LADY BUSINESS

LIKE A BOSS 1, Copyright PARAMOUNT PICTURESLIKE A BOSS – Bundesstart 12.03.2020

Salma Hayek hat tatsächlich in einem Interview mit ‚Access Hollywood‘ behauptet, sie hätte ernsthaft in Erwägung gezogen, sich für diesen Film mit Botox behandeln zu lassen. In LADY BUSINESS spielt Hayek die arrogant selbstgefällige Claire Luna, Gründerin und Chefin eines Kosmetikimperiums. Immer adrett gekleidet und über aller Maßen geschminkt, gestylt was Typ und Mode hergibt. Da wäre ein Botoxbehandlung eine bemerkenswerte Entscheidung gewesen, und hätte sie fast auf Augenhöhe mit den körperlichen Schindereien von Tom Hanks oder Robrt De Niro gebracht. Nur der Regisseur des nachfolgenden Filmprojektes konnte sie davon abhalten, weil aufgespritzte Lippen und Wangen für ihre nächsten Rolle kontraproduktiv gewesen wären. So erlebt man nun in LADY BUSINESS eine Salma Hayek, bei der die Makeup-Künstler wohl ganze Arbeit geleistet haben, aber man sich dennoch fragt, ob wirklich noch alles in diesem Gesicht natürlich ist.


Genau darum geht es. Frauen die einfach nur schön sein möchten, oder das Gefühl haben schön sein zu müssen. Und das selbstverständlich weit über das natürliche Aussehen hinaus. In LADY BUSINESS gibt es nur schöne Frauen. Und dafür sorgen auch Mia und Mel, die mit Mia&Mel ihren Traum vom eigenen Schönheitssalon wahr gemacht haben. Aufsehen erregen die beiden allerdings mit selbst erfundenen kreativen Accessoires, was die Kosmetikikone  Claire Luna auf den Plan bringt, sich diese kleine, aber lukrative Firma unter die perfekt manikürten Fingernägel zu reißen. Und das stellt die tiefe Freundschaft von Mia und Mel auf eine harte Probe. Ganz im Sinne von Claire Luna, die im Falle einer Trennung der beiden Inhaberinnen die hundertprozentige Kontrolle über Mia&Mel erlangen würde.

LADY BUSINESS atmet förmlich in allen Ansätzen die unkreative Luft von Klischee und Versatzstücken. Das ist bei diesem losgelösten und charismatischen Ensemble sehr schade, dessen Potential durchaus bekannt und beliebt ist, hier aber weitgehend verschenkt wird. Der Film beginnt mit einer heilen Welt, alles ist harmonisch, jeder ist guter Dinge. Und dann fallen die ersten Sprüche. Hier gewinnt alles sehr schnell an Fahrt. Gut gelaunte Frauen, die unentwegt derbe Zoten reißen, nicht das zarteste Blättlein vor die prall geschminkten Lippen nehmen, und auch mal Fotos von Babys machen, denen sie einen Joint neben den Mund legen. Ehre wem Ehre gebührt, und das ist zweifellos BRIDESMAIDS – BRAUTALARM, welcher der vulgären Komödie endlich auch für ein rein weibliches Publikum den Weg ebnete. Und hier haben sich die Macher ein unverkennbares Beispiel genommen.

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Auch wenn die erste Hälfte wirklich erhöhtes Unterhaltungspotential hat, und einem sehr oft den Mund vor Erstaunen offen stehen lässt, in jeder Szene scheint etwas zu bremsen. Anders wie bei seinem offensichtlichem und offenhörlichem Vorbild, läuft LADY BUSINESS nicht wirklich rund. Die glatt und glamourös gefilmten Settings, die samtweichen Schnittfolgen, die dem Standard entsprechende Musikauswahl, das geht alles nicht harmonisch mit der derben und ungezügelten Art der Charaktere zusammen. Man gewinnt schnell den Eindruck, dass den Darstellerinnen sehr viel Freiraum gegeben wurde, den sie genüsslich zu gebrauchen verstanden, und die wirklich zündenden Dialoge improvisiert sind. Das kommt besonders Rose Byrne und Tiffany Haddish sehr entgegen, sehr zur Freude des heischenden Publikums, das mit reichlich Schenkelklopfern und überraschender Direktheit belohnt wird. Bei Salma Hayek hingegen verliert sich der überzogene Charakter immer wieder in unfreiwilliger Komik. Dafür ist es ausgerechnet ein Mann, der die kürzesten Momenten für die unterhaltsamsten Auftritte zu nutzen versteht. Karan Soni macht jede seiner Szenen zu herrlichen Erlebnissen, welche von perfektem Timing und unaufdringlichem Witz geprägt sind.

Kann man die ersten 50 Minuten von LADY BUSINESS noch als großartigen Spaß und derbe Unterhaltung genießen, kippt die Stimmung und das bis dahin annehmbare Szenario. In den letzten dreißig Minuten nimmt Regisseur Miguel Arteta jedes falsche Klischee auf die Puderquaste, welche alle bekannten Versatzstücke von typischen, aber überholten Frauenfilmen bieten können. Der Witz lässt merklich nach, die bittersüße Dramaturgie setzt ein. Das Drehbuch von Sam Pitman und Adam Cole-Kelly stellt nicht etwa auf den Kopf, was die Geschichte vorher prophezeit hat. Nein, alles wird genauso ausgespielt wie der Zuschauer es eben nicht haben wollte. Dabei tut Arteta in der Inszenierung noch so, als ob der Bruch zwischen den besten Freundinnen wirklich eine unerwartete Wendung wäre. Das Spiel mit den Erwartungen, dass die Fassade der Klischees mit destruktiver Boshaftigkeit durchbrochen wird, wird zu einem Spiel das diese Erwartungen voll und ganz erfüllt.

In den letzten Minuten demontiert sich der Film selbst. Diese als ungezügelter Frauenfilm für ein hauptsächlich weibliches Publikum aufgebaute Komödie, wird zu einem eigenartigen Abziehbild, wie sich ein durchweg männliches Team einen Film für Frauen vorstellt, wenn ihn Frauen schreiben und inszenieren würden. Das hat dann nichts mehr besonderes, verliert seinen Charme und ist dann auch gar nicht mehr witzig. Dann bekommt auch das anfänglich als satirisch geglaubte Bild von der ständig perfekt gestylten Frau und ihrem Hang immer grandios auszusehen, einen ganz bitteren Beigeschmack. Das ist sehr schade um ein starkes Ensemble, welches Anfangs erfolgreich gegen jedes Stereotyp anspielt. Wenn LADY BUSINESS einen weiterer Schritt für die feminine Gleichberechtigung wiederspiegeln soll, dann dürften sich altkonservative Männer sehr beruhigt fühlen.Wie gut, dass sich Salma Hayek den künstlerischen Spaß mit Botox krzfristig doch noch aus dem Kopf geschlagen hat.

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Darsteller: Rose Byrne, Salma Hayek, Tiffany Haddish, Jennifer Coolidge, Lisa Kudrow, Karan Soni, Billy Porter, Jessica St. Clair, Ari Graynor, Natasha Rothwell, Ryan Hanssen, Jimmy O. Yang u.a.
Regie: Miguel Arteta
Drehbuch: Sam Pitman, Adam Cole-Kelly
Kamera: Jas Shelton
Bildschnitt: Jay Deuby
Musik: Christophe Beck
Produktionsdesign: Theresa Guleserian
USA / 2020
83 Minuten

Bildrechte: PARAMOUNT PICTURES
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