MAN OF STEEL

MAN OF STEEL – Bundesstart 20.06.2013

Es ist kein S, sondern das Symbol für Hoffnung. So ruhte alle Hoffnung auf dem S. Sieben Jahre nach einem exzellenten Neustart, der im gleichen Sinne Sequel war, sah sich Warner gezwungen, dass Erbe des Stählernen neu zu verhandeln. Denn aus unerfindlichen Gründen wollte weder Fan- noch Kritiker-Gemeinde die Hommage an die alten Donner-Filme, und die daraus resultierende Neuinterpretation, ins Herz schließen. Genauso wenig nachvollziehbar war die Erklärung SUPERMAN RETURNS zum Flop. Doch die Mühlen Hollywoods mahlen anders, weil es eine Industrie ist. Und Industrie bedeutet immer Hang zum Geld verdienen. Man ließ also Brandon Routh‘ Karriere anderweitige Wege gehen, und konzipierte gänzlich neu. Ein wenig in der Art der neuen Batman-Trilogie. Da traf es sich blendend, dass Christopher Nolan als Produzent und Drehbuchautor mit an Bord kam.

Der Zuschauer erlebt den bekannten Werdegang des kleinen Kal-El, der von seinen Eltern Jor-El und Lara vom sterbenden Planeten Krypton, auf die weite Reise zum Planet Erde geschickt wird. Nicht nur um Kal-Els Leben zu retten, sondern auch das Erbe Kryptons zu sichern. Alles wäre zum Besten, hätte nicht General Zod einen katastrophalen, aber gescheiterten Putschversuch gegen die Regierung von Krypton unternommen. Was fataler Weise dazu führt, dass die falschen Subjekte dem Untergang von Krypton entgehen. Es wird also mehr Überlebende des Planeten geben, als nur den kleinen Kal-El. Und eine Konfrontation der durch ihre Historie verfeindeten Parteien, wird unausweichlich auf der Erde ausgetragen.

Hat sich das Warten gelohnt? Zeigt sich der Reboot als gerechtfertigt? Auf alle Fälle ist MAN OF STEEL das Schwert mit den zwei Schneiden. Ein geniales Unterhaltungsprodukt, und doch kein Meisterwerk. Perfektes Kino, aber ein schwacher Film. MAN OF STEEL ist ein perfektes Beispiel, wie Hollywood funktioniert, sich der Zuschauer manipulieren lässt, und was mit der Originalität im Geschäft nicht stimmt.

Da ist zum einen Henry Cavill als Clark Kent, sprich Superman, oder der Stählerne, der sein Rolle nicht nur körperlich ausfüllt. Er ist ein wohlgesonnener Sympathieträger, den man sehr gerne zusieht, und der alle Register des Guten zu symbolisieren versteht. Doch die Macher haben viel weiter gedacht. Der Bürgerkrieg auf Krypton, das Vermächtnis in Kal-Els DNA, und der gesamte Look vom legendären Kostüm, bis zu der Bildsprache. Superman ist erfolgreich dem Zeitgeist angepasst. Das grelle Blau und Rot des Anzugs ist monochromen Farbgebungen gewichen. Es gibt auch kein leuchtend grünes Gestein mehr, welches als Kryptonit Supermans einzige verwundbaren Punkt darstellt. Mit General Zod, seinen Mannen und Maschinen, modernisierte man auf interessante Weise auch die Quelle, die Kal-Els Kräfte auf Erden zu belanglosen Fähigkeiten degradierte. Was die Macher, Schreiber und Denker hier schufen, ist eine überraschend originelle Neuerung. Der gesamte Look ist in der aktuellen Zeit angekommen. Wenngleich Amir Mokris sehr uninspiriert verwackelte Schulterkamera viel mehr irritiert, anstatt eine durchdachte Bildsprache aufzuzeigen.

Also, rund herum gesehen ist MAN OF STEEL ein den modernen Gegebenheiten angepasstes Abenteuer, welches zu überzeugen verstünde. Hier geht es aber um Superman, das hier ist das Warner-Prestige-Objekt, ein Blockbuster, der alle Erwartungen erfüllen sollte. Und das bringt alle schlechte Eigenschaften eines erzwungenen Blockbusters mit sich. Das bezieht sich ausgerechnet, und überraschenderweise, auf die trockene Inszenierung. Es gibt Lacher, vier oder fünf an der Zahl, die funktionieren. Aber sie verpuffen genauso schnell, durch den permanenten Pathos, mit dem MAN OF STEEL durchzogen ist. Es geht um Ehre und Gerechtigkeit, um Verantwortung und Bestimmung, es sind die ganz großen amerikanischen Tugenden. Natürlich, es ist Superman, der amerikanischste aller Superhelden. Einer aus einem fremden Land, der für seine neue Heimat einsteht und kämpft, eine Nation, die aus einem Sammelsurium von Auswanderern hervor ging. Zack Snyder hat mit WATCHMEN einen der modernsten und düstersten Superheldenfilme gemacht. Bei MAN OF STEEL zeigt er sich allerdings sehr zurückgenommen. Den überfrachteten Bombast seines SUCKER PUNCH hat er durchaus mitgenommen, nur fehlt es den Figuren um den STÄHLERNEN herum an Tiefe und Reibungspunkten.

