ABIGAIL

Abigail 1 - Copyright UNIVERSAL STUDIOS– Bundesstart 18.04.2024
– Release 18.04.2024 (World)

Mit ABIGAIL haben Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett der Horror-Gemeinschaft wieder gegeben, was das Regie-Duo den Gruselfans mit den letzten zwei SCREAM-Inkarnationen geraubt hatte. ABIGAIL bringt so ziemlich alle Komponenten zusammen, die gutes, in diesem Fall sogar großartiges Kino ausmachen. Eine Riege wunderbarer Darsteller, eine konzeptionell durchdachte Handlung, effektiv gruselige Atmosphäre, unglaublich amüsante Wortgefechte, eine straffe Inszenierung, Slapstick-artigen Humor, und viel Blut. Unverschämt viel Blut. Die Regisseure bringen diese Elemente allesamt so wunderbar fließend zusammen, dass sich nichts davon im Weg steht, sondern mitreißend harmoniert. Das weckt sehr angenehme Erinnerungen an READY OR NOT, der ebenfalls von Guy Busick mitgeschrieben, und von Olpin und Gillett inszeniert wurde. Das macht die zwei SCREAM-Filme fasst vergessen. Mit dem eigenwilligen Beigeschmack, dass die Filmemacher auch hier nicht auf SCREAMs Melissa Barerra verzichten wollten.

Es beginnt wie ein klassischer Heist-Film, der seine Zuschauenden mit gerade soviel Wissen versorgt, dass sie mit Spannung am Ball bleiben. Es ist eine illustre Mischung an kriminellen Figuren, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Perfekt für viel Charakterexposition, welche der Film in der ersten halbe Stunde außerordentlich gut, und zudem unglaublich witzig zu nutzen versteht. Die Darsteller werfen sich dabei die verbalen Bälle zu, als wären sie uralte Freunde. Gleichzeitig ist das aber auch eine spannende Entwicklung. Das Ensemble überzeugt mit einer erfrischenden Natürlichkeit, die alle verkrampften Figurenzeichnungen ähnlicher Filme weit hinter sich lässt.

Das Hirn, die Ärztin, der Muskelprotz, das IT-Genie, der Taktiker, der Fahrer, und eine dreizehnjährige Ballerina, die von ihnen entführt wird. Sie müssen nur 24 Stunden in einem feudalen Herrenhaus die Lösegeldübergabe abwarten. Das Mädchen liegt derweil gefesselt und mit verbundenen Augen in einem Zimmer. Aber im Haus scheint noch jemand zu sein. Jemand der gerne Köpfe abreißt. Es ist herrlich zu sehen, dass das Buch gar nicht erst versucht schlauer wie sein genreerfahrenes Publikum zu sein. Aber zumindest seine Kidnapper kann das kleine Monster Abigail für kurze Zeit zum Narren halten. Das schaurige Spiel wird zur blutigen Horrorshow mit ordentlich Humor.

Abigail 2 - Copyright UNIVERSAL STUDIOS

Ausgerechnet der benebelte Kiffer entdeckt das Geheimnis von Abigail, kann aber wegen seines Zustandes die anderen nicht rechtzeitig warnen, bevor das Haus all seine Ausgänge verriegelt. Diesen zugedröhnten Fahrer spielt Angus Cloud in seiner letzten Rolle, ihm ist der Film gewidmet. Auch wenn ABIGAIL in seinen expliziten Gewaltspitzen keine Grenzen überschreitet, ist der Härtegrad nicht ohne. Wenn Muskelprotz Peter lediglich mit einem Kruzifix malträtiert wird, schmerzt die frenetische Attacke mit ihren unzählig kleinen Wunden weit mehr als so manch explodierende Hand. Als Peter überzeugt Kevin Durand mit liebenswert unbedarftem Charme, den man einfach gern haben muss.

Nachdem der Tisch angerichtet ist, wird aber in der zweiten Hälfte nicht einfach nur deftig gegessen. Viele der Splatter- und Spannungsmomente bauen auf den anfänglichen Expositionen der Figuren auf. Die Autoren haben alles raffiniert verwoben, und stimmig aufeinander aufgebaut. Dadurch nehmen die Macher auch jede Willkür aus Abigails mörderischen Exzessen. Die Entführer sind ist nicht einfach nur Mittel zum blutigen Zweck. Jede Figur bewahrt sich ihre Individualität, was letztendlich das Herzstück von Abigail ausmacht. Ein herzhafter Lacher und die schützende Hand vor Augen liegen bei diesem Film sehr eng zusammen. Aber billige Kalauer bleiben draußen.

Und selbst die sonst vom Rezensenten gescholtene Melissa Barerra, als vermeintliche Verbündete des Monster, gibt dem Film für das Genre ungewöhnlich emotionale Nuancen. Deftig wird es, wenn die atemberaubend gruselige Alisha Weir als vermeintliche Ballerina ins Plié geht, und mit dem Dégagé zum Grand Battement ausholt. Das sind immer die Momente in denen die ohnehin ausgelassene Stimmung im Kinosaal noch einmal zulegt, und Abigail ihrer übernatürlichen Natur folgt. Und das ist nicht für schwache Nerven. Hier beißt sich die also die Katze immer wieder in den Schwanz, obwohl doch der Film gerade wegen seiner clever konstruierten Mixtur so anspruchsvoll unterhält.

Abigail 3 - Copyright UNIVERSAL STUDIOS

 

Darsteller: Alisha Weir, Melissa Barrera, Dan Stevens, William Catlett, Kathryn Newton, Kevin Durand, Angus Cloud, Giancarlo Esposito, Matthew Goode
Regie: Matt Bettinelli-Olpin, Tyler Gillett
Drehbuch: Stephen Shields, Guy Busick
Kamera: Aaron Morton
Bildschnitt: Michael P. Shawver
Musik: Brian Tyler
Produktionsdesign: Susie Cullen
Irland, Kanada, USA / 2024
109 Minuten

Bildrechte: UNIVERSAL STUDIOS
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