Timothée Chalamet – WONKA

Wonka 1 - Copyright WARNER BROS– Bundesstart 07.12.2023
– Release 07.12.2023 (UK)

Der gutherzige Willy Wonka rutscht von einer Misere in die nächste. Nach Jahren quälender Arbeit als Schiffsjunge, landet er als angehender Chocolatier endlich in der Stadt an, um nach dem Rezept seiner Mutter, die besten Schoko-Kreationen an die Schleckermäuler zu bringen. Kaum angekommen, wird der unbekümmerte Kerl Opfer eines ganz üblen Mietvertrages, was ihn auf Jahre zur Strafarbeit in der Wäscherei der fiesen Mrs. Scrubbit verpflichtet. Eines wird bei WONKA sehr schnell deutlich – diese Geschichte ist viel mehr Charles Dickens als Walt Disney. Aber es wird auch schnell klar, sie ist nicht so ganz Roald Dahl, dessen fragwürdiges Markenzeichen das Leid von Kindern ist. Der waliser Schriftsteller ist bekannt für seine schwarzhumorigen und manchmal auch düsteren Geschichten, was der makabren Verfilmung seiner Erzählung ‚Charlie und die Schokoladenfabrik‘ 1971 noch wenig Wertschätzung entgegenbrachte. Was allerdings an den Eltern lag, die so etwas ihren Kindern nicht zumuten wollten. Jene übertrieben behütete Kinder hoben im Laufe der späteren Jahre diesen Film, mit Gene Wilder als Willy Wonka, in kultige Höhen.

Paul King ist als Regisseur der Vater des Erfolges der beiden PADDINGTON-Filme, dessen zweiten Teil er, wie hier bei WONKA, ebenfalls mit Simon Farnaby geschrieben hat. Die beiden sind mit dieser Ursprungsgeschichte des unbescholtenen Chocolatiers im Wohlfühlerlebnis sehr nahe an PADDINGTON, bietet aber dennoch erfrischend viele Reminiszenzen an Dahls Geschichten und Mel Stuarts Film von 1971. Figuren, Namen, Sprüche, Situationen. Es gibt Querverweise zuhauf, die sich aber eher im Hintergrund halten, und deshalb leicht übersehen werden. Nur zu überhören sind sie nicht.

WONKAs Musik- und Songkomponisten Joby Talbot und Neil Hannon nehmen starken Bezug auf die musikalische Untermalung des Originalfilms, und haben den Fan-Favoriten-Song ‚Oompa Loompa‘ sogar in Gänze übernommen. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Paul Kings Inszenierung den Geist von Dahls Erzählung sehr gut widerspiegelt, und bei Bewunderern von Roman und ersten Film kaum Gegenwind erfahren dürfte. Und dennoch hat King mit seinem Team einen atmosphärisch sehr eigenständigen Film geschaffen. Und der wird allein von Timothée Chalamet förmlich beherrscht.

Es ist ein quietschbuntes Vergnügen, in dem in traumhaften Choreografien getanzt, und mit geschliffenen Texten gesungen wird. Das hört sich ganz nach LA LA LAND an, doch wenn man die launige Stimmung den zweideutigen Aussagen gegenüberstellt, gewinnt der Film eine satirisch verspielte Note. Die Stakkato ähnlichen Wortwechsel mit ihren atemberaubenden Wortspielereien verfeinern den turbulenten Unterhaltungswert. Dieses Mal singend und tanzend, profiliert sich Timothée Chalamet mit unausweichlich anziehendem Charme erneut als einer der vielschichtigsten Talente seiner Generation.

Wonka 2 - Copyright WARNER BROS

Der Rest des eigentlich sehr treffend besetzten Ensembles muss sich allerdings, und das zu Recht, der Inszenierung des Willy Wonkas unterordnen. Politisch korrekt sind die Nebendarsteller auch entsprechend ethnisch gemischt, und alle werden ihren Rollen mit merklicher Energie und Spielfreude überaus gerecht. Außer vielleicht Hugh Grant als grünhaariger, orangehäutiger Oompa Loompa, der einfach viel zuviel Hugh Grant aus seinen Rollen der letzten Jahre wiederholt. Dafür entschädigt Olivia Coleman, die als bösartige Mrs. Scrubbit offensichtlich den größten Spaß beim Spielen hatte.

WONKA hat Zwischentöne, die man als Erwachsener seinen Kindern nicht zumuten möchte, mit denen Kinder aber besser zurecht kommen als man ihnen zutraut. Vertreter von Kirche und Staat stehen auf der falschen Seite des Gesetzes, Erwachsene sind hinterlistige Betrüger, und Kinder können sterben. In das aufgedreht unterhaltsame Szenario mischen sich die Schattenseiten des wahren Lebens. Kinder können das ab. Als scharfe Beobachter, verstehen sie vielleicht die Welt nicht, aber kennen längst deren Auswüchse. Hier mit solchen Themen konfrontiert, fühlen sie sich ernst genommen.

Der Film kommt nie aus den Studiokulissen heraus, was allerdings der Atmosphäre mehr als dienlich ist, die sich ganz bewusst zwischen undefinierten Zeiten und geografischen Zuordnungen bewegt. Das einige visuelle Effekte auch noch etwas unzeitgemäß holprig anmuten spielt aus genau jenen vorangegangen Gründen dann auch keine Rolle. So viel darf hier verraten werden, Willy Wonka wird mit seinen Freunden den Traum einer Schokoladenfabrik erfüllen können. Was ihn dann zu dem Menschen macht, wie man ihn aus dem 1971er Original kennt, wird wohl eine begrüßenswerte Fortsetzung zeigen.

Wonka 3 - Copyright WARNER BROS

 

Darsteller: Timothée Chalamet, Calah Lane, Keegan-Michael Key, Olivia Coleman, Tom Davies, Hugh Grant, Jim Carter, Paterson Joseph, Matthew Baynton, Matt Lucas und Rowan Atkinson u.a.

Regie: Paul King
Drehbuch: Paul King, Simon Farnaby
nach Figuren von Roald Dahl
Kamera: Chung Chung-hoon
Bildschnitt: Mark Everson
Musik: Joby Talbot, Neil Hannon
Produktionsdesign: Nathan Crowley
Großbritannien, Kanada, USA / 2023
116 Minuten

Bildrechte: WARNER BROS.
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