Eine Nachbetrachtung: INTO DARKNESS

STAR TREK INTO DARKNESS – Bundesstart 09.05.2013

Captain Kirk ist noch nicht bereit ein Schiff zu führen. Nach einer vermasselten Mission, ist sein Vorgesetzter und Mentor Christopher Pike gezwungen, Kirk das Kommando über die Enterprise zu entziehen. Des Schicksals Fügung sieht allerdings vor, dass der hitzköpfige Jung-Captain dennoch eine Chance bekommt, seine Loyalität gegenüber seiner Sternenflotte zu demonstrieren. Der Tod und Verderben bringende Terrorist John Harrison hat mit gewaltigen Anschlägen die Föderation ins Chaos gestürzt, und sich auf dem Heimatplaneten der Klingonen abgesetzt. Eine offizielle Verfolgung von Harrison ins Hoheitsgebiet der Klingonen würde aber einer Kriegserklärung von Seiten der Föderation gleichkommen. Kirk und seine junge Mannschaft stellen sich ihrer geheimen Mission, werden allerdings von Klingonen aufgespürt, und im Kampf ausgerechnet von Harrison gerettet. Ohne Widerstand zu leisten, lässt sich der Terrorist zurück zur Erde bringen. Warum, bleibt für die Crew der Enterprise ein Rätsel. Am Ende könnte alles, von Anfang an ein Täuschungsmanöver gewesen sein. Wer allerdings wen betrügt, benutzt und verrät, fällt Kirk und seinem Team zunehmend schwerer herauszufinden.

Nach dem Reboot, gleich das Remake. Die Gerüchteküche wollte nicht aufhören zu brodeln, umso unwahrscheinlicher schien es, dass sich der zum Wunderkind erhobene Jeffrey Jacob Abrams tatsächlich herablassen sollte, eine bereits bekannte Geschichte aus dem Star-Trek-Universum noch einmal zu erzählen. Und im Grunde tut er das auch nicht. Seine Autoren Lindelof, Kurtzman und Orci, die ihrem Output nach, niemals aus ihren Büros kommen dürften, haben ganz genau die Ikonografie eines der besseren Vorgängerfilme seziert. Aber sie haben es vollkommen umstrukturiert wieder zusammengesetzt. STAR TREK INTO DARKNESS ist Hommage, Remake und eigenständiger Film gleichermaßen geworden, weil J.J. Abrams den Mut dazu hatte. Vielleicht war auch ein klein bisschen Zuspruch von Nicholas Meyer dabei, der STAR TREK: WRATH  OF KHAN – DER ZORN DES KHAN mitgeschrieben und dabei Regie geführt hat. Ein alter Freund der Familie Abrams, der oftmals mit dem kleinen Jeffrey Jacob spielte. Umso schwerer sollte es einem fallen, sich an einer Legende zu vergehen, und letztendlich könnte man genau dies diesem zweiten Teil der Neuauflage vorwerfen. Aber STAR TREK INTO DARKNESS ist weit mehr, als dass einfache auf den Kopf stellen eines bekannten Universums.

INTO DARKNESS funktioniert, weil er vielschichtiger und unterschwelliger ist, als es der erste Blick zulässt. Die  Schauwerte sind zweifellos atemberaubend und die Reminiszenzen nicht weniger großartig. Aber mehr als der erste Teil, musste INTO DARKNESS das etablieren und festigen, was Star Trek seit seinen Anfängen als Fernsehserie das Alleinstellungsmerkmal verlieh. Dies allerdings, ist kaum zu definieren und ließe sich über die Jahrzehnte eher als Gefühl beschreiben. Dabei liegen die Stärken der Geschichte von Lindelof, Kurtzman und Orci ziemlich offen, nur die unaufdringliche Natur des Grundtenors lassen diese Stärken im Hintergrund scheinen, bestimmen allerdings das Geschehen.

War das Motiv von den „Bedürfnissen der Vielen, welche die Bedürfnisse des Einzelnen überwiegen“ in WRATH OF KHAN das Schicksal einer einzelnen Person, ist es bei INTO DARKNESS die treibende Inspiration der gesamten Geschichte. Kirk, und später ein Attentäter, setzen die eigenen Bedürfnisse über die der Vielen. Dem einen kostet es die Karriere, der andere bringt damit unvorstellbares Leid. Immer wieder stellen die Autoren über die Figuren die Fragen nach Vertrauen und Loyalität, wird Vernunft gegen Intuition gestellt. In einer anfänglich unscheinbaren Szene, versucht ausgerechnet der durch Logik bestimmte Vulkanier Spock aus einem Bauchgefühl heraus, Kirk von der Verladung neuester, aber undurchsichtiger Torpedo-Technologie abzuraten. Der wieder zum Captain ernannte Heißsporn kontert allerdings mit Loyalität, und einer Konsequenz, die ein gegebener Befehl eben mit sich bringt. Eine fantastische Szene, die zudem erneut aufzeigt, das Kirk noch nicht der ist, der eine Fünf-Jahre-Mission führen könnte.

Immer wieder werden die Charaktere durch ihr Handeln gezwungen, sich gegenseitig in Frage zu stellen. Spock sieht sich mit Freundin Uhura konfrontiert, Kirk zeigt sich fälschlicherweise von Pike hintergangen. Schließlich Spock und Kirk selbst, für die Freundschaft und Dienstpflicht unvereinbar zu sein scheint. Zählen tatsächlich die Bedürfnisse der Vielen mehr, als die Bedürfnisse des Einzelnen? Wenngleich die Frage immer wieder gestellt wird, sieht sich der Film nicht verpflichtet, diese zu beantworten. Denn dann müsste er Rationalität über Menschlichkeit stellen, und auch das ist Teil dieses Gefühls, welches Star Trek immer mit sich trug, die Betrachtung und Auslegung des menschlichen Wesens.

Auch Admiral Marcus wird Opfer seiner persönlichen Auslegung von Loyalität und Diensteifer. Hier verschwimmen alle Grenzen von Humanismus, Kriegseifer, Egoismus und Selbstlosigkeit. Obwohl Marcus als handelsüblicher Bösewicht inszeniert ist, unterliegen seine Motivationen keiner einfachen Schwarzweißmalerei. Er glaubt im Interesse der Sternenflotte für die Menschheit zu handeln, verliert dabei aber jede Rücksicht gegenüber allen anderen Rassen. Admiral Marcus und seine Handlungsweise sind aber auch der Brückenschlag zu der Modernisierung, die STAR TREK erfahren hat, aber auch erfahren musste. Als Gene Roddenberry die Serie 1966 ins Leben rief, war das Star-Trek-Universum eine idealisierte Utopie eines Amerika, das dem kalten Krieg entwachsen wollte. Dieses Amerika, diese Vorstellung einer utopischen Möglichkeit, gibt es nicht mehr. Die Welt und ihre Ordnung nach dem elften September 2001, sind ein Fakt, der für eine weiterführende Zukunft nicht zu ignorieren ist. Die reale Welt ist düsterer geworden, und INTO DARKNESS ist kein Titel, der sich auf die Handlung bezieht. Es ist jenes Universum, welches durch seine positiven Aussagen und Aussichten seine Anhängerschaft fand, sich aber der Realität anpassen musste, um weiterhin dem Zeitgeist gerecht werden zu können. Wie STAR TREK 6 den holprigen Weg des Endes des Kalten Krieges nachzeichnete, absorbiert J.J. Abrams‘ Star-Trek-Welt das aktuelle Weltgeschehen, und macht es zum integralen Bestandteil einer Zukunft, die nicht mehr so bunt und nicht mehr so zuversichtlich sein darf.

Admiral Marcus ist der Brückenschlag zu einer veränderten Welt, die mit Vorurteilen, Misstrauen und Vorteilnahme angereichert wurde, als die Weltöffentlichkeit eine Religion gegen die Statuten einer sogenannten freien Welt stellte. Vorurteile und falscher Idealismus.  J.J. Abrams STAR TREK, welches er mit seinen Schreibern Orci, Lindelof und Kurtzman entwarf, ist eine poppig bunte Phantasie mit überragenden Effekten. Aber wenn man genauer hinsieht, dann ist da wesentlich mehr. Gesellschaftskritik, Weltpolitik und Zeitgeist. Die Genialität in diesem Reboot, ist die Subtilität, wie man alles in ein knalliges Action-Spektakel packte. STAR TREK eben, dieses kaum erklärbare Gefühl.

Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Zoe Saldana, Benedict Cumberbatch,  Karl Urban, Alice Eve, Simon Pegg, Anton Yelchin, John Cho, Peter Weller und Bruce Greenwood u.a.
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Roberto Orci, Alex Kurtzman, Damon Lindelof
Kamera: Daniel Mindel
Bildschnitt: Maryann Brandon
Musik: Michael Giacchino
Produktionsdesign: Scott Chambliss
USA / 2012
zirka 132 Minuten

Bildquelle: Paramount Pictures
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