– Release 11.12.2025 (world)
Nur äußerst selten gelingt einem aktuellen Film tatsächlich eine rundherum zufriedenstellende Hommage an die B-Movies der 1980er-Jahre. Mike P. Nelson hat reichlich an Erfahrung im Horrorgenre gesammelt, wobei ihm allerdings mit dem Franchise-Neustart „Wrong Turn“ 2021 kein glückliches Händchen beschienen war. „Silent Night, Deadly Night“ ist nun Remake und Fortsetzung gleichermaßen – wie es jeder für sich auslegen will. Remake und Fortsetzung eines Films, der 1984 ein eigenes Sub-Genre begründete, auch wenn er wegen seiner Prämisse aus den Kinos verbannt wurde, und die Fortsetzungen lediglich im Heimkino bestaunt werden durften. Nicht nur den Moralaposteln ging ein von Mordlust getriebener Weihnachtsmann zu weit. Aber Zeit heilt alle Fleischwunden, und ein schlachtender Santa ist letztendlich zum festen Programm im jährlichen Weihnachtstaumel geworden. Chance für Mike P. Nelson sich bei Genrefreunden zu rehabilitieren.
Nur äußerst selten gelingt heutzutage einem Film eine wirklich zufriedenstellende Hommage an die B-Movies der 1980er-Jahre. Mike P. Nelsons „Silent Night, Deadly Night“ ist inhaltlich, tonal und stilistisch ein perfektes Abbild einer Kinozeit die längst vergangen ist. Und dabei geht es um den kleinen Billy, der in einer Winternacht, auf einer einsamen Landstraße, mit ansehen muss, wie seine Eltern von einem Mann im Santa-Kostüm ermordet werden. Billys Mutter kann mit ihrem letzten Atemzug auch dem Mörder das Licht ausblasen – im wahrsten Sinne der Worte. Denn dieses Licht – sprich bösartige Lebensenergie – springt auf Billy über, der fortan jedes Jahr, an jedem der 24 Tage vor Weihnachten, eine Person abschlachten muss.
Diesen Film als neuen Genre-Klassiker zu feiern wäre wirklich übertrieben. Doch Nelson überzeugt soweit, dass er gar nicht versucht schlauer zu sein, als all die liebgewonnen Slasher aus den 80ern. Wie zum Beispiel der Verzicht auf ein angemessenes Tempo zu achten. Auf der anderen Seite umgeht er aber auch auf sehr einfältige Weise inszenatorische Hindernisse. So erkundigt sich der erwachsene, in der Stadt unbekannte Billy bei einer Bedienung nach der adretten Pamela, und bekommt frei von der Seele weg alle auch für das Publikum notwendige Informationen. Denn Billy ist vier Tage vor Weihnachten in dem Städtchen Hackett angekommen, und beschließt dort erst einmal zu verweilen, um seine blutige Quote zu erfüllen.
In seiner unbeholfen wirkenden Erzählweise ist „Silent Night, Deadly Night“ besonders unterhaltsam. Der Regisseur schert sich nur wenig um Logik und kaum um Plausibilität, wenn es die Geschichte aufhält. Das ist oft sehr witzig, aber genauso oft mit Fragezeichen verbunden. Wirklich wichtig sind ohnehin nur die ausgefeilten Kills – wunderbare, noch von Hand gefertigte Splatter-Effekte. Dabei ist der Blutgehalt deftig, aber nicht zum Erbrechen ausgereizt. Nelson kommt aber beim Erzählen etwas ins Schleudern. Für zu viele Ideen bleibt einfach viel zu wenig Zeit. Das bringt die zweite Hälfte aus dem Rhythmus, wenn der Killer Billy und die Ladeninhaberin Pamela endlich zusammen kommen, und er sein bitterböses Geheimnis mit ihr teilt.
Hier tritt noch ein weiterer Killer in die Szenerie, und der Film driftet im Finale mehr zum Thriller. Damit fokussiert Nelson seine originellsten Splatter-Momente im Mittelteil, was den Film ziemlich unausgewogen macht. Ein ausuferndes Massaker bei einem Nazi-Treffen füttert natürlich die Schadenfreude. Ein klares Indiz für Mike P. Nelsons übersprudelnden Ideenreichtum zeigt sich bei dem, was optisch und Genre-technisch der wahre Höhepunkt ist. Die visualisierte Rückschau, wenn Billy seine mörderische Laufbahn mit unzähligen Morden beschreibt. Eine rabenschwarze und sehr blutige Collage an Fehlschlägen und Lerneffekten. Allein diese eher kurze Sequenz würde eigentlich für mehrere Filme reichen. Derart geballt, ist es verschenkt.
Inhaltlich ist Mike P. Nelsons „Silent Night, Deadly Night“ nicht sehr anspruchsvoll, und gut unter dem Durchschnitt von dem, mit was sich andere Genrebeiträge abmühen. Doch er schafft, was anderen Filmemacher nur in Teilen gelingen mag – das richtige Händchen für alle Elemente eines klassischen B-Slashers. Farbgebung, Bildgestaltung, Zelluloid-Anmutung, handgemachte Effekte, und das perfekte Gespür für die perfekte Balance von Trash und Originalität. So holt man die 1980er ins moderne Kino, und sei es nur für Nerds und Cineasten. Damit der Schrecken wieder einmal Freude bereitet.
Darsteller: Rohan Campbell, Ruby Modine, Mark Acheson, David Lawrence Brown, David Tomlinson, Sharon Bajer, Tom Young u.a.
Regie & Drehbuch: Mike P. Nelson
Nach dem Film von Michael Hickey
Kamera: Nick Junkersfeld
Bildschnitt: Geoff Klein
Musik: Blitz//Berlin
Produktionsdesign: Oscar Fenoglio
USA / 2025
96 Minuten

