ICH WEISS, WAS DU LETZTEN SOMMER GETAN HAST

I Know WYDLS a - (c) SONY PICTURES– Bundesstart 17.07.2025
– Release 16.07.2025 (BEL)

Die Ironie ist bisweilen sehr ironisch. Ein Jahr bevor Autor Kevin Williamson mit dem großartigen Wes Craven den Slasher-Film mit „Scream“ neu definiert hat, wurde Williamsons Buch für „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ vom Studio rigoros abgelehnt. Das Sub-Genre des Slashers war mit den ganzen uninspirierten Epigonen von Michael Myers, Freddy Krugers und Jason Vorhees übersättigt. Wozu aber Michael. Freddy und Jason in eigenen endlosen Inkarnationen beigetragen haben. Ein Jahr nach dem Sensationserfolg von „Scream“ erschien dann – nicht unerwartet – dann doch „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. Die Studios hatten wieder Blut geleckt, und Kevin Williamson war in aller Munde. Doch Hand auf Herz, trotz der Legende und aller Heldenverehrung, muss man sich ehrlich eingestehen, warum Williamson Buch seinerzeit zuerst auf Ablehnung gestoßen war. „Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast“ von 1997, jetzt nur noch „IWWDLSGH“ genannt, ist kein wirklich guter Film.

30 Jahre später: In der Fischerstadt Southport, North Carolina, kommt ein Mensch bei einem Autounfall ums Leben, auf Grund groben Unfugs von fünf jungen Menschen. Aus inhaltlichen Gründen fünf, im Original waren es nur vier. Hier beißt sich in dieser Fortsetzung schon mal etwas. Die Darsteller sind alle zirka dreißig, doch die Figuren agieren wie Jugendliche, sollten aber eigentlich Anfang zwanzig sein. Solche Gedanken überkommen einen eben, wenn ein Film so spannungsarm und herkömmlich inszeniert ist wie diese Fortsetzung. Die Geschichte ist nach dem abgedroschenen Regelwerk, die Mordszenen katastrophal inszeniert, die Figuren sind schlecht und die Dialoge immer wieder unfreiwillig komisch. Das hat nichts, absolut nichts, mit den guten Darstellern zu tun. Es ist das Unvermögen von Regisseurin Jennifer Kaytin Robinson.

Robinson weiß überhaupt nichts mit ihren Schauspielern, sprich deren Figuren etwas anzufangen, trotz der merklichen Talente. Und Robinson weiß auch nicht wie sie mit der selbst geschriebene Handlung – zusammen mit Debütant Sam Lansky – umgehen soll. Der Slasher hat eigentlich nur das Ziel – so ehrlich muss man sein – möglichst viele Jugendliche auf möglichst spannende Weise den Garaus zu machen. Das macht allerdings wenig Spaß, wenn wir uns nicht um die Charaktere sorgen. Und bei Robinson sorgen wir uns um keines der fünf neuen mutmaßlichen Opfer, weil sie einfach nur herkömmlich gestrickte Dutzendware aus dem Fundus alter Slasher-Filme sind.

Es ist uns schlichtweg egal, wer dran glauben muss, wenn ein Jahr später endlich der Brief mit der Notiz „IWWDLSGH“ eintrifft. Hauptsache es kommt einmal Bewegung in die Handlung, der Weg bis zum ersten Erscheinen des mordenden ‚Fisherman‘ war auf Grund der austauschbaren Figuren ohnehin unglaublich lange. Mit Vorgeschichten die nichts zur Handlung beitragen. Umso schlimmer, dass dann auch noch die Morde selbst fade inszeniert sind, spannungsarm, manchmal sogar in einer Parallelmontage ungeschickt unterbrochen werden. Wie eigentlich auch schon das Original, gibt sich auch diese Fortsetzung mit vorbehaltloser Leidenschaft jenen Klischees und Versatzstücken hin, die von Kevin Williamson selbst mit „Scream“ entlarvt und persiflierend aufs Korn genommen wurden. „IWWDLSGH“ wird leidvolles Opfer seiner eigenen Ignoranz.

