THE NAKED GUN
– Bundesstart 31.07.2025
– Release 30.07.2025 (IT)
Die Ankündigung einer neuen „nackten Kanone“ löste bei mir große Skepsis aus. Und meine Voreingenommenheit wurde nicht enttäuscht. Die verrückten Zeiten des großartigen Leslie Nielsen sind vorbei. Die großartigen Zeiten der verrückten Zucker-Abrahams-Zucker liegen hinter uns. Wozu? Die berechtigte Frage bei jedem Remake, bei jeder Fortsetzung. Wozu? Seinerzeit zauberte die Wayans-Family mit „Scary Movie“ eine unglaublich erfolgreiche Antwort auf „Scream“ in die Kinos. Laut, respektlos, ohne Sinn, aber mit viel Verstand, und unfassbar komisch. Damit war das Thema unverschämter Filmparodien aber auch durch. Nur Aaron Seltzer und Jason Friedberg glaubten auf diesen Zug aufspringen zu müssen, und wollten mit einer ganzen Reihe an Parodien ähnlich erfolgreichen Blödsinn liefern. Auch wenn ihre Filme ungefähr das Vierfache ihres Budgets einspielten, sind es ganz miese Werke. Man kann den Erfolg anderer nicht einfach kopieren. Und erst Recht nicht Zucker-Abrahams-Zucker. Deren Humor traf den Geist einer ganz anderen Zeit, und diese Zeit ist längst vorbei.
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so herzlich und lautstark im Kino gelacht habe, wie bei dieser neuen Ausgabe von der „Nackten Kanone“. Ja, das steht hier, und es ist ernst gemeint. Todernst. Mit derselben Ernsthaftigkeit, wie berechtigte Zweifel an Remakes zu äußern, die sich als Sequel ausgeben. Allerdings sind Zweifel auch dazu da, um zerstreut zu werden. Allein Liam Nesson, nicht als neuer Leslie Nielsen, sondern dessen Sohn Frank Drebin Jr., Spezialeinheit. Neeson zeigt sich als sehr mutiger Überbau in einer Travestie seines eigenen Genres. Der stoisch kühle, knallharte und präzise Mann für Gerechtigkeit, den er mit „Taken – 96 Hours“ begründete. Ein Anti-Held im gehobenen Alter, der dem Jugendwahn bei Actionhelden virtuos und mit Perfektion widersprach. Eine Rolle, die Neeson seither bis zur Lächerlichkeit wiederholt hat.
Dieser selbstauferlegte, stereotype Neeson ist perfekt für die Rolle eines Frank Drebin, der jenseits der Realität und des Verstandes agiert. Jemand der ignorierenden Auges den Regeln des Gesetzes, des Geschmacks und der Realität trotzt. Dazu braucht es aber auch Autoren wie Jerry Zucker, David Zucker und Jim Abrahams (Gott sei seiner lästerlichen Seele gnädig), die aber aus Gründen weitgehend aus dem Geschäft sind. Ihr durchaus ernstgemeine Glaubenssatz war ‚drei Pointen in einer Minute‘. Nonsens, Satire, Wortspiel, Slapstick, Parodie, Sarkasmus, Spott, durchaus auch hintersinnige Ironie, aber vor allem selbstreferenzielle Albernheiten. Die neuen Nackte-Kanone-Autoren Dan Gregor, Doug Man und Akiva Schaffer haben zusammen den Chip ’n Dale-Film „Chip und Chap: Retter des Rechts“ gemacht, mit Schaffer im Regiestuhl. Nicht unbedingt Garanten für einen Film der nonstop Humor in jedweder Form generieren soll.
„Die nackte Kanone“ ist weit davon entfernt drei Pointen in einer Minute zu liefern. Dazu ist Regisseur Akiva Schaffer viel zu verliebt in die eigene Handlung, die eigentlich weniger Bedeutung haben sollte, und hier ohnehin nicht originell ausgearbeitet ist. Frank Drebin Jr., Spezialeinheit, muss den Industriellen Richard Cane daran hintern, mit der Computer-Vorrichtung „P.L.O.T. Device“ (ja, genau) die Menschen dieser Welt in aggressive, mordende Monster zu verwandeln. Libidöse Unterstützung bekommt Frank von der überaus reizenden, anfangs mysteriösen Beth Davenport. Nach „Last Showgirl“ nimmt Pamela Anderson hier gleich zwei Stufen auf einmal für ihr Comeback als bedeutende Schauspielerin. Nur das ihr Schaffer nicht den besten Freiraum einräumt (selbst bei dem Bühnenauftritt mit Jazz-Gesang nicht).
Die Filme von Zucker-Abrahams-Zucker zeichnen sich durch freigeistige Originalität und rücksichtslosen Unsinn aus, bei denen gemacht wurde, wie es gerade kam. Akiva Schaffers Version ist Nonsens, aber kalkuliert. Und er lässt viel zu viel, und oft zu lange Pausen zwischen einzelnen Pointen. „Die nackte Kanone“ 2025 reicht nicht an die Vorlage heran, erst Recht nicht an Z-A-Zs „Unglaubliche Reise im verrückten Flugzeug“. Dennoch ist diese Neuauflage das Witzigste im Kino seit langem. Widerspruch? Auslegungssache! Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so herzlich und lautstark im Kino gelacht habe. Das hängt aber mit dem Erlebnis Kino zusammen. Natürlich hat der Film seine Momente und unbestreitbare Qualitäten, besonders Liam Neeson. Auf Streaming-Plattformen ist es einer jener Filme, die gesehen und vergessen werden – dem das Publikum fehlen würde. Dieses unbändige Gemeinschaftsgefühl, dass man erleben darf, und dem man sich nicht entziehen kann. „Die nackte Kanone“ ist so gut, weil er mit seinem gesamten Repertoire an Humor auch jeden im Publikum erreicht. „Die nackte Kanone“ ist ein grandioses Plädoyer für das Kino.
Darsteller: Liam Neeson, Pamela Anderson, Paul Walter Hauser, Danny Huston, CCH Pounder, Kevin Durand u.a.
Der Typ im Stuhl: Akiva Schaffer
Schmierfinken: Dan Gregor, Doug Man, Akiva Schaffer
Paparazzi: Brandon Trost
Häcksler: Brian Scott Olds
Hintergrundlärm: Lorne Balfe
Möbelpacker und Einrichter: Bill Brzeski
USA / 2025
85 Minuten