EDITORIAL: Golden Globes – Die Show

MainstreamWie jedes Jahr beginnen diese Zeilen traditionell mit: Es war eine rauschende Ballnacht. Und das war sie ganz gewiss, obwohl in dieser vergangenen Nacht merklich wenig Künstler wegen Trinkaktivitäten auffällig waren. Nun, bei Ricky Gervais konnte man sich da nicht so sicher sein. Aber seine Präsentation machte auch deutlich, dass während der Show selbst immer wieder der Biss fehlte, diese kleinen Unverschämtheiten, die dann doch ihre Wahrheiten bargen. Gastgeber Tina Fey und Amy Poehler gaben bei ihrem Eingangsdialog erst einmal Gas, und ließen nichts aus, was in den letzten Wochen die Filmwelt bewegte, einschließlich eines gewagten Schusses gegen Bill Cosby. Doch von da an ließ die Dynamik und der Unterhaltungswert merklich nach. Völlig daneben waren gleich drei Auftritte von Stand-Up-Komikerin Margaret Cho als Vertreterin Nordkoreas, wo einer schon überflüssig gewesen wäre. Schon die Preisträger geizten in ihren Dankesreden nicht an Mahnungen gegen Terror und für Redefreiheit. Und als Hollywood Foreign Press Association PräsidentGlobes15-2, Copyright Hollywood Foreign Press Association Theo Kingma seine kurze Ansprache beendete, indem er eine Brück von Nordkorea zu Charlie Hebdo schlug, da war der Ballsaal mit einem Mal für Ovationen auf den Beinen. Worte, die man eher von George Clooney erwartet hätte. Der Cecil B. DeMille Award Empfänger gab sich allerdings lieber erstaunlich persönlich. Schon auf dem roten Teppich zeigten sich die affektierten Mode-Kritiker schockiert, dass Clooney den selben Anzug wie zu seiner Hochzeit trug. Mit seiner Dankensrede wurde auch klar warum, richtete er sich dabei hauptsächlich an seine frisch getraute Frau Amal, und wie glücklich er sich schätzen könnte. Eine der bewegenderen Reden an diesem Abend.

War es dieses Jahr leicht, immer wieder politisch zu werden und dafür beklatscht zu werden, nahm sich wenigstens Billy Bob Thornton angenehm zurück. Da es so gefährlich geworden sei, auch nur irgend eine Aussage zu machen, meinte Thornton, sage er lieber einfach nur Danke. Und dann ging er von der Bühne, mit dem  Golden Globe als bester Hauptdarsteller in der Miniserie FARGO, der eigentlich für Matthew McConaughey gedacht war. Eine der wenigen Überraschungen des Abends. Blieben bei allen anderen Kategorien die Karten offen, war man zumindest bei McConaughey für TRUE DETECTIVE sicher, wie für die Serie selbst als beste Miniserie. Doch da war auf einmal FARGO, durchaus verdient, aber ebenso überraschend.

Die Macher von DRACHENZÄHMEN 2 jubelten besonders laut. In der Kategorie der Animationsfilme lag das Augenmerk eher auf LEGO-MOVIE oder BAYMAX, aber nicht bei einer Fortsetzung. Lange Gesichter muss es hingegen bei den Machern von IMITATION GAME gegeben haben, der sich in seinen fünf nominierten Kategorien seine Vormachtstellung zwar immer mit anderen Filmen teilen musste, aber an der einen oder anderen Trophäe nie gezweifelt wurde. Jetzt IMITATION GAME ohne einen Globe geblieben, was die Weinstein-Brüdern in Klausur rufen dürfte, waren sie bisher doch immer die erfolgreichen Marketing-Künstler während der Preisverleihungssaison. Nun, es stehen noch acht Nominierungen bei den BAFTAs an, und wer weiß, was die Academy Awards noch bringen.

Zwei weitere, sehr angenehme Überraschungen gab es in den männlichen Darsteller Kategorien. Als Nebendarsteller durfte der stets übersehende J. K. Simmons für WHIPLASH auf die Bühne, und zog endlich einmal an Größen wie Robert Duvall, Mark Ruffalo, Edward Norton und Ethan Hawke vorbei. Genau so durfte es Michael Keaton gegangen sein, der die letzten Jahre nur noch unter dem Radar flog, und als BIRDMAN unvermittelt Ralph Fiennes, Billy Murray, Joaquin Phoenix und Christoph Waltz unter sich ließ. Und dann seine Rede, ein echter Tränendrücker, aber ehrlich und zu Herzen gehend. Der schönste Moment, der über die Show hinaus bleiben wird. Ansonsten blieb die eher gediegene Show ohne größere Ereignisse. War in den letzten Jahren immer wieder Zweifel an den Auswahlkriterien und der Ermittlung der Gewinner angebracht gewesen, zeigte sich die Hollywood Foreign Press Association dieses Jahr wesentlich verständlicher gegenüber ihrem Metier, was ihnen vorher immer wieder gerne abgesprochen wurde. Insgesamt wirkte die Vergabe der Trophäen harmonischer, aber auch stimmiger, weil die meisten Serien oder Filme auch gleich einen Preis ähnlich einer künstlerischen Rechtfertigung gewannen. Für Amazons TRANSPARENT, als beste Komödienserie ausgezeichnet, erhielt Jeffrey Tambor für die gleiche Serie seinen Hauptdarsteller-Preis. Showtimes Drama-Serien-Gewinner THE AFFAIR, nahm gleich seine Hauptdarstellerin Ruth Wilson mit. Und das gegen Julianna Margulies, Claire Danes, Viola Davies oder Robin Wright. Michael Keatons Preis für BIRDMAN von Alejandro González Iñárritu, hatte im Windschatten die gewonnene Drehbuch-Kategorie für Iñárritu, Nicolas Giacobone, Alexander Dinelaris und Armando Bo-Birdman. Oder die Gewinner-Combo von Film, Regisseur Richard Linklater und Nebendarstellerin Patricia Arquette für BOYHOOD.

Haben Preisverleihungen immer ihr Für und Wieder, haben sie wenigstens einen gewissen Unterhaltungswert. Auch wenn es für den Film affinen Zuschauer sehr ärgerlich war, dass sich die Produzenten keine Zeit nahmen, die Besten Filme in angemesseneren Clips zu präsentieren, oder die Musik und Songs wenigsten für wenigen Sekunden anzuspielen. Man sieht die Stars und Sternchen, hofft auf tränenreiche Reden, oder die wirklich unvorhergesehene Überraschungen. Dieses Jahr hatten die Golden Globes sehr wenig davon, und blieben soweit unspektakulär, dass der Regie sogar Kevin Spaceys F-Wort durch die Zensur rutschte.

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