MARRY ME – Verheiratet Auf Den Ersten Blick

Marry Me - Copyright UNIVERSAL STUDIOS– Bundesstart 10.02.2022

Sie sind das angesagteste Paar im Tonstudio, sowie in den sozialen Netzwerken. Und bald auch auf der Bühne, wenn ihre Hochzeit zum musikalischen Mega-Event wird. Die Superstars des Latin Hip/Hop Kat Valdez und Bastian, wollen sich vor tausenden Fans in der Arena und Millionen vor den Bildschirmen das Ja-Wort geben. Wäre da nicht auf allen Kanälen das Video, welches Bastian mit Kats Assistent in einer eindeutigen Situation zeigt, das sich bereits auch unter den anwesenden Zuschauern verbreitet. Kat, die bereits auf der Bühne steht, bleibt nur die Flucht nach vorne, um ihr Gesicht zu wahren. Das ganze sieht dann aus wie die Hal B. Wallis Produktion eines Films mit Elvis. Viele lang ausgespielte Musiktitel, ganz nach dem Massengeschmack des Zielpublikums komponiert. Und natürlich sehr vorteilhaft inszeniert und choreografiert.

Diese strapazierend langen Gesangseinlagen sind wie Videoclips inszeniert, und nicht stimmig zur Dramaturgie eines Spielfilms. Dadurch fällt umso mehr auf, dass die im Film gezeigten YouTube-Videos von Konzertmitschnitten mit unrealistisch starren Kameraeinstellungen umgesetzt wurden. Das werden Fans von Lopez und ihrer Musik sicherlich weniger störend empfinden, dennoch ist es einer von mehreren Indikatoren, das Regisseurin Kat Coiro viel lieber auf Sicherheit hin inszeniert hat, anstatt mit Innovation.

Gegen seinen Willen, wird der beliebte Mathe-Lehrer Charlie von seiner Tochter und einer extrovertierten Kollegin zu jener ereignisreichen Musik-Hochzeit geschleppt. Seine Scheidung hat ihn etwas lethargisch werden lassen, und so eine Abwechslung wäre doch ein guter Anfang, alles etwas lockerer angehen zu lassen. Und weil Charlie nicht nur ein sehr netter und zuvorkommender Mensch ist, sondern auch seine Tochter nicht enttäuschen möchte, sagt er Ja, als die gekränkte Kat Valdez spontan von der Bühne herunter fragt, ob er sie heiraten möchte.

Da der Film sich als sicherer Mix von vielen beliebten Versatzstücken versucht, mischt sich nun eine gehörige Portion NOTTING HILL in den Handlungsverlauf. Kat und ihr Management nutzen die unsinnige Hochzeit mit diesem langweiligen Niemand, für ihre PR-Kampagnen. Und Charlie erhält im Gegenzug eine beträchtliche Spende für seine Klassenprojekte, wenn er die Scharade sechs Monate mit durchhält. Der Ausgang der Geschichte ist wirklich keine Überraschung, was aber auch vollkommen unerheblich ist, weil die Romantiker im Publikum ohnehin nur deswegen gekommen sind.

Zudem sind Jennifer Lopez und Owen Wilson beide grundsätzlich sympathische Darsteller, und ihre Chemie wird dem Film durchaus gerecht. Sie soll der unselbständige Superstar sein, dem alles dargereicht wird. Er ist der geerdete Typ, der seinen Mittelstandswurzeln in Prinzipien und Habitus treu bleibt. Das fängt sehr gut an, funktioniert im Verlauf aber dann nur noch bedingt und weniger glaubwürdig. Gleich drei Autoren (John Rogers, Tami Sagher, Harper Dill) waren offenbar zu viel, um eine klare Linie in der Kontinuität zu halten.

Marry Me 1 - Copyright UNIVERSAL STUDIOS

Unabhängig von dem was die Graphic Novel von Bobby Crosby (nicht der Baseball-Spieler) vorgibt, darf eine romantische Komödie nicht mehr den Formeln der 2000er folgen, sondern muss herausfordernd und gewagt sein. MARRY ME ist weder innovativ noch überraschend. Dabei hatte Regisseurin Coiro mit Lopez und Wilson die besten Trümpfe in der Hand, die nicht einfach nur sympathisch sind, sondern sich darstellerisch schon oft in vielen dramaturgischen Abstufungen als glaubwürdig bewiesen.

Aber Kat Coiro bleibt in der Inszenierung immer wieder hängen, aber nur weil sie krampfhaft versucht kleine, überraschende Besonderheiten zu vermeiden. Immer wenn der Zuschauer beginnt das ungewöhnliche Szenario anzunehmen, wenn es stimmig und die Geschichte glaubhaft wird, verfallen die Macher in dumme Plattitüden, welche den Zuschauer zurück in eine inspirationslose Komödie katapultieren. Es schmerzt, weil die vielen guten Ansätze sichtbar werden, die Kat Coiro aber letztendlich immer wieder gnadenlos verwirft.

So schreit die Szene mit dem Schulbesuch von Kat Valdez förmlich nach einer supercoolen Musiknummer, wie sie sich nur ein Halbwüchsiger ersinnen kann, was dann aber die Regie auch prompt erfüllt. Auf der anderen Seite steht dafür Charlies anfängliche Souveränität, sich nicht von der Prominenz und dem öffentlichen Druck beindrucken oder dominieren zu lassen, was in der Inszenierung umgehend vergessen wird, wenn es die Erzählung leichter voranbringt.

Selbst Florian Ballhaus liefert mit seiner Kameraarbeit eher Dutzendware, anstelle von differenzierter Bildgestaltung. Was durch manch merkwürdige Schnittfolgen von Michael Berenbaum und Peter Teschner auch noch auffälliger wird. Den Versuchen, verschiedene Sequenzen mit unterschiedlichen Aufnahmeformaten im Stile von selbst geschnittenen YouTube-Videos zu mischen, fehlt die konsequente Hingabe. MARRY ME ist ein unterhaltsamer Film, der hauptsächlich durch seine Hauptdarsteller besteht, und sich als angenehmer Zeitvertreib erweist. Zu viel erwarten darf man aber nicht, und auf etwas Besonderes hoffen, wäre ganz falsch.

Marry Me 3 - Copyright UNIVERSAL STUDIOS

 

Darsteller: Jennifer Lopez, Owen Wilson, John Bradley, Chloe Coleman, Sarah Silverman, Maluma, Michelle Buteau u.a.
Regie: Kat Coiro
Drehbuch: John Rogers, Tami Sagher, Harper Dill
nach der Graphic Novel von Bobby Crosby
Kamera: Florian Ballhaus
Bildschnitt: Michael Berenbaum, Peter Teschner
Musik: John Debney
Produktionsdesign: Jane Musky
USA / 2022
112 Minuten

Bildrechte: UNIVERSAL STUDIOS
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