HIM
– Bundesstart 13.11.2025
– Release 18.09.2025 (PRI)
Von klein auf ist Cam Cade fanatischer Anhänger der Saviors, dass Football Team mit der Legende und dem achtfachen Champion Isaiah White. Und Cam hat nun als erwachsener Footballspieler gute Chancen der nächste GOAT zu werden. Das ist eigentlich der Ausdruck für ‚Greatest of all Time‘, allerdings setzt Regisseur Justin Tipping immer wieder einmal Menschen als Ziegen verkleidet ins Bild – also Goat in der Übersetzung. Warum das so ist, wird nicht wirklich deutlich. Wie so vieles in diesem Film, der seinem interessierten Publikum als spannendstes Element den genervten Blick auf die Uhr bietet. Drei Autoren, die noch nie besonders im Geschäft aufgefallen sind, darunter der Regisseur, der noch nie besonders im Geschäft aufgefallen ist, versuchen sich an einem Film, der im Marketing assoziative Gedanken an Jordan Peele heraufbeschwört. Und Jordan Peele ist tatsächlich auch Produzent von „Him“ – bleibt nur die Frage: Warum.
Noch bevor er richtig durchstarten kann, erleidet Cam eine Verletzung, die seine Karriere in Frage stellt. Und es folgt, was schon unzählige Male in diesem Genre zu sehen war: Eine mysteriöse Einladung, zu einem Ort irgendwo im Nirgendwo, umgeben von einer Unzahl skurrilster Typen, und ein Ort wo jede Kommunikation nach draußen unterbunden wird. Zuletzt war das bei Mark Anthony Greens „Opus“ der Fall, war da aber schon eine längst überholte Prämisse. Und ging mächtig nach hinten los, weil wie so oft, niemand etwas mit dieser Ausgangssituation anzufangen wusste. Wie eben bei „Him“.
Zuerst muss einmal vorausgeschickt werden, dass Tyriq Withers der perfekte Cam ist. Ein junger Erwachsener mit der Naivität eines Jugendlichen, und der rücksichtslosen Energie eines Karrieristen. Mit einem Körperbau der glaubwürdig für einen Athleten ist, und nicht für den Film künstlich aufgepumpt. Und Marlon Wayans ist der perfekte Isaiah White. Der eigentliche Komiker vereint seine schelmische Natur mit der gnadenlosen Härte eines unberechenbaren Trainers. Das Wayans mit 50 Jahren eigentlich zu alt für einen aktiven, achtfachen Football Champion wäre, lässt der Schauspieler selbst schnell vergessen. Es ist eine Darsteller-Combo, die eigentlich funktionieren müsste.
Das Produktionsdesign unter der Führung von Jordan Ferrer gibt sich jede Mühe, Isaiah Whites Welt extravagant modern und gleichzeitig unheimlich zu gestalten. Aber es ist keine Welt, die einen als außenstehender Beobachter beeindruckt, sondern verwundert. Wer möchte tatsächlich so leben? Sollte der eingeladene Protagonist nicht ebenso verwundert sein? Nimmt jemand wie Cam so etwas wirklich einfach so an? Eine Sauna, größer wie jeder Penthouse-Wohnraum. Eine Halle so groß wie eine Kathedrale, nur für eine Eiswasser-Badewanne. Dahinter muss sich weit mehr verbergen.
Nichts verbirgt sich irgendwo. Nichts was uns der Filmemacher zeigt, oder an Hinweisen gibt. Wenn Cam am Anfang von einem monströsen Wesen niedergestreckt wird, oder wenn er in einer nicht näher erklärten Attacke vermeintlich eine Frau tötet, ist nicht klar ob es sich um Einbildung oder Realität handelt. Justin Tipping scheint es selbst nicht zu wissen, weil es bis zum Ende nicht aufgeklärt wird. Selbst wenn der Fortschritt des Aspiranten gefeiert wird, und mittendrin ein Sparringspartner sterbend am Boden liegt, bleibt jede Erklärung aus. Unablässig hangelt sich der Film von einer Szene zur nächsten, ohne dem eigentlich angedachten Horrorszenario irgendeine Richtung zu geben. Absurd mysteriöse Szene wird an mysteriös absurde Szene gefügt, ohne aufeinander aufzubauen, oder verständlich zu machen worum es gehen soll, wo es hingehen könnte. Ideen ohne wirklichen Inhalt. Jordan Peele wäre das nicht passiert.
Und das bei dieser technischen Brillanz – von Taylor Joy Masons präziser Montage zu Kira Kellys („Marvel’s Echo“) beeindruckender Bildgestaltung. Die Sequenzen in Röntgen-Optik, mit der Visualisierung was beim Kampf mit den Knochen passiert, sind besonders eindrucksvoll verstörend. Auf den Horror wartet man weiterhin vergeblich. Obwohl es mit einer mysteriöse Einladung angefangen hat, zu einem Ort irgendwo im Nirgendwo, umgeben von einer Unzahl skurrilster Typen, und wo jede Kommunikation nach draußen unterbunden wird. Funktioniert nur selten, hier überhaupt nicht.
Und dann gibt es nach 85 planlosen Minuten eine derart simple Auflösung, dass 75 Minuten im Grunde überflüssig werden. Auf einmal gibt Justin Tipping vor, als wäre alles ein komplexes Geflecht einer übernatürlichen Vorbestimmung. Da hätten die Autoren aber einen besseren Plan gebraucht. Warum diese Auflösung dann noch so übertrieben blutig gestaltet wurde, bleibt ein Rätsel, genau wie alles was zuvor zu erleben war. Mit ihren Möglichkeiten hätten Tyrig Withers und Marlon Wayans eigentlich Besseres verdient. Von einem geneigten Publikum ganz zu schweigen.
Darsteller: Tyriq Withers, Marlon Wayans, Julia Fox, Jim Jeffries, Tim Heidecker, Maurice Greene u.a.
Regie: Justin Tipping
Drehbuch: Justin Tipping, Skip Bronkie, Zack Akers
Kamera: Kira Kelly
Bildschnitt: Taylor Joy Mason
Musik: Bobby Krlic (The Haxan Cloak)
Produktionsdesign: Jordan Ferrer
USA / 2025
96 Minuten

