Tom Hanks: SCHRÄGE TYPEN

Uncommon TypeUNCOMMON TYPE: Some Stories – SCHRÄGE TYPEN: Stories

Wenn Katja Riemann als Liebling der Klatschpresse ein Musik-Album veröffentlicht, dann ist das schon einmal eine Meldung wert. Jan Josef Liefers zum Beispiel, hat auch eine Band und ist regelmäßig auf Tour. Kevin Costner, Russell Crowe oder Keanu Reeves, alle mit eigener Band und hier und da mal ein Album. Mit Büchern sieht es da ganz anders aus. Auch wenn viele Leute aus Glitzerstadt Bücher verfassen. Vornehmlich Kinderbücher, weil die in fälschlicher Annahme einfacher zu schreiben wären. Michael J. Fox fiel auf, als er ohne Ghostwriter seine unglaublich witzigen und unterhaltsamen Memoiren über das Leben mit Parkinson veröffentlichte. Und dann kam Steve Martin, mit einem Kurzgeschichtenband voller absurder, brüllend komischer Einfälle, die stark an seine Stand-Up-Auftritte erinnern. Dem folgten zwei wirklich witzige, und auch sehr tiefgehende Romane. SHOPGIRL hat Martin dann gleich einmal selbst adaptiert, und dabei einen sehr einfühlsamen Film mit verantwortet. Nach Lektüre der Geschichten Anthologie UNCOMMEN TYPE – SCHRÄGE TYPEN, wünscht man sich auch von Tom Hanks einen ausgewachsenen Roman. Er könnte sogar gleich selbst Regie führen, was er grundsätzlich zu wenig tut.

Offenleserlich war Hanks‘ Sammlung von alten Schreibmaschinen die Inspiration von 17 Kurzgeschichten, die ihren Weg in die 400 englisch und 340 deutsch beschriebenen Seiten fanden. Jede Story wird angeführt von einer kunstvollen Photographie einer Schreibmaschine, die Kevin Twomey ins perfekte Licht gerückt hat. Wie üblich, variieren die Buchcover von Land zu Land im Design, wobei der Entwurf mit den überdimensionierten Tasten der originellste Augenfang ist. So schön das Buch dann auch anzusehen ist und man es gerne in den Händen hält, sagt es natürlich nichts über die Qualitäten von Tom Hanks, dem Schauspieler, dem Produzenten, dem Regisseur, als Schriftsteller. Man soll bekanntlich immer über das schreiben, was man auch kennt. Und blickt man auf die filmische Schaffenskraft von Hanks, dann erahnt man auch, worum es in seinen Geschichten geht. Es geht um Menschen.

uncommon type 2Bei Tom Hanks geht es um Menschen, und es geht darum, wie das Alltägliche noch immer etwas spannendes bereithält. Wäre man dem Künstler nicht sehr wohlgesonnen, könnte man sein Buch als typische Strandlektüre bezeichnen. Wenn man es herabwürdigen wollte. Aber wer möchte das schon. In erster Linie wird man auf das Buch aufmerksam und hält es dann in der Hand, weil man Hanks als Mensch und eben Künstler auch zu schätzen weiß. Es ist also Strandlektüre, die aber auch an kalten Winterabenden unterhält. Allesamt sind es Geschichten, die wie Anekdoten aus den Leben der Figuren gegriffen sind. Kurze, prägnante Momentaufnahmen. Es gibt vier Freunde, die in loser Folge gleich drei Geschichten bestreiten. Einmal versuchen sich zwei davon als Pärchen, dann fliegen sie mit einer eingebildeten Raumkapsel um den Mond, später wird einer von ihnen unfreiwillig zum Star eines Sport-Senders.

uncommon type 1Der Journalist und Kolumnist Hank Fiset erscheint mit seiner Kolumne gleich vier mal und lamentiert über die unreflektierte Entwicklung in der Gesellschaft, oder über den Stellenwert von ehrlichem Journalismus. Tom Hanks bleibt aber bei jeder Geschichte unbeschwert, doch stets mit lesbarem Respekt vor der Aussage und seinen Figuren. Er beschwört kein Drama herauf, verweigert sich aber auch irgendwelcher Klamotten. Er lässt den Leser teilhaben, und immer wieder findet sich dieser in den diversesten Situationen und Dialogen wieder. Das Hanks weiß wovon er schreibt, liest man heraus. Noch spannender wird der Lesegenuss, wenn man mit der Filmografie und Vita des Schriftstellers vertraut ist. Da fließen Erfahrungen aus PRIVATE RYAN in eine Weihnachtsgeschichte mit ein, oder das Wissen vom APOLLO 13 Dreh bei einer besonderen Freundschaftsrunde. Und die Suche eines Auswanderers nach einem hilfreichen Griechen, erinnert doch stark an die Wurzeln von Hanks Ehefrau griechischer Abstammung. Aber niemals werden diese Bezüge aufdringlich eingesetzt, oder als Wiederholung von bekanntem Material genutzt. Vielmehr kreiert der Schreiber seine ganz eigenen Momente aus diesem Erfahrungsschatz.

uncommon type 3Fast schon selbstschreibend, kommt in 16 der 17 Stories eine Schreibmaschine vor. Immer ganz nebenbei, fast unmerklich. Nur in zwei Geschichten wird das mechanische Schreibgerät zum Leitfaden der Handlung, wobei hier die Nostalgie auch etwas Überhand nimmt. Aber UNCOMMON TYPE bleibt durchweg lesenswert, macht Freude, stellt aber auch keine großen Ansprüche. Strandlektüre ja, aber ansprechend, bewegend und sehr gut zu lesen. Hintergründig und tief aus dem Leben gegriffen. Tom Hanks ist nicht der ganz große Wurf gelungen, und genießt die größere Aufmerksamkeit durch seinen Bekanntheitsgrad. Doch wer Gefallen an diesen siebzehn Geschichten gefunden hat, der wird sicherlich auch auf den ersten Roman von Hanks warten. Und er wird diesen selbst adaptieren, und vielleicht sogar die Hauptrolle spielen. Vielleicht. Es könnte schon wieder eine Geschichte von ihm sein.

SCHRÄGE TYPEN: Stories
UNCOMMON TYPE: Some Stories

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