THE SMASHING MACHINE

Smashing Machine - (c) LEONINE DISTRIBUTION– Release 02.10.2025 (world)

Es gibt eine definierende Szene in Bennie Safdies ungewöhnlichem „The Smashing Machine“, die mit ‚Jungleland‘ von Bruce Springsteen unterlegt ist. Lieder werden meist als atmosphärische Unterstützung eingesetzt. Aber hier ist die sequenzielle Abfolge des Streits zwischen Dwyane Johnsons und Emily Blunt exakt auf den dynamischen Ablauf von ‚Jungleland‘ geschnitten. Dies hat nicht einfach nur einen immens emotionalen Effekt. Es beweist auch wie nah Bennie Safdie seinen Figuren tatsächlich ist, obwohl er in der Inszenierung sehr bewusst eine beobachtende Distanz einnimmt. Das Portrait von Mark Kerr, einem der Pioniere des Ultimate Fighting Championship, ist kein Sportfilm im herkömmlichen Sinne. Und auch keine der üblichen Biografien. Safdie vermeidet alles, was an Stilelementen bei Biopics und Sportdramen die Gunst von Zuschauenden beeinflussen würde.

Der Film spielt in der Zeit von 1997 und 2000, als UFC sich durch zunehmende Akzeptanz und wachsender Fan-Gemeinden auch notwendigen Umbrüchen unterzog. Zum Beispiel werden Beißen und Augäpfel eindrücken [sic!] als Regelverstöße deklariert, wie wir nebenher bei einer Pressekonferenz erfahren. Wir als Beobachtende erfahren alles nebenher, oft müssen wir uns verschiedene Zusammenhänge selbst erarbeiten, oder werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Mark Kerr ist zu dieser Zeit in dem noch relativ jungen Turnier schon ein alter Hase, dem von einem japanischen Reporter die Frage gestellt wird, wie er sich fühlen würde, sollte er einmal einen Kampf verlieren. Und Kerr reagiert mit absoluter Irritation – Dwayne Johnson reagiert mit absoluter Irritation, weil ihm diese Möglichkeit wirklich nie in den Sinn gekommen ist.

Es ist Dwayne ‚The Rock‘ Johnsons erste dramatische Rolle außerhalb von Action. Und er überzeugt, er überzeugt auf wirklich intensive Weise. Mit 15 prothetische Applikationen – laut Johnson – und Perücke, nähert er sich auch äußerlich dem realen Mark Kerr an. Doch es ist Dwayne Johnsons sehr sensibles Spiel, sehr bedacht und konsistent in der Rolle, die dem Publikum das Image des lockeren Actionhelden nimmt, und ihn ohne Wenn und Aber zu Kerr werden lässt. Etwas, dass man von Emily Blunts Seite aus schon erleben durfte, wie sie zuletzt in „Pain Hustlers“ demonstrierte. Aber die Rolle von Mark Kerrs Frau Dawn ist noch einmal eine Herausforderung für sich. „Smashing Machine“ ist kein Sportfilm per se, es ist ein Film über eine Beziehung die nicht funktionieren will, egal wie viele Zugeständnisse der jeweils eine dem anderen macht.

Smashing Machine 1 - (c) LEONINE DISTRIBUTION

In ihrer wechselwirkenden Abhängigkeit, macht uns die charismatische Präsenz beider Hauptdarsteller leidend, ihre beiden Charaktere leiden zu sehen. Auch wenn uns Safdie sie nur beobachten lässt, sehr oft auch keinen Kontext zu ihren explosiven Spannungen herstellt. Es ist eine komplizierte Beziehung, die nicht von Vernunft geprägt ist. Diese Menschen berühren und sprechen uns auch an, ohne ihren prominenten Hintergrund oder den ikonenhaften Status. Mark ist von Schmerzmitteln abhängig, und wir wissen nicht wie lange schon. Es ist gesamt betrachtet auch nicht von Belang. Dwayne Johnson macht einen sensationellen Job, jenes Wesen zwischen verbissenem Kämpfer und bedürftigem Partner real und greifbar zu halten. Was auch für Blunt gilt, die diese beiden Wesen einfach nicht zu trennen versteht.

Ungeachtet dessen, irritiert Bennie Safdie Ansatz Abstand zu wahren. Er will das alles für sich spricht, er will nicht verführen, nicht mit aufgebauschter Emotionalität hineinziehen. Ein authentisches Werkzeug ist dabei Maceo Bishops Kamera (Covid-Drama „The Same Storm). Bishop hält einen strikten, dokumentarischen Stil. Manchmal verliert die Kamera auch ihre Protagonisten in Augenblicken – wenn Mark zum Beispiel vor Wut eine Tür zertrümmert – was andere Filme für einen maximalen, emotionalen Effekt nutzen würden. Die Kamera bleibt auch bei den Kämpfen außerhalb des Rings, und oft verdecken die Seile den Blick auf schlagende Fäuste in blutige Gesichter.

Aber all das, mit dem Bennie Safdie durch Auslassung visuell herausfordern will, wird auf der anderen Seite durch die Tonebene aufgefangen – wie die zerberstende Tür. Immer wieder wird deutlich, wie bewusst der Regisseur jede Szene konzipiert hat, auch wenn es zuerst nicht den Anschein macht. Was ebenfalls auf die oben benannte ‚Jungleland‘-Szene verweist. Wir müssen nicht alles sehen, wir müssen nicht alles erfassen. Dennoch sind wir mittendrin, und verstehen alles.
„they reach for their moment – and try to make an honest stand – but they wind up wounded, not even dead – tonight in Jungleland“ – Bruce Springsteen

Smashing Machine 2 - (c) LEONINE DISTRIBUTION


Darsteller: Dwayne Johnson, Emily Blunt, Ryan Bader, Bas Rutten u.a.

Regie, Drehbuch & Bildschnitt: Benny Safdie
Kamera: Maceo Bishop
Musik: Nala Sinephro
Produktionsdesign: James Chinlund
Kanada, Japan, USA / 2025
123 Minuten

Bildrechte: LEONINE DISTRIBUTION
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar