Bradley Coopers MAESTRO

– Release 22.11.2023 (US)
– Bundesstart 06.12.2023
– ab 20.12.2023 – Netflix

Bradley Cooper included the three of us along every step of his amazing journey as he made his film about our father. We were touched to the core to witness the depth of his commitment, his loving embrace of our father’s music, and the sheer open-hearted joy he brought to his exploration. It breaks our hearts to see any misrepresentations or misunderstandings of his efforts. It happens to be true that Leonard Bernstein had a nice, big nose. Bradley chose to use makeup to amplify his resemblance, and we’re perfectly fine with that. We’re also certain that our dad would have been fine with it as well. Any strident complaints around this issue strike us above all as disingenuous attempts to bring a successful person down a notch — a practice we observed all too often perpetrated on our own father.

At all times during the making of this film, we could feel the profound respect and yes, the love that Bradley brought to his portrait of Leonard Bernstein and his wife, our mother Felicia. We feel so fortunate to have had this experience with Bradley, and we can’t wait for the world to see his creation.

Jamie, Alexander, and Nina Bernstein

Maestro 1 - Copyright NETFLIXEs ist um ein vielfaches schwieriger, unter der Maske den Schauspieler Cooper zu erahnen, als in der Figur auf der Leinwand einen Darsteller zu vermuten. Bradley Cooper nähert sich im Aussehen dem Komponisten und Dirigenten sehr gut an. Doch mit Körpersprache und seinem Sprachduktus perfektioniert sich der Darsteller unverkennbar und mit Leib und Seele zu dieser Figur. Nur in der nasalen Aussprache hätte sich Cooper etwas zurückhalten können. Und als Regisseur, hätte Cooper einiges mehr wagen müssen. Nach einem Buch das er zusammen mit Josh Singer verfasst hat, erzählt Cooper die Geschichte des sicherlich bekanntesten Dirigenten der Welt sehr geradlinig. Das ist technisch erstklassig und wirklich beeindruckend. Dafür ist MAESTRO in seinen zeitlichen Verortungen und Zuordnung der künstlerischen Bedeutung einfach unzureichend, in seiner emotionalen und dramaturgischen Struktur sogar ärgerlich. Wenn man nicht bereits Kenner der Geschichte des Maestros ist.

Umso ärgerlicher, weil Cooper als Bernstein und Carey Mulligan in der Figur seiner lebenslangen großen Liebe Felicia Montealegre ein Paar verkörpern, dass von ihrem ersten Zusammentreffen an, nicht mehr zu trennen ist. Ihre harmonische Natürlichkeit erreicht dabei sogar etwas Magisches, was beim Publikum unwillkürlich eine faszinierende Bindung aufbaut. Er als freigeistiger Lebemann, der seine unbekümmerte Art einfach auf andere projiziert, und sie als emanzipierte Frau in der fälschlichen Annahme, mit ihrer Abgeklärtheit über den Dingen zu stehen. Das emotionale Pulverfass zwischen Felicia und Lenny, wird für die Zuschauer nicht wirklich deutlich. Cooper inszeniert in dieser Hinsicht viel zu sprunghaft, ohne merkliche Nuancen im Ausdruck seiner Figuren.

Drehbuchautor Josh Singer hat zum Beispiel die erstklassigen SPOTLIGHT und THE POST – DIE VERLEGERIN ersonnen. Mit Bradley Cooper will er dem Mythos Leonard Bernstein aus der Sicht von der chilenische Schauspielerin Felicia Montealegre erzählen. Aber unweigerlich wird die dominierende Persönlichkeit des Komponisten und Dirigenten zu übermächtig. Die Leidenschaft des Filmemachers Cooper für den Menschen Bernstein, für dessen Musik und seine Kunst, erdrückt immer wieder den selbstbestimmten Blick des Publikums. Es sind ohnehin die Leistungen der beiden Hauptdarsteller, welche den einnehmenden Reiz des Films letztendlich ausmachen. Aber die Zuschauenden bleiben außenstehende Beobachter, die das Paar entweder verstehen, oder auch nicht.

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Die Handlung bleibt allerdings auch auf Felicia und Leonard beschränkt. So beschreibt ein wichtiges Kapitel, dass die Kinder, hier im Besonderen Jamie, wegen der sexuellen Orientierung des Vaters bewusst angelogen werden. Es gibt aber keine Auflösung für dieses Dilemma, obwohl im späteren Verlauf Jamie offensichtlich doch Bescheid weiß. Wichtige Weggefährten wie Aaron Copland oder Jerome Robbins treten in Erscheinung, sind in Coopers Vision aber zu schmückendem Beiwerk reduziert. Genau wie sich diese Vision auf das Wesen dieses Mannes fokussiert, und nicht auf seinen soziokulturellen Beitrag. Grandioses Beispiel ist die Ely Cathedral Szene mit Mahlers Symphony No. 2.

Die Symphony No.2 demonstriert am besten den zwiespältigen Weg, den Bradley Cooper mit seiner Interpretation vom Leben Leonard Bernsteins beabsichtigt. Sechs Jahre studierte und probte der Schauspieler und Regisseur für diese Szene das Dirigat nach Originalaufnahmen. Im Film der dramaturgische Höhepunkt. Für den Film das stellvertretende Beispiel des grandiosen handwerklichen Geschicks mit dem MAESTRO umgesetzt wurde. Matthew Libatiques fantastische Kamera, die jedes Jahrzehnt zeitgenössisch in den Bilder widerspiegelt. Das kontraststarke Schwarzweiß der Nouvelle Vague der Fünfziger in 1,33:1. Die Sechziger in weitläufigen Technicolor-Kulissen. Der entsättigte Naturalismus des neuen Kinos in den Siebzigern.

Für die präzise komponierten Bildgestaltung findet Cutter Michele Tesoro einen wunderbar eleganten Rhythmus, der den Film immer dynamisch hält, aber nie überstürzt. Die meisten Dialoge zwischen Mulligan und Cooper sind in nur einer Einstellung gehalten. Die Musik ist Bernsteins eigenen Filmkompositionen entnommen, wie DIE FAUST IM NACKEN und WEST SIDE STORY, oder von Bernsteins Klassik-Favoriten Gustav Mahler. Filmemacher Cooper lässt sein Publikum mit einem klaren Zugang zur emotionalen Komplexität des Musikers gegenüber seinem freundschaftlichen und kollegialen Umfeld im Stich. Und er verweigert eine faktische Einordnung der künstlerischen Leistungen des Maestros. Manchmal ist es eben nicht genug, eine Frau nur abgöttisch zu lieben. Doch auf absurde Weise hat Bradley Cooper mit den aufgeführten, künstlerischen Mitteln einen Film geschaffen, den man dennoch unbedingt sehen sollte.

Maestro 3 - Copyright NETFLIX

 

Darsteller: Carey Mulligan, Bradley Cooper, Matt Bomer, Vincenzo Amato, Greg Hildreth, Michael Urie u.a.
Regie: Bradley Cooper
Drehbuch: Bradley Cooper, Josh Singer
Kamera: Matthew Libatique
Bildschnitt: Michele Tesoro
Musik: Leonard Bernstein
Produktionsdesign: Kevin Thompson
USA / 2023
129 Minuten

Bildrechte: NETFLIX
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