AM GRÜNEN RAND DER WELT

FAR FROM THE MADDING CROWD – Bundesstart 16.07.2015

Far-From-Madding-1, Copyright 20th Century Fox of GermanyThomas Hardys Geschichte der eigenständigen, und resoluten Bathsheba Everdene wird als eine der anrührendsten Liebesgeschichten beschrieben. Und das zu Recht. Zudem hat Hardy ein Frauenbild gezeichnet, welches zur Entstehungszeit des Romans absolut verpönt und kaum möglich war. Es ist leicht, aus heutiger Sicht eine starke, selbstbewusste Frauenfigur zu schaffen, welche sich über alle Konventionen hinweg durchzusetzen versteht. Aber 1874, als die Geschichte in Serienfortsetzung erschien, war in der Gesellschaft noch eine ganz andere Art von Frauenbild gefestigt. Vielleicht machte dies auch den Erfolg von ‚Am Grünen Rand Der Welt‘ aus. Nicht das es zu dieser Zeit keine starken, selbstbewussten Frauen gegeben hätte. Selbst in der Literatur hatte Jane Austen schon gegen die konventionelle Weiblichkeit geschrieben. Aber Bathsheba Everdene entpuppt nach und nach als eben nicht diese gefestigte, bodenständige Frau, sondern macht Fehler, und steht sich mit ihrer Unabhängigkeit selbst im Weg des Glücks. 

Gabriel Oak ist ein mittelloser Schäfer, der auf Bathshebas Farm anheuert. Ihr Nachbar William Boldwood, ist ein trauriger und einsamer Junggeselle. Ein schneidiger Draufgänger hingegen ist der Offizier Francis Troy. Immer wieder nähern sich die drei der jungen Frau an, und werden stets zurück gewiesen. Wobei es Gabriel Oak dabei emotional am tiefsten trifft, denn Bathsheba erkennt das er, von all den Männern, sie wirklich versteht und durchschaut. Eine Bindung mit ihm würde ihre Unabhängigkeit ins Wanken bringen. Um sich nicht der Versuchung aus zu setzen, entlässt sie Gabriel. Allerdings muss sie ihn nach einem Zwischenfall auf der Farm, reuevoll um seine Rückkehr bitten, was sehr gegen ihren Stolz arbeitet. Deswegen entscheidet sich Bathsheba kurzerhand, den Antrag des Offiziers Troy anzunehmen.

Niemand sollte sich täuschen lassen, dass die Geschichte eventuell unerwartete Haken schlagen würde. Obwohl sie das eigentlich schon tut, und sich bereits das Ausgangsmaterial als überraschend moderner Erzählstil präsentiert. Aber zum Schluss bekommt der Zuschauer das Ende, welches er sich auch erwünscht, und da wird es richtig altmodisch romantisch. Dazwischen hat Thomas Vinterberg einen Film inszeniert, der so gar nicht zu Vinterbergs Reputation passen mag. Dies allerdings in positiver Form. AM GRÜNEN RAND DER WELT überzeugt als Historien-Epos, welches in seiner großen Form, die Konzentration auf die Hauptfiguren noch verdichtet. Nicht unweit von den Dramen um Yuri und Lara, oder Scarlett und Rhett. Im Übrigen hat Laras Julie Christie bereits 1967 Bathsheba in einer der drei vorangegangenen Verfilmungen verkörpert.

Charlotte Bruus Christensen erzeugt mit ihren Bildern eine sehr intensive Atmosphäre. Ihre Stärken sind zweifellos Licht von nur scheinbar natürlichen Lichtquellen, wie zum Beispiel Kerzen, zu nutzen. Dies führt zu sehr die Stimmung unterstützenden Bildern mit intensiven Schatten. Aber auch mit dem magischen Morgenlicht, wenn zum Beispiel Francis Troy seinen Verstand zu verlieren scheint, verfehlt Christensen ihre Absicht nicht. So gesellt sich eben auch die Kameraarbeit zu den Kritikpunkten, die AM GRÜNEN RAND DER WELT in die Reihe von überzeugenden epischen Dramen bringt. Da nimmt sich Craig Armstrongs Soundtrack nicht raus, der wahrscheinlich nicht umsonst ein klein wenig an John Barry erinnert, ohne ihn dabei zu plagiieren.

Aber letztendlich fällt und steht ein Film dieser Art, der sich allen Spielereien des modernen Kinos widersetzt, mit seinen Darstellern. Und da hat AM GRÜNEN RAND DER WELT in ganzer Linie gewonnen. Man muss niemanden besonders hervorheben, weil das komplette Ensemble eine unglaubliche Wandlungsfähigkeit beweist. Sie können ihre Figuren nach allen Richtungen ausspielen, und überraschen immer wieder mit wirklich überzeugenden Wendungen in ihrer Darstellung. Selbst die Nebenrollen, wie Jessica Barden als Assistentin Liddy, bleiben im Gedächtnis. Und so ist dem ehemaligen dogmatiger Vinterberg ein einfühlsamer, wunderbar opulenter, grandios ausgestatteter, und perfekt gespielter Film gelungen. Ein Film der eigentlich nur so stimmungsvoll funktioniert, weil Thomas Vinterberg seinen mitbegründeten Unsinn von Dogma 95 hinter sich gelassen hat.

Far-From-Madding-2, Copyright 20th Century Fox of Germany

Darsteller: Carey Mulligan, Matthias Schoenarts, Tom Sturridge, Michael Sheen, Juno Temple, Bradley Hall u.a.
Regie: Thomas Vinterberg
Drehbuch: David Nicholls, nach dem Roman von Thomas Hardy
Kamera: Charlotte Bruus Christensen
Drehbuch: Claire Simpson
Musik: Craig Armstrong
Produktionsdesign: Kave Quinn
Großbritannien – USA / 2015
119 Minuten

Bildrechte: 20th Century Fox of Germany
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