Die Schauwerte gingen den Machern eindeutig vor Handlung. MAN OF STEEL ist eine unablässige Abfolge von spektakulären Effekten und an die Substanz gehender Tonmischung. Nach der geradlinigen Einführung bis zur Zerstörung Kryptons, springt die Handlung immer wieder in der Zeit, um Kal-Els irdischen Weg und seine Motivationen zu begleiten. Er ist ein Getriebener, der sich immer wieder Situationen stellen muss, die seine wahre Identität preis geben. Ob die Sequenz im Schulbus, oder das Desaster auf der Ölplattform, aber vor allem eine bestimmende Tornado-Sequenz. Sie definieren Clark Kents irdisches Dasein, und die Gründe seiner Sinnsuche. Aber grundsätzlich kulminieren diese Szenen stets in Aufsehen erregenden Effektegewittern, die vom erdachten Tiefgang der Szene ablenken, und reinen Unterhaltungswert präsentieren. Die vorausgegangene Werbekampagne fiel durch zwei markante Momente auf, da war zum einen ein in Handschellen abgeführter Superman, und die Frage, ob die Welt bereit sei für ihn. Das ließ viel mehr Raum zur Spekulation, für neue Ansätze, wie jemand mit Kal-Els Fähigkeiten in unserer Welt wirklich aufgenommen werden würde. Das alles verpufft in getragenen Dialogen, mit denen Kevin Costner oder Diane Lane merklich unterfordert sind, aber auch nur dem Zweck dienlich sind, eine weitere Action-Sequenz zu rechtfertigen.

Von zwei Dingen hat MAN OF STEEL mehr als genug. Das ist zum einen Russell Crowes Jor-El, der einfach viel zu oft als „Echo seines eigenen Bewusstseins“ in den unmöglichsten Situationen helfend eingreifen darf. Und schließlich die endlosen Prügeleien zwischen den Kryptoniern, die zweifellos optisch spektakulär umgesetzt sind, aber kaum Abwechslung bieten. Erst wird Smallville durch die herumgewirbelten, aber unverwundbaren Außerirdischen platt gemacht. Später scheint es kein Ende zu nehmen, wenn sich Superman und Genral Zod in Metropolis ständig durch eine Vielzahl von Wolkenkratzern schmeißen, und unvorstellbare Schäden anrichten. War die Welt anfänglich nicht bereit für Clark Kent, so ist sie es schließlich für den Mann aus Stahl. Amerika hat seinen akzeptierten Superhelden. Man darf nur nicht darüber nachdenken, dass in erster Linie all die Zerstörungen, das Leid, und wahrscheinlich die Tausende von Opfern, darauf zurückzuführen sind, dass Kal-El überhaupt auf die Erde gekommen ist.

Hans Zimmers Soundtrack verstärkt jeden Moment des Films in seiner pathetischen Kraft. Zwar fehlt dem Stählernen sein eigenes Thema, dafür hat Zimmer in einer intonierenden Tonfolge ein sehr stimmiges Thema für den Film selbst gefunden. Die Anleihen bei DARK KNIGHT sind unüberhörbar, aber für sich gesehen, ist Zimmer wieder eine Musikbegleitung gelungen, die Szenen wunderbar unterstützt und ergänzt, und diese nur ganz selten überlagert. So kann man die Wucht der Bilder auf zwei Ebenen genießen. Das Spektakel hat im Vorfeld viel versprochen, und es hat viel mehr zu bieten. Das eine geht nicht unbedingt mit dem anderen einher. Aber man kann auch nicht jedes Jahr den ultimativen Superheldenfilm erwarten. Auch wenn bei MAN OF STEEL viel mehr möglich gewesen wäre. Langeweile lässt der Film keinen Moment aufkommen. Viel mehr als in diesem Auftakt, kann man nicht zerstören, also wird man bei einer Fortsetzung ohne jeden Zweifel tiefer gehen. Eine Konfrontation die über eine Prügelei hinaus geht vielleicht. Ein zarter Hinweis auf Lex Luthor wurde bereits gelegt. Bis dahin begnügt man sich mit MAN OF STEEL, der trotz allem ein geniales Unterhaltungsprodukt und perfektes Kino geworden ist. Die Schauwerte gingen den Machern natürlich vor Handlung, so gesehen, kann der Film gar nicht enttäuschen. Obwohl viel mehr möglich gewesen wäre.

Darsteller: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon, Diane Lane, Russell Crowe, Antje Traue, Harry Lennix, Kevin Costner, Ayelet Zurer, Laurence Fishburne u.a.
Regie: Zack Snyder
Drehbuch: David S. Goyer, nach der Geschichte von Goyer und Christopher Nolan
Kamera: Amir Mokri
Bildschnitt: David Brenner
Musik: Hans Zimmer
Produktionsdesign: Alex McDowell
USA / 2013
zirka 142 Minuten

Bildquelle: Warner Bros.
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