– Bundesstart 02.10.2025
– Release 17.09.2025 (PHL)
Preview 01.10.25, Cineplex Fürth
Es ist nicht Neues, ein hundertfach umgesetztes Konzept. Zwei in der Liebe glücklose Menschen treffen aufeinander, die aber erst durch eine wie auch immer geartete Prüfung zusammenfinden. Auf göttlicher Mission, aber leider verunglückten Weise waren das Olivia Newton John und John Travolta in „Zwei vom gleichen Schlag“. Die britische Variante in zwei Parallelwelten, waren Gwyneth Paltrow und John Hannah in „Sie liebt ihn – Sie liebt ihn nicht“. Die Schicksalsvariante bestritten Kate Beckinsale und John Cusack mit „Serendipity“. Wer kurz überlegt stellt schnell fest: Alles überaus attraktive und in ihrer Zeit äußerst populäre Darsteller. Nicht anders verhält es sich mit „Big Bold Beautiful Journey“. Da sind das Thema und Genre fast schon nebensächlich, wenn Margot Robbie und Colin Farrell sich bereits auf dem Plakatmotive so zauberhaft anlächeln. Ihre Reise zum gemeinsamen Glück weicht nicht weit vom Konzept ab, erinnert aber mehr an die bewusstseinsverändernde Herausforderung von Kaufman und Gondrys „Vergiss mein nicht“. Im Übrigen, mit den seinerzeit angesagten Kate Winslet und Jim Carrey – Zufälle gibt’s.
Die Mittdreißiger David und Sarah lernen sich, wie sollte es anders sein, auf einer Hochzeit kennen. Er, beziehungsunfähig seit einer Abfuhr im College. Sie, mit Drang ihre Beziehungen zu zerstören. Beiden gehen nach der Zeremonie erst einmal ihrer Wege, um sich auf der Rückreise wieder zu begegnen. Und das merkwürdige GPS-System von Davids Leihwagen stellt die provokante Frage: Wollt ihr auf eine großartige, kühne, wundervolle Reise? Natürlich wolle sie. Und wir möchten das auch. Wer würde denn nicht wollen, dass sich Margot Robbie und Colin Farrell am Ende in den Armen liegen.
Dem alten Spruch wird niemand überdrüssig: Wenn sich eine Tür schließt, tut sich eine andere auf. Dieser Film ist voller Türen. Das Buch von Seth Reiss nimmt dies wörtlich. Reiss schreibt hauptsächlich Comedy für Late-Night und „The Onion“, und sein bisher einziges Filmbuch war die bitterbös geniale Horror-Farce „The Menu“. Umso fragwürdiger wird mit fortlaufenden Filmminuten, was sich Seth Reiss bei „A Big Bold Beautiful Journey“ gedacht haben mag. Was durch die abstruse und inkohärente Inszenierung des Video-Essayisten Kogonada in der Fragestellung noch gesteigert wird.
Das GPS führt Sarah und David von Episode zu Episode zu verschiedenen Türen. Dahinter finden sie abwechselnd Situationen aus verschiedenen Abschnitten ihres früheren Lebens, in welche sie mit dem Aussehen und dem Alter von damals, aber dem Wissenstand von Heute, auch Einfluss nehmen können. Der jeweils andere wird dabei inaktiver Zeuge. So tritt David nochmals bei der Schulaufführung eines Musicals auf, und kann seinem damaligen Schwarm gleich sagen, was für einen Fehler sie mit ihrem zukünftigen Partner begehen wird. Gelegenheit für Farrells ausgezeichnete Musical-Fähigkeiten. Aber das eingeführte Konzept der Rückblenden verwässert danach bereits.
Hinter einer anderen Tür begegnet David als unbekannter Erwachsener seinem Vater im Krankenhaus, der sich um sein herzkrankes Baby (David) sorgt. Oder Sarah kann noch einmal ein langes, letztes Gespräch mit ihrer an Krebs verstorbenen Mutter führen, bei dem David allerdings nicht dabei ist. Das vermeintliche Konzept hat also kein Konzept. Kogonada inszeniert so wie es am besten passt, und nicht wie es nach der inneren Logik sein sollte. So geht der Film thematisch und inhaltlich wohin er will, hat wenig Struktur, und verwirrt mehr als das er emotional an die Figuren bindet.
Zwei ausgezeichnete Darsteller, der eine stärker, die andere weniger, verlieren sich in Plattitüden über Gefühle und Lebensentscheidungen. Mal ist der Film großes Drama, manchmal gewitzte Komödie. Dann ist er auch absurde, an Terry Gilliam erinnernde Satire. Die fantastischen Phoebe Waller-Bridge und Kevin Kline könnten als bizarre Autovermieter mit ihrer grotesken Vermietstation durchaus Helden ihrer eigenen Anthologie-Serie werden. Und das ist, was von dem Film hängen bleibt: Einzelne Bilder und Situationen. Die verregnete Hochzeit, bei der jede und jeder einen Regenschirm geöffnet hat. Wie Robbie neben ihre Filmmutter Lily Rabe im Bett liegt. Wenn beide Akteure bei der Autofahrt einen Wettbewerb veranstalten Oder sie sich im Licht eines bewusst sehr künstlich gestalteten Sonnenuntergangs näher kommen.
Aber selbst die Bildgestaltung von Benjamin Loeb folgt vielmehr der Abwechslung als einer geschlossenen Konzeption. Meist bleiben aber die Möglichkeiten auf starke weil ungewöhnliche Bilder links liegen, die der Fantastik des Inhalts noch mehr Substanz gegeben hätten. Die unwiderstehlich anziehende Chemie zwischen Margot Robbie und Colin Farrell stimmt, die emotionale Grundlage und deren Umsetzung allerdings nicht. Die beiden können selbst dieses immer wieder verwendete, aber absolut unrealistische Szenario nachvollziehbar wirken lassen, dass zwei wildfremde Menschen bei der allerersten Begegnung alle gefühlsmäßigen Hüllen fallen lassen.
Damit kann aber der Film wenig anfangen. Wo ähnliche Werke mitreißend über existenzielle Wahrheiten und emotionale Verpflichtung sinnieren, schrammt Kogonada immer nur unbefriedigend entlang der Oberfläche. Essenz und Erkenntnis, dass hat 1934 Frank Capra bereits in seiner zwei-Fremde-lernen-sich-zu-lieben-Geschichte „Es geschah in einer Nacht“ perfekt behandelt. Was für ein Zufall: Mit den seinerzeit überaus attraktiven und beliebten Claudette Colbert und Clark Gable.
Darsteller: Colin Farrell, Margot Robbie, Phoebe Waller-Bridge, Kevin Kline, Karah Donovan, Billy Magnussen, Lily Rabe, Yuvi Hecht, Hamish Linklater, Jodie Turner-Smith (Stimme des GPS) u.a.
Regie: Kogonada
Drehbuch: Seth Reiss
Kamera: Benjamin Loeb
Bildschnitt: Jonathan Alberts, Susan Kim
Musik: Joe Hisaishi
Produktionsdesign: Mary Florence Brown, Katie Byron
Irland, USA / 2025
109 Minuten