THE TOXIC AVENGER

Toxic Avenger - (c) Courtesy CAPELIGHT– Bundesstart 25.09.2025
– Release 28.08.2025 (AUS)

Preview Kinofest 13.9.25, Cineplex Fürth
Was man Troma bei diesem Film vorwerfen könnte – und gerade Hardcore-Fans bestimmt auch tun – sind die Spezial Effekte, die leider nicht handgemacht sind. Aber „The Toxic Avenger“, bereits 2023 abgedreht und erst jetzt mit einem Verleiher gesegnet, sollte auch nicht als Remake oder Neuinterpretation verstanden werden. Schauspieler Macon Blair hat 2017 mit dem absurd skurrilen „I Don’t Feel At Home In This World Anymore“ seinen ersten Spielfilm inszeniert. Die gelungene Komödie reichte dennoch nicht aus, um beruhigend auf Blairs Nachfolgefilm einzuwirken. Schließlich geht es um ein cineastisches Heiligtum, dass mit cineastischer Kunst nichts zu tun hat. Doch Macon Blair, der auch selbst das Drehbuch geschrieben hat, wollte sich eine reine Neuverfilmung von Llyod Kaufmans „Toxic Avenger“ verkneifen. Seine Version ist eine spaßige Verbeugung vor dem Original und Tromas Filmwelt, welches Zweifel an einem Remake zerschlägt.

Der hochgewachsene Mitch Cohen von 1984 wurde gegen den kleinwüchsigen Peter Dinklage ausgetauscht, was den Spaß mit dem durch Giftmüll verseuchten und verunstalteten Anti-Superhelden noch einmal erhöht – politisch Inkorrektes gehört einfach zum guten Ton. Der langsam erwachsen werdende Jacob Tremblay ist der Halbwaise Sohn, der wenig für seinen immer wieder versagenden Vater übrig hat. Kevin Bacon ist in seiner überzogenen Art der perfekte Bösewicht für perfektes Trash-Kino. Seine Chemiefabrik ist für alles Schlechte verantwortlich, was in St. Roma Village passiert. Auf dem Ortsschild sind die richtigen Buchstaben durch Dreck verdeckt, was den Städtenamen Tromaville aus dem Original ergibt. Ehrerbietung nicht Remake.

Die Handlung ist für Trash-Verhältnisse etwas komplexer, folgt aber den abgegriffenen Klischees und Versatzstücken des B-Movies. Die Putzkraft Winston wird durch die Schergen des bösen Fabrikchefs zu Toxie, dem grünen und mit Geschwüren übersäten Rächer. Auf seinem Feldzug räumt er mit seinem hochgradig ätzenden Wischmopp unter all denen auf, die Anfangs als sterbenswürdige Typen eingeführt wurden. Eine griffigere, eine gehaltvollere Geschichte zu erzählen, lässt Macons Film auch etwas zäher zum Kern kommen. Der Kern sind natürlich die herrlich überreizten Splatter-Einlagen. Der Genre-Freund wird jubeln, weil Blair sich einiges an absurd überzogenen Sachen einfallen ließ. Arme ausreißen und Köpfe abdrehen ist da noch das Geringste. Und was ein Mopp am Hinterteil eines Mannes anrichten kann, lässt erschaudern.

Toxic Avenger a - (c) Courtesy CAPELIGHT

Macon Blair hat einen durchweg unterhaltsamen Film gemacht, der als eigenständiges Werk sehr gut funktioniert. Mit der Ausnahme von Peter Dinklage, der definitiv zu kurz [sic!] kommt. Unter den Latexschichten vom mutierten Toxie ist Luisa Guerreiro zu finden. Die englische Darstellungskünstlerin hat die vorher aufgezeichneten Bewegungsabläufe von Dinklage genau studiert, um sie mit extrem viel Make-up und animatronischen Gesichtspartien vor der Kamera zum Besten zu geben. Dinklage hat letztendlich seine Dialoge nachgesprochen. Ansonsten verlässt sich die Effekte-Abteilung auf CGI, und nur wenige praktische Tricks. Es gibt herrlich überzogene, animierte Matte-Paintings, welche St. Roma Village in seiner Gesamtheit als deprimierend verunstaltete Stadt zeigen. Der trashige B-Movie-Charakter ist durchweg in allen Elementen erhalten und meist geglückt. Aber „The Toxic Avenger“ ist synthetisch.

1984 war es eine trotzige Idee von Troma-Gründer Lloyd Kaufman, Filme nicht besser, aber billiger und im Unterhaltungswert genauso gut zu machen. Das machte „The Toxic Avenger“ – „Atomic Hero“ in Deutsch – seinerzeit ehrlich, ursprünglich und nach den besten Möglichkeiten. Es machte ihn nicht besser – Aber… Zur Rekapitulation: Macon Blairs künstlerische Ehrerbietung an Troma ist witzig und in seinen Ansprüchen unterhaltsam gelungen. Er lässt die Frage nach Sinn und Sinnlichkeit eines Remake gar nicht erst zu. Aber „Toxic Avenger“ von 2023 ist ein Kunstprojekt, künstlerisch und künstlich. Erschaffen um zu gefallen, um es besser machen zu wollen, um sich an einem etablierten – nicht unbedingt nachzuvollziehenden – Erfolg zu bedienen. Nichts davon hat seinerzeit das Original angetrieben, welches deswegen auch Original in seinem Ursprung ist. Bei Macon Blair hingegen spürt man eben dieses krampfhafte Bemühen nach Trash, auch wenn es von inszenatorischem Herzen kommt.

Toxic Avenger b - (c) Courtesy CAPELIGHT


Darsteller: Peter Dinklage, Luisa Guerreiro, Taylour Paige, David Yow, Kevin Bacon, Jacob Tremblay, Julia Davis u.a.

Regie & Drehbuch: Macon Blair
nach Lloyd Kaufman & Joe Ritter
Kamera: Dana Gonzales
Bildschnitt: Brett Bachman, James Thomas
Musik: Brooke Blair, Will Blair
Produktionsdesign: Alex Cameron
USA / 2023
110 Minuten

Bildrechte: CAPELIGHT
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