DER PHÖNIZISCHE MEISTERSTREICH

Phoenician Scheme - (c) UNIVERSAL PICTURESTHE PHOENICIAN SCHEME
– Bundesstart 29.05.2025
– Release 23.03.2025 (GB)

Auf den Großindustriellen Zsa-Zsa Korda wird ein Attentat verübt. Es ist bereits der siebte Anschlag. Korda braucht einen Nachfolger für seine Geschäfte. Seine Tochter Liesl ist Novizin. Korda will Liesl als Nachfolgerin. Er hat noch neun Söhne, die kommen aber nicht in Frage. Korda interessiert sich für Entomologie. Dafür hat er den Entomologen Björn angestellt. Um die Novizin Liesl in die Geschäfte einzuführen, wird Björn zum persönlichen Assistenten gemacht. Korda hat einen besonderen Plan um das Geschäft auszubauen und das Geld zu vermehren. Liesl lernt schnell. Björn ist nicht der, für den man ihn hält. Aber darüber wird nichts verraten. Die Drei machen eine Reise durch Phönizien. Sie treffen mögliche Geschäftspartner. Ein Konsortium zwielichtiger Geschäftsmänner will Kordas Pläne verhindern. Dies ist ein Film von Wes Anderson.

Ein Freund bemerkte, dass Kamerabilder bei Wes Anderson aussehen wie Dioramen. Das ärgert mich sehr. Ich wäre gerne selber auf diesen Vergleich gekommen. Bilder bei Wes Anderson sind tatsächlich wie Dioramen. Sie sind exakt kadriert und penibel ausgewogen. Im Bild wird kein Platz verschenkt, manchmal herrscht auch die perfekte Symmetrie. Wenn sich die Kamera bewegt, dann nur im rechten Winkel. Hier hat Bruno Delbonnel die Kamera gemacht. Sonst hat Robert Yeoman mit Wes Anderson gearbeitet. Bruno macht die Arbeit genauso perfekt geradlinig wie Robert. Die Bilder selbst hat ohnehin Wes Anderson gestaltet. Zu den exakt austarierten Kamerafahrten ist vor fünf Filmen noch die überstrahlende Farbgebung mit den Pastelltönen hinzugekommen. Das lässt die ganze Szenerie unwirklich erscheinen. Manchmal strengt das auch an.

So wie die zwei Absätze geschrieben sind, redet man auch bei Wes Anderson. Nur sind seine Dialoge präzise formuliert. Wenn sie von Darstellern gesprochen werden, hört sich das immer dynamisch und auf den Punkt an. Wenn man so schreibt, liest sich das bemüht, und es strengt an. Tatsächlich muss man sagen, dass sich Wes Anderson nach seinem die Grenzen austestenden „Asteroid City“ wieder in weit angenehmeren Gefilden bewegt. Was ihm in gewisser Weise eigentlich auch schon mit seinen vier Netflix-Kurzfilmen gelungen ist, die aber kaum die gebührende Aufmerksamkeit bekamen. Doch „Der phönizische Meisterstreich“ ist wieder diese komplexe, kohärente Geschichte, bei der einzelne Handlungsteile ineinandergreifen, oder lose Enden plötzlich Bedeutung gewinnen. Nur das Anderson diese Geschichte, wie gewohnt, vollkommen absurd erzählt.

Phoenician Scheme a - © 2025 TPS Productions

Um auf die Dialoge zurückzukommen, sie sind geschliffen, und bewegen sich zwischen tiefer Philosophie und brüllendem Witz. Meist sogar in Wechselwirkung, was tolle Erinnerungen an die „Royal Tennenbaums“ weckt. Aber die Dialoge sind kaum Gespräche, sondern klingen nach prätentiösen Diskursen. Emotionen bleiben in den sprachlichen Duellen weitgehend aus. Das hat die letzten Filme von Anderson auch etwas speziell gemacht, womit er gewisse Freunde seiner Kunst nicht unbedingt begeistern konnte. Das für den anderen Teil der Freunde diese theaterhafte Art des Vortrags funktioniert, ist natürlich erneut und wie gewohnt einer fabelhaften Besetzung zu verdanken.

Benicio del Toror spielt Kordas mit nonchalanter Sorglosigkeit gegenüber den blutigen Attentaten, oder Mia Threapletons knochentrockene Abkehr von ihrer spirituellen Bestimmung von Liesl. Das ist einfach herrlich anzusehen, was man auch mit einem ständigen Kichern begleitet. Das sportliche Brüderpaar Tom Hanks und Bryan Cranston, oder Hope Davis als bestechliche Mutter Oberin, nicht zu vergessen Rubert Friends kultivierter Verschwörer. Langweilig wird der „Meisterstreich“ nicht. Doch es ist Michael Cera der am auffälligsten heraussticht. Ceras grandioses Timing in Spiel und Sprache macht seinen nur vermeintlich einfältigen Assistenten Björn zu einer Figur, die man sehr gerne in einem der nächsten Anderson Filme einmal wiedersehen möchte.

Die mittlerweile von Anderson zur Kunst erhobene Künstlichkeit in Bildgestaltung und Schauspielführung seiner Filme, gibt auch dem „Meisterstreich“ eine irrwitzige Dynamik. Bild und Dialoge bilden als erzählende Elemente eine nicht zu trennende Einheit. Das legt oftmals ein Tempo vor, dass einzelne Gags leicht übersehen werden können, oder nicht entsprechend gewürdigt werden – wie der Running Gag mit der Armbrust von Kordas Söhnen. Es gab eine Zeit, da kam die Absurdität von Wes Andersons Erzählungen aus dem reichen Fundus des realen Lebens. Heute ist es die Absurdität des Erzählens selbst, die der Filmemacher in den Vordergrund stellt. An dieser Stelle wieder in den Duktus von Andersons Dialogen zu verfallen, würde diese Zeilen abrunden, wäre aber nicht angebracht. Es würde das Konzept des Regisseurs unterstreichen, welches durchaus unterhaltsam ist – aber es kann ebenso sehr schnell anstrengend werden.

Phoenician Scheme - © 2025 TPS Productions


Darsteller: Benicio del Toro, Mia Treapleton, Michael Cera, Riz Ahmed, Tom Hanks, Bryan Cranston, Mathieu Almeric, Richard Ayoade, Jeffrey Wright, Scarlett Johansson, Hope Davis, Rupert Friend, Benedict Cumberbatch u.a.

Regie: Wes Anderson
Drehbuch: Wes Anderson, Roman Coppola
Kamera: Bruno Delbonnel
Bildschnitt: Barney Pilling
Musik: Alexandre Desplat
Produktionsdesign: Adam Stockhausen
Deutschland, USA / 2025
101 Minuten

Bildrechte: TPS Produktions
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