Drive-In: EIN STAHLHARTER MANN

Drive-In-TheaterIn unregelmäßigen Abständen werden hier Filme für das Wochenende vorgestellt, die vielleicht die ein oder andere Erinnerung wecken, oder als Inspiration für einen gemütlichen Abend dienen können. Wie der Titel der Reihe schon andeutet, werden hier selten kulturhistorische Filme besprochen, sondern Werke, die ihre Berechtigung dort fanden, wo das Autokino seiner Bestimmung nachging.

HARD TIMES  – Bundesstart 12. September 1975

Hard-Times-2, Copyright Columbia PicturesBei der Premiere von EIN STAHLHARTER MANN ist Charles Bronson bereits 54 Jahre alt. Schon ein paar Jahre später, wird dies schon nicht mehr möglich sein. Ein immer jünger werdendes Zielpublikum muss auch junge Identifikationsfiguren auf der Leinwand sehen. Erst im neuen Jahrtausend wird es zu einem rückwärtigen Trend kommen. Dann gibt es Schauspieler wie Tom Cruise, die weit über die Fünfzig Action-Rollen spielen. Oder gar ein Liam Neeson, der mit über Sechzig noch mit klarer physischer Präsenz überzeugt. Was dann selbst das junge Publikum auch wieder annehmen wird. Aber 1975 ist das Kino noch immer im Umbruch. Der Drehbuchautor Walter Hill hat schon auf sich aufmerksam gemacht. Er verfasste für Steve McQueen den Klassiker GETAWAY, und den Thriller MAKINTOSH MAN für Paul Newman. Walter Hill hat ein extrem gutes Gespür für Erzählungen, weswegen ein Regie-Debüt nur eine Frage der Zeit war.  

Chaney kommt 1933 nach New Orleans, ein stiller, verschlossener Straßenkämpfer. Die Depression hat das Land fest im Griff, nicht aber Speed, ein windiger Manager, der sofort Chaneys Talent erkennt. Sie tun sich zusammen, aber der stoische Boxer macht klar, nur solange, bis er eine bestimmte Summe zusammen gewonnen hat. Scheinbar kein Problem für Speed, der sich von lokalen Gangstergrößen viel Geld leiht, um Chaney bei den Wetten besser platzieren zu können. Doch Finanzen sind nicht Speeds Stärke, und so verspielt er alle Gewinne am Spieltisch, was nicht nur ihn, sondern auch Chaney in große Schwierigkeiten bringt. Denn der Mob holt sich, was ihm gehört. Irgendwie.

Noch immer ist das Kino im Umbruch. Der Production-Code ist aufgehoben, die jungen Filmemacher haben das neue Hollywood etabliert, Filme werden direkter und radikaler. Walter Hill setzt sein Regie-Debüt mit einer Mischung aus verstaubter Inszenierung und moderner Extreme um. Den alten Teil übernimmt Philip Lathrops sehr schlichte Kameraführung, und die extrem artifiziell anmutende Ausleuchtung. In weiten Teilen sieht der STAHLHARTE MANN aus, wie ein Film, der genauso gut in den Sechzigern gedreht sein könnte. Doch ist der Film in erster Linie ein Film, bei dem es um die Schauwerte geht. Und das sind natürlich die barhändigen Boxkämpfe. Und das ist relativ neu für Hollywood, wo Brutalität um ihrer selbst willen inszeniert wird. Der Hongkong-Film macht es seit geraumer Zeit schon vor, und Hill hat darin ein sehr gutes Vorbild gefunden. Bryan Gindoff und Bruce Henstell haben zuerst die Geschichte entwickelt und geschrieben, aber Hill gibt der Handlung nach einigen Überarbeitungen seinen ganz eigenen Stil. Man wird es später sehen, wenn er WARRIORS oder DRIVER in die Kinos bringt. Es ist eine Geschichte, auf das Notwendigste herunter gebrochen, mit einem Helden, der keine Worte braucht.

Und die Faustkämpfe haben es wirklich in sich. Die Darsteller werden nicht durch den Schnitte gerettet, oder intensiver inszeniert. In Bild und Schnitt müssen sich die Darsteller beweisen, und tatsächlich zeigen, was sie vorgeben zu tun. Und das sieht oftmals sehr schmerzhaft aus. Roger Spottiswoode hat EIN STAHLHARTER MANN geschnitten. Es ist der letzte Film, den der Dreißigjährige geschnitten hat. In fünf Jahren wird er als Regisseur selbst ins Action-Fach einsteigen. Störend ist vielleicht James Coburns leicht überdrehtes Spiel, das man ebenfalls leicht in den Sechzigern ansiedeln könnte. Aber da ist in erster Linie natürlich Charles Bronson. Niemand anderem nimmt man den schweigsamen Anti-Helden mit seiner stoischen Gelassenheit so dankbar ab, wie Bronson. Laut Drehbuch hat er weniger als 500 Worte zu reden. Das sind immer noch mehr, als in SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD, aber dennoch ein exzellentes Beispiel, über wie viel Präsenz man verfügen muss, um einen Charaktere dennoch glaubwürdig und interessant zu halten.

Charles Bronson war bei den Dreharbeiten 53 Jahre alt, und demonstriert eine unglaubliche Physis. In den Achtzigern und Neunzigern wird man einen wesentlich jüngeren Darsteller nehmen, mit dem sich die angesprochene Jugend auch identifizieren kann. Witzig dabei, dass zuerst der dreißigjährige Jan-Michael Vincent für die Rolle des STAHLHARTEN MANNes vorgesehen war. Noch witziger, dass Vincent und Bronson drei Jahre vorher zusammen als Schüler und Mentor in KALTER HAUCH aufgetreten waren.

Hard-Times-3, Copyright Columbia Pictures

Darsteller: Charles Bronson, James Coburn, Strother Martin, Margaret Blye, Jill Irland, Bruce Clover, Robert Tessier u.a.
Regie: Walter Hill
Drehbuch: Walter Hill, Bryan Gindoff, Bruce Henstell
Kamera: Philip H. Lathrop
Bildschnitt: Roger Spottiswoode
Musik: Barry De Vorzon
Produktionsdesign: Trevor Williams, Dennis Peeples
USA / 1975
93 Minuten

Bildrechte: Columbia Pictures
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar