DEAD MAN DOWN hält sich oben

DEAD MAN DOWN – Bundesstart 04.04.2013

Erst beobachten sie sich verstohlen. Zwei scheinbar verwundete Seelen, die sich mit Blicken über die Häuserschlucht hinweg annähern. Später ein erstes Treffen, sensibel und etwas verunsichert. Ja, eigentlich würde dieses Paar ziemlich gut zueinander passen. Man spürt, das zwischen ihnen etwas ist. Aber Niels James Opley hat keine Romanze inszeniert. Aber ähnlich seiner Erstverfilmung von VERBLENDUNG, weiß er die Mischung von Charakterstudie und packenden Thriller erneut sehr gut in Einklang zu bringen. Vielleicht sind Victor und Beatrice füreinander gemacht. Wissen wird man es erst am Ende, denn zuerst treibt beide jeweils ein ganz anderes Ziel, und das ist Rache. Während Victor durch den Tod von Frau und Kind seine Verwundungen innerlich trägt, sind Beatrice‘ Narben deutlich zusehen, seit ihr Gesicht durch einen Unfall entstellt wurde. Was sie verbinden sollte, steht erst einmal zwischen ihnen. Denn Victor konnte als Killer getarnt die Bande infiltrieren, die für seinen Verlust verantwortlich ist, während Beatrice die angebliche Profession ihres Nachbarn nutzen möchte, um den für ihre Entstellungen verantwortliche Unfallfahrer zur tödlichen Rechenschaft zu ziehen.

DEAD MAN DOWN ist in seinem Kern ein gelungener, sehr anziehender Thriller. Glaubwürdig durch seine Darsteller und die sensible Inszenierung. Aber auch glaubwürdig durch seine Zurückhaltung in den Actionszenen. Es soll realistisch wirken, und so wird es auch realitätsnah umgesetzt. Am auffallendsten sind dabei Paul Camerons Bilder. Wie schon bei Michael Manns COLLATERAL, nutzt er, wenngleich nur scheinbar, ausschließlich natürliche Lichtquellen. Er hat erfolgreich versucht, jede Szene aussehen zu lassen, als wäre keine zusätzliche Lichtquelle vorhanden. Dies wiederrum kommt der Bildgestaltung von Eric Kress sehr nahe, mit dem Regisseur Niels Arden Opley die originale Schwedenfassung von VERBLENDUNG realisierte.

So gut sich DEAD MAN DOWN von der Optik und seinen Darstellern auch ausnimmt, ist er nicht wirklich ohne Mängel. Das Tempo ist im Allgemeinen etwas zu langsam, was die mögliche Intensität aus dem Fluss nimmt. Und auch Beatrice‘ Gesicht wirft Fragen auf, denn ihre Entstellungen sind kaum einen dieser gefürchteten zweiten Blicke wert. Wenn allerdings die Maske einfach nur nicht hinbekommen hat, was die Auswirkungen im Film darstellen soll, dann ist verwunderlich, das Victor bei ihrem ersten Treffen nicht auf ihr Aussehen reagiert. Doch die Kinder im Block hetzen Beatrice mit dem Wort „Monster“ hinterher, und beschmieren ihre Wohnungstür. Ein Indiz, dass Beatrice eigentlich bemitleidenswerter aussehen müsste, als es der Film darstellt. Und dann ist da Beatrice‘ Mutter Valentine, gespielt von Isabelle Huppert, die in jeder ihrer wenigen Minuten so auffällig in Szene gesetzt wurde, dass der Zuschauer einfach annehmen muss, für sie gäbe es noch eine größere Auflösung. Der Drehbuchautor J.H. Wyman hat ebenfalls das Drehbuch zu THE MEXICAN mit Julia Roberts und Brad Pitt verfasst. Und genauso fühlt sich DEAD MAN DOWN in vielen Abschnitten auch an. Eigentlich muss alles passen, eigentlich ist alles perfekt, und doch läuft etwas Undefinierbares nicht wirklich rund.

DEAD MAN DOWN ist der Thriller für den kleinen Hunger zwischendurch. Unterhaltsam, spannend, doch sehenswert, aber nicht schon der im Kino beschlossene DVD-Kauf. Der Film atmet Dank Niels Arden Opley schon dieses skandinavische Flair, welches diese Produktionen von den abgehobenen Thrillern des Hollywood-Einerlei abhebt. Er ist also durchaus ein Besuch wert, und keine Geldverschwendung. Leider muss man dazu sagen, dass es auch kein großer Verlust ihn zu versäumen. Dann kann ja wieder die DVD ins Spiel kommen.

Darsteller: Colin Farrell, Noomi Rapace, Terrence Howard, Dominic Cooper, Isabelle Huppert, Luis Da Silva Jr., Stu Bennett, James Biberi u.a.
Regie: Niels Arden Opley
Drehbuch: J. H. Wyman
Kamera: Paul Cameron
Bildschnitt: Timothy A. Good, Frédéric Thoraval
Musik: Jacob Groth
Produktionsdesign: Niels Sejer
USA / 2013
zirka 118 Minuten

Bildquelle: Wild Bunch / FilmDistrict
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