RUMOURS
– Bundesstart 15.05.2025
– Release 06.12.2024 (GB)
Hier kommt ein Film mit sage und schreibe 55 Produzenten-Titeln. Natürlich unterscheiden sich die Aufgabenbereiche zwischen den Produzenten, Co-Produzenten, Executive-Producer, und so weiter, aber es ist dennoch eine bemerkenswerte hohe Zahl. Es ist aber auch ein Indikator dafür, dass sehr viele einzelne Institutionen, unabhängige Studios, oder Sendeanstalten an dieser Produktion Interesse zeigen und es realisiert sehen möchten. Und das Potenzial in der Prämisse ist ja auch vielversprechend. Auf dem G7-Gipfel in Dankerode (laut Karte irgendwo im Harz) kommen die führenden Vertreter von Japan, Frankreich, USA, Italien, Großbritannien, Kanada und Gastgeber Deutschland zusammen. Ziel ist ein gemeinsames Kommuniqué für eine während des ganzen Films nie erklärte Krise. Es beginnt ruhig und, so ehrlich muss man sein, ziemlich öde. Wie solche Gipfel eben sind. Und das eingeschworene Regie- und Drehbuchtrio Madden und die zwei Johnsons lassen uns genüsslich an all dieser trockenen Tristesse teilhaben.
In einem abgeschiedenen Pavillon möchten die sieben Oberhäupter an ihrer Erklärung arbeiten, und teilen sich dafür Schulklassen-artig in Gruppen auf. Langsam beginnt die Absurdität von Geschichte und Umsetzung zu greifen. Unvermittelt sind die Sieben allein. Assistenten, Dienerschaft, keiner mehr auffindbar, und der Weg zum Tagungsschloss lässt sich nicht mehr finden. Die Nacht bricht herein, und die Staatsträger suchen sich ihren Weg durch den Wald zurück. Und dieser Weg ist markiert von einem gigantischen Gehirn, und im Schatten lauernden mumifizierten Toten, die man der Vernunft wegen für Protestler hält. Nebenher kommen noch so einige persönliche Verfehlungen der Anführer ans Licht des dunklen Waldes. Die treffende Satire wird zur lustlosen Farce.
Auch wenn das Notwendigste da ist, und das sind die vortrefflichen Darsteller, fehlt es dem machenden Trio an Inspiration und Mut. Das der kanadische Premier (Achtung: bereits im Trailer gespoilert) nicht nur vormals was mit der britischen Premierministerin hatte, sondern hier auch mit der deutschen Kanzlerin techtelmechtelt, ist kaum als provokant zu bezeichnen. Es ist darüber hinaus auch ohne wirklichen Bezug, weder zur aktuellen Tagespolitik, noch zu einem irgendwie substanziellen Kern in der Handlung. Und genau hier beißt sich immer wieder Buch wie Inszenierung. Es werden weder klare Absichten, noch verständliche Aussagen deutlich. Aber genauso wenig wird deutlich, ob nicht dies exakt die Bedeutung in den absurden Abläufen sein soll. Doch die Interpretation allein auf das Publikum abzuwälzen, ist der falsche Ansatz für eine Satire.
Es ist ein fabelhaftes Ensemble, das hier immer und immer wieder verschenkt scheint. Natürlich mit Cate Blanchett als ausdrucksstarkes Zugpferd. Ihre Maske und Kostüm ist ein perfekter Querschnitt deutscher Politikerinnen. Blanchetts aus TÁR bekannte und beeindruckende Deutschkenntnisse sind in der deutschen Synchronisation natürlich dahin. Als der britischste aller Briten ist Charles Dance ausgerechnet in der Rolle des amerikanischen Präsidenten geradezu absurd genial. Und Denis Ménochet (unheimlich stark in „Wie wilde Tiere“) darf sich als französischer Präsident als die charismatischste Figur im Politreigen beweisen. Als einziger von den Anführern, zeigt er ein wirkliches Interesse am nicht beschriebenen, aber katastrophalen Weltgeschehen.
Gerade Autor und Regisseur Guy Maddin präsentierte sich in seinen Filmen bisher immer sehr spielerisch. „Tanz der Titanen“ enttäuscht in dieser Beziehung. Stefan Ciupeks Kamerabilder sind eher einfallslos, und eher zweckdienlich anstatt erweiternd. Was aber auch auf die drei Cutter zutrifft, die dem Film keinen Rhythmus geben. Das Desinteresse der Führungsspitzen und die Unfähigkeit in ihrer Politik bleibt ein bestechender zentraler Punkt im Film von Maddin und den zwei Johnsons. Es wäre eben nur um einiges schöner gewesen, wären die Macher konkreter auf die geopolitischen Versagen und den Unwillen zum Handeln im 24 Jahre alten Jahrtausend eingegangen. Dieser „Tanz der Titanen“ ist ein derber Spaß, reich an losen Pointen, und wundervoll respektlos.
Guy Maddin, Evan Johnson und Galen Johnson verpassen die ganz große Chance einen wirklich angebrachten, trefflichen und noch wütenderen Spiegel vorzuhalten, und den Film auch mit filmischen Finessen zu erhöhen und zu verfeinern. Die Werkzeuge hatten sie. Oder sind dann 55 irgendwie geartete Produzenten dann doch zu viel, weil ja auch immer jemand glaubt sich einbringen zu müssen.
Darsteller: Cate Blanchett, Roy Dupuis, Denis Ménochet, Charles Dance, Nikki Amuka-Bird, Rolando Ravello, Takehiro Hira und Alicia Vikander u.a.
Regie & Drehbuch:
Guy Maddin, Evan Johnson, Galen Johnson
Kamera: Stefan Ciupek
Bildschnitt: Evan Johnson, Galen Johnson, John Gurdebeke
Musik: Kristian Eidnes Andersen
Produktionsdesign: Zosia Mackenzie
Kanada, Deutschland, Ungarn, Großbritannien, USA
2024
104 Minuten