KILLERMAN

Killerman a, Copyright WILD BUNCHKILLERMAN – Bundesstart 08.08.2019

Der kleine, dreckige Thriller, der hat es Autor und Regisseur Malik Bader angetan. Das hat mit STREET THIEF keinen wirklich guten, dafür aber vielversprechenden Anfang genommen. Nach einem einmaligen Abstecher zum Horror-Genre, war die Rezeption für CASH ONLY schon weitaus wohlwollender. Nach KILLERMAN ist mit BOROUGH OF CHURCHES schon wieder so eine ungeschönte Milieu-Studie in Aussicht. Man kann nur hoffen, dass sich Malik Bader mit seiner jüngsten Produktion auch selbstkritisch genug auseinandersetzt. Denn wenngleich er sein Vorhaben sehr genau definieren kann, wirkt KILLERMAN durchweg wie Rohmaterial, aus dem erst einmal der beabsichtigte Thriller heraus geschnitzt werden muss. Denn die Geschichte des gerechten Gangsters, der die Zuschauer auf seiner Seite weiß, ist schon lange keine Unbekannte mehr, um nicht genügend Beispiele zu haben, wie man diese richtig variieren müsste.

Moe und Skunk sind zwei kleine Gangster, die für Drogenbanden und Syndikate Geld waschen. Mit dem unvermeidlichen schnellen Job nebenher, kommt natürlich auch das unvermeidliche Murphys Gesetz. Dabei verliert Moe sein Gedächtnis, und die Abwärtsspirale von Misstrauen und Gewalt beschleunigt sich immer mehr. Soweit bewegt sich die Geschichte auch auf bekannten Terrain. Doch Bader leistet sich dafür einige Extravaganzen, welche den Film eine wirklich eigene Note verleihen sollen. Letztendlich ist man dies einem geneigten Publikum auch schuldig. Doch in Buch, Inszenierung und technisch kreativer Umsetzung vertut sich der Filmemacher.

Da ist zum einen Ken Sengs Kameraarbeit, die sehr wohl etwas Besonderes ist, aber letztendlich eher gewollt wirkt, anstatt zu beeindrucken. Es mag eine nostalgische Note haben, dass Seng KILLERMAN komplett auf 16mm Material filmte. Ganz klar soll es in seiner Grobkörnigkeit und den kraftlosen Farben das Milieu wiederspiegeln, in dem sich die Figuren und die gesamte Geschichte bewegen. Schmutzig, kalt, unwirklich. Allzu offensichtlich ist die Absicht, die allerdings nicht den gewünschten Effekt erzielt. Man muss sich nur Beispiele aus jüngster Vergangenheit ansehen, wie KILLING THEM SOFTLY oder den oft unterschätzten THE DROP, dass die Bilder gerade das Erhabene aus Halb- und Unterwelt hervorheben. Nicht umsonst bewegt sich das organisierte Verbrechen so selbstsicher in diesem eigenen Kosmos, wo die Gefahr und die Bereitschaft zur Gewalt genüsslich aufgesogen werden. Das Seng zudem auf das Bildverhältnis von 2,35:1 setzte, verwirrt eher, als das es Atmosphäre schaffen könnte.

Killerman b, Copyright WILD BUNCHAuch Rick Graysons Schnitt hätte sich mehr an der Erzählung orientieren können, anstatt mit wilden Umschnitten eine verwirrenden Versuch von Authentizität zu kreieren. Am übelsten misslingt das in einer Folterszene, wo dem Zuschauer zuerst verwehrt bleibt, was und mit wem überhaupt etwas passiert. Spannung erzeugt es jedenfalls nicht. Was auch für die Charaktere gilt, in erster Linie natürlich Moe und Skunk. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten sind Liam Hemsworth und Emory Cohen passable Protagonisten, denen allerdings eine notwendige Eigenständigkeit als Charaktere abgeht. Für einen fiesen, kleinen Thriller, der vom Publikum verlangt, dass man für die eigentlich bösen Jungs votiert, ermöglicht die Figurenzeichnung kaum einen empathischen Zugang. Moe und Skunk fehlt einfach der Hintergrund und der besondere Tick, der sie von ihren Mitspielern, und vor allem von anderen Gangstern in ähnlichen Filmen, abhebt.

Zudem hat es Malik Bader auch versäumt seine Handlung in einen realen Kontext zu setzen, weder politisch noch sozial, mag es noch so unscheinbar oder abgehoben wirken. Wie sich bei WIDOWS zum Beispiel, die Gewichtung unvermittelt auf die Frauen legt, oder KILLING THEM SOFTLY zum kleinen Synonym für die weltweite Finanzkrise wird. KILLERMAN ist einfach nur um seiner selbst willen, was grundsätzlich nicht falsch sein muss, aber dann bedarf es schon originellerer Ansätze und selbstreflektierendes kokettieren mit der eigenen Prämisse.

Da KILLERMAN durchweg jede moralische Auseinandersetzung fehlt, wird schnell klar, dass das Drehbuch entsprechend immer wieder Wendungen im Katz und Maus Spiel um Geld und Drogen bereithalten muss. Leider wird nur zu leicht und offensichtlich offenbar, wohin die Geschichte steuern wird. Da ist der Zuschauer einfach schlauer und geübter in dieser Art von Gangster-Thriller. Und dabei entgeht diesem Zuschauer vielleicht auch der einzig wirklich funktionierende Clou des Films. Nicht etwa, dass die Fahrszenen klare Reminiszenzen an das Kino von Christopher Nolan sind, sondern das selbst mit der allerletzten Einstellung die Geschichte wegen Moes Schicksal noch lange kein Ende gefunden hat. Und diese für den Zuschauer unbestimmte Zukunft für die Figuren macht an dieser Stelle aus KILLERMAN diesen dreckigen fiesen Thriller, der er eigentlich die ganze Zeit sein wollte.

Killerman c, Copyright WILD BUNCH

Darsteller: Liam Hemsworth, Emory Cohen, Diane Guerro, Zlatko Buric, Suraj Sharma, Nickola Shreli, Mike Moh, Souleymane Sy Savane u.a.
Regie & Drehbuch: Malik Bader
Kamera: Ken Seng
Bildschnitt: Rick Grayson
Musik: Julian DeMarre, Heiko Maile
Produktionsdesign: Freddy Waff
USA / 2019
109 bzw. 112 Minuten

Bildrechte: WILD BUNCH
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar