TRON: ARES

Tron Ares - © 2025 Disney Enterprises, Inc– Release 08.10.2025 (world)

15 Jahre nach „Tron: Legacy“ schafft es Dillinger Systems digitale Programme in die reale Welt zu transferieren. Doch diese digitalen Objekte bleiben nur 29 Minuten stabil, und zerfallen dann. Die konkurrierende Firma Encom, mit den Entwicklern Eve Kim und Seth Flores, schaffen gerade im selben Bereich mit dem sogenannten Permanence Code einen Durchbruch, und können digitale Objekte permanent real halten. Jetzt weiß geneigter Fan, oder einfacher Zuschauer von „Tron“ und „Tron: Legacy“, dass Encom die Guten und Dillinger die Bösen sind. Demnach will Dillinger Systems, unter der Führung des rücksichtslosen Julian Dillinger, den Permanence Code von Encom stehlen. Nach einem glücklosen Versuch sich in Encoms System zu hacken, schickt Julian sein neuestes Master Control Program Ares in die reale Welt, um Eve Kim zu entführen, sie zu digitalisieren, und auf diese Weise den Code von ihr zu extrahieren. Das alles geschieht natürlich mit viel griffigeren Fachbegriffen, jeder Menge erfundenem Tech-Geschwafel, und unglaublich beeindruckenden System-Visualisierungen.

Inszeniert wurde diese zweite und lange herbeigesehnte „Tron“-Fortsetzung vom Norweger Joachim Rønning, der seinen beeindruckendsten Film eigentlich schon mit „Kon-Tiki“ gemacht hat. Das Drehbuch kommt vom bisher unauffälligen Jesse Wigutow, der sich die Story mit dem wenig bekannten David DiGilio ausdachte. Natürlich sind ‚wenige‘ Referenzen nicht mit ‚wenig‘ Erfahrung, oder gar Kreativität gleichzustellen. Vorsicht war aber schon immer geboten, wenn sich ein großes Studio für ein großes Projekt an noch leicht zu lenkende Künstler hält, die noch keinen notwendigen Stand im Geschäft erfahren. Aber „Tron: Ares“ gibt kaum Grund zur Sorge.

Dieser Film ist ein lauter, knallbunter und spektakulärer Blockbuster, so wie der Begriff des Blockbusters definiert ist – Popcorn-Kino sagen andere dazu. Die einzelnen Figuren sind in ihren Intentionen klar bestimmt, die Handlung folgt den Regeln eines fantastischen Märchens, und der Verlauf erlaubt sich kaum Pausen. Die große Leinwand ist die perfekte Spielwiese für atemberaubende Bilder die im Design eine natürliche Weiterentwicklung aus dem Vorgängerfilm zeigen. Strahlend rote Neon-Streifen sind die Übeltäter. Blau steht für das Positive. Nur das Rot in diesem Film überwiegt, dass von Dillinger Systems in die reale Welt geschickt wird, um nichts Geringeres als die technologische und digitale Weltherrschaft zu erreichen.

Nach ihrem beachtlichen Auftritt in „Past Lives“, ist „Tron:Ares“ die erste Mainstream-Hauptrolle für Greta Lee. Mit ihrer charismatischen Sensibilität kann sie hier leider sehr wenig gegen die aufdringliche Dominanz von Jared Leto ausrichten. Leto selbst beherrscht den Film mehr mit seinem Aussehen als mit Schauspiel, was allerdings als digitales Master Control Program auch von Vorteil ist. Sein stechender Blick kann durchaus seine Faszination für die menschliche Eve Kim nachvollziehbar werden lassen, die eigentlich als Gegnerin programmiert ist. „Ares“ wiederholt sozusagen die Mensch-Programm-Affäre des Vorgängers, ist aber gleichzeitig eine direkte Weiterführung von „Legacy“ – doch in der Inszenierung bei weitem nicht so stimmig und in sich geschlossen.

Tron Ares 3 - © 2025 Disney Enterprises, Inc

Bisher war Tron eine Antropomorphisierung der nachvollziehbaren Abläufe von Kevin Flynns Computer-Raster. Programme und Interaktionen dieser Programmen, ihre Bestimmung sowie ihre Stärken, und ihre Funktionen. Da sich der Plot hier aber genau umgekehrt verhält, drängt sich die Frage auf, wie plausibel sich ein datengeneriertes Programm in der freien Welt tatsächlich verhalten würde. Was der Film mit Dillinger Systems lasergesteuerten Transformator anbietet, ist eigentlich nichts anderes wie ein 3D-Drucker, der demnach nur Computer gesteuerte Roboter auswirft. Ein wirklicher Unterschied zu all den anderen Filmen mit intelligenten, ein Bewusstsein entwickelnden, oder Amok laufenden Maschinen bleibt einfach schleierhaft.

Eigentlich hatte jeder Tron etwas zu sagen, hatte Visionen, war in gewissen Bereichen wegweisend. Internet, virtuelle Realitäten, Künstliche Intelligenz, Cyber-Ethik, und auch das Metaverse. Vieles war zum jeweiligen Film für die meisten sogar noch unverständlich, anderes wurde hingegen klarer, vieles hat sich bewahrheitet. „Tron“ und „Tron: Legacy“ waren keine Lehrstunden, keine strapazierenden Gedankenspiele. Doch sie haben in ihrer geschlossenen Welt der Fantasie, einen Bezug zur Realität herstellen können. 1982 hatte „Tron“ mit seinen 20 Minuten Computer generierten Szenen sogar einen immensen Einfluss auf Karrieren als Grafiker, Informatiker und Entwickler.

Für „Legacy“ hat Claudio Miranda klar strukturierte, sehr penibel kadrierte Bilder mit kräftigen Kontrasten abgelichtet. Diese Einstellungen brauchen keine schnellen Schnitte, sie entwickeln schon durch ihre exakt auf den Inhalt fokussierte Dichte eine treibende Dynamik. Jeff Cronenweth gelingt das hier nicht, der zwar leuchtende Bilder mit starken Kontrasten wiederholt, aber schnelle Bewegungen und Tyler Nelsons rauschende Montage braucht, um die Action temporeich zu halten. Regisseur Joachim Rønning ist aber auch sehr bedacht darauf, eher konventionell anstatt originell zu inszenieren. Das zeigen die Bilder, der Schnitt, und das verdeutlichen die Charakterzeichnungen. Wobei Rønning in der Action auch einige Male die Übersicht zu verlieren droht.

Tron Ares 2 - © 2025 Disney Enterprises, Inc

Trent Reznor und Atticus Ross sind für die Musik verantwortlich, die von Reznors Musikprojekt Nine Inch Nails eingespielt wurde. Ähnlich wie Daft Punks „Legacy“-Soundtrack ist auch hier die Musik treibende Kraft. Nur das der pulsierenden Nine Inch Nails-Soundtrack mit seiner ausladenden Energie in vielen Szenen größer ist als Rønnings Inszenierung, und meist Action oder Charaktermomente einfach überdeckt. Ungeachtet dessen: „Tron: Ares“ ist und bleibt ein sehenswertes Spektakel, dass mit enormen Aufwand und einfallsreichen Gimmicks kurzweilig unterhält. Es gibt sehr viel Action mit den Motorrad ähnlichen Light Cycles, wunderbare Kämpfe mit den Programme löschenden, dafür Neon leuchtenden Identity Discs, und einen gigantische Recognizer außer Kontrolle. Von allem was erwartet wird, ist tatsächlich reichlich vorhanden.

Die Welt von Tron scheint komplett. Mit viel Inhalt, aber leider wenig Substanz. Die Idee vom Leben, das sich aus Maschinen entwickelt ist nicht neu. Doch in Zeiten in der die Begrifflichkeit von Künstlicher Intelligenz schon hysterische Züge annimmt, hätten all die Beteiligten nach 15 Jahren Vorproduktion durchaus intelligente und visionäre Ansätze finden können, welche das Franchise in ein neues Zeitalter trägt. 15 Jahre seit „Tron: Legacy“ sind im digitalen Fortschritt eine atemberaubende Zeitspanne.

Keine Frage was das erst bei über 40 Jahren bedeutet. Für den altgedienten Fan bedeutet das enthusiastischer Jubel, weil der Film im Finale soweit zurückspringt, und in Flynns Computer-Raster von 1982 zurückkehrt. Steven Lisbergers Originalkonzept erfreut mit bestechender, nostalgischer Optik. Wenn dann noch in der Endphase ein Charakter von 1982 angedeutet wird, gibt das durchaus Grund zur Hoffnung für die unausweichliche Zukunft. Und dann gibt es hoffentlich für Jeff Bridges endlich wieder eine angemessene Aufgabe, anstatt nur als Stichwortgeber missbraucht zu werden.

Tron Ares 1 - © 2025 Disney Enterprises, Inc


Darsteller: Jared Leto, Greta Lee, Arturo Castro, Jeff Bridges, Evan Peters, Jodie Turner-Smith, Gillian Anderson u.a.

Regie: Joachim Rønning
Drehbuch: Jesse Wigutow
Kamera: Jeff Cronenweth
Bildschnitt: Tyler Nelson
Musik: Nine Inch Nails
Produktionsdesign: Darren Gilford
USA / 2025
119 Minuten

Bildrechte: DISNEY Enterprises, Inc
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