GOOD BOYS

Good Boys a, Copyright UNIVERSAL PICTURES INTERNATIONALGOOD BOYS – Bundesstart 22.08.2019

„Sie ist eine Nymphomanin, das bedeutet sie kann Sex haben an Land und auf See.“

Waren das nicht herrliche Zeiten, als man noch immer an die Kraft von Action-Figuren glaubte, und dennoch schon vorgab etwas von Mädchen zu verstehen. Als man anstatt ‚geil‘ das Wort ’schwul‘ verwendete, weil man überhaupt keine Ahnung hatte, was es eigentlich bedeutete. An diesem Punkt sind Max, Lucas und Thor. Sechstklässler die sich die Beanback Boys nennen und die Chance haben, auf eine Party mit Flaschendrehen eingeladen zu werden. Dazu braucht es eine Flasche, und eine Flasche Bier wäre vorhanden. Doch wie bekommt man die leer, ohne unnötig etwas zu verschütten. Denn, so was weiß man neunmalklug in diesem Alter, es ist unmöglich mehr als vier kleine Schluck von einem Bier zu nehmen.


Wer SUPERBAD gesehen hat, wird diesen auch nicht vergessen haben. Heranwachsende Jugendliche, die mit Obszönitäten nur so um sich werfen, und den derbsten Fallen des Lebens ausgesetzt sind. Doch was ist mit der Altersgruppe vier oder fünf Jahre früher? Gene Stupnitsky und Lee Eisenberg haben sich darüber Gedanken gemacht, und diese dann kongenial umgesetzt. Zusammen verfassten sie das Drehbuch, und führten Regie, auch wenn im Vorspann als Regisseur nur Stupnitsky erwähnt wird. Und dafür fanden sie auch genau die richtigen Produzenten, unter anderem Superbad-Darsteller Jonah Hill und keinen Geringeren als Seth Rogen. Der ist es auch, der im Trailer von GOOD BOYS einen Produzenten mimt, der den jungen Hauptdarstellern erklärt, dass sie zu jung sind, um den Trailer für ihren eigenen Film sehen zu dürfen. Eine wirklich hervorragende Idee, aber ehrlich gesagt auch eine rotzfreche PR-Übertreibung.

Kein Zweifel, dass es den ein oder anderen Zuschauer einige male eiskalt über den Rücken laufen wird, wenn er hört, was für Dialoge den drei Zwölfjährigen über die Lippen gehen. Oder mit welchen Utensilien sie sich durch den Film kämpfen müssen, schließlich sind die einzigen Waffen im Haus, im Schlafzimmer der Eltern zu finden gewesen. Es gibt ganz derbe Zoten, da ist hintersinniger Humor, ein klein wenig Drama ist dabei, und jede Menge ehrlicher Emotionen. Hier erweist es sich wieder einmal, dass die Regie eines Stoffes beim Autoren selbst am besten aufgehoben ist. Da wird kein Witz breit getreten, da wird nicht mit dem Zaunpfahl gewunken, da stimmen die Nuancen. Das Timing bei Stupnitsky und Eisenberg stimmt, so das man selbst veraltete Klischees mit Freude genießen kann. Wie bei der Highway Überquerung. Oder das altbackene Klischee bekommt eine Runderneuerung, wie beim Lauf gegen die Zeit, wenn nur vermeintlich alles glatt geht.

GOOD BOYSsS c, Copyright UNIVERSAL PICTURES INTERNATIONALAuch wenn Drehbuch und Inszenierung funktionieren, hängt GOOD BOYS am seidenen Faden seiner Darsteller. Und da gibt es an Jacob Tremblay, Keith Williams und Brady Noon nichts zu mäkeln. Tremblay hat ja schon in Lenny Abrahamsons ROOM bemerkenswertes geleistet. Bild und Schnitt konzentrieren sich dabei auf das Wesentliche. Ein paar mal greift Jonathan Furmanskis Kamera unterstützend ein, was Daniel Gabbe mit punktgenauem Schnitt verfeinert. Besonders deutlich wird das im Höhepunkt des Films, der sich um etwas dreht, was man an dieser Stelle nicht unbedingt offen legen muss. Aber Frumanskis und Gabbes Arbeit erlaubt sich keinen Selbstzweck, sondern fließt wunderbar in die Inszenierung ein. Die mit nur 89 Minuten eine derart angenehme Laufzeit hat, dass es schon fast verwundert. Und alles ist erzählt, und nichts wurde ausgelassen. In den goldenen Jahren waren für Komödien 90 Minuten eine Standardzeit. Heute ist man überrascht, wenn selbst die platteste Komödie vor der zwei Stunden Marke beendet ist. Da ist GOOD BOYS eben auch auf der guten Seite.

Dieser Film ist also nicht wirklich das, was die Werbung so zu verstehen gab. Doch er ist gut, sehr unterhaltsam, und nie langweilig. Und die letzten Minuten glänzen mit einem Novum für diese Art von Film. Er gibt noch einen Überblick welche Folgen das ganze vorherige Treiben ausgelöst hat. Auf seine eigene Art vermittelt GOOD BOY, dass das Leben eben nicht wie in einem Film so harmonisch und sorgenfrei weitergeht, und auch kein Drehbuchautor mit einem Kunstkniff eventuelle Konsequenzen zu vermeiden versteht. Weit gefehlt wer denkt, hier schlägt der Film eine ernste Note an. Ganz weit gefehlt. Denn wie sagte schon einer der Protagonisten, „ich bin kein Feminist, ich mag Frauen“. Was für eine schöne, weil ahnungslose Zeit.

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Darsteller: Jacob Tremblay, Keith L. Williams, Brady Noon, Molly Gordon, Midoris Francis, Millie Davis, Izaac Wang, Will Forte u.a.
Drehbuch & Regie: Gene Stupnitsky, Lee Eisenberg
Kamera: Jonathan Furmanski
Bildschnitt: Daniel Gabbe
Musik: Lyle Workman
Produktionsdesign: Jeremy Stanbridge
USA / 2019
89 Minuten

Bildrechte: UNIVERSAL PICTURES INTERNATIONAL
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