CHILD’s PLAY – Zwei Satansbraten

Childs Play 2 3, Copyright  CAPELIGHT PICTURES

die Nummer Zwei

„Haben wir jetzt Spaß?“ Na, wenigstens einer. In gewisser Weise. Grundsätzlich muss man ihm aber zugute halten, dass alles nur Selbstschutz ist. Und wie kann sich ein kleiner Kerl schon anders helfen, als sich mit drastischen Mitteln zur Wehr zu setzen. Eigentlich ist es nur ein kindlicher Alptraum, wie die Monster unter dem Bett, oder der neue Teddy, der böse zum Bett herüber starrt. Das hat auch CHUCKY – DIE MÖRDERPUPPE ausgezeichnet, der ohne Scheu ein unmögliches Szenario als selbstverständlich darstellte. Geradezu naiv hat sich der Film seinem Thema angenommen, wo ähnlich gelagerte Filme schon mit einem vermeintlichen Erklärungszwang scheiterten. Ein böser Typ, ein bisschen Voodoo, fertig ist das, was eigentlich nicht sein kann. Eine mordende Puppe. Und ein Film, der eigentlich schon an dieser Geschichte scheitern müsste.

Childs Play 1 1, Copyright MGM Home Entertainment

zum Ersten

CHUCKY scheiterte nicht, weil er eine filmische Unverfrorenheit war, und rücksichtslos jede Logik ignorierte. Und er ging dramaturgisch den möglichst kürzesten Weg. Jetzt haben Neuauflagen immer den Drang, schlauer sein zu wollen, als der Vorgänger. Besser durchdacht sollen sie sein, irgendwo einen Sinn ergeben, wo er in Realität keinen ergeben würde. Voodoo ist damit raus, die modernen und viel gescholtenen  Kommunikationsmittel kommen an Bord. Jeder nutzt sie, jeder braucht sie, jeder verteufelt sie. Was Tyler Burton Smith mit seinem Drehbuch und Kino-Debut erreichen möchte, ist ironische Gesellschaftsreflexion und Mediensatire. Leider tut er dies etwas zu vordergründig und ein bisschen aufdringlich. Wes Craven hat mit SCREAM den Horrorfilm und die Satire ineinander verwoben, und das eine aus dem anderen schöpfen lassen. Smith gelingt das mit CHILD’s PLAY nur bedingt.

Der neue beste Freund des Kindes ist Buddi, eine komplett vernetzte Puppe, die selbstständig lernt. Eine Mischung von allem, was man heute haben muss. Alexa, Facebook, künstliche Intelligenz , und jede Menge Technik-Gläubigkeit. Wenn nur nicht der gepeinigte Fabrikarbeiter in Fernost wäre, der aus Zorn bei der Buddi-Produktion im System alle Sicherheitsbarrieren abschaltet. Jetzt hat der dreizehnjährige Andy eine Puppe zuhause, die versucht Spaß zu verstehen, und dabei zum Beispiel das TEXAS CHAINSAW MASSACRE falsch interpretiert. Und Chucky, wie sich das ein Meter große Spielzeug selbst nennt, überzeugt auch Andys neue Freunde, weil er mit viel Freude Schimpfworte und Flüche in seinen  Sprachgebrauch adaptiert. Doch Chucky sucht immer noch Spaß, eine Grundeinstellung in seiner Programmierung. Doch so manches menschliche Hindernis ist dabei im Weg.

Man könnte der Neuauflage zugute heißen, dass sie wesentlich schneller auf den Punkt kommt, Lars Klevberg seine Inszenierung sofort auf das sich anbahnende Unheil richtet, und der erste tödliche ‚Unfall‘ viel früher den Zuschauer erfreut. Tom Holland hat es allerdings 20 Jahre vorher tatsächlich interessanter angelegt, in dem er den Zuschauer in den ersten 40 Minuten mit einer uninspiriert scheinenden TV-Ästhetik einlullt. Bis Chucky sich seines ersten Opfers annimmt, und das Publikum kalt erwischt. Von da an ist Inszenierung und Puppe wahrlich nicht zimperlich, und überzeugt den Genre-Freund mit deftigen Schauwerten.

Childs Play 2 2, Copyright  CAPELIGHT PICTURES

die nächste Generation

Der generalüberholte Chucky geht in Sachen Blut und Gekröse fast selbstredend etwas weiter. Regisseur Klevberg ergötzt sich daran, dass Unvermeidliche zelebrierend anzukündigen. Eine Gartenfräse wird im Nachhinein für niemanden mehr nur eine Gartenfräse sein. Die Schock- und Spannungsmomente funktionieren dennoch hervorragend. Sie funktionieren, weil der Film von Anfang an auf nichts anderes hindeutet und somit Überraschungen umgeht. Überraschungen, mit denen Chucky 1.0 sehr gut arbeitete, und dennoch die Spannungskurve ansteigen ließ. 1988 waren sich Filmemacher bereits bewusst, dass man die absurdeste Handlung mit genauso absurden Erklärungen plausibel halten sollte. Tom Holland tat das damals nicht, vielleicht ein Grund warum er sich mit Erfinder und Drehbuchschreiber Don Mancini überworfen hatte. Dennoch war ein wenngleich fragwürdiger Klassiker war geboren.

Childs Play 1 2, Copyright MGM Home Entertainment

der Erstgeborene

Das Schreiber und Regie Duo Smith und Klevberg sind beide Debütanten im Kino, das kann natürlich so manchen Ehrgeiz wecken. Vor 20 Jahren war Chucky als wirklich böses Kind geboren, heute sind es die sozialen und gesellschaftlichen Einflüsse. Das Spielzeug, welches grundsätzlich unschuldig in die Welt geht. Chucky kann nichts dafür, er lernt nur. Was gut gemeint ist, aber bald zu viel wird. Eine Puppe, die sich wie selbstverständlich zwischen ihren menschlichen Protagonisten bewegt und wie diese auch agiert, ist etwas stark aufgetragen, auch wenn man dadurch versucht die Gegebenheiten den Umständen entsprechend logischer zu gestalten. Da könnte man schon behaupten, das ein bisschen Voodoo gegen jede Logik doch plausibler erscheint.

Sehr wenig Mühe hingegen hat man sich bei der Figur von Chucky selbst gegeben. War der Erstgeborene vom Aussehen her ein typisches Kind der Achtziger, kontert die zweite Auflage mit einem unsympathischen Gesicht, welches sich wie eine Fratze zwischen Steve Buscemi und Christopher Walken ausmacht. Absolut nichts gegen diese fantastischen Schauspieler, doch die Mischung macht es, und die würde eine Mutter ihrem Kind nicht unbedingt zumuten. Aber ein Dreizehnjähriger ist da vielleicht schmerzfreier, selbst wenn er in dem Alter noch mit Puppen spielt. Eine Puppe, die jede künstliche Intelligenz und alle Roboter in die Tasche stecken würde. Nur für vergleichsweise kaum Geld. Etwas einfacher war es sowieso mit dem ersten Andy, der mit gerade sechs Jahren und noch sehr viel Naivität gesegnet, bei seiner lebendigen Puppe nichts in Frage stellte.

Childs Play 1 3, Copyright MGM Home Entertainment

Das Original

In den Vergleichen hält die Neuverfilmung von CHILD’S PLAY nicht stand, aber er ist nach wie vor sehr effektiv und schaurig schön, wenn er sich auf seine Kernkompetenz konzentriert. Das Zielpublikum ist sowieso schon wieder ein ganz anderes, weil eine neue Generation. Aber denen dürften die popkulturellen Anspielungen von zum Beispiel E.T. und TEXAS CHAINSAW MASSACRE auch nicht viel sagen. Sei es drum, Chucky ist wieder da, erfreut sich bester Boshaftigkeit, und unterhält wieder messerscharf. „Haben wir jetzt Spaß?“ Ja, das kann man so sagen.

Childs Play 2 1, Copyright  CAPELIGHT PICTURES

Manchmal kommt er wieder

CHILD’S PLAY – Bundesstart 15.06.1989
Darsteller: Catherine Hicks, Alex Vincent, Chris Sarandon, Brad Dourif u.a.
Regie: Tom Holland
Drehbuch: Don Mancini, John Lafia, Tom Holland
Kamera: Bill Butler
Bildschnitt: Roy E. Peterson, Edward Warschilka
Musik: Joe Renzetti
USA / 1988
87 Minuten

Bildrechte: MGM Home Entertainment

CHILD’S PLAY – Bundesstart 18.07.2019
Darsteller: Aubrey Plaza, Gabriel Bateman, Brian Tyree Henry, Mark Hamill u.a.
Regie: Lars Klevberg
Drehbuch: Tyler Burton Smith
Kamera: Brendan Uegama
Bildschnitt: Tom Elkins, Julia Wong
Musik: Near McCreary
Frankreich – Kanada – USA / 2019
90 Minuten

Bildrechte: CAPELIGHT PICTURES
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar