Sanctum bestimmt kein Heiligtum

Dieser Film basiert auf einer wahren Geschichte. Basieren könnte dieser Film wahrscheinlich auf vielen beliebigen anderen Geschichten auch. In der inspirierenden, wahren Geschichte von Andrew Wight müssen sich fünfzehn Menschen durch ein unerforschtes Höhlensystem einen Weg in die Freiheit tauchen, und alle überleben. Mit John Garvin hat Andrew Wight seine Geschichte in Drehbuchform gebracht, in der sechs Menschen ums Überleben im Höllensystem kämpfen – und sehr viele dabei sterben. Ein sehr inspiriertes Werk.

Natürlich spielt 3-D eine ganz gewichtige Rolle in diesem Tauch-Thriller, was den Namen James Cameron letztendlich erst ins Spiel brachte, der sich gerne bei Produktionen anbiedert, als Großmeister für ein bisschen 3-D-Verständnis. Gesamt gesehen ist SANCTUM tatsächlich von seinen Bildern her sehr attraktiv, hinkt aber mit allen anderen technischen wie kreativen Aspekten hinterher. Der massive Werbeeinsatz von Camerons Name lässt sich somit schnell erklären.

Jules O’Loughlin, wahrscheinlich mit assistierender Unterstützung von Cameron, hat atemberaubende Bilder geschaffen. Viele davon sind am Computer entstanden und überzeugen. Andere entstanden in überzeugenden Kulissen. Wird man anfangs noch förmlich in die dreidimensionale Welt hineingezogen, ermüdet einen die Wucht der Bilder doch sehr schnell. Obwohl technisch alles richtig gemacht wurde, um 3-D in perfekter Form zu erleben. Große Bilder, gut positionierte Settings, langsame Schwenks, sehr niedrige Schnittrate. Aber der Film steigt gleich mit so viel augenweitender Energie ein, dass eine Intensivierung der Räumlichkeit im weiteren Verlauf überhaupt nicht mehr möglich ist. Die Möglichkeit einer zusätzlichen, dramaturgischen Einbindung, wie sie von Zweiflern oft vermisst wird, fällt somit auch hier weg.

Was anfangs wirkt, währt nicht lange, denn leider beginnt O’Loughlin ab der zweiten Hälfte mit gravierenden Fehlern. Objekte und Darsteller werden an den Bildrändern beschnitten, was den räumlichen Effekt teilweise aufhebt. Und Bildaufteilung sowie die Akzente der Schärfenbereiche wurden falsch gesetzt. Bei vielen der dramatischeren Sequenzen kommt der 3-D-Effekt nicht in dem Umfang zur Geltung, wie er eigentlich die Dramaturgie unterstützen könnte und auch sollte. Aus der anfänglichen optischen Wunderkiste wird ausgerechnet zum Ende hin ein Film, der wieder einmal 3-D in Frage stellt.

SANCTUM kann sich leider nicht aus der 3-D-Misere retten, denn was den Zuschauer von anderen Seiten noch zugemutet wird, ist auch nicht weiter förderlich. So sind Figuren von einer auf die andere Szene plötzlich nicht mehr existent. Der erfahrenste aller Taucher lässt eine absolut unerfahrene Teilnehmerin einfach gewähren, wenn sie sich weigert, einen schützenden Taucheranzug anzulegen. Oder eine sehr erfahrene Taucherin ertrinkt, obwohl ein Lufteinschluss in der Nähe zu sein scheint. Aber zu einem richtigen Problem in der Dramaturgie kommt es, wenn sich zwischen die anfänglich im Vordergrund stehenden Figuren ein wirklich unerwarteter Charakter nach vorne drängt. Ausgerechnet die Person, die von der ersten Szene an die Geduld des Publikums mit nervendem Gemaule strapaziert. Rhys Wakefield fehlen einfach die Ausstrahlung und Sympathie, um den Zuschauer anzusprechen. Er ist aus dem Ensemble schlichtweg die falscheste Person, um die Dramatik wirken zu lassen. Ein Film steht und fällt mit der Hingabe des Zuschauers an die Helden. Und dieser Film fällt.

Dass es in der unterhaltenden Glitzerwelt selbstverständlich ist, wahre Begebenheiten mit eindimensionaler Sichtweise beliebig zu formen, tut diesem dreidimensionalen Werk noch mehr weh. Aber zumindest waren die Macher inspiriert. Sehr inspiriert. Ein guter Anfang war gemacht. Da hätte man etwas draus machen können.

Darsteller: Richard Roxburgh, Ioan Gruffud, Rhys Wakefield, Alice Parkinson, Allison Cratchley, Christopher Baker, Dan Wyllie u.a.
Regie: Alister Grierson – Drehbuch: John Garvin, Andrew Wight – Kamera: Jules O’Loughlin – Bildschnitt: Mark Warner – Musik: David Hirschfelder – Produktionsdesign: Nicholas McCallum
USA / 2011 – zirka 108 Minuten

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