicht wegen des Schauspielkinos gekommen. Er möchte riesige Roboter sehen, die sich mit riesigen Außerirdischen prügeln. Und der Zuschauer bekommt auch sehr viele riesige Roboter, die sich mit sehr vielen riesigen Außerirdischen prügeln. Der Film setzt sofort ein, dass man glauben möchte schon einen Teil verpasst zu haben. Das Tempo bleibt dabei ausgewogen. Auch wenn es im Auftakt gleich in die Vollen geht, hat del Toro immer noch genug Reserven, um die Gigantomie weiter zu steigern. Zwischendrin gibt es immer wieder Charakterszenen die gefallen, aber der Film verliert das große Ganze für keine Sekunde aus den Augen. Niemanden darf daran stören, dass unentwegt die Gesetze der Physik vollkommen aufgehoben werden. Oder hinterfragen, ob es nicht einfachere Mittel gegen die Kaiju geben würde. Das ist alles richtig, aber Guillermo del Toro wollte nie einen Film machen der logisch zu erklären oder technisch korrekt ist, als er das Buch von Co-Autor Travis Beacham das erste Mal las.

Dennoch bleibt ein sehr interessanter Aspekt, den der Film umschließt, und das ist das sogenannte Drifting. Weil ein Pilot alleine keinen Jaeger steuern kann, gibt es immer zwei in der Kanzel. Doch die zwei unterschiedlichen Menschen müssen aufeinander abgeglichen werden, damit alle ihre Bewegungen synchron ablaufen. Dazu werden die Piloten über eine neurale Verbindung vernetzt. Was bedeutet, das jeder Pilot gleichzeitig im Geiste seines Co-Piloten verweilt. Das sind sehr verführerische Gedankenspiele, denn was würde es wirklich bedeuten, wenn man sich einem anderen Menschen vollkommen öffnen müsste, bis ins kleinste, intimste Detail. Das Drifting erlaubt keine Grenzen, und es gibt keine Geheimnisse. Wenn man sich überlegt, wieviel ein Mensch wirklich von sich selbst gegenüber anderen preis gibt, dann bietet dieser Gesichtspunkt in der Handlung tatsächlich einiges zum Nachdenken. Aber erst nachher. Nachdem der letzte Kaiju eins auf den Kopf bekommen hat.

Der Film ist natürlich in allen technischen Belangen erste Güte. Er zeigt was er zeigen will, und das ist gigantisch. Nicht nur in seiner technischen Finesse, sondern auch mit seinen Robotern und Monstern. Del Toro widmet diesen Film dem Stop-Motion-Spezialisten und Filmemacher Ray Harryhausen, sowie dem Gozilla-Regisseur Ishiro Honda. Von einer wirklichen Verbeugung vor den beiden Größen ist allerdings in PACIFIC RIM kaum etwas zu spüren. Er ist einfach zu groß, zu perfekt, weil er seinem Publikum dann doch den größtmöglichen Unterhaltungsfaktor bieten will, und dies letztendlich auch tut. So bleibt ihm auch verwehrt, einer dieser legendären Matinee-Filme zu sein, die in früheren Jahren mit billige Unterhaltung, Heerscharen von Jugendlichen in Entzückung versetzt haben. Nein, PACIFIC RIM hat an anderer Stelle ein weit schwerwiegenderes Problem, und das dürfte den DVD-Markt betreffen. Die epischen Ausmaße der Kampf-Sequenzen, und der kämpfenden Kontrahenten, werden sehr viel im wesentlich kleineren Format verlieren.  Kaum ein Film in den letzten Jahren war derart an eine große Leinwand gebunden. Nur hier können die Größenverhältnisse ihre wirkliche Wirkung entfalten, allein schon wegen der wahnsinnigen Vielfalt von Details.

Sie heißen Gipsy Danger, Cherno Alpha, Crimson Typhoon oder Striker Eureka. Und mit ihnen kommt eine Menge Spaß ins Kino, selbst wenn man die Matinee versäumt hat und erst später am Abend ins Kino kommt. Popcorn-Kino vom Feinsten was Guillermo del Toro hier als Traum-Projekt umgesetzt hat. Für mehr als zwei Stunden muss man alles vergessen, was del Toro bisher gemacht hat, denn nichts davon findet sich in PACIFIC RIM wieder. Spaß wollte er, und mit merklich viel Spaß hat er diesen umgesetzt. Das er nicht den billigen Charme alter Monsterfilme besitzt, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Denn trotz allem ist PACIFIC RIM genau der Monsterfilm geworden, der junge und junggebliebene Herzen in Verzückung versetzt.

Pacific-Rim-02, Copyright Warner Bros.

Darsteller: Charlie Hunnam, Idris Alba, Rinko Kikuchi, Charlie Day, Burn Gorman, Ron Perlman, Rob Kazinsky, Max Martini, Clifton Collins Jr., u.a.
Regie: Guillermo del Toro
Drehbuch: Travis Beacham, Guillermo del Toro
Kamera: Guillermo Navarro
Bildschnitt: John Gilroy, Peter Amundson
Musik: Ramin Djawadi
Produktionsdesign: Andrew Neskoromny, Carol Spier
USA / 2013
zirka 131 Minuten

Bildquelle: Warner Bros.
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