– Bundesstart 15.05.2025
– Release 13.03.2025 (US)
Preview 5.5.25, Cinecitta, Nürnberg
Absolut zu Recht beklagt Regisseur, Produzent, Kameramann und Cutter Steven Soderbergh, dass Studios ihren kleineren Produktionen die notwendige Aufmerksamkeit verweigern. Wie sollen ambitionierte Filmschaffende zum Filmemachen gebracht werden, wenn sie ihre großen Vorbilder und deren fabelhaften Filme in leeren Kinosälen zu sehen bekommen, weil kein Marketing vorhanden war. Wozu sollten dann diese jungen Filmschaffenden ihre Ambitionen vorantreiben? Weil es ein Publikum gibt, für diese kleinen Filme, die einen großen Effekt haben. So wie „Black Bag“. Einen Effekt der im Nachklang noch keine vollen Kinosäle verspricht, aber die Kunst des gesamtumfassenden Erzählens hervorhebt und unterstreicht. In der alle Elemente von Technik, über Narrativ, zum Spiel, hin zu den Dialogen, und der stilistischen Ausstattung, eine geschlossene Einheit bilden. Eine Kunst, von der es immer wieder scheint als wäre sie verloren gegangen.
„Black Bag“ ist ein Agentenfilm. George Woodhouse und Kathryn St. Jean sind Agenten, und sie sind ein Paar. Und sie sind ein wirklich funktionierendes Paar. Cate Blanchett und Michael Fassbender haben eine Chemie die stimmt und beide glaubwürdig macht. Und man spürt förmlich ihre Freude ein Teil dieser Welt von Geheimnissen und Betrug zu sein – als Darsteller wie als Figuren. Auch wenn sich Fassbenders George hinter einer Maske von stoischer Verschlossenheit verbirgt. Aber diese Fähigkeit zeichnet Fassbender aus, und ist sicherlich einer der führenden Gründe für seine Besetzung.
Die eigentliche Geschichte dreht sich um sechs Agenten, die allesamt für den britischen Geheimdienst tätig sind. Sie sind Freunde, soweit es ihr Job überhaupt zulässt. Jeder kennt die Arbeit des anderen, aber keiner weiß um die Aufträge des anderen, selbst zwischen George und Kathryn nicht. Doch einer in der Gruppe ist ein Maulwurf. George muss herausfinden wer, und ihn beseitigen. Was er auch bereit ist zu tun, selbst als Kathryn als Hauptverdächtige ausgemacht wird. Das ist nun einmal der Job.
„Wenn man über alles lügen kann, wie soll man dann über irgendetwas die Wahrheit sagen?“ Es ist ein Satz, den Drehbuchautor David Koepp von einem der realen Agenten übernommen hat, die er zur Recherche befragen und sogar begleiten durfte. Und es ist auch der Leitfaden, mit dem Steven Soderbergh von Anfang an seine Inszenierung gestaltet. Eine Atmosphäre von allgegenwärtigen Mysterien, in der es scheint, als wissen die Protagonisten immerzu was sie tun, und mit wem sie es zu tun haben. Alle haben ihre „Schwarze Tasche“ mit Auftrag, deren Inhalt nur sie persönlich kennen. Und die Zuschauenden dürfen in keine einzige dieser „Schwarzen Taschen“ sehen.
Auch wenn sich die Agenten, vornehmlich George gegen seine Kathryn, der modernsten Mittel in der Spionagebranche bedienen, gelingt Soderbergh ein erfrischend zeitloses Ambiente. Der Film könnte ohne weiteres in den 1960ern oder ’70ern spielen. Buch und Regie haben für Freunde des Spionage- und Agententhrillers auch einige Ehrerweisungen an die Hochphase dieser Filme einfließen lassen – Stichwort unter anderem Michael Caine. Aber es wird sehr schwer sein, einen Film von damals zu finden, der so überaus elegant und ästhetisch umgesetzt ist, wie es Steven Soderbergh gelungen ist.
Aber auch heute gibt es kaum Filme die derart raffiniert durchdacht und attraktiv inszeniert sind wie „Black Bag“. Soderbergh kommt weitgehend ohne überhöht gestaltete Spannungsmomente aus, was den Film aber keineswegs weniger spannend macht. Es ist kein Actionfilm, sondern einer des Verstandes, der Rätsel und präziser geschliffener Sätze. Und der Verzicht auf finstere oder morbide Stimmungslagen macht ihn nur noch besser. Der Regisseur schafft es sogar – und das ausdrücklich mit dem fabelhaften Spiel seiner Darsteller – eine amüsant süffisante Atmosphäre zu halten. Der Film ist aber weit davon entfernt billigen Witz zu offerieren, oder sich unpassender Pointen zu bedienen.
„Black Bag“ ist stilistisch und inhaltlich einfach ein Vergnügen, weil alle Konventionen des Genres beachtet werden, und er dennoch hervorragend zu überraschen versteht. Und weil er in Schnitt und Kameraführung einfach wundervoll anzusehen ist. Und weil das starke Ensemble einfach hinreißend spielt. Und, und, und… Steven Soderbergh hat mit den „Oceans“ schon einmal Fortsetzungen gedreht. Ach, natürlich „Magic Mike“ nicht zu vergessen. „Black Bag“ ist genau so eine Welt, die der Filmemacher unbedingt wieder besuchen sollte, von der man unbedingt mehr sehen will. Soderbergh ist immer dann am besten ist, wenn er tut, was er noch nie zuvor gemacht hat. Mit dem unschönen Detail, dass er immer dann am wenigsten wahrgenommen wird, wenn er etwas vollkommen Neues gemacht hat. Dennoch ein Vorbild für ambitionierte Filmschaffende die trotz mangelhafter Unterstützung der Studios ihre Motivation nicht verlieren dürfen.
Darsteller: Michael Fassbender, Cate Blanchett, Tom Burke, Gustaf Skarsgård, Naomie Harris, Regé-Jean Page, Kae Alexander und Marisa Abela u.a.
Regie: Steven Soderbergh
Drehbuch: David Koepp
Kamera: Peter Andrews
Bildschnitt: Mary Ann Bernhard
Musik: David Holmes
Produktionsdesign: Philip Messina
USA / 2025
93 Minuten