Robinson und Laskys Script versucht einfach schlauer zu sein, als die Prämisse wirklich hergeben könnte. Einige Szenen werden genutzt, um mit potentiellen Tätern in die Irre zu führen. Das funktioniert nur leidlich, weil diese Verdächtigen nur allzu offensichtlich als Täuschungsmanöver präsentiert werden. Dagegen haben die Autoren sehr geschickt aus dem von der Mittelklasse dominierten Southport, in dreißig Jahren eine High Society Oase gemacht. Das nicht unwichtige Thema der Gentrifizierung wird aber leider auch zum zentralen Thema in der Auflösung, mit einer schier unglaublich einfältigen Motivation. Allerdings noch nicht der Tiefpunkt in diesem unausgegorenen Stück.

I Know WYDLS b - (c) 2024 CTMG

Es gibt eine Traumsequenz, und es gibt sie nur, damit sie da ist. Kenner des Originals werden es verstehen was gemeint ist. Die Sequenz ist hanebüchener Unsinn, weil reiner Selbstzweck, sie nicht ins Konzept passt, und inhaltlich kein bisschen beisteuert. Fanservice vom Schlechtesten. Der Rest ist ein beliebiger Soundtrack, eine uninspirierte Auswahl an Songs, eine langweilig standardisierte Kameraführung, und eine Montage, die ohne eigene Ideen auskommt. Jennifer Love Hewitt und Freddie Prinze Jr. nehmen ihre Rollen von vor fast dreißig Jahren wieder auf. Mit enttäuschendem Resultat, sollte man ihnen damals wirklich einen Superstar-Status zugesprochen haben. Hewitt hat sich erst nach „IWWDLSGH“ zur Darstellerin für Charakterrollen beweisen dürfen, bekommt hier aber kaum etwas zu tun, darüber hinaus nichts, was darstellerisch anspruchsvoll wäre. Ausgerechnet Prinze Jr. bekommt in der Fortsetzung einen essenzielleren Part. Doch bereits vor dreißig Jahren war der Mime mehr nach seinem attraktiven Äußeren besetzt, als nach seiner Schauspielkunst. Daran hat sich leider nichts geändert.

Es ist ein Leichtes, „IWWDLSGH“ als gefällige Unterhaltung für einen Freitagabend stehen zu lassen. Aber das ist er nicht. Zu sehr ist das Buch und Jennifer Kaytin Robinsons Inszenierung darauf ausgerichtet mit dem Genre zu spielen – vergeblich – und bei jeder Gelegenheit das Publikum wissen lassen, wo die Ursprünge liegen – eher peinlich bemüht. Wo die Regisseurin wirklich einen eigenständigen Fluss entwickelt, sind Sequenzen die einfach an der eigentlichen Idee solcher Filme vorbeigehen. Dennoch will der Film ganz dringend ein Erbe stolz zur Schau stellen – wo nichts zu vererben war.

„Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ war seinerzeit ganz klar ein Zufallserfolg, mit vier der angesagtesten weil attraktivsten Jungdarsteller, angestoßen von einem anderen Film – der sich aber genau über solche Werke lustig macht. Es war ein Hype, der letztendlich den Film zu einer, dann doch irgendwie verdienten, gefälligen Unterhaltung für den Freitagabend machte. Die Dreistigkeit diesen Hype und den Titel selbst wie einen Kultfilm aus den Geschichtsbüchern wirken zu lassen, macht diese Fortsetzung fast dreißig Jahre später umso obskurer. Das ist es nämlich nicht. Was wirklich hängen bleibt, und vielleicht sogar ikonisch werden könnte, ist Freddie Prinze Jr. im Finale, der das Vergessen um ihre eigene Geschichte in den 1990er beklagt. Die Ironie ist bisweilen sehr ironisch – wenn Jennifer Love Hewitt erwidert, „wen schert es, wenn sie uns ausradieren wollen? Du musst einfach loslassen“.

I Know WYDLS c - (c) 2024 CTMG


Darsteller: Madelyn Cline, Chase Sui Wonders, Jonah Hauer-King, Tyriq Withers, Sarah Pidgeon und Jennifer Love Hewitt, Freddie Prinze Jr., Sarah Michelle Gellar u.a.

Regie: Jennifer Kaytin Robinson
Drehbuch: Jennifer Kaytin Robinson, Sam Lansky
Nach dem Drehbuch von Kevin Williamson
Kamera: Elisha Christian
Bildschnitt: Saira Haider
Musik: Chanda Dancy
Produktionsdesign: Courtney Andujar, Hillary Andujar
Australien,USA / 2025
111 Minuten

Bildrechte: SONY PICTURES / 2024 CTMG
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