Country Strong nicht so stark

Shana Feste hat mit THE GREATEST – ZEIT DER TRAUER ein sehr intensives, leider wenig beachtetes Drama erzählt, an das sie mit COUNTRY STRONG anknüpfen möchte. Wieder als Autor und Regisseurin in Personalunion. Mit Gwyneth Paltrow und einem sehr ansprechenden Garrett Hedlund an der Front, ist das notwendige Aufmerksamkeitspotential geschaffen. Der in Präsenz und Understatement überragender Country-Veteran Tim McGraw tut da sein übriges. In dem Drama aus der Musikszene, tut sich allerdings Leighton Meester als Vierte im Bunde des Beziehungsreigens sehr schwer. Süß und schutzbedürftig auszusehen reicht nicht ganz aus, um gegen ihre charismatischen Mitstreiter anzukommen, oder zumindest gleichzuziehen. Doch nicht Meester ist es, an der die Dramaturgie und die Bindung zum Zuschauer krankt.

Kelly Canter ist eine Ikone in der Country-Szene, Beau Hutton und Chiles Stanton die aufstrebenden Jungtalente. Dazwischen agiert Kellys Ehemann James als ehrgeiziger Manager, der vergeblich versucht, alle drei Karrieren in die richtigen Bahnen zu lenken. Kelly ist gerade aus der Entziehungsklinik und hadert noch mit sich selbst. Beau interessiert keine Karriere, weil er einfach nur Musik machen will. Und Chiles steht sich mit ihrem eingeredeten Selbstbewusstsein selbst im Weg. Die Ehe von Kelly und James hält nur noch wegen Kellys Versuch, ein grandioses Comeback zu feiern. Beau hat dafür ein Verhältnis mit Kelly, während James gerne mal mit Chiles alleine wäre.

COUNTRY STRONG könnte sogar Komödie sein, oder eine herzzerreißende Romanze, leider legt die Filmautorin alles in die Waagschale des Dramas. Doch Shana Feste ist dabei nicht entschlossen genug. Die zwischenmenschlichen Krisen sind zu leichtfüßig und unbeschwert inszeniert, als das der endgültige Zusammenbruch verschiedener Charaktere richtig fassen würde. Ob die wesentlich ältere Kelly den Jungstar Beau wirklich begehrt, oder in ihm nur eine Bestätigung sucht, wird nie konkret. Und die tatsächlich zwölf Jahre auseinanderliegenden Hauptdarsteller überzeugen nicht wirklich als Diva und Heißsporn. Hedlund wirkt seiner Rolle längst entwachsen, an Stelle eines wankelmütigen Mitzwanzigers, gibt er den abgeklärten Freigeist. Paltrow hingegen, sieht einfach nie ihrem Alter entsprechend aus. Mit ihrer Ausstrahlung, ist sie alles andere, als die sich von unten erhebende Comeback-Legende. Der emotionale Faktor des für die Handlung nicht unwichtigen Altersunterschieds, wird dabei hinfällig.

Aber die Darsteller, zumindest die drei Erstgenannten, sind präsent und interessant genug, um bei COUNTRY STRONG das Interesse nicht zu verlieren. Umso enttäuschender ist es, das Shana Feste derart viel Klischees althergebrachter Dramen bündelt, das die Glaubwürdigkeit gerade im emotional wichtigen dritten Akt einfach verpufft. Die technische Umsetzung ist hingegen tadellos. Während die Auftritte in den kleineren Clubs herrlich realistisch umgesetzt sind, hätte man bei den großen Sälen geschickter mit der Atmosphäre spielen müssen, um durchweg überzeugend zu wirken.

Das ausgerechnet Country-Star Tim McGraw der einzige ist, der in diesem Film nicht singt, tut der gelungenen Musik keinen Abbruch. Hedlund hat sich in einem viermonatigen Crashkurs einen richtigen Countrymusiker angeeignet, der keinen Zweifel an der Ehrlichkeit in seinem musikalischen Ausdruck lässt. Und Paltrow ist bekanntlich schon länger im Sangeswesen unterwegs, wovon sie und der Film nur profitieren. Und der Zuschauer erst recht. So wird aus dem leicht missglückten Drama, ein ansehnlicher, wenngleich unsteter Mix aus Romanze und Tragödie, mit sehr viel hörbarer Musik. Und wunderbaren Darstellern, die allein durch ihre Präsenz ein klein wenig zu entschädigen wissen.

Darsteller: Gwyneth Paltrow, Tim McGraw, Garrett Hedlund, Leighton Meester u.a.
Regie und Drehbuch: Shana Feste – Kamera: John Bailey – Bildschnitt: Carol Littleton, Conor O’Neill – Musik: Michael Brook – Produktionsdesign: David J. Bomba
USA / 2010 – zirka 118 Minuten